Kommentar zu NACHGEDACHT (42) Schauen Sie gern vor oder zurück?

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Kommentar zu NACHGEDACHT (42) Schauen Sie gern vor oder zurück?, Originalartikel verfasst von Christina Leinweber, veröffentlicht am 27.10.13 von Osthessennews

[…] So hoffe ich, dass wir es dem Janus gleichtun können und Hermann Hesse miteinschließen: In der Gegenwart zurück und vorwärts schauen können und genügend Wille aufbringen, das Kommende und das Neue beginnen zu wollen.*

Nicht, um es einem weiteren erfundenen Gott gleichzutun (Achtung, Ihr Gott reagiert angeblich äußerst allergisch auf andere Götter! Wenn Sie es dem Janus gleichtun, müssen Sie sich auf grausamste Bestrafung und gnadenlose Vernichtung gefasst machen!) und auch nicht zur Inklusion eines verstorbenen Schriftstellers, sondern in unserem höchsteigenen Privatinteresse sollten wir uns und um die Gestaltung unseres Lebens kümmern.

Ergänzend hier noch der Rest des Gedichtes „Stufen“ von Hermann Hesse (Hervorhebung von mir):

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegensenden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden …
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

Dank der phantastischen Möglichkeiten des Internets könnte ich Ihnen schon heute verraten, dass dieser Appell auch 2016 noch genauso aktuell sein wird und dass auch dann noch neue Räume darauf warten werden, entdeckt und durchschritten zu werden…

Hermann Hesse hatte übrigens, trotz seiner religiösen Vergiftung, einen wichtigen Aspekt aller Religionen punktgenau erkannt:

  • „Ich glaube, eine Religion ist so gut wie die andre. Es gibt keine, in der man nicht ein Weiser werden könnte, und keine, die man nicht auch als dümmsten Götzendienst betreiben könnte.“
    – Hermann Hesse

Hesse beschreibt damit die religiöse Beliebigkeit, die mit einer angeblich absoluten und unanfechtbaren religiösen Wahrheit nichts zu tun hat. Auch wenn es Hesse nicht gelungen war, sich zeitlebens von seiner religiösen Indoktrination zu befreien, lassen seine Gedanken doch darauf schließen, dass er sie zumindest im Rahmen seiner Möglichkeiten schon weitgehend überwunden hatte. Interessant sind auch die Parallelen seines Gedichtes mit einem Text von Nietzsche, der schrieb:

  • „Wer nur einigermaßen zur Freiheit der Vernunft gekommen ist, kann sich auf Erden nicht anders fühlen denn als Wanderer, – wenn auch nicht als Reisender nach einem letzten Ziele: denn dieses gibt es nicht. Wohl aber will er zusehen und die Augen dafür offen haben, was alles in der Welt eigentlich vorgeht; deshalb darf er sein Herz nicht allzufest an alles einzelne anhängen; es muß in ihm selber etwas Wanderndes sein, das seine Freude an dem Wechsel und der Vergänglichkeit habe.“
    – Friedrich Nietzsche: Menschliches, Allzumenschliches – Neuntes Hauptstück. Der Mensch mit sich allein. Nr. 638: Der Wanderer.

*Unter der Rubrik „NACHGEDACHT“ fordert Osthessennews jede Woche zum Nachdenken auf. Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Original-Artikel von Christina Leinweber.

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