Gedanken zu: Leitwort für Kirchentag 2019 vorgestellt: „Was für ein Vertrauen“ – Kirchentag 2019

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Gedanken zu: Leitwort für Kirchentag 2019 vorgestellt: „Was für ein Vertrauen“ – Kirchentag 2019, Beitrag von evangelisch.de

Der Deutsche Evangelische Kirchentag 2019 in Dortmund steht unter dem Leitwort „Was für ein Vertrauen“. Die Losung aus dem Alten Testament (2. Könige 18,19) wurde am Montag in Dortmund von Kirchentagspräsident Hans Leyendecker, Kirchentagsgeneralsekretärin Julia Helmke und der westfälischen Präses Annette Kurschus präsentiert.*

Vorab: Die Formulierung des Leitwortes „Was für ein Vertrauen“ für den Kirchentag 2019 erweckt den Eindruck, es handle sich um eine rhetorische Frage. Um die Großartigkeit dieses Vertrauens hervorzuheben.

Im Text, aus dem diese Worte herausgepickt wurden, handelt es sich dabei allerdings um eine ganz normale Frage. Mit der dieses Vertrauen in Frage gestellt wird:

  • Und der Rabschake sprach zu ihnen: Sagt doch dem König Hiskia: So spricht der große König, der König von Assyrien: Was ist das für ein Vertrauen, das du da hast? (Quelle: 2. Kön 18,19 LUT)**

Ein Leitwort für einen Kirchentag, das das Vertrauen in Gott in Frage stellt, wäre freilich nicht wirklich passend gewesen. Das dürfte der Grund sein, warum auch das Fragezeichen, das die Frage eindeutiger als solche gekennzeichnet hätte, im Slogan fehlt.

Was für ein Vertrauen?

Angesichts einer schwierigen Weltlage gebe es eine große Verunsicherung, sagte der Kirchentagspräsident und Journalist Leyendecker mit Blick auf die Losung. Nur wer anderen vertraue, könne jedoch auch Vertrauen gewinnen. Helmke erklärte, als Kirchentag sei es wichtig zu zeigen, wie Vertrauen im Leben helfe.

Vertrauen schön und gut. Nur: Woran kann man erkennen, wem oder worauf man vertrauen kann? Solange es um das Vertrauen auf Menschen oder auf Vereinbarungen wie Gesetze oder ethische Standards geht, haben Menschen viele Möglichkeiten, die Vertrauenswürdigkeit zu prüfen.

Anders sieht es beim Vertrauen auf übernatürliche Phantasiewesen aus. Denn zwischen dem irdischen Geschehen und dem Wirken solcher Wesen lässt sich ehrlicher-, redlicher- und vernünftigerweise kein ursächlicher Zusammenhang herstellen. Und um genau dieses Vertrauen auf die Hilfe eines fiktiven Götterwesens geht es in der biblischen Legende, die vor Gewalt und Niedertracht nur so strotzt.

Das 2. Buch der Könige beinhaltet verworrene Kriegs- und Belagerungsgeschichten. Deren einziger Zweck sein dürfte, den propagierten Wüstengott als übermächtig und überlegen darzustellen. Denn hier kommt diesem Gott die Rolle des mächtigen Warlords zu, der sein Volk bei der Vernichtung Un- und Andersgläubiger tatkräftig unterstützt.

Vom Göttergatte zum Monogott

Offenbar hatte es bei Jahwe und seiner Gemahlin Aschera schon länger gekrieselt. Denn wie wir ein Kapitel vorher erfahren, gefiel es dem HERRN wohl, dass König Hiskia seine Ehefrau umhieb:

  • Und er tat, was dem HERRN wohlgefiel, ganz wie sein Vater David. Er entfernte die Höhen und zerbrach die Steinmale und hieb die Aschera um und zerschlug die eherne Schlange, die Mose gemacht hatte. Denn bis zu dieser Zeit hatten ihr die Israeliten geräuchert, und man nannte sie Nehuschtan. (2. Kön 18, 3-4 LUT)

Wir halten fest: Gott reagiert auf die Zerstörung von Anbetungsstätten anderer Götter nicht so, wie wir heute reagieren, wenn der so genannte IS heute Heiligtümer anderer Religionen in Schutt und Asche legt: Mit Entrüstung.

Es ist nicht mal so, dass er diese Zerstörung anderer Religionen vielleicht nur duldet. Vielmehr hat er an der Zerstörung Wohlgefallen.

Das Vertrauen, das im Leitwort zum Kirchentag 2018 propagiert wird, bezieht sich also auf einen Gott, der sein Wohlgefallen an der Vernichtung anderer Religionen hat.

Aber das ist freilich noch längst nicht alles. Wie sehr sich das Vertrauen auf diesen Gott zu lohnen scheint, erfahren wir im selben Kapitel. Denn Gott lässt König Hiskia nicht im Stich. Dem gottesfürchtigen Kriegsherrn gelingen jedenfalls sämtliche kriegerischen Unternehmungen. Ob dreijährige Belagerung oder der Angriffskrieg. Weil er auf Gott vertraut:

  • Und der HERR war mit ihm, und alles, was er unternahm, gelang ihm. Und er wurde abtrünnig vom König von Assyrien und war ihm nicht mehr untertan. Er schlug auch die Philister bis nach Gaza und seinem Gebiet, von den Wachttürmen bis zu den festen Städten. (2. Kön 18, 7-8 LUT)

Der Engel des Herrn tötet 185.000 Mann

Es folgen reichlich verworrene Schilderungen von allerlei Kriegshandlungen, in denen es primär darum geht, die Übermacht Gottes über alle anderen Völker und Kulturen zur Schau zu stellen.

Die Geschichte gipfelt im Eingreifen Gottes, der durch die gnadenlose Vernichtung der Assyrer deutlich macht, dass es sich lohnt, ihm zu vertrauen:

  • Und in dieser Nacht fuhr aus der Engel des HERRN und schlug im Lager der Assyrer hundertfünfundachtzigtausend Mann. Und als man sich früh am Morgen aufmachte, siehe, da lag alles voller Leichen. (2. Kön 19, 35 LUT)

Auch hier ist die Aussage klar: Vertrauen in diesen Gott zahlt sich aus. Die Ermordung des andersgläubigen Königs der Assyrer durften schließlich dessen Söhne übernehmen:

  • Und als er anbetete im Haus seines Gottes Nisroch, erschlugen ihn mit dem Schwert seine Söhne Adrammelech und Sarezer, und sie entkamen ins Land Ararat. (2. Kön 19, 37 LUT)

Fazit

Eine blutrünstige Legende, in der ein kriegerischer König auf die gnadenlose Brutalität seines Kriegsgottes vertraut, dient als Quelle für einen umformulierten Slogan, mit dem zum Kirchentag 2019 für Vertrauen geworben werden soll.

Was für ein Vertrauen
Was für ein Vertrauen: Koppelschloss der Soldaten im 1. Weltkrieg

In der biblischen Geschichte geht es gar nicht um das Vertrauen unter Menschen. Davon ist jedenfalls nicht die Rede, Kirchentagspräsident Leyendecker spricht von Vertrauen zu anderen. Und nicht von Vertrauen auf einen gnadenlosen Kriegsgott mit einem Faible für Völkermord und Vernichtung aller, die sich ihm nicht unterwerfen.

Wenn es aber gar nicht um das Vertrauen auf Gott, sondern um das Vertrauen von Menschen untereinander geht: Wozu braucht es dann noch den Rückgriff auf eine menschenverachtende, abstruse und widerwärtige Bibelgeschichte, in der es um das Vertrauen auf den Kriegsgott und seinen massenmordenden Todesengel geht?

Dafür kann ich mir nur einen Grund vorstellen: Man versucht so, der Bibel Attribute wie Relevanz und Wirklichkeitsbezug zu verleihen, die sie längst nicht mehr hat. Es gibt viel bessere Gründe für Vertrauen als eine fiktive göttliche Gewaltdemonstration in archaischen Legenden.

Goldene Rosine Oktober 2017 am Band geht an Leyendecker, Helmke und Kurschus

Goldene Rosine am BandFür das Herauspicken des umformulierten Slogans „Was für ein Vertrauen“ zum Kirchentag 2019 aus einer religiös aufgeladenen Kriegs- und Mordgeschichte über die Übermacht eines blutrünstigen, gnadenlosen Kriegsgottes verleihen wir hiermit dem Kirchentagspräsident Hans Leyendecker, der Kirchentagsgeneralsekretärin Julia Helmke und der westfälischen Präses Annette Kurschus die Goldene Rosine am Band im Oktober 2017.

Die Herrschaften scheinen sich ziemlich sicher zu sein, dass sich niemand tatsächlich durch den verworrenen Bibeltext quält. Und versucht, sich einen Überblick über den Kontext zu verschaffen, aus dem sie „irgendwas mit Vertrauen“ herausgepickt haben.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalbeitrag.
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