Die Selbstvermarktung… Gedanken zu Nachgedacht… (219)

Lesezeit: ~ 4 Min.

Die Selbstvermarktung… Gedanken zu Nachgedacht… (219), Originalbeitrag verfasst von Christina Lander, veröffentlicht am 19.03.2017 von Osthessennews

[…] Facebook und Co geben den Menschen von heute eine Plattform, um sich selbst zu vermarkten.

Frau Lander, was genau meinen Sie mit „vermarkten“ ? Meinten Sie vielleicht, dass Privatnutzer soziale Plattformen zur Selbstdarstellung verwenden? Die Vermarktung findet in sozialen Netzwerken jedenfalls an anderer Stelle statt. Denn vermarktet werden hier in erster Linie die Daten der Nutzer.

Die Vermarktung der eigenen Person soll natürlich bewirken, dass alle Menschen wissen, wie toll man ist: Wow, der hat schon wieder ein neues Auto, super, sie ist schon wieder im Urlaub und erlebt zahlreiche Abenteuer.

Frau Lander, kann es sein, dass Sie sich noch nicht so wirklich mit sozialen Medien befasst haben? Und deshalb nur eine ziemlich rudimentäre Vorstellung davon haben, wie Menschen soziale Plattformen nutzen?

Viel mehr als Selbstvermarktung

Selbstvermarktung in sozialen Medien?Natürlich bedeuten Facebook & Co. für viele Leute auch eine Plattform zur Selbstdarstellung. Wieso auch nicht? Allerdings ermöglichen diese Netzwerke zum Beispiel auch einen weltweiten Gedanken- und Informationsaustausch. Bei dem es eben nicht um Selbstvermarktung geht, sondern um alle möglichen und unmöglichen Themen.

Ganz egal, wofür Sie sich interessieren: Sie werden sicher Gleichgesinnte finden, mit denen Sie sich über wirklich jedes beliebige Thema austauschen können. Über alle Zeitzonen und Grenzen hinweg.

Wie Sie schon richtig erkannt haben, können Sie weitgehend selbst entscheiden, welche Informationen Sie teilen möchten und mit wem. So können Sie zum Beispiel Ihre Urlaubsbilder mit den Leuten teilen, von denen Sie nicht befürchten müssen, dass sie Ihnen Ihr Urlaubsglück nicht gönnen. Soziale Netzwerke ermöglichen Ihnen auch, mit Leuten in Verbindung zu bleiben, zu denen Sie sonst vielleicht gar keinen Kontakt mehr hätten.

Diese und weitere durchaus positiven Aspekte scheinen Ihnen offenbar bisher entgangen zu sein.

Der Umgang mit sozialen Netzwerken erfordert eine gewisse Medienmündigkeit. Hier sind Eltern genauso gefordert wie Lehrer. Auf der Webseite des Projektes „Referenzschule für Medienbildung“ wird die Aufgabenstellung wie folgt beschrieben:

  • Der verantwortungsbewusste, reflektierte und effektive Umgang mit Medien gilt heute neben Lesen, Schreiben und Rechnen als vierte Kulturtechnik. Die bayerischen Schulen haben dementsprechend die Aufgabe, die Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler besonders zu fördern. Im Rahmen des Projektes Referenzschule für Medienbildung wurde deshalb bis 2016 sukzessive ein Netzwerk von rund 150 Referenzschulen aller Schularten aufgebaut [werden], die Wege aufzeigen, wie dieser Herausforderung begegnet werden kann. (Quelle: mebis.bayern.de)

Inwieweit in Hessen vergleichbare Projekte angeboten werden, wissen Sie als Lehrerin sicher besser.

Jeder möchte Anerkennung. Ja, und?

Und wofür das alles? Ganz einfach: Jeder Mensch will von anderen Menschen positiv erlebt werden, jeder möchte Anerkennung.

Ja, und? Wo ist das Problem? Soziale Dienste ermöglichen es allen Menschen, quasi über Nacht weltweit berühmt zu werden. Und zwar auch solche, die ohne diese Kanäle niemals auch nur den Hauch einer Chance hätten, Menschen mit ihren Ideen oder ihren kreativen Werken zu erreichen.

So kann aus der virtuellen Anerkennung in Form von Likes für eine geniale Idee ganz schnell auch eine Finanzielle werden. In diesem Fall könnte man dann tatsächlich von Selbstvermarktung sprechen. Was ist dagegen einzuwenden?

Aber wenn man nur damit beschäftigt ist, wie man auf andere wirkt, wächst das Scheindasein vielleicht über den eigenen Kopf.

Vielleicht ja, vielleicht nein. Dies fällt in den Bereich „persönliche Freiheit.“

Ich sehe im Zusammenhang mit sozialen Medien eine ganz andere Gefahr. Denn die Anbieter erfolgreicher sozialer Netzwerke sind bestrebt, jedem Nutzer genau die Wirklichkeit zu präsentieren, von der sie errechnet haben, dass sie die Meinung des jeweiligen Nutzers bestätigt. Das kann dazu führen, dass Menschen eine verzerrte Sicht auf die natürliche Wirklichkeit bekommen. Weil sie sich in einer so genannten Filterblase befinden. Soziale Netzwerke verhalten sich hier ähnlich wie Menschen, die ihre Glaubensgewissheiten gegen kritisches Hinterfragen immunisieren.

Ich finde es wirklich anstrengend, wenn ich mit Menschen unterwegs bin, die jede kleinste Tätigkeit in ihrem Leben online stellen.

Dann sprechen Sie diese Menschen doch einfach mal darauf an? Und fragen Sie sie, warum es ihnen gerade jetzt so wichtig ist, ein Ereignis, ein Bild, eine Stimmung oder eine Idee mit ihrer Online-Community zu teilen.

Medienmündigkeit ist angesagt

Dann frage ich mich oft, ob die Selbstwahrnehmung so gering ist, dass man so viel Bestätigung von anderen braucht?!

Auch das lässt sich durch eine einfache Nachfrage leicht herausfinden. Wer weiß, vielleicht stellt sich ja sogar heraus, dass es gar nicht um Selbstvermarktung ging, wie von Ihnen vermutet.

Ein schönes Erlebnis gehört ins Gedächtnis und ins Herz und nicht auf die Liste der zahlreichen Posts.

Schließt denn das eine das andere aus? Und sollte das nicht jedem selbst überlassen sein, wie er mit schönen Erlebnissen umgeht? Menschen vorschreiben zu wollen, wie sie mit schönen (oder auch nicht schönen) Erlebnissen umgehen, erscheint mir jedenfalls nicht als das Mittel der Wahl. Sie nutzen ja selbst auch das Internet, um Ihre Gedanken zu veröffentlichen. Und Selbstvermarktung ist wahrscheinlich nicht Ihr Motiv, dies zu tun, oder?

Natürlich bringt die zunehmende Digitalisierung nicht nur nie dagewesene Chancen und Möglichkeiten. Sie stellt auch große Herausforderungen an die Menschen, die jetzt mit dieser Technologie und ihren Folgen klarkommen dürfen. Oder müssen.

Die digitale Revolution dürfte schon jetzt eine größere Veränderung gebracht haben als damals die industrielle Revolution. Dass Nutzer soziale Netzwerke nutzen, um damit ihr Ego aufzupolieren, halte ich für weniger dramatisch als zum Beispiel die Frage, wie Menschen mit der freien Zeit umgehen, die sie dadurch gewinnen, dass ihre Arbeitskraft künftig mehr und mehr durch digitale Technologien ersetzt werden wird.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalbeitrag.
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