Wort zum Wort zum Sonntag: Befreites Lachen

Lesezeit: ~ 4 Min.

Das Wort zum Wort zum Sonntag: Befreites Lachen, von Pfarrer Alfred Buß, veröffentlicht am 3.4.2016 von ARD/daserste.de

[…] Klar werde ich den Film [von Eddie the Eagle] jetzt anschauen. Und dabei lauschen, ob das befreite Osterlachen darin widerhallt, das Menschen seit 2000 Jahren bewegt. Christus wurde hingeschlagen ans Kreuz und ist auferstanden von den Toten.*

befreites Osterlachen
befreites Osterlachen

Was Herr Pfarrer Alfred Buß hier erzählt, ist ein immer wieder anzutreffender, besonders bei Religionsabhängigen zu beobachtender Denkfehler (oder, wahrscheinlicher, ein absichtliches Verhalten): Er versucht, ein typisch menschliches Verhalten mit einer, nach seinen persönlichen Wünschen und Vorstellungen interpretierten, an sich völlig bedeutungslosen Legende in Zusammenhang zu bringen, um dieser damit irgendeinen besonderen Sinn zu verleihen.

Diese unredliche Methode besteht darin, irgendetwas Reales als Hinweis auf etwas Erfundenes erkennen zu wollen, zum Beispiel: Menschliche Liebe ist ein Zeichen von göttlicher Liebe, oder auch:  Regenbögen sind ein Zeichen dafür, dass das Universum in Wirklichkeit von einem regenbogenfarbigen Einhorn ausgekotzt worden war.

Beim Bezug auf die christliche Auferstehungslegende stört es dann auch nicht, dass solche Geschichten schon viel älter als 2000 Jahre sind – die von Jesus ist nichts weiter als eine Adaption früherer, schon vorhandener Mythen. Jede Menge angeblicher Göttersöhne und sonstiger Phantasiegestalten ist angeblich schon von den Toten auferstanden.

Um einen Bezug zwischen Wunsch und Wirklichkeit herstellen zu können, erfindet Herr Buß das „befreite Osterlachen.“

Korrektur/Ergänzung: Wie mir von einer aufmerksamen Leserin mitgeteilt wurde, gibt es den Brauch des kirchlich verordneten „Osterlachens“ in bestimmten Regionen tatsächlich schon länger. Offenbar hatte man schon früher erkannt, dass es zu Ostern eigentlich keinen Grund für Gelächter gibt, deshalb begann man, die Schäflein mit Witzen zu unterhalten, um ihnen wenigstens irgendeinen Grund zur Heiterkeit zu geben.

Inwiefern und warum ausgerechnet eine angebliche Hinrichtung auf die denkbar grausamste Art der Todesfolterung als Menschenopfer und eine erfundene Auferstehung „befreites Osterlachen“ zur Folge haben kann, bleibt verständlicherweise unklar. Klar hingegen ist: Diese Märchen haben nichts mit unserer realen Wirklichkeit zu tun.

Genausogut könnte man zum Beispiel mal lauschen, ob in menschlichem Gelächter vielleicht das Lachen des Weingottes Bacchus oder der Fröhlichkeitsgöttin Hilaritas widerhallt – die beiden hatten wenigstens „wirklich“ Grund zum Lachen 😉

[…] Der selber Niedergeschlagene aufrichtete, lebt.

Im Märchen: Ja. In Wirklichkeit: Nein.

Gott wird die Welt heilen, wird alle Tränen abwischen.

Bevor man irgendwelche sinnvolle Aussagen über das, was ein Gott angeblich tat, tut oder tun wird macht, müsste man zunächst mal belegen können, dass es diesen Gott überhaupt gibt. Außerdem müsste man definieren können, wer oder was dieser Gott eigentlich sein soll.

Und erst dann könnte man sinnvollerweise Überlegungen darüber anstellen, wie dieser Gott wohl sein und was er wohl machen könnte – vorher dient jeder Gedanke darüber bestenfalls der Unterhaltung, worauf man ehrlicherweise immer explizit hinweisen sollte, wenn man solche Aussagen trifft.

Und einmal mehr stellt sich die Frage, warum der Allmächtige einen Großteil seiner Schöpfung Tag für Tag leiden lässt, statt die Welt in seiner Funktion als liebender, allmächtiger Gott zum Beispiel heute zu heilen. Bis jetzt sieht es, nach menschlichen Maßstäben, jedenfalls nicht so aus, als hätte das christgöttliche Menschenopfer schon irgendwas Positives bewirkt…

Der Verstorbenen aus dem öffentlichen Leben, der von bei uns nebenan wie all der Opfer von Krieg, Terror und Flucht.

Verstorbene brauchen weder geheilt zu werden, noch müssen ihnen alle Tränen abgewischt werden. Diese Vorstellung zeugt von einem erschreckend schwach ausgeprägten Sinn für die Realität, um es höflich zu formulieren.

Leid wird nicht mehr sein noch Geschrei, noch Schmerz oder Tod.

Bis auf Weiteres ist und bleibt der Tod die ganz natürliche, unabwendbare Folge allen Lebens. Wenn sich das irgendwann einmal ändern sollte, dann sicher nicht durch das Wirken von erfundenen überirdischen Wesen. Kleiner Trost: Leid, Geschrei und Schmerz wird nach dem Tod tatsächlich nicht mehr sein. Es gibt bis heute keinen einzigen seriösen Anhaltspunkt dafür, dass menschliche Persönlichkeiten unabhängig von den dazugehörigen Körpern existieren können. Deshalb spielt die ganze Überlegung auch keinerlei Rolle für unsere natürliche Wirklichkeit.

Wer das im Herzen hat, kann doch nur befreit lachen.

Ganz im Gegenteil. Jedem christlichen Heilsversprechen steht eine permanente Androhung grausamster, zeitlich unbegrenzter physischer und psychischer Bestrafung entgegen. Nur wer sich diesem Gott vollkommen, also bis zur Selbstaufgabe unterwirft, hat überhaupt erstmal nur die theoretische Chance, in den Genuss einer Erlösung zu kommen, wobei diese trotzdem einzig von der göttlichen Willkür abhängt.

Wer wirklich befreit lachen möchte, sollte sich als erstes von seiner religiösen Indoktrination befreien und sich seiner Selbst, also sowohl der Bedeutungslosigkeit, gleichzeitig aber auch der unglaublichen Außergewöhnlichkeit und Einmaligkeit seines Daseins bewusst werden. Dies hilft, den Blick auf das diesseitige Leben zu richten, statt auf jenseitige, von Menschen erfundene Heilsversprechen zu hoffen und sich – bewusst oder unbewusst – vor ebensolchen Bedrohungen zu fürchten.

Fanatiker und Machtbesessene können nicht lachen, vor allem nicht über sich selbst.

„Fanatiker und Machtbessene“ sind nicht das Gegenteil von „gläubigen Menschen“, wie hier suggeriert wird. Fanatismus und Machtbesessenheit findet sich nicht nur in politischen Ideologien, sondern besonders oft gerade auch im religiösen Bereich, wie zum Beispiel hier. Dass es Menschen gibt, die weder Fanatiker, noch machtbesessen, noch gläubig sind und trotzdem (erst recht) glücklich, scheint sich Herr Buß gar nicht vorstellen zu können.

[…] Darum vergessen Sie nie: Wo Glaube ist, da ist auch Lachen. Befreites Lachen.

Ausgerechnet befreites Lachen ist etwas, was kaum mit Glaube in Verbindung zu bringen ist, schon gar nicht mit christlichem Glauben. Darum vergessen Sie nie: Wo Glaube ist, da gibt es leere Versprechungen, mit denen irgendwer Geld verdient.

Lieber Heidenspaß als Höllenqualen!

*Alle als Zitat gekennzeichnete Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalartikel.

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