Gedanken zu NACHGEDACHT 196: Den Sonntag ehren…

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Gedanken zu NACHGEDACHT 196: Den Sonntag ehren…., Originalartikel verfasst von Christina LANDER, veröffentlicht am 09.10.16 von Osthessennews

[…] Und wie sieht es aber aus mit Gottesdienst besuchen? Und shoppen? Passt das zusammen? Ich denke: Nein!*

SonntagIch denke: Die Freizeitgestaltung ist eine höchst individuelle Privatsache. In die sich niemand einzumischen hat.

Wer gerne an symbolisch-kannibalistischen Zeremonien und Riten teilnimmt, möge dies tun (solange keine Kinder einbezogen sind). Oder wer meint, am Sonntag kein Licht anschalten zu dürfen, weil seine Religion ihm vorschreibt, dass Arbeit am Sonntag verboten ist und deshalb auch die Nutzung von Strom (was ja auch „Arbeit“ sei): Warum nicht!

Solange diese Leute nicht von allen anderen verlangen, ebenfalls keinen Lichtschalter zu betätigen, mögen sie den Tag selbstverständlich gerne im Dunkeln verbringen.

Und wer Einkaufen als erholsam empfindet, der möge einkaufen. Wenn zum Beispiel Feuerwehrmänner, Pfleger, Ärzte, Pfarrer, Verkäufer etc. am Sonntag arbeiten müssen, dann machen die halt an einem anderen Tag frei. Ganz einfach.

Welchem Gott gehört der Sonntag?

[..] für mich ist der Sonntag – so wie meine Oma es noch heute predigt – der Tag des Herrn.

Welchen Herrn meint die Oma denn? Den biblischen Wüstengott Jahwe? Da könnte der wahre Sonnengott Sol Invictus aber ganz schön sauer werden, wenn an seinem Feier-Sonn-Tag ein Wüstengott aus der Provinz verehrt wird!

Wie kann die Oma ausschließen, dass in Wirklichkeit genau das der Fall ist? Woher kann sie wissen, dass der von ihr verehrte Herr tatsächlich der ist, für den sie ihn hält? Der so ist, wie sie sich ihn vorstellt? Und wen würde sie wohl für den „Herrn“ halten, wenn sie zum Beispiel irgendwo im Regenwald geboren worden wäre? Oder in Indien? Was sagt das über die tatsächliche Bedeutung dieses Herren aus?

Selbst wenn Jahwe so eifersüchtig und unsicher ist, dass er die ersten drei seiner 10 Gebote für sein eigenes Ego braucht – in Wirklichkeit hat er sich noch niemals dazu geäußert, wie Menschen ihr Leben gestalten. Oder gestalten sollen. Nein, wie alle biblischen Texte stammt auch das Sabbat-Gebot bis zum Beweis des Gegenteils nicht von Gott. Sondern von Menschen, die es ihm in den Mund gelegt haben. Oder wohin auch immer.

[…] Der Sonntag ist der Tag des Herrn, den halte hoch und feiere gern.

Während dieser Herr wieder die ganze Woche über und seitdem sich Menschen ihn ausgedacht haben durch Abwesenheit und Untätigkeit geglänzt hat, haben die meisten Menschen irgendetwas getan. Und sollten sich deshalb regelmäßig Pausen gönnen. Oder in der christlichen Version: Weil sie von ihrem Schöpfer so geschaffen wurden, dass sie ab und zu Pausen brauchen.

Was steht eigentlich im Sabbat-Gebot?

Immer wieder reagieren selbst Christen, die die Bibel für eine wertvolle Richtschnur für ihr Leben ansehen, höchst erstaunt, wenn man sie mit Bibelstellen konfrontiert, die ihnen so gar nicht präsent waren. Zum Beispiel das Sabbat-Gebot im ganzen Wortlaut (Hervorhebung von mir):

  • Achte auf den Sabbat: Halte ihn heilig, wie es dir der Herr, dein Gott, zur Pflicht gemacht hat. Sechs Tage darfst du schaffen und jede Arbeit tun. Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem Herrn, deinem Gott, geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun: du, dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave und deine Sklavin, dein Rind, dein Esel und dein ganzes Vieh und der Fremde, der in deinen Stadtbereichen Wohnrecht hat. Dein Sklave und deine Sklavin sollen sich ausruhen wie du. Denk daran: Als du in Ägypten Sklave warst, hat dich der Herr, dein Gott, mit starker Hand und hoch erhobenem Arm dort herausgeführt. Darum hat es dir der Herr, dein Gott, zur Pflicht gemacht, den Sabbat zu halten. (Quelle: 2. Mo 20, 8-11 LUT)

Dass auch dein Sklave und deine Sklavin am Sonntag frei haben sollen, ist vielen oft gar nicht bewusst. Und nichts deutet darauf hin, dass es sich bei der angeblichen Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei um eine geschichtliche Tatsache handelt. Die Exodus-Geschichte gilt als Legende, mit der die Abhängigkeit und Schuld der Anhänger ihrem siegreichen Gott gegenüber deutlich gemacht werden soll.

Alle haben Angst?

Alle haben Angst davor, dass das Christentum erlischt, aber den Sonntag sehen viele nicht mehr als wichtigen Teil des gelebten Glaubens an.

Verallgemeinerungen sind immer dann kritisch, wenn das, was behauptet wird, gar nicht auf „alle“ zutrifft. Wenn ich zum Beispiel schreiben würde: „Alle hoffen, dass das Christentum wie alle anderen früheren Religionen auch noch erlöschen möge“, wäre sicher mit Protest zu rechnen. Und mit Empörung.

Am meisten Angst vor dem Erlöschen des Christentums haben jene, die davon leben wie die Maden im Speck. Und die außer einer bestenfalls hoffnungsvollen Illusion keinen Gegenwert dafür liefern.

Die anderen Leute, die Angst davor haben, dass das Christentum erlischt, sind die, die unsere Werte hierzulande fälschlicherweise für christliche Werte halten. Weil die christlichen Kirchen gerne so tun, als seien diese Werte ihnen zu verdanken. Obwohl die meisten davon gegen den erbitterten Widerstand der Kirchen durchgesetzt werden mussten. Die Zeit, in der bei uns tatsächlich christliche Werte herrschten, ist als das „finstere Mittelalter“ in die Geschichte eingegangen.

Immer weniger Menschen leben noch den Glauben, den sie in den allermeisten Fällen von ihren Eltern „verebt“ bekommen hatten. Denn immer weniger Leute sind bereit, absurde Wahngedanken für wahr zu halten. Und immer weniger Leute möchten sich von einer fragwürdigen Institution mit ebenso fragwürdigen Moralismen und einem aus heutiger Sicht geradezu lächerlichen Machtanspruch vorschreiben lassen, wie sie zu leben haben.

Geschenkte Zeit?

[…] Sonntags wird uns die Zeit geschenkt, den Gottesdienst zu besuchen.

Von wem wird uns denn die Zeit geschenkt? Sollten denn nicht alle Menschen (diesmal tatsächlich alle) regelmäßig Pausen einlegen? Auch die, die keinen oder anderen Götzen dienen? Einfach um der Menschen selbst willen?

Und ist denn die Verehrung eines erfundenen archaischen Kriegsgottes aus der Bronzezeit nicht erst recht eine Zeitverschwendung? Die Menschen, die behaupten, es gäbe einen „Herrgott“ stehlen den Menschen die Zeit. Nicht umgekehrt. Was könnten Menschen nicht alles mit der Zeit anstellen, die sie in Gottesdiensten erfundene Götter angebetet haben haben? Und trotzdem sei es selbstverständlich jedem und jeder selbst überlassen, wie er oder sie das eigene Leben gestaltet.

Sonntags sollten wir zur Ruhe kommen, für die neue Woche Kraft tanken, reflektieren, was geschehen ist, liebe Menschen treffen und wichtige Beziehungen pflegen – der Sonntag wurde für uns geschaffen, […]

Das alles hat aber doch rein gar nichts mit irgendwelchen überirdischen Herren zu tun? Denn das kann man doch auch einfach so tun? Dafür braucht es keine Götter, Geister oder Gottessöhne. Niemand muss deswegen gekreuzigt werden.

Und hatte es nicht gerade noch geheißen, am Sonntag werde uns die Zeit geschenkt, den Gottesdienst zu besuchen? Was denn jetzt nun? Tag des Menschen oder Tag des Herrn?

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Artikel.

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