Kommentar zu NACHGEDACHT 186 – Worte, die man sich nicht selber sagen kann…, über Impulse und Ideen von außen

Lesezeit: ~ 7 Min.

Kommentar zu NACHGEDACHT 186 – Worte, die man sich nicht selber sagen kann…, Originalartikel über Impulse und Ideen von außen verfasst von Christina Lander, veröffentlicht am 31.07.16 von Osthessennews

[…] Dann sagte sie: „Ich kenne Sie doch, ich lese jeden Sonntag ihre Texte! Es ist schön, Sie auch einmal persönlich kennenzulernen, Sie haben mir schon sehr mit ihren Texten geholfen.“

In ungefähr diesen Worten bedankte Sie sich bei mir und mich freute es von Herzen. So wurde ein normaler Einkauf zu einem zwischenmenschlichen Kontakt, der uns beide bereichert hat.*

Menschen neigen oft dazu, etwas vor allem dann als Bereicherung zu empfinden, wenn es die Denk- und Sichtweise bestätigt. Diese Bestätigung erweckt den Eindruck, die eigene Sichtweise sei stimmig und richtig. Und es schmeichelt natürlich dem Ego, wenn man feststellt, dass man nicht ganz alleine dasteht mit seinen Ansichten.

Über die tatsächliche „Wahrhaftigkeit“ der eigenen Sichtweise sagt dies freilich noch nichts aus, im Gegenteil. So wird zum Beispiel eine Lüge nicht dadurch wahrer, dass viele sie für wahr halten. Und umgekehrt ist die Wahrheit wahr, egal, ob jemand an sie glaubt oder nicht. Die Vermutung, dass etwas deshalb wahr oder real sein müsste, weil viele Menschen es für wahr oder real halten, ist ein immer wieder anzutreffender Denkfehler.

Positive Verstärkung

Der Effekt einer gegenseitigen positiven Verstärkung wirkt auch völlig unabhängig von den Inhalten. Das passiert zum Beispiel jedes Mal dann, wenn sich gläubige Menschen gegenseitig in ihrem Aberglauben bestärken. Der wird dadurch freilich auch nicht realer. Aber es fühlt sich gut an, wenn auch andere die eigene (Schein-)wirklichkeit teilen.

Weil gruppendynamische oder zwischenmenschliche Verstärkungsprozesse oft nicht ausreichen, neigen viele Gläubige dazu, ihre Glaubensinhalte ständig noch mit anderen vermeintlichen Belegen für die Richtigkeit ihrer Vorstellungen zu untermauern. Zusammengefasst sieht das dann meist so aus, dass alles positiv Wahrgenommene der Gnade des „lieben Gottes“ zugeschrieben und alles andere nach Möglichkeit ignoriert oder einem erfundenen „freien Willen“ des Menschen zugeschrieben wird. Oder, wenn das nicht geht (wie etwa bei Naturkatastrophen), der Unergründlichkeit Gottes.

Wobei es auch Christen gibt, die zum Beispiel in einem verheerenden Wirbelsturm durchaus eine Bestrafung Gottes erkennen können. Schließlich war Jahwe vor seiner „Tätigkeit“ als „lieber“ Gott ja auch lange Jahre als Wettergott „tätig“.

Theodizee: Am besten ignorieren

Läuft alles nach (dem eigenen) Plan, war es der liebe Gott, der damit seine Liebe beweist. Stolpert der Papst, war es halt ein dummes Missgeschick. Verhungern jeden Tag tausende Kinder – wechseln Gläubige am besten schnell das Thema, um der Theodizee-Frage aus dem Weg zu gehen. Das ist noch die effektivste Methode, die Frage zu bewältigen, warum ein angeblich allmächtiger, allwissender und liebender Gott nichts gegen das Leid und Elend auf Erden unternimmt.

Würde man etwa ein irgendein anderes als das innerhalb der eigenen Glaubensgemeinschaft anerkannte imaginäre Wesen für real halten , es verehren und behaupten, von diesem beschützt und geleitet zu werden, dürfte man früher oder später eine psychische (Wahn-)Erkrankung diagnostiziert bekommen. Zumindest dann, wenn man öffentlich darauf bestehen würde, dass das wirklich so ist. Und das vielleicht sogar auch noch Kindern und Jugendlichen erzählen würde.

Ich mach dir die Welt, wie sie dir gefällt

Der Effekt der positiven Verstärkung ist das wohl wichtigste „Erfolgsgeheimnis“ sozialer Netzwerke. Facebook zum Beispiel sorgt dafür, dass die Benutzer möglichst nur Beiträge sehen, die die eigenen Ansichten der Nutzer bestätigen. Und diese damit positiv verstärken. Und auch der Nutzer hat natürlich die Möglichkeit, unliebsame Meinungen mit einem Klick auszublenden. Oder auf eigenen Seiten und in eigenen Gruppen nicht zuzulassen.

Das funktioniert umso besser, je mehr Facebook über seine Nutzer weiß. Egal, was jemand gut oder schlecht, wahr oder falsch, interessant oder uninteressant findet: Jeder bekommt möglichst genau das, was am ehesten der eigenen Meinung entspricht. Ein soziales Netzwerk, dass diese positive Verstärkung der eigenen Meinung nicht bietet, wäre zwar objektiver. Aber es wäre auch niemals so erfolgreich wie Netzwerke, die dies tun. Bestes Beispiel, wie selbst der Branchenriese scheitert, ist Google+.

Worte, die man sich nicht selbst sagen kann – aber auch nicht immer hören will

Und ihr Dank traf genau meine Intention, die ich mit „Nachgedacht“ verfolge: Ich glaube, dass es Worte gibt, die man sich nicht selber sagen kann. Oft braucht man Impulse und Ideen von außen, die dann etwas Neues im eigenen Leben in Ganz setzen, als Motivation dienen und sogar Lebenshilfe sein können.

Impulse und Ideen von außen
Nicht wirklich immer erwünscht:
Impulse und Ideen von außen

Das sehe ich ganz genauso. Denn welche Worte man (sich und anderen) sagen oder nicht sagen kann, hängt in erster Linie (um nicht zu sagen: ausschließlich) von der Prägung des eigenen Unterbewusstseins ab.

Von dieser Prägung hängt es auch ab, wie offen jemand für Impulse oder Ideen von außen ist. Ob jemand zum Beispiel „erzkatholisch“, „liberal-theologisch“ oder „selbstverantwortlich, selbständig, rational, kritisch und klar“ denkt.

Wie diese höchst individuelle Prägung aussieht, hängt von unvorstellbar vielen Faktoren ab. Eine dominante Rolle spielen sicher Dinge wie Erziehung, Sozialisierung, kulturell-normative Einflüsse, eigene Wahrnehmungen, Erfahrungen, Erkenntnisse aller Art…

Wer sich allerdings gegen Impulse und Ideen von außen (bewusst oder unbewusst) abschottet, bleibt mitunter ein ganzes Leben lang in einer Scheinwelt gefangen.

durch die Torheit der Predigt selig zu machen, die daran glauben

Weil Religionen davon leben, dass Menschen möglichst gerade eben nicht offen für Impulse und Ideen von außen sind, schreibt die Bibel mehrfach unmissverständlich vor, dass man sich tunlichst vor allen (für die Religion) gefährlichen Einflüssen fernzuhalten hat (Hervorhebungen von mir):

  • Denn es steht geschrieben (Jesaja 29,14): »Ich will zunichte machen die Weisheit der Weisen, und den Verstand der Verständigen will ich verwerfen.« Wo sind die Klugen? Wo sind die Schriftgelehrten? Wo sind die Weisen dieser Welt? Hat nicht Gott die Weisheit der Welt zur Torheit gemacht?Denn weil die Welt, umgeben von der Weisheit Gottes, Gott durch ihre Weisheit nicht erkannte, gefiel es Gott wohl, durch die Torheit der Predigt selig zu machen, die daran glauben. (Quelle: 1. Kor 1,18-21 LUT1984)
  • Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr das Himmelreich zuschließt vor den Menschen! Ihr geht nicht hinein und die hineinwollen, lasst ihr nicht hineingehen. (Quelle: Mt 23, 13 LUT)

Ach Gott, wolltest du doch die Gottlosen töten!

  • Ach Gott, wolltest du doch die Gottlosen töten! Dass doch die Blutgierigen von mir wichen! Denn sie reden von dir lästerlich, und deine Feinde erheben sich mit frechem Mut. Sollte ich nicht hassen, HERR, die dich hassen, und verabscheuen, die sich gegen dich erheben? Ich hasse sie mit ganzem Ernst; sie sind mir zu Feinden geworden. die daran glauben. (Quelle: Psalm 139, 19-22 LUT)
  • Er antwortete und sprach zu ihnen: Der Menschensohn ist’s, der den guten Samen sät. Der Acker ist die Welt. Der gute Same sind die Kinder des Reichs. Das Unkraut sind die Kinder des Bösen. Der Feind, der es sät, ist der Teufel. Die Ernte ist das Ende der Welt. Die Schnitter sind die Engel. Wie man nun das Unkraut ausjätet und mit Feuer verbrennt, so wird’s auch am Ende der Welt gehen. Der Menschensohn wird seine Engel senden, und sie werden sammeln aus seinem Reich alles, was zum Abfall verführt, und die da Unrecht tun, und werden sie in den Feuerofen werfen; da wird Heulen und Zähneklappern sein. (Quelle: Mt 13,37.42 LUT)

Wem diese vier Beispiele über den Umgang mit Un- und Andersgläubigen in der Bibel noch nicht genügen, findet hier eine große Auswahl weiterer Bibelstellen zum Thema „Umgang mit Impulsen und Ideen von außen.“

Immunisierung gegen Impulse und Ideen von außen

Mit diesen und weiteren Methoden versuchen die Vertreter der christlichen Lehre, Menschen gegen Impulse und Ideen von außen zu immunisieren. Oder, wie sie es ausdrücken, sie davor zu „bewahren.“

Das hat dann oft zur Folge, dass religiöse Schafe alles, was ihre Herde oder ihre Hirten auch nur in Frage stellt, als massiven persönlichen Angriff verstehen. Und dass sie deshalb auf Impulse und Ideen von außerhalb des eigenen Holzweges oft mit Ignoranz, mitunter aber auch feindselig und trotzig wie ein kleines Kind reagieren. Eine wichtige Rolle hierbei spielt auch das Phänomen der kognitiven Dissonanz, also unangenehme Gefühl, wenn einem der Unterschied zwischen Wunsch und Wirklichkeit bewusst wird.

Diese wirklich sehr oft zu beobachtende Abwehrhaltung hält Gläubige keineswegs davon ab, trotzdem immer wieder darauf hinzuweisen, wie wichtig doch der Dialog, das Miteinander-reden sei. Oder auch, dass man natürlich offen für Impulse und Ideen von außen sein solle.

Ohne freilich zu erkennen, dass gerade ein religiöses Bekenntnis eine solche Offenheit oder auch Dialogbereitschaft weder vorsieht, noch nahe legt. Eine monotheistische Religion wie das Christentum basiert auf Abgrenzung zwischen einer überhöhten „Ingroup“ (die Zugehörigen) und einer erniedrigten „Outgroup“ (alle anderen).

Alle Heilsversprechen gelten nur für die Ingroup. Un- und Andersgläubige sind entweder zu bekehren oder aber dem lieben Gott für die postmortale Bestrafung zu überlassen. Mindestens, solange der Bibel noch eine übergeordnete Bedeutung zugesprochen wird, wird sich daran auch durch die noch so liberalste Theologie nichts ändern, solange sich diese noch wenigstens auf dem Papier als „christlich“ bezeichnen können möchte.

Nachgedacht: nicht erwünscht

So hoffe ich, dass es mit meinen „Nachgedacht-Texten“ bei Ihnen ist.

Tatsächlich nehme ich Sie jeden Sonntag beim Wort und denke über Ihre Texte nach. Ich versuche, Ihren Standpunkt und Ihre Denkweise nachzuvollziehen. Und ich fasse meine Gedanken dazu in Worte. Ohne überheblich wirken zu wollen: Ich vermute, dass sich kaum jemand so intensiv mit Ihren Artikeln auseinandersetzt wie ich.

In meinen Kommentaren zu Ihren bisher 186 Artikeln finden Sie jede Menge „Impulse und Ideen von außen“, die ich interessierten Lesern und natürlich auch Ihnen gerne und kostenlos zur Verfügung stelle.

Meine Impulse und Ideen dürften aus Ihrer Sicht tatsächlich „von außen“ stammen, nämlich von außerhalb einer religiös erweiterten Gedankenwelt. Sie stammen aus der Welt, in der auch Kirchen einen Blitzableiter haben. Und in der auch Katholiken nach links und rechts schauen, bevor sie über die Straße gehen. In der noch niemals seriös belegbar das Wirken von Göttern, Geistern oder Gottessöhnen beobachtet werden konnte. Und in der noch niemals auch nur ein einziges Gebet je von einem überirdischen Wesen erhört wurde, das daraufhin erkennbar und nachweislich ins Geschehen eingegriffen hätte.

NACHGEDACHT: Beim Wort genommen

Meine Intention dabei ist nicht, Sie in irgendeiner Art anzugreifen. Ich befasse mich mit den von Ihnen veröffentlichten Aussagen. Oft werfen Ihre Beiträge viele Fragen auf, deren Antworten ich sehr spannend finden würde. Und auch umgekehrt hätte ich viele Fragen, zu denen Antworten aus „liberal-theologischer“ Sicht interessant wären.

Die Gedanken sind frei und jede/r möge sich die Wirklichkeit erschaffen, wie sie ihm oder ihr gefällt. Ich halte allerdings das Veröffentlichen von Lebenstipps, die nicht auf der realen, natürlichen Wirklichkeit basieren, für äußerst fragwürdig. Warum und inwiefern, das versuche ich, in meinen Beiträgen so ausführlich wie nötig und so verständlich wie möglich darzulegen.

Menschen mit schwach ausgeprägtem Sinn für die Realität, naive, aber auch unkritische oder religiös entsprechend vorgeprägte Menschen könnten sonst auf die Idee kommen, dass Gott tatsächlich eine reale Größe sei. Etwas, das zudem noch irgendetwas mit irdischen (oder sonstigen) Dingen zu schaffen habe. Etwas, das man ernsthaft um etwas bitten könne. Diese Behauptung ist und bleibt bis zum Beweis des Gegenteils eine bestenfalls hoffnungsvolle Illusion. Und Illusionen können kaum wirklich hilfreiche Lebenstipps sein. Und deshalb gebe ich Impulse und Ideen von außen.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalartikel.
**Wir haben keinen materiellen Nutzen von verlinkten oder eingebetteten Inhalten oder von Buchtipps.

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