Erkenntnis – Teil 3: Jenseits des Vorstellungshorizontes

Lesezeit: ~ 3 Min.

In unserer neuen  Serie Erkenntnis geht es um die Frage, wie Menschen Erkenntnisse erlangen. Was bedeutet eigentlich “Wissen”? Und wie gehst du mit Dingen um, die du (noch) nicht weißt?

Nach der Erforschung deines Erkenntnishorizontes im 1. Teil und deines Vorstellungshorizontes im 2. Teil geht es diesmal um eine äußerst geheimnisvolle Region. Geheimnisvoller als jede Area 51. Wir wollen versuchen, etwas über das Gebiet jenseits des Vorstellungshorizontes herauszufinden!

Ausserhalb des Vorstellungshorizontes
Außerhalb des Vorstellungshorizontes – Grafik: © AWQ.DE

Wir erinnern uns: Dein Vorstellungshorizont begrenzt alles, was du dir nur vorstellen kannst. Also deine gesamte Gedankenwelt. Innerhalb deiner „Denk-Landkarte“ hatten wir einen Bereich definiert, in dem sich die Dinge befinden, von denen du sagen kannst, dass du sie weißt. Das sind die Dinge, die einer Untersuchung mit den Werkzeugen des rationalen Denkens stand halten.

Wahrscheinlich fragst du dich jetzt, was es mit dem Bereich außerhalb deines Vorstellungshorizont auf sich haben soll. Denn was kannst du schon darüber sagen, was du nicht weißt und was du dir auch nicht vorstellen kannst?

So unspektakulär dir das vielleicht erscheinen mag: Genau so ist es. Über etwas, das zwar vielleicht existiert und was aber hinter deinem Erkenntnis- und hinter deinem Vorstellungshorizont liegt, kannst du nichts sagen.

Vielleicht überlegst du jetzt weiter, welche Bedeutung dieser Bereich für deine Wirklichkeit dann überhaupt haben kann. Du ahnst es bestimmt schon: Dieser Bereich ist für deine natürliche Wirklichkeit völlig bedeutungslos.

Manchmal reden Menschen von etwas, das übernatürlich sein soll. Nur: Wo sollte das sein?

Über Dinge, die außerhalb deines Erkenntnis- und Vorstellungshorizont liegen, kannst du redlicherweise nur eines sagen: „Ich weiß es nicht.“ Oder auch:  „Darüber kann ich nichts sagen.“

Jenseits deines Vorstellungshorizontes

AußerhalbDas heißt nicht, dass er nicht existiert, nur weil du ihn dir nicht vorstellen kannst. Allerdings wird er mit jeder Spekulation, die du über diesen Bereich anstellst, kleiner. Denn alles, was du dir zumindest vorstellen kannst, kommt in diesem Moment ja über deinen Vorstellungsorizont auf deine Vorstellungslandkarte hereinspaziert. Auch die Vorstellung, dass es einen Bereich jenseits deines Vorstellungshorizontes überhaupt gibt, ist auf deiner Vorstellungslandkarte zu finden.

Selbst wenn was-auch-immer wo-auch-immer und wie-auch-immer existieren sollte, das vielleicht sogar Matrix-ähnlich das irdische Geschehen lenkt und leitet: Er-sie-es spielt einfach keine Rolle, solange er-sie-es sich der Erkenntnis oder gar der Vorstellung entzieht.

Überlege mal, was für die Menschen vor 100 oder 200 Jahren alles noch vollkommen unvorstellbar war und heute wie selbstverständlich Bestandteil unserer Wirklichkeit ist:  Internet, Raumfahrt, Antibiotica, Atome, Genforschung, Erforschung des Universums, Teilchenbeschleuniger, Überschallflugzeuge… Die Liste ist praktisch beliebig erweiterbar.

In nahezu allen Wissens- und Forschungsbereichen haben die Menschen der letzten paar Generationen mehr neue Erkenntnisse gewonnen als Homo sapiens in den ganzen 200.000 Jahren vor ihnen.

Schon allein deshalb halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass auch in Zukunft noch viele weitere Dinge aus dem Bereich jenseits des derzeitigen Vorstellungshorizontes über diesen zunächst auf die Vorstellungs- und schließlich auch auf die Erkenntnislandkarte wandern werden.

Die Erkenntnislandkarte

Jede neue Erkenntnis über die natürliche Wirklichkeit erweitert deinen Erkenntnisbereich. Aber erst, nachdem du die Plausibilität dieser Erkenntnisse mit den Werkzeugen des rationalen Denkens bestätigen konntest.

Fassen wir den Inhalt der bisherigen Kaptitel zusammen, erhalten wir folgende, bis auf Weiteres vollständige Erkenntnislandkarte:

Erkenntnislandkarte
Die Erkenntnislandkarte – © AWQ.DE

Damit haben wir die Erkenntnislandschaft komplett kartographiert!

  • Den Bereich bis zum Erkenntnishorizont füllst du durch Nachdenken. Mit Hilfe der Werkzeuge des rationalen Denkens prüfst du, mit welcher Wahrscheinlichkeit etwas tatsächlich so ist, wie es zu sein scheint. Dinge, die sich dort befinden, kannst du klar benennen und meist auch in einen Kausalzusammenhang mit anderen Dingen bringen.
  • Im Bereich jenseits des Erkenntnishorizontes findest du alles, was du zwar nicht wissen, aber vermuten oder annehmen kannst. Hier ist praktisch alles möglich. Allerdings kannst du Erkenntnisse aus diesem Bereich bestenfalls als Hypothese behandeln.
  • Der Bereich außerhalb deines Vorstellungshorizontes ist für deine natürliche Wirklichkeit irrelevant. Selbst wenn dort ein kleines Männchen sitzen und alles lenken und leiten sollte: Es spielt keine Rolle, weil du es dir weder vorstellen, noch in einen Ursache-Wirkungszusammenhang bringen kannst.

Eigentlich ist unsere kleine Wanderung durch die Erkenntniswelt damit schon beendet.

Dir ist sicher klar, dass es sich dabei nur um ein sehr stark vereinfachtes Denkmodell handelt. Über jeden einzelnen der angesprochenen Punkte könnte man ein Leben lang philosophieren und dicke Bücher schreiben. Ziel meiner kleinen Betrachtung war, die Grundlagen des rationalen Denkens so darzustellen, dass du sie für einen praktischen, rationalen Umgang mit der Wirklichkeit verwenden kannst.

Vielen Dank für dein Interesse!

Ich lade dich ein, demnächst im 4. Teil der Serie noch einige Tricks kennenzulernen, die religiös Gläubige anwenden, um ihre Götter in ihrer Erkenntniswelt unterzubringen.

Einer dieser Tricks besteht zum Beispiel darin, Gott in einen „übernatürlichen“ Bereich jenseits des menschlichen Vorstellungshorizontes zu verorten. Mit Hilfe des Glaubens versuchen Gläubige, ihre Götter an den Werkzeugen des rationalen Denkens vorbeizumogeln und auf der Erkenntnislandkarte zu platzieren.

Fragen, Ergänzungen, Korrekturen?

Das Thema Erkenntnis ist ein ziemlich komplexes Thema. Ich habe versucht, einige wichtige Aspekte möglichst einfach und verständlich darzustellen. Meine Artikel erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Wie schon angedeutet, sehen verschiedene Philosophen und Wissenschaftler einige Dinge grundlegend anders als von mir dargestellt.

Deshalb freue ich mich über deine Fragen, Ergänzungen und Korrekturen.

Bis bald!

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