Gedanken zu: Nach dem Brand: Anke und Stefan Schroth sind dankbar für die Bewahrung

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Gedanken zu: Nach dem Brand: Anke und Stefan Schroth sind dankbar für die Bewahrung, Originalbeitrag verfasst von Marion Eckert, veröffentlicht am 18.11.2017 von Osthessennews

Dankbarkeit ist das Wort, das Anke und Stefan Schroth, Leiter der Christlichen Tagungsstätte Hohe Rhön, am Tag nach dem Brand in der Schreinerei, Schlosserei und des Lagerraums immer wieder betonten. „Wir sind so dankbar, dass nur Sachschaden entstanden“, sagte Stefan Schroth.*

BrandDie Freude darüber, dass ein ziemlich großes Feuer rechtzeitig entdeckt und von engagierten Feuerwehrleuten zumindest daran gehindert werden konnte, noch größeren Schaden anzurichten, ist allzu gut nachvollziehbar.

Verständlich auch, dass die Betroffenen dankbar sind. Denn wäre der Brand nicht frühzeitig genug gemeldet und wäre die Feuerwehr nicht so schnell vor Ort gewesen, dann wären die christlichen Gästehäuser am Kreuzberg möglicherweise komplett abgebrannt. Und schlimmstenfalls noch Menschen zu Schaden gekommen.

Auch über den Umstand, dass die Feuerwehr nur eine Woche früher wegen einer Baustelle nicht so schnell am Einsatzort gewesen wäre, kann man sich sicher freuen.

Gott schenkt Gnade, indem er Häuser brennen und rechtzeitig löschen lässt

Wie kaum anders zu erwarten, sehen sich die Besitzer jedoch veranlasst, ihrem imaginären Himmelsfreund zu danken. Denn in ihrer christlich erweiterten Wirklichkeit ist er es, der für den vergleichsweise glimpflichen Ausgang der Situation gesorgt und damit einen noch größeren Schaden verhindert hat:

Dem Ehepaar ist wichtig, dass sie in dem entstanden Chaos und Schaden die Hand Gottes und die Bewahrung sehen und auch nach außen kommunizieren. „Gott hat in allem Gnade geschenkt“, sind sie sich einig.

Überlegen wir einen Moment, was jemand voraussetzen muss, um zu so einer Sichtweise kommen zu können:

Da muss es zunächst mal einen Gott geben. Aber natürlich nicht irgendeinen. Sondern den, den man selbst für wahr hält und verehrt.

Die Wahrscheinlichkeit, dass dies auch tatsächlich der „richtige“ Gott ist, ist indes verschwindend gering. Denn die Menschen haben sich schon viele tausend Götter ausgedacht. Und sie angebetet und für ihr Schicksal verantwortlich gemacht.

In den allermeisten Fällen sind das die Götter, die auch ihre Eltern schon für wahr gehalten haben. Oder der Herrscher, der gerade an der Macht war.

Ohne, dass jemals auch nur ein einziger Gott jemals seriös nachweisbar, also außerhalb der menschlichen Phantasie irgendwie ins Geschehen eingegriffen hätte.

Nicht nur existent, sondern auch aktiv eingreifend

Und das ist die nächste Annahme, die Familie Schroth voraussetzen muss: Dass ihr Wüstengott Jahwe, den sich ein Hirtenvolk in der Bronzezeit ausgedacht hatte, genau dies tut: Unter bestimmten Voraussetzungen seinen Allmachtsplan im Interesse und zum Wohl bestimmter Menschen anpassen. Das sollte für einen Allmächtigen ja kein Problem darstellen.

Desweiteren stellen sich Christen ihren Gott ja aber nicht nur allmächtig, sondern auch allgütig vor. So erscheint es aus der Sicht eines Gläubigen kein bisschen paradox, nicht nur in der Verhinderung schlimmerer Zerstörung, sondern auch „in dem entstandenen Chaos und Schaden die Hand Gottes“ zu sehen.

Sankt Florian Prinzip
Das Sankt-Florian-Prinzip

Zur Bewältigung von Unglück haben Gläubige verschiedene Strategien, mit denen sie sich ihre religiöse Wirklichkeit „passend“ machen. Manche machen obskure „böse Mächte“ (Stichwort: Feuerteufel), wahlweise auch einen angeblichen menschlichen „freien Willen“ verantwortlich. Was freilich die göttliche Allmacht in Frage stellen würde.

Und deshalb lösen andere Gläubige den Widerspruch zwischen täglich beobacht- und erlebbarem Leid und der Vorstellung eines allgütigen Gottes auf. Indem sie kurzerhand auch das Leid göttlicher Veranlassung zuschreiben. Schließlich hatte man ja erst im Sommer verkünden lassen, Gott habe einen Plan.

So wie auch in diesem Fall. Da ist dann oft von „Strafe“ oder „Prüfung“ die Rede. Dann sind die Wege Gottes einfach „unergründlich.“ Und er wird sich schon was dabei gedacht haben. Gerade Katholiken neigen dazu, sich sowieso immer irgendwie schuldig, bestrafenswert und erlösungsbedürftig zu fühlen. Oh Herr, ich bin nicht würdig,…

Wenn ein solcher Gott, der Katastrophen und Leid trotz Allmacht nicht nur nicht verhindert, sondern sogar absichtlich veranlasst, dann hätte das zur Folge, dass Gott ein unvorstellbar grausamer Sadist wäre. Also keinesfalls allgütig.

Und selbst wenn die christlichen Gästehäuser am Fuß des Kreuzbergs komplett abgebrannt wären, wäre vermutlich auch das für die Besitzer ein Zeichen göttlicher Gnade gewesen. Solange dabei keine Personen zu Schaden kommen. Und solange die Versicherung zahlt…

Sicher ist sicher

[…] Diese Scheune ist nahezu unbeschädigt geblieben, lediglich am Dach gibt es einen Schaden. Hier hoffen Schroths auf schnelle Lösungen in Kooperation mit der Versicherung, um weitere Schäden zu vermeiden.

So ganz ausschließlich will man sich dann offenbar doch nicht auf die göttliche Gnade verlassen. Wie praktisch, dass Versicherungen auch dann zahlen, wenn Götter sich vornehm zurückhalten.

Eine Brandschutzversicherung ist, wie auch der Blitzableiter auf dem Kirchturm oder die Reichtümer der Vatikanbank, das beste Beispiel dafür, dass sich Christen dann doch nicht ausschließlich auf ihre Götter verlassen wollen. Wie sie es laut Bibel ja eigentlich tun sollten:

  • Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen, sondern sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören und keine Diebe einbrechen und sie stehlen! (Mt 6,19-20 EU)

Auffällig wenige Christen befolgen diese und ähnliche Anweisungen aus dem „Neuen Testament“ tatsächlich. Besonders dann, wenns tatsächlich um etwas geht.

Ein Zeichen! Ein Zeichen!

[…] Allein durch die extreme Hitzeeinwirkung hätte es zu Schäden an den Zeltplanen kommen können. „Für uns ist das ein klares Zeichen, dass Gott das Feuer an der Scheune gestoppt hat. Zwar ist das eine Mauer dazwischen, aber das Feuer hätte leicht auf das Dach übergreifen können“, erklärte Stefan Schroth. „Unsere missionarische Arbeit soll weitergehen“, sagte Anke Schroth.

An diesem Beispiel lässt sich gut nachvollziehen, wie der religiöse Selbstbetrug funktioniert. Die Faktenlage an sich ist eher unspektakulär: Das Feuer hatte nicht auf das Dach oder auf die Zeltplanen übergreifen können.

Aus dem Beitrag geht nicht hervor, ob das Übergreifen durch die Löscharbeiten verhindert worden oder ob die Ausbreitung des Feuers „einfach so“ ausgeblieben war. Ein Sachverständiger könnte das Geschehen sicher problemlos rekonstruieren.

Und selbst wenn sich nicht mehr sicher feststellen lassen könnte, warum der Dachstuhl nicht auch noch Feuer gefangen hatte, so wäre trotzdem die Aussage: „Wir wissen es nicht“ bis zum Beweis des Gegenteils ehrlicher und näher an der Wahrheit als jede Begründung, in der das Wirken ein imaginärer Himmelsmagier eine Rolle spielt.

Wunsch und Wirklichkeit

Aber die Wahrheit spielt eine untergeordnete Rolle, wenn sich Gläubige ihre religiöse fiktive Wunschwirklichkeit in das irdische Geschehen hineininterpretieren.

Selbst ansonsten klar und kritisch denkende Menschen schaffen es, Verstand, Vernunft und intellektuelle Redlichkeit bei Bedarf komplett über Bord zu werfen, wenn es darum geht, irgendwo ihren lieben Wunschgott unterzubringen. Der es selbstverständlich immer gut mit ihnen meint.

Frau Schroth ist sich vermutlich absolut sicher: Dass der Brand ihrer Immobilien rechtzeitig gelöscht werden konnte, ist für sie ein Zeichen Gottes, der wünscht, dass ihre missionarische Arbeit weitergehen soll.

Weil das ihrer Wunschvorstellung entspricht. Auf die Idee, Gott könne ihr mit dem teilweisen Abbrennen ihres Anwesens ja auch signalisiert haben, ihre missionarische Tätigkeiten unverzüglich einzustellen (zum Beispiel, weil es aus Sicht eines Allmächtigen völlig lächerlich sein dürfte, wenn jemand Werbung für ihn macht), würde sie vermutlich niemals kommen.

Leider – oder, aus ihrer Sicht: Zum Glück hat Frau Schroth keine Möglichkeit herauszufinden, was ihr der von ihr für wahr gehaltene Gott tatsächlich damit sagen wollte. Wäre sie an der Wahrheit interessiert, müsste ihr ja daran gelegen sein, die vermeintlich göttliche Nachricht auch wirklich richtig zu verstehen. Und nicht nur so, wie sie am ehesten ihren Wünschen entspricht.

Nur: Woran sollte sie erkennen können, welcher Gott ihr welche Botschaft vermitteln wollte, indem er einen Teil ihrer Häuser abbrennen ließ?

Fragwürdige Gebetslogik

GebetslogikNatürlich sind die Schroths mit diesem unredlichen Umgang mit der Wirklichkeit nicht allein. Schon seit Menschen begonnen haben, sich Götter auszudenken, bilden sie sich ein, in den Genuss göttlicher „Fügung“ gekommen zu sein.

Missglückte Attentate, bei denen die Betroffenen eher durch Zufall überlebten, wurden als Folge göttlicher Vorsehung ausgegeben. Das führt natürlich zu einer enormen Selbstüberhöhung, wenn jemand behauptet, sein Gott habe das eigene Schicksal extra so und nicht anders gelenkt.

Dieses wunschgemäße Deuten von „Zeichen“ hat vermutlich seinen Ursprung in der frühesten Menschheitsgeschichte. Als die Menschen angefangen hatten, Ackerbau zu betreiben, wussten sie noch nicht um die Ursachen für eine gute Ernte.

Fiel die Ernte gut aus, dankten sie ihrem imaginären Wesen dafür. Eine Missernte war Anlass für Opfer, mit denen man den vermeintlich zornigen Gott gnädig stimmen wollte. Eine reiche Ernte bestätigte dann die Wirksamkeit des Opfers. Ein Ernteausfall wurde als klarer Beweis dafür gewertet, dass das Opfer offenbar nicht ausreichend gewesen war.

Dieser, aus heutiger Sicht leicht als systematische Selbsttäuschung durchschaubarer Effekt ist derselbe, wie wenn heute noch Menschen meinen, ein überirdisches Wesen kümmere sich um ihre Belange. Und gebe ihnen Zeichen.

In Wirklichkeit lässt sich nichts in einen ursächlichen Zusammenhang mit Göttern, Geistern oder Gottessöhnen bringen. Nicht bei der Wasserprobe, mit der Christen im Mittelalter Frauen der Hexerei überführen wollten. Und auch nicht bei einem Brand, der rechtzeitig gelöscht werden konnte.

Dankbarkeit für einen gelöschten Brand

[…] „Wir sind vor größerem Übel von Gott bewahrt worden, dafür sind wir dankbar.“

Wie wäre es stattdessen mit: „Wir sind vor größerem Übel von der Feuerwehr bewahrt worden, dafür sind wir ihr dankbar.“ ?

Es ist für mich kaum vorstellbar, dass jemand offenbar ernsthaft davon ausgeht, dass ein allmächtiger (!) Gott zwar nichts gegen das vielfältige und tagtäglich beobachtbare Leid tut. Während er aber dafür sorgt, dass ein Brand rechtzeitig gelöscht wird, um Menschen damit zu signalisieren, dass sie weiter für ihn Werbung machen sollen.

Zum Beispiel, indem sie in die Zeitung schreiben lassen, dass sie sich bei diesem Gott ausdrücklich dafür bedanken, dass er nicht das ganze Anwesen hatte abbrennen lassen.

Rational betrachtet sieht die Welt so gar nicht danach aus, als würde sie von einem allmächtigen, allgütigen überirdischen Wesen gelenkt.

Noch absurder gehts eigentlich nicht.

Nachtrag

Wie üblich war dieser Artikel von Marion Eckert in allen Lokalzeitungen der Region erschienen. Unterschiedlich war jeweils nur die Überschrift:

  • Osthessennews:
    Nach dem Brand: Anke und Stefan Schroth sind dankbar für die Bewahrung

    Die Verwendung des Wortes „Bewahrung“ lässt hier schon vermuten, dass die Dankbarkeit nicht der Feuerwehr gilt. Trotzdem vermeidet es Osthessennews, im Titel das wiederzugeben, worum es eigentlich geht. Nämlich, dass Anke und Stefan Schroth ihrem Gott dankbar für die vermeintliche „Bewahrung“ sind.
  • Saale-Zeitung:
    Ehepaar glaubt an das Gute

    Noch zurückhaltender ist die Saale-Zeitung. Tatsächlich glaubt das Ehepaar eben nicht an „das Gute“. Sondern an ein magisches Himmelswesen, das sich ein Hirtenvolk in der Bronzezeit ausgedacht hatte. Und zwar ein Wesen, das Menschen zeitlich unbegrenzt bestraft, wenn sie sich ihm nicht unterwerfen. Und das trotz Allmacht und Allgüte nichts gegen Leid und Elend tut. Ein Verhalten, das man kaum als „das Gute“ bezeichnen kann. Somit ist der Titel eine glatte Themaverfehlung.
  • Main-Post:
    Da werden Sekunden zur Ewigkeit – Am Tag nach dem Brand in den Christlichen Gästehäusern spricht das Ehepaar Schroth über seine Erfahrungen
    Ganz frei von religiöser Wüstenmythologie titelt die Mainpost mit einem Zitat der Betroffenen. Wobei die Hauptaussage des Artikels ja nicht in erster Linie aus den Erfahrungen besteht. Sondern darin, dass die Betroffenen ausdrücklich betonen, das Abbrennen eines Teils ihrer Häuser und die rechtzeitige Verhinderung einer weiteren Ausbreitung sei dem Willen des von ihnen für wahr gehaltenen Gottes zuzuschreiben. Der ihnen damit ein Zeichen schickt, dass er trotz Allmacht gerne weiter beworben werden möchte.

Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalbeitrag über die Reaktion der Betroffenen auf den Brand der christlichen Gästehäuser am Kreuzberg, abgerufen am 19.11.2017

 

 

 

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