Kirchenaustritt 2019: Warum du jetzt austreten solltest, inkl. 4+1 Aussteiger-Tipps

Lesezeit: ~ 5 Min.

Für den Kirchenaustritt 2019 gibt es viele gute Gründe.

Sehr aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang erstmal ein Blick auf die Gründe, die im vergangenen Jahr Menschen dazu bewegt hatten, aus der Kirche auszutreten:

Grafik: Gründe für den Kirchenaustritt
Quelle: kirchenaustrtitt.de

Die Zahlen stammen aus einer Umfrage unter 56.953 Nutzern der Webseite kirchenaustritt.de und dürften somit als repräsentativ gelten. Abgesehen vielleicht vom Anteil derer, die ihren Glauben nur gewechselt, nicht aber aufgegeben haben: Für die steht möglicherweise ihre neue Religion im Vordergrund. Verglichen zur Aufgabe ihres bisherigen religiösen Bekenntnisses.

Hier einige Überlegungen zu den drei am häufigsten genannten Gründen:

Austrittsgrund Nr. 1: Die Kirchensteuer

Zunächst fällt der große Anteil derer auf, die wegen der Kirchensteuer aus der Kirche ausgetreten waren. Kein Wunder: Der Kirchensteuereinzug ist oft der letzte noch vorhandene tatsächliche Schnittpunkt zwischen Kirche und Taufscheinchrist. Denn außer finanzielle haben Kirchen heute keine Anforderungen mehr an ihre Kunden.

Dass die Kirchensteuer Austrittsgrund Nummer eins ist, wissen natürlich auch die Kirchenfunktionäre. Diese haben sicher sehr gründlich durchgerechnet, dass ein Verzicht auf den Kirchensteuereinzug schmerzlicher wäre als der Verzicht auf die Mitglieder, die wegen der Kirchensteuer austreten. Weil die Kirchensteuer von der guten Konjunktur profitiert, nimmt der Klerus trotz sinkender Mitgliederzahlen mehr ein denn je, solange es wirtschaftlich bergauf geht. Ohne selbst zu diesem Aufschwung beizutragen.

Austreten ist jederzeit möglich. Rein finanziell betrachtet ist der November (bzw. der Dezember) Kirchenaustrittsmonat. Warum das so ist, verrät Matthias in diesem Ketzerpodcast-Segment, unlängst aktualisiert in diesem Beitrag.

Austrittsgrund Nr. 2: Die Institution Kirche

Kirchenaustritt 2019Auch für den zweitgrößten Austrittsgrund liegen die Ursachen bei der Kirche selbst. Zuletzt hatte der Fall Tebartz-van Elst für einen drastischen Anstieg des Ausstiegs 2013/14 gesorgt. Und dabei war es damals nur um Geld gegangen.

2018 geht es um eine unbekannt große Zahl von menschlichen Schicksalen. Um Sexualverbrechen, die Angestellte der katholischen (und auch der evangelischen) Kirche an Kindern und Jugendlichen begangen haben. Und um eine Kirche, die über Jahrzehnte (vermutlich über Jahrhunderte) hinweg ein Millieu des Wegschauens und Vertuschens geschaffen hatte.

Die Kirche, selbsterklärter Hort höchster, weil göttlicher Moral, liefert(e) den Deckmantel, unter dem diese Verbrechen ermöglicht wurden. Mit Hilfe ihrer Paralleljustiz und ihrer undemokratisch-patriarchialischen Hierarchien und Machtstrukturen sorgt(e) sie dafür, dass die Verbrechen in den meisten Fällen ohne strafrechtliche Konsequenzen für die Täter geblieben waren.

Aber nicht nur durch die Straftaten ihrer Angestellten hat sich die Kirche in jeder Hinsicht disqualifiziert. Auch der bisherige Umgang des Kirchenkonzerns mit diesem Skandal, das Verhalten der (mit-)verantwortlichen Führungsebene bis hinauf zum Oberschäfer sollte Grund genug für viele tausend Gläubige sein, diese Organisation keinen Tag länger finanziell zu unterstützen.

Austrittsgrund Nr. 3: Der Glaube

Nur 16,4% der Befragten gaben an, aus der Kirche ausgetreten zu sein, weil sie nicht oder nicht mehr an Gott glauben. Das kann wenig erstauen. Denn wie schon geschrieben: Außer Geld verlangt die Kirche heute von Durchschnittschristen nichts mehr.

Kirchenaustritt 2019Die biblisch-christliche Mythologie und das christliche Heilsversprechen sind für den typischen Wischi-Waschi-Christen genauso irrelevant wie die heute zumeist verschwiegenen Strafandrohungen. Zumindest wer in den letzten 30 oder 40 Jahren aufgewachsen ist und nicht gerade von fundamentalistischen Religionsspinnern sozialisiert wurde, hat die christliche Lehre sehr wahrscheinlich als etwas durchweg Positives, zumindes aber Harmloses beigebracht bekommen. „Wird schon irgendwie im Grunde was Gutes sein und schaden kanns (mir) ja auch nicht…“ – mehr als eine solche geistige Selbstbefriedigung erwarten viele Taufscheinchristen nicht mehr von ihrer Religion.

Nur die wenigsten der „Mainstream-Christen“ dürfte sich im Erwachsenenalter nochmal zumindest so intensiv mit seiner Glaubenslehre auseinandergesetzt haben, dass sie Absurdität und Unmenschlichkeit des zugrundeliegenden Belohungs-Bestrafungskonzept durchschauen würden. Auch wenn das eigentlich eine Sache von 5 Minuten wäre: Es ist für viele Christen einfach völlig egal.

Schöpfung, Auferstehung, Erlösung – alles das, was die christliche Lehre eigentlich ihren Kunden inhaltlich zu bieten hat, spielt für den durchschnittlichen Taufscheinchristen praktisch keine Rolle mehr. Und so ist es verständlich, dass vergleichsweise wenige Leute tatsächlich aus Glaubensgründen die Kirche verlassen. Weil die Glaubenslehre mit ihrer Lebenswirklichkeit nichts zu tun hat. Und sie deshalb auch gar kein Bedürfnis haben, sich von diesem Glauben zu befreien.

Kirchenaustritt 2019: 4 + 1 Tipps für Aussteiger

Ob finanzielle, institutionelle, intellektuelle oder sonstige Gründe überwiegen:

  1. Wer Menschen helfen möchte, hat viele Möglichkeiten, dies zu tun, ohne dabei den milliardenschweren Kirchenkonzern zu subventionieren.
    Das gilt sowohl für ehrenamtliche Arbeit als auch für finanzielle Hilfe. Ein direkter und einfacher Weg, Menschen zu helfen, ihre Lebensqualität zu steigern, ist zum Beispiel KIVA.ORG. Oder man engagiert sich in säkularen Hilfsprojekten. Zum Beispiel für die Säkulare Flüchtlingshilfe.
  2. Wer nicht gerade auf einen Job bei der Kirche angewiesen ist, sollte jetzt aus der Kirche austreten.
    Wobei es selbst für Priester und Pfarrer, die ihren Beruf nicht mehr mit ihrem Gewissen und/oder ihrer Lebenswirklichkeit in Einklang bringen können oder wollen, heute Unterstützung gibt. Und allmählich gibt es auch in bisher noch überproportional von kirchlichen Trägern besetzten Branchen Einrichtungen, die religionsfreie Mitarbeiter nicht diskriminieren. Die Vorstellung, in der Kirche zu bleiben, um sie von unten zu verändern, ist eine Illusion. Die Kirche verändert sich ausschließlich durch Druck von außen. Durch Entzug von Geld und ehrenamtlicher Tätigkeit.
  3. Weder zur Erklärung, noch als Moralquelle und auch nicht für feierliche Zeremonien, Rituale und Gemeinschaftserlebnisse braucht es Gott oder Kirche.
    Alles, was sich Menschen früher mit dem Wirken von Göttern erklärt hatten, lässt sich heute richtiger und eleganter erklären – ohne die Annahme eines Schöpfergottes. Als Moralquelle ist die christliche Lehre ist ungeeignet. Bei Zweifeln an dieser These empfiehlt sich das Buch: Die Legende von der christlichen Moral – warum das Christentum moralisch orientierungslos ist von Andreas Edmüller. Um sich für eine fairere und friedlichere Welt einzusetzen, muss man keine religiösen Absurditäten als wahr anerkennen. Und erst recht nicht, um ein sinnerfülltes und hoffnungsvolles Leben zu führen.
  4. So trittst du aus der Kirche aus
    Der Kirchenaustritt ist auf Bundesländerebene unterschiedlich geregelt. Alle Informationen zum Kirchenaustritt 2019 in den einzelnen Bundesländern sowie in Österreich und in der Schweiz findest du auf der Webseite kirchenaustritt.de.

Und abschließend noch ein Extra-Tipp:

Uwe Lehnert: Warum ich kein Christ sein willImmer wieder höre ich von Gläubigen, aber auch von Kirchenvertretern, dass Zweifeln selbstverständlich zum Glauben dazugehöre. Natürlich solle man seine Glaubensgewissheiten auch mal kritisch hinterfragen.

Wer dazu bereit ist, dem sei das Buch Warum ich kein Christ sein will – Mein Weg vom christlichen Glauben zu einer naturalistisch-humanistischen Weltanschauung von Prof. Dr. Uwe Lehnert zur Lektüre empfohlen.

  • Inhaltlich ist das Buch in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil wird anhand der Felder Kosmologie, Mikrophysik, Evolutionstheorie und Hirnforschung der derzeitige Stand weltbildrelevanter naturwissenschaftlicher Erkenntnisse dargelegt und festgestellt, dass diese Sicht auf die Welt mit dem Bild, das Christentum und Kirche vertreten, nicht mehr vereinbar ist. Der zweite und ausführlichste Teil befasst sich mit Gottesglauben und Christentum und versucht darzulegen, dass aus Gründen der Glaubwürdigkeit, aber auch aus moralischen Gründen diese Lehren mit einer modernen Ethik nicht mehr vereinbar sind. Die kritische Distanz zu Religionen allgemein muss dabei keineswegs bedeuten, dass es nicht gesellschaftlich wichtige Gemeinsamkeiten mit gläubigen Menschen insbesondere in humanitären Fragen gibt. Im dritten Teil werden Überlegungen und Vorstellungen beschrieben, welche Alternativen eine naturalistisch-humanistische Lebensauffassung anzubieten hat. Es geht dabei u.a. um den Sinn des Lebens und welchen Trost zum Beispiel auch eine nicht an Auferstehung und Paradies glaubende Weltanschauung zu bieten hat. (Uwe Lehnert)

Umfrage

Fragt man Christen, warum sie in der Kirche bleiben, nennen sie alle möglichen Gründe. Unsere Frage an alle Kirchenmitglieder: Was hält dich davon ab, aus der Kirche auszutreten? Wir sind gespannt auf deinen Kommentar, entweder direkt hier unter dem Artikel oder auf Facebook.

 

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15 Gedanken zu „Kirchenaustritt 2019: Warum du jetzt austreten solltest, inkl. 4+1 Aussteiger-Tipps“

  1. Ich bleibe in der Kirche, weil ich die Kirche liebe. Trotz aller Schwächen ihrer Mitglieder – Schwächen haben auch Mitglieder in Sport- und Musikvereinen sowie humanitäre Vereinigungen – gibt mir die Kirche Heimat. Als Mitglied der katholischen Kirche verdanke ich den Priestern so vieles. Die sakramentale Sündenvergebung hat Jesus seinen Aposteln und somit den Priestern übertragen, ebenso die Wandlungsgewalt über Brot und Wein in der Hl. Eucharistie. Diese beiden Sakramente tragen mein Leben und machen es schön. Ich bin der Kirche und seinen Priestern unendlich dankbar und letztendlich Jesus. Nie würde ich meine Kirche verlassen.

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    • Liebe Marie-Luise, vielen Dank für deinen Kommentar! Dazu einige Gedanken:

      Das Fehlverhalten von Menschen in anderen Gruppierungen rechtfertigt nicht das Fehlverhalten von Kirchenangestellten. Dazu kommt, dass die katholische Kirche nicht nur eine überlegene Moral für sich reklamiert, sondern auch noch mindestens Jahrzehntelang und wahrscheinlich noch viel länger das Millieu zur Verfügung stellte, in dem Sexualgewalt gegen Kinder ermöglicht, begünstigt und systematische vertuscht wurde.

      Wenn du tatsächlich an die Bedeut- und Wirksamkeit von Sündenvergebung oder von Verwandlungszauber und rituellem Kannibalismus glaubst und das alles als für dich angenehm empfindest, dann ist verständlich, dass du die Kirche nicht verlassen willst. Warum solltest du auch – deine religiös erweiterte Vorstellungswelt ist für dich ja in sich schlüssig und fühlt sich gut an.

      Dass sie nicht mit der irdischen natürlichen Wirklichkeit übereinstimmt, stellt für dich vermutlich kein Problem dar. Für eventuelle Zweifel hast du dir sicher ein Repertoire an Bewältigungsstrategien zurechtgelegt (wie zum Beispiel das Relativieren von klerikalen Verbrechen, s.o.).

      Das Gleiche, was du über die „sakramentale Sündenvergebung“ oder über die „Hl. Eucharistie“ sagst, sagen auch Junkies über ihre Drogen; in beiden Fällen ändert sich faktisch nichts – sobald der Glaube bzw. die berauschende Wirkung vorbei ist, ist wieder alles beim Alten.

      Dank Aufklärung und Säkularisierung sind die Gedanken hierzulande und heutzutage freier denn je – eine Freiheit, die gegen den erbitterten Widerstand der katholischen Kirche erkämpft werden musste. Diese Gedankenfreiheit gilt selbstverständlich auch für Glaubensgewissheiten. Falls du diese trotzdem mal kritisch hinterfragen möchtest, empfehlen wir dir unsere Webseite https://wenigerglauben.de .

      Alles Gute!

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  2. Bei der Flüchtlingspolitischen HAltung der Kirche kann man nur austreten und habe ich auch getan… Die kirche liefert genug gründe jedes Jahr und seit mehr als 10 Jahren zweifelte ich schon an ihr, mit der HAltung von BS hat sie mir den Rest gegen.

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  3. Ich trage mich mit dem Gedanken des Austritts, v.a. wegen der Haltung der ev. Kirche zum Islam, die mittlerweilen mit ihrer Haltung die Migration von Muslimen, Muezzinrufe, Kopftücher etc. fördert statt dagegen vorzugehen. Der Islam missionieren und die ev. Kirche unterstützt ihn dabei. Die Kirche ist nur noch ein Ableger der links-grünen Parteien. Deshalb möchte ich austreten. Ich fühle mich bei Herrn Bedford-Strohm nicht mehr gut aufgehoben

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  4. Ich hatte das große Glück, bereitsvor über 44 Jahren den Mutund die Kraft gehabt zu haben, aus der Kirche auszutreten. Dies war eine große Befriung für mich aus all den Zwängen, die mir zuvor mein Leben irreversibel vollständig zerstört hatten. Von daan konnte alle Psychoterrorangriffe der Kleriler mir nichts mehr amhaben, weil sievon mir abprallten und mich endlich zu einem glücklichen Menschen werden ließen, dem die Verbrechen der Kirche gegen Menschlichkeit und Menschenwürde nicht mehr schaden lönnen. Insofern war meine Entscheidung für den Kirchenaustritt die beste Entscheidung, die ich jemals getroffen habe.

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  5. Hallo,
    ich bin ausgetreten als ich meine Arbeitsstelle wechselte. Habe 3 Monate in einer katholischen Kita gearbeitet. Hat gereicht. In meinem Herzen bleibe ich Christin und dies kann ich auch ohne einer kirchlichen Institution! Jesus hat mit der perversen katholischen Kirche von heute Nichts zu tun und die evangelische ist ja zum Teil noch schlimmer. Schließe mich auch den anderen hier an, im Bezug auf Islam. Katastrophe. Das einzige was ich an der Kirche immer noch schön finde, sind die Bauten. Das wars. Glaube soll meiner Meinung nach kein Geld kosten und wenn man bedenkt, was Priester für ein Monatsgehalt kassieren, dann ne danke.

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  6. Als ich finanziell etwas klamm war, stellte ich bei der EKD den Antrag auf zeitweißes Aussetzen der Kirchensteuer.
    Die Antwort war klar:
    Als Mitglied der Kirche müsse ich auch die volle Kirchensteuer zahlen – ansonsten können ich kein Mitglied bleiben!
    Da trat ich aus und verwandte das eingesparte Geld für eine Lebensversicherung zugunsten meiner Familie…
    Das liegt jetzt mehr als 20 Jahre zurück … Und ich habe diesen Beschluss nie bereit.. ich hätte diesen Schritt nur früher machen sollen!

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  7. Trotz und alledem: Ich bin auf die Welt gekommen, ohne gefragt worden zu sein. Ich bin getauft worden, ohne gefragt worden zu sein. Für beides bin ich dankbar. Als ich ins Fragealter hineinwuchs, bekam ich Antworten, bekam ich Zugang zu der Lehre des Jesus aus Nazareth und wuchs in die Gemeinschaft der Christen – Kirche genannt – hinein. Es wurde mein Lebenselexier. Ich weiss um die Schattenseiten der Institution. Ich leide darunter. Doch nichts und niemand kann mich je wegbringen von dem, das mir Halt, Trost und eine Hoffnung gibt, ohne die ich verloren wäre. Klingt wie ein Glaubensbekenntnis? Ist es wohl auch. Mit Matthias Claudius gesprochen: Es gibt was Besseres in der Welt. Ich achte jeden, der einen anderen Weg wählt. Gegenseitiger Respekt ist vonnöten, wenn ein Zusammenleben gelingen soll. Das ist das Mindeste. Nur darum bitte ich. Jeder Kirchenaustrittswillige sollte sich überlegen, was er – und sei der Faden noch so duenn – aufgibt und was er gewinnt, wenn er die Gemeinschaft der Getauften verlässt. Ein Grosser hat einmal gesagt, dass man sein Erbe nicht verscherbeln sollte, sondern es erwerben, um es zu besitzen. Den Ast absaegen, der einen trägt? Nur um des schnöden Mammons willen? Ich beginne zu polemisieren. Also höre ich auf. Schade um jeden, der geht. Das Liebesgebot, das ich nirgends so ausgeprägt finde wie in der Bibel, allein ist es wert, die Kirche nicht aufzugeben, sondern mitzuhelfen, dass es im Sinne von Frieden und Gerechtigkeit in die Gesellschaft hinein umgesetzt wird. Noch Fragen? Ja, tausend. Aber es bleibt dabei: Ich brauche die Gemeinschaft wie das Glockengeläut, ich brauche den Sonntag und das Vaterunser und werde hoffentlich nicht müde werden, zu dem „Mehr“ des Lebens einzuladen.

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    • Auf welche Fragen bekamen Sie Antworten? Welche Antworten bekamen Sie und wer antwortete Ihnen? Ohne welche Hoffnung wären Sie verloren? Wie muss ich mir diese Verlorenheit vorstellen? Zu welchem „Mehr des Lebens“ laden Sie ein? Was genau meinen Sie damit?

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    • Es ehrt Sie ja, dass Sie immerhin anderen Menschen zugestehen, dass diese Ihren religiösen Trip nicht mitmachen oder ihn nicht nachvollziehen können und wollen.
      Diese Toleranz passt aber irgendwie nicht zu der von Ihnen angemassten Behauptung, im Besitz der allein gültigen Wahrheit zu sein und alle anderen, denen diese Wahrheit partout nicht einleuchten will, als bedauernswerte Geschöpfe zu diskreditieren, die hoffnungs- und freudlos und deprimiert ihr Leben fristen.
      Aber da sind Sie ja nur voll auf der Linie Ihrer Religion.

      Eigentlich sollte mir Ihre Weltanschauung egal sein, denn jeder, wie er mag, wenn er dabei friedlich bleibt und nicht missionierend auf die Nerven fällt und Kinder bis mindestens 14 Jahren davon verschont, aber Sie postulieren den Mythos, an den Sie glauben, mit dem Brustton der Überzeugung als wahr und gewiss, ohne einen einzigen stichhaltigen Beweis im Sinne des vernünftigen Denkens in Händen zu halten.
      Ich habe auch einmal in einer solchen Blase gelebt; ich weiss, wovon ich rede.
      Der Faden, auf dem S i e – nicht die Gottlosen – balancieren, ist dünner als dünn.
      Und daher sollten Sie vielleicht bescheidener und demütiger auftreten, was Ihnen von Ihrer Religion ja auch eigentlich vorgeschrieben ist, wenn man das Gepredige ernst näme.

      Mal davon abgesehen: Sind Sie nur imstande zu lieben, weil sie in ihrer heiligen Schrift dazu aufgefordert werden? Das wäre schlimm.
      Und haben Sie in Ihrem Leben von anderen Menschen nie Liebe erfahren? Ich meine selbstlose Liebe um des Menschen willen, nicht um irgendeines imaginären Wesens willen, der Ihnen dafür das Himmelreich versprochen hat?
      Das wäre schade.
      Die Liebe, die das Christentum zu vermitteln weiss, können Sie bei Deschner in seiner „Kriminalgeschichte des Christentums“ nachlesen. Da stehen die Gründe drin, die heutzutage dazu beitragen, dass den christlichen Kirchen die Gläubigen in Scharen davonlaufen.

      Im Übrigen: Goethe hat bei dem von Ihnen zitierten Faust-Ausspruch an alles andere gedacht, aber sicher nicht an die christliche Religion.

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    • „bekam ich Antworten“

      nur ein paar Fragen zur Qualität dieser Antworten ?

      Dreifaltigkeit: Allerheiligstes Geheimnis, Mysterium !?
      Eucharistie: Geheimnis, Mysterium; nicht biologisch sondern transparente „Realpräsenz“ (JAR) !?
      Ewiges Leben: mit einem „umgewandelten“ „verklärten“ Körper !?
      Altes Testament: „zeugt von der göttlichen Erziehungskunst der heilschaffenden Liebe Gottes“ (KKK) !?
      Apokalypse: ein gerechtes „Jüngstes Gericht“ !?
      Und Last not Least:
      Theodizee-Problem: die Wege des Herrn sind unergründlich !?

      Das sind keine Antworten !

      „Gegenseitiger Respekt ist vonnöten.“
      Da gebe ich Ihnen Recht. Aber ehrlich gesagt fällt es mir schwer, Menschen Respekt entgegenzubringen, die das AT als „Heilige Schrift“ lehren und zurechthermeneutigen wollen, und diesen Gott als „lieb, zärtlich und barmherzig“ verkaufen.

      „was er gewinnt, wenn er die Gemeinschaft der Getauften verlässt“
      Erstens: kann man die Gemeinschaft der Getauften nach katholischer/evangelischer? Lehre gar nicht verlassen. Man kann sich nur die Kirchensteuer sparen.
      Zweitens: was man gwinnt ist Freiheit; von Bevormundung, von der Unterwürfigkeit des Schafs den „Hirten“ gegenüber, von Unterdrückung der Vernunft …

      „Den Ast absaegen, der einen trägt?“
      Man steigt eher ab. Vom hohen Ross eines zu Unrecht als elitär empfundenen Glaubens.

      „Nur um des schnöden Mammons willen?“
      Nein, nicht wegen der Kirchensteuer. Wegen der Selbstachtung. Sich nicht mit Kadavergehorsam an den Lehren irgendwelcher „Grossen“ zu orientieren, sondern alles kritisch mit dem eigenen Verstand zu beurteilen. ALLES, nicht nur die schönfärberischen Auszüge aus den Lehren der Kirchenfürsten.

      „Ich brauche die Gemeinschaft …“
      Dass Sie das alles brauchen ist nun mal gar kein Argument. Kann ja sein, dass Sie sonst keine Freunde haben und unbedingt im Kirchenchor singen wollen. Aber ein MEHR kann ich darin nicht erkennnen.

      Und eines sollte Ihnen klar sein: Wenn Sie das eine oder andere, das Ihre Kirche lehrt, nicht glauben, sind Sie schon lange nicht mehr in der Gemeinschaft der evangelisch Getauften und in der der katholisch Getauften schon gar nicht.

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  8. „Das Liebesgebot, das ich nirgends so ausgeprägt finde wie in der Bibel, …“

    Matthäus 10,34:
    „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“

    und ein paar Sätze weiter:
    „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert.“

    Das sind die „Liebesgebote“, die ich gefunden habe, danke.
    Ich bin glücklich und zufrieden mit meinem ungetauften Leben, ohne „Erbsünde“ und allem was an „Glaube“ mit dran hängt. Ich bin trotzdem nett zu anderen – weil ich es für richtig halte und nicht, weil ein Buch mir dafür irgendwas verspricht.

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    • Den freundlichen Bibelzitaten, die Sie angeführt haben, und die heutzutage wohlweislich in keiner Predigt mehr thematisiert werden, füge ich noch mein Lieblingszitat bei:

      Markus 16, 16: Wer an mich glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet werden, wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.

      Gott ist die Liebe. Amen. 😉

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