Katholische Kuriositäten (1): Hostienprobleme

Lesezeit: ~ 4 Min.

Die katholische Abteilung des Christentums hat viele Kuriositäten im Portfolio, bei denen man sich bei Licht betrachtet fragt, wie sowas heute irgendwer noch ernsthaft für wahr oder zumindest für bedeutsam halten kann.

Im katholischen Mainstream-Marketing spielen diese, teils wirklich bizarren Dogmen und theologisch umfassend beackerten  Glaubensinhalte so gut wie keine Rolle mehr. Verständlich, denn wer will gewöhnlichen Schafen heute ernsthaft noch zumuten, Dinge zu glauben, die selbst gläubige Katholiken zumindest außerhalb ihrer eigenen religiösen Phantasiewelt problem- und zweifellos als völlig hanebüchen identifizieren würden.

Verfolgt man diese Verkündigungen, dann gewinnt man den Eindruck, dass Berufschristen heute offenbar versuchen, die Absurditäten ihres Glaubenskonstruktes so gut wie möglich zu verschweigen oder zumindest bis zur Unkenntlichkeit zu kaschieren.

Kaum noch ein Pfarrer oder Prediger, der sich noch irgendwie halbwegs verbindlich dazu äußert, wie man sich beispielsweise die Wirkweise eines Gebetes konkret vorstellen solle. Oder auch, was die Inszenierung einer innerfamiliären Todesfolterung zur göttlichen Selbstbefriedigung denn nun eigentlich konkret bewirkt bzw. verändert haben soll.

Paradoxerweise würde jedes Detail, das die katholische Lehre von anderen Glaubenskonstrukten unterscheidet, unnötigerweise so viele so offensichtliche Fragen aufwerfen, dass man sich hier lieber bedeckt hält und sich auf Inhalte konzentriert, die kein Fürwahrhalten von absurden Phantasien erforderlich macht.

Immunisierung durch Beliebigkeit

Gerade in Zeiten wie dieser, wo sich die fatalen Auswirkungen der Methode des Glaubens auch außerhalb religiöser Sphären täglich beobachten lassen, tut die Kirche gut daran, ihre Botschaft auf unverfängliche, aber eben auch nichtssagende bzw. nicht spezifisch religiöse Aussagen zu beschränken:

Priester verbreiten mit reich verzierten Wortgirlanden irgendeine diffuse, nicht näher definierte Hoffung auf irgendwas ebenfalls nicht näher Definiertes. Etwas, das sie aber offenbar unheimlich toll, moralisch überlegen und erstrebenswert finden. Und künden regelmäßig von ihrer unfassbar großen Freude, dass ihnen diese Möglichkeit der religiösen Realitätsflucht zur Verfügung steht.

Mit dem Bibelgott hat die hier transportierte Gottesvorstellung freilich nur noch wenig bzw. nichts mehr zu tun. Ich kann mich nach über bisher 200 kommentierten Folgen „Wort zum Sonntag“ nicht erinnern, auch nur ein Mal den Begriff „Hölle“ oder gar eine Warnung vor göttlicher Strafe gehört zu haben. Wobei man den Predigern ja gerade eine solche Warnung als Ausdruck wahrer Nächstenliebe ihren glaubensfreien und andersgläubigen Mitmenschen gegenüber positiv anrechnen könnte.

Aber nicht nur das Unmoralische und Unmenschliche der katholischen Lehre verschweigen Mainstream-Verkünder heute zumeist. Auch Themen wie Trinitätslehre, Himmelfahrten oder Transsubstantiation scheinen heute zumindest außerhalb von Kirchenmauern und einigen speziellen theologischen Kreisen praktisch keine tragende Rolle mehr zu spielen.

Hokuspokus, Abrakadabra, Simsalabim

Katholische Kuriositäten: HostienproblemeWohl auch den meisten Katholiken dürften diese theologischen Absurditäten, die zwar eigentlich als katholische USPs zum Fundament der katholischen Vorstellungswelt zählen, aber eben in Sachen Plausibilität auf einer Stufe mit Magie, also Hokuspokus, Akrakadabra und Simsalabim stehen mehr oder weniger egal sein.

Ähnlich wie die Texte alter Kirchenlieder zeugen diese Vorstellungen und die dazugehörigen Zeremonien von einer Zeit, in der magisches Denken noch ganz selbstverständlich und weit verbreitet war.

Nicht etwa nur ein paar, aus dem Mittelalter übrig gebliebene Kuriositäten, sondern das ganze christliche Heilsversprechen scheint gerade dabei zu sein, genauso in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden wie zahllose andere ähnliche Versprechen vorher auch schon. Mangels Plausibilität. Und mangels Nachfrage.

Das hat man offenbar auch kirchlicherseits mitbekommen. Und statt Menschen mit einem himmlischen Jenseits anzulocken und sie mit Höllendrohungen einzuschüchtern, konzentriert man sich inhaltlich nur noch auf das, was heute, wenn überhaupt, noch nachgefragt wird: Das gute Gefühl, ein besserer, moralisch überlegener Mensch zu sein, wenn man nur an den „richtigen“ Gott glaubt.

Katholische Kuriositäten

Und dann gibt es auch noch die katholischen Kreise, die in der modernen weichgespülten Wischiwaschi-Version des entkernten katholischen Christentums das Werk des Leibhaftigen persönlich sehen. Diesen Leuten kann man alles Mögliche vorwerfen. Aber sicher nicht, dass sie das in weiten Teilen einfach nur bizarre katholische Glaubenskonstrukt und dessen groteske Implikationen nicht ernst nehmen würden.

Eine ergiebige Quelle für Einblicke in die magisch-katholische Zauberwelt ist immer gloria.tv. Der hier mitunter dargestellte Umgang mit der Wirklichkeit weckt berechtigte Zweifel daran, ob es sich hier tatsächlich um erwachsene, zurechnungsfähige Menschen im 21. Jahrhundert handelt.

Mit welch absurden Problemen man sich auseinandersetzen muss, wenn man magische Inhalte für wahr und relevant hält, zeigt unser heutiges Fundstück der Woche von gloria.tv:

Quelle des Videos: gloria.tv via Youtube

Ja, und…?

Nun könnte man einwenden: Ja, und…? Wenn denen das so wichtig ist, dann lass sie doch! Sind denn religiöse Gedanken nicht genauso frei wie alle anderen auch?

Eine möglichst realitätskompatible Weltanschauung mag zwar viele Vorteile haben, ist aber natürlich nicht verpflichtend. Menschen glauben noch ganz andere Sachen, die von außen betrachtet mindestens genauso absurd erscheinen. Bis hierher korrumpieren sie höchstens ihre eigene intellektuelle Redlichkeit – und die ihrer Kunden.

Wer sich zum Beispiel ein Fantasy-Rollenspiel ausdenkt, der darf natürlich auch die Spielregeln festlegen: Welche Charaktere haben welche Zauberkräfte, welche besonderen Fähigkeiten?

Im Fall der katholischen Lehre dient das „rechte“ Verständnis des Backoblaten-Verwandlungszaubers dazu, die Leute auszuschließen, die dieses spezielle, dogmatisch festgelegte Verständnis nicht teilen. Obgleich es faktisch ja keinen Unterschied macht, ob jemand seine Oblate „verwandelt“ oder „out of the box“ zu sich nimmt. Denn diese Verwandlung findet ja ausschließlich in der Phantasie des Priesters statt.

Genauso, wie sich verschiedene unverpackte Sorten pseudomedizinscher Zuckerkügelchen nicht voneinander unterscheiden lassen, lassen sich auch verwandelte von unverwandelten Oblaten nicht unterscheiden. Die angebliche „Wesensveränderung“ ist nichts anderes, als wenn ein Kindergartenkind mit einem Lineal herumfuchtelt und sagt: „Das wäre halt jetzt mein Schwert!“

Welche Komplikationen man bewältigen, mit welchen Fragen man sich auseinandersetzen muss, wenn man behauptet, Oblaten in Menschenfleisch zum Zweck der oralen Aufnahme verwandeln zu können, beschreibt zum Beispiel Michael Schmidt-Salomon in diesem Artikel.

Diskriminierung, Hass und Gewalt – wegen einer verzauberten Backoblate

Frag- und kritikwürdig wird es, wenn katholische Kirchenfunktionäre zum Beispiel besonderen Respekt für ihre magischen Skills einfordern. Oder wenn sie davon den Anspruch ableiten, auch außerhalb ihrer magisch-esoterisch erweiterten religiösen Scheinwirklichkeit ernst genommen zu werden. Wie sollte man jemanden ernst nehmen können, der seinen Standpunkt mit einem besonders guten Draht zu einem Phantasiewesen legitimiert und begründet?

Kritisch wird es auch, wenn sie vorgeben, dass nur Männer vom „allmächtigen Schöpfer des Himmels und der Erde“ himself dazu berufen und befähigt werden können, Backoblaten in Menschenfleisch zu verzaubern. Und so Frauen mit einer völlig lächerlichen Begründung aus ihrer Priesterkaste ausschließen.

Und richtig kritisch wird es, wenn sich Menschen wegen verschiedener Auffassungen über ihre religiösen Hirngespinste gegenseitig die Köpfe einschlagen. Man kann sich kaum vorstellen, dass unterschiedliche Phantasievorstellungen heute noch geeignet sein können, dass sich ganze Menschengruppen gegenseitig ausgrenzen – oder sie als Begründung vorbringen, um sich auch schon mal gegenseitig umbringen.

Anmerkung

Auf gläubige Katholiken mögen diese Gedanken blasphemisch wirken. Je nachdem, wie stark sie ihren Katholizismus gegen Vernunft und intellektuelle Redlichkeit immunisiert haben. Dazu kommt oft noch das unangenehme Gefühl der kognitiven Dissonanz, wenn ansonsten vernünftig denkenden Gläubigen dämmert, dass das, was sie da glauben sollen, von reiner menschlicher Einbildung, Wunsch- oder, je nach Ausprägung, auch Wahnvorstellung nicht unterscheidbar ist.

Deshalb nochmal der Hinweis: Natürlich möge ein jeder glauben, was immer ihm glaubwürdig erscheint. Aber das bedeutet nicht, dass man das, was da so alles geglaubt werden soll, nicht auch kritisch hinterfragen und, gerade bei so bizarren Formen wie dieser, auch mal lächerlich machen darf.

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7 Gedanken zu „Katholische Kuriositäten (1): Hostienprobleme“

  1. Heiliges Krümelmonster…

    Möge Sankt-Vorwerk uns allen beistehen, bevor die Hostie vom Dirt-Devil an sich gerissen wird um dann vielleicht noch durch einen profanen Gully bei den Ninja-Turtles in der Unterwelt landet!!!

    Die haben ja voll einen an der Waffel…also im Ernst jetzt!!!

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    • Am Schönsten ist doch die Drohung einer Exkommunikation bzw. Ausschluss des Gläubigen von der Eucharistiefeier wegen eines sogenannten Vergehens eigens kirchlich gemachter Regeln.

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      • Uuups,
        Jetzt ist mir vor Schreck/aus Versehen mein Baby zu Boden gefallen…
        Ist aber halb so wild, war ja nicht der knusprig geröstete Leib des Messias…

        Was machen die eigentlich, wenn die Hostie zerbricht?
        Wird dann geschient/ein Gips angelegt?!

        Und auf genau welchem Teil des Herren kau ich grad rum…
        anatomisch ist das echt ein wenig indifferent…

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  2. Die sind endlich dort angekommen wo sie hingehören, ins NIRWANA…
    Diese Jahrhunderte alten Lügen müssen auch dem dümmsten einmal zu viel werden! Glauben Sie an sich selbst und
    die Familie. Das ist der einzige reale
    “ Glaube “ !

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    • Ich begreife auch einfach nicht, wie sich kollektiv so viele Menschen dafür begeistern können und das auch noch schön finden!
      Das ist alles menschengemacht!
      Wo ist der unmissverständliche Hinweis, dass es nicht so ist?

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