Warum ernten Gläubige Spott und Häme?

Lesezeit: ~ 4 Min.

Religiös gläubige Menschen können manchmal gar nicht verstehen, warum Leute, die ihre religiöse Scheinwirklichkeit nicht teilen, mitunter nur Spott und Häme für ihre Vorstellungen übrig haben.

In einer Facebook-Diskussion erläuterte Volker Dittmar* einige Hintergründe:

Es gibt einen Zweig der Philosophie, der sich „Evolutionäre Erkenntnistheorie“ (EE) nennt. Begründet wurde er von Lorenz und Campbell, neuere Vertreter sind Riedl und Vollmer.

Die EE geht auf Darwin zurück, und auf eine Bemerkung von Konrad Lorenz, die ich aus dem Gedächtnis wiedergebe:

„Der Affe, der die Dreidimensionalität des Raums falsch einschätzte, fiel schnell tot vom Baum und gehört daher nicht zu unseren Vorfahren.“

Demnach dient unsere Erkenntnisfähigkeit dem Überleben unserer Vorfahren. Inzwischen gibt es eine Fülle an Erkenntnissen der kognitiven Psychologen (mein Studienfach!), die eindeutig belegen, wie sehr uns unser Denken in die Irre führt, wie falsch oft unsere Ergebnisse sind.

Die oft gemachte theistische Annahme, unser Denken sei in irgendeiner Form zuverlässig, ist grundfalsch. Theisten müssen das glauben, da ihr gesamtes Weltbild in reinem Denken entstanden ist. Das kann nicht funktionieren, Denken ohne hinreichendes Feedback der Umwelt ist absolut und uneingeschränkt unzuverlässig.

Sehr starkes Argument gegen jede theistische Denkweise

Das ist ein sehr starkes Argument gegen jede theistische Denkweise. Von ca. 1.000 Ideen über die Welt, die wir haben, sind im Durchschnitt (!) 999 falsch. Von ca. 1.000 Lebensformen, die es mal gab, sind 999 heute ausgestorben. Wir entwickeln also Ideen darüber, wie die Welt sein könnte, und wenn unser Leben davon abhängt, führt das in 999 von tausend Fällen zum Tod.

Wenn unser Leben nicht davon abhängt, und uns jegliches feedback fehlt, ist die Idee „nur“ falsch. Unser Leben hängt nicht davon ab, ob es einen Gott gibt oder nicht, ob wir das glauben oder nicht. Es gibt aber falsche, dafür evolutionär notwendige Mechanismen in unserem Denken, die dazu führen, dass der Glauben an Götter entsteht, und da diese Ideen ohne Feedback entstehen, ist dieser Glauben mit hoher Wahrscheinlichkeit falsch. Aber das bringt uns nicht um.

Es gibt eine kontinuierliche evolutionäre Entwicklung des Denkens, angefangen von den Einzellern bis heute. Man kann in diesem Prozess verfolgen, wie falsche Ideen zwangsläufig entstehen und nur teilweise vergehen, wenn diese falschen Ideen keine unmittelbaren Konsequenzen für das Überleben unserer Vorfahren hatten.

A priori – a posteriori

Es gibt eine „angeborene Ontologie“, eine angeborene Erkenntnis der Welt. Kant sprach von den „a priori“ unseres Denkens, das, was wir unserem Denken voraussetzen müssen: vor aller Erfahrung. Für Kant war die Herkunft dieser a priori ein Rätsel. heute weiß man: Es handelt sich um „a posteriori“ unserer Stammesgeschichte – also um genetisch vermittelte Erfahrung von einem kleinen Ausschnitt dieser Welt.

Diese Welt – Dawkins nennt sie „Mittelerde“, in der EE spricht man vom „Mesokosmos“ – ist der Teil der Welt, in der unser Denken insoweit funktioniert, wie es für unser Überleben notwendig ist. Es ist die Welt unserer Erfahrung und Anschauung.

Verlässt man den Mesokosmos und geht in den Mikrokosmos, oder den Makrokosmos, also in Bereiche der Welt, die unserer Erfahrung nicht zugänglich sind und für unser Überleben nie eine Rolle spielten, so erwarten uns große Überraschungen: Unsere Anschauung funktioniert weder in der Quantenwelt noch der des makrophysikalischen Kosmos.

Dort ist nahezu alles kontraintuitiv. Das ist genau das, was man erwartet, wenn die unser Denken durch Erfahrung entstanden ist, und ein Selektionsfaktor war. Ein Theist kann das mit seinen Erwartungen an die Welt (des Denkens) nicht erklären und nicht vereinbaren.

Aber alle Fehler, die wir im Denken machen, lassen sich umfassend evolutionär erklären. Wir wissen, dass Denken ohne Feedback, ohne es genau zu testen und zu analysieren, uns ganz zuverlässig in die Irre führt.

Es gibt daher nicht eine einzige theistische Theorie, die sich je durchgesetzt hat, und die als bessere Erklärung heute gilt als die naturalistischen Theorien. NICHT EINE VERDAMMTE DENKWEISE DER THEISTEN HAT JE ZUM ERKENNTNISFORTSCHRITT GEFÜHRT! NICHT EINE!

Das ist fast schon überraschend, wenn man bedenkt, dass ja sonst „nur“ 999 von 1.000 Ideen falsch sind.

2000 Jahre systematisches Versagen

Und trotz über 2.000 Jahre falschen Denkens treten die meisten Theisten heute mit einer unglaublich extremen Arroganz und Hybris auf und meinen, allen anderen vorschreiben zu können, wie sie zu denken haben! Wie unheimlich borniert muss man sein, nach 2.000 Jahren systematischen Versagens, der Fehlschlüsse, Irrtümer, dummen Ideen immer noch aufzutreten und zu sagen: Wir könnten recht haben…

NEIN! IHR HABT NUR GEIRRT, SONST NIE ETWAS ZUSTANDE GEBRACHT, und pure Höflichkeit kann nur verhindern, dass man bei Eurem Geschwätz nicht sofort den Mittelfinger erhebt und auf Euer unglaublich langes Versagen hinweist.

Eure theistischen Denkweisen sind dumm, borniert, ignorant, systematisch falsch, irreführend, unlogisch, sinnfrei und lassen sich höflich nicht beschreiben! Aber Ihr tretet immer noch merkbefreit auf, als ob Ihr die Weisheit mit Löffeln gefressen hättet, dabei müsstet Ihr, wenn Ihr Euch angemessen verhalten würdet, mit braunen Papiertüten über dem Kopf unter dem Teppich daherkriechen, wenn ein Wissenschaftler den Raum betritt.

Aber angemessene Bescheidenheit ist nicht Eure Sache, sondern Hybris, Arroganz, Überheblichkeit und ein triumphaler Gestus. Es ist, als ob sechsjährige Hinterhof-Dosenkicker, die noch nie ein Spiel gewonnen haben, sich anmaßen, den Profi-Fußballern des Weltmeisters im Fußball Vorschriften über deren Spielweise machen zu wollen.

Spott und Häme

Und da wundert sich auch nur einer von Euch noch, dass Ihr Spott und Häme erntet? Als ob Ihr je mehr verdient hättet als das! Und wenn ich das so schreibe, bin ich sogar noch ZU höflich. Es wäre unhöflich, eine realistische Bschreibung davon zu geben, wie unglaublich lächerlich Ihr Euch macht.

Und ja, ich schreibe das so pauschal, weil es für die absolute Mehrheit der theistischen „Bescheisswisser“, äh, sorry, Bescheidwisser gilt. Entschuldigung, da bin ich gerade auf der Tastatur ausgerutscht – aber ich halte es mit Freud: versprochen ist versprochen! (Oder verschrieben in diesem Fall).

*Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors Volker Dittmar

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