Darum geht es
Nikolaus 2025: Pfarrer Buß eignet sich die universelle menschliche Erkenntnis, dass Gier einsam macht und Mitgefühl erfüllt an und verkauft sie als exklusives Produkt, der Kirche, während diese Menschen gleichzeitig zu hilflosen Opfern übernatürlicher Mächte degradiert, die nur durch religiöse Autorität gerettet werden können.Wenn Religion Moral monopolisiert und für ihre Zwecke instrumentalisiert
Der Nikolaus-Impuls von Pfarrer Stefan Buß vom 6.12.2025 auf osthessen-news.de ist ein Paradebeispiel religiöser Propaganda im Gewand der Weihnachtsfolklore. Hier wird eine banale moralische Binsenweisheit – Gier macht einsam, Mitgefühl erfüllt – sehr leicht durchschaubar für die Selbstlegitimierung religiöser Institutionen ausgeschlachtet. Was als harmlose Heiligenlegende daherkommt, ist bei genauerer Betrachtung ein hinterlistiges Stück ideologischer Indoktrination.
Der Teufel-Trick: Externalisierung menschlicher Verantwortung
Die Legende beginnt mit dem klassischen religiösen Taschenspielertrick: Der Teufel als böser Verführer von außen. Diese Konstruktion ist nicht nur intellektuell unredlich, sondern moralisch verwerflich, denn sie sabotiert systematisch jede ernsthafte Auseinandersetzung mit der Natur menschlicher Entscheidungen.
Der Kaufmann wird nicht durch dämonische Kräfte korrumpiert – er ist schlicht ein gieriger Egoist. Die Teufelsgestalt ist nichts als eine feige Auslagerung dessen, was in Wahrheit menschliche Schwäche, soziale Konditionierung und kapitalistische Ideologie sind. Statt Menschen zu ermächtigen, ihre eigenen moralischen Entscheidungen zu reflektieren, werden sie zu hilflosen Spielbällen kosmischer Kräfte degradiert.
Aus säkularer Perspektive: Menschen werden nicht durch Hörner tragende Fabelwesen verführt, sondern zum Beispiel durch konkrete soziale, ökonomische und psychologische Faktoren. Wer im Jahr 2025 noch mit dem Teufel argumentiert, betreibt entweder bewusste Manipulation oder offenbart eine erschreckende intellektuelle Rückständigkeit. Beides disqualifiziert als moralische Autorität.
Der Heilige als Monopolist der Moral – oder: Kirchliche Anmaßung in Reinform
Noch dreister ist die Rolle des Heiligen Nikolaus: Nur durch seine göttlich legitimierte Intervention kann der Kaufmann gerettet werden. Diese narrative Struktur ist eine bodenlose Anmaßung, die unmissverständlich behauptet: Ohne Kirche, ohne Heilige, ohne religiöse Autorität bleibt ihr moralischen Krüppel.
Dies ist nicht nur historisch eine Farce (man denke an Kreuzzüge, Inquisition, Hexenverbrennungen, sexuellen Missbrauch in kirchlichen Institutionen bis heute), sondern auch eine subtile, aber umso perfidere Form der Bevormundung mündiger Menschen. Die Kirche maßt sich an, Türsteherin der Moral zu sein – dabei ist sie historisch wie gegenwärtig eher deren Totengräberin.
Tatsächlich zeigt die empirische Forschung: Prosoziales Verhalten, Empathie und ethisches Handeln korrelieren nicht mit Religiosität. Säkulare Gesellschaften in Skandinavien zeigen höhere Werte bei Gleichberechtigung, Sozialleistungen und allgemeinem Wohlbefinden als stark religiöse Gesellschaften.
Die eigentliche Botschaft – und warum sie keine Religion braucht
Hinter der religiösen Verpackung steckt eine universelle Wahrheit: Materieller Reichtum ohne soziale Verbundenheit macht nicht zwangsläufig glücklich. Empathie und Solidarität sind essenziell für menschliches Wohlbefinden.
Diese Erkenntnis ist weder christlich noch religiös – sie ist zutiefst menschlich und wird durch Psychologie, Soziologie und Evolutionsbiologie bestätigt. Menschen sind soziale Wesen, deren Gehirn für Kooperation und Empathie verdrahtet ist. Der Verlust dieser Verbindung führt nachweislich zu psychischem Leid.
Die Geschichte funktioniert auch ohne Teufel und Heiligen: Ein Mensch verliert in seinem gierigen Streben nach Reichtum den Kontakt zu anderen Menschen und zu sich selbst. Erst als er wieder lernt, die Not anderer zu sehen und entsprechend zu handeln, findet er zu einem erfüllten Leben zurück.
Warum braucht diese Botschaft die religiöse Überhöhung? Sie braucht sie nicht – außer zur Selbstlegitimierung religiöser Institutionen.
Das Problem mit dem „verhärteten Herzen“
Pfarrer Buß schließt mit dem Appell, das „verhärtete Herz“ in uns aufzulösen. Doch diese Metapher ist gefährlich unpräzise und psychologisch naiv.
„Verhärtung“ suggeriert einen Zustand, der fast pathologisch klingt – als wäre mangelndes Mitgefühl eine Art spirituelle Krankheit, die religiöser Heilung bedarf. Tatsächlich ist Empathie-Verlust oft das Resultat von:
- Traumatischen Erfahrungen (die professionelle therapeutische Hilfe erfordern)
- Überforderung und Erschöpfung (die strukturelle Veränderungen erfordern)
- Sozialer Isolation (die Gemeinschaft und Vernetzung erfordert)
- Ideologischer Verhärtung (wozu ironischerweise auch religiöser Fundamentalismus gehört)
Die Lösung liegt nicht im Gebet oder in religiöser Kontemplation, sondern in konkreten Maßnahmen: soziale Gerechtigkeit, Umverteilung von Reichtum, psychologische Unterstützung, Bildung und die Förderung echter Empathie durch Begegnung.
Der säkulare Nikolaus: Was bleibt ohne die Religion?
Wenn wir die religiöse Schicht abziehen, bleibt ein interessanter historischer Befund: Nikolaus von Myra war offenbar ein Mensch, der sich für Benachteiligte einsetzte. Das verdient Respekt – aber nicht religiöse Verklärung.
Was wir brauchen, sind keine Heiligen, sondern Menschen, die konkret handeln. Keine Legenden, sondern gelebte Solidarität. Keine religiösen Autoritäten, die uns sagen, wie wir moralisch sein sollen, sondern eine Ethik, die aus Vernunft, Empathie und dem Bewusstsein für die Würde aller Menschen erwächst.
Fazit: Moral braucht keine Übernatur
Der Impuls von Pfarrer Buß ist ein Beispiel dafür, wie Religion universelle menschliche Werte vereinnahmt und als ihr exklusives Terrain markiert. Die Botschaft – teilen, helfen, Mitgefühl zeigen – ist wertvoll. Aber sie ist nicht christlich. Sie ist menschlich.
Ein säkularer Humanismus bietet diese Ethik ohne die problematischen Nebeneffekte:
- Ohne die Externalisierung von Verantwortung auf übernatürliche Wesen
- Ohne das Monopol religiöser Autoritäten auf Moral
- Ohne die Verschleierung struktureller Probleme durch spiritualisierende Metaphern
- Mit einem klaren Blick auf die psychologischen und sozialen Mechanismen, die Empathie fördern oder verhindern
Lasst uns an diesem 6. Dezember nicht einen Heiligen feiern, sondern uns gegenseitig – als Menschen, die füreinander Verantwortung tragen, nicht weil ein Gott oder ein Teufel es will, sondern weil wir es selbst wollen und können.

















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