Das moderne Lagerfeuer – Das Wort zum Wort zum Sonntag zum Thema Wetten, dass…?

Lesezeit: ~ 3 Min.

Das moderne Lagerfeuer – Das Wort zum Wort zum Sonntag zum Thema Wetten, dass…?, verkündigt von Christian Rommert (ev), veröffentlicht am 8.4.2017 von ARD/daserste.de

[…] Und damit meine ich nicht Blauäugigkeit. Ich meine nicht naiven Optimismus. Den leistet er sich nicht. Ich meine die Entscheidung, das Vertrauen in die eigene Zukunft nicht aufzugeben. Auch wenn alles manchmal aussichtslos erscheint. Ich meine diesen Glauben, dass das Leben, das vor uns liegt, noch immer etwas Gutes bereithalten kann. Das imponiert mir: Auf die Zukunft setzen und darauf setzen, dass – obwohl es keine Garantie dafür gibt – irgendwann alles gut wird.*

Hier zeigt sich einmal mehr, wie problematisch der Begriff „Glauben“ ist. Denn mit Glauben kann sowohl ein Vertrauen auf etwas oder jemanden gemeint sein. Mit einer gewissen, begründbaren Wahrscheinlichkeit. Zum Beispiel auf die eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten. Selbst dann, wenn die Lage noch so hoffnungs- oder aussichtslos scheint. Oder auch der Glaube daran, dass man nicht allein ist. Und auf Unterstützung hoffen darf.

Dies alles unterscheidet sich allerdings von Glauben im religiösen Sinn. Denn hier bedeutet Glaube, etwas für wahr zu halten, was nach allem, was wir heute wissen, eben nun mal nicht wahr ist. Wider besseres Wissen, sozusagen.

Was die christliche Lehre angeht bedeutet Glaube, Mythen und Legenden aus dem Vormittelalter für wahr zu halten. Auf diese Art des Glaubens passt die Bezeichnung „naiver Optimismus.“ Oder noch besser: Naive (Selbst-)täuschung.

Wetten, dass…?

So auf die Zukunft setzen, das ist so ein bisschen wie „Wetten, dass..?“ Wetten, dass das Leben noch nicht vorbei ist! Wetten, dass da noch etwas passiert!

Ja – solange das Leben noch nicht vorbei ist, geht es weiter. Und so lange wird auch noch etwas passieren. Wobei das Leben dafür die ganze Bandbreite bereithält, die man sich nur vorstellen kann. Dazu bedarf es keines „Wetten, dass…?“. Das lässt sich bei jedem Lebewesen beobachten.

Und als Christinnen und Christen sprechen wir sogar von einer Hoffnung, die noch nicht einmal vor dem Tod Halt macht. Wetten, dass der Tod nicht das Ende ist!

Herr Rommert, wie stellen Sie sich das konkret vor? Glauben Sie ernsthaft, dass es von Ihrer Persönlichkeit ein virtuelles Backup gibt, das unabhängig von Ihrem Körper nach Ihrem Tod weiterexistiert? Also so wirklich echt? Wie bringen Sie diese Vorstellung mit Ihrem Verstand, Ihrer Vernunft, Ihrer intellektuellen Redlichkeit in Einklang?

Oder glauben Sie das eigentlich gar nicht wirklich, wie Ihre schwammig-neblige Formulierung „…sprechen wir sogar von einer Hoffnung…“ vermuten lassen könnte? Wie schätzen Sie Ihre Chance ein, mit dieser Wette bei „Wetten, dass…?“ zu gewinnen? Und die wichtigste Frage: Welche Bedeutung sollen Spekulationen und Behauptungen über ein angebliches Leben nach dem Tod für das wirkliche, diesseitige Leben von Menschen haben?

Hier halte ich es mit Epikur:

  • So ist also der Tod, das schrecklichste der Übel, für uns ein Nichts: Solange wir da sind, ist er nicht da, und wenn er da ist, sind wir nicht mehr. Folglich betrifft er weder die Lebenden noch die Gestorbenen, denn wo jene sind, ist er nicht, und diese sind ja überhaupt nicht mehr da. (Epikur, 341 – 270 v. u. Z.)

Leben nach dem Tod: Voraussetzung für religiöse Heilsversprechen

Natürlich kann man sich sowas wie ein Leben nach dem Tod ausdenken.  Und es mehr oder weniger wie eine Tatsache behaupten. Besonders dann, wenn man Menschen eine postmortale Belohnung versprechen möchte (oder sie wahlweise mit einer postmortalen Bestrafung zu bestimmtem Verhalten zwingen will), kommt man um so etwas Absurdes wie ein Leben nach dem Tod nicht herum.

Das Wetten auf Gott ist übrigens nichts Neues. Lange vor Wetten, dass…? meinte schon Blaise Pascal (1623-1662), mit seiner nach ihm benannten Wette einen Beweis dafür erbracht zu haben, dass es doch sinnvoller sei, an Gott zu glauben. Eine Wette, die jedoch aus mehreren Gründen** scheitert. Und trotzdem bekommt man sie auch heute noch mit hübscher Regelmäßigkeit von Gläubigen präsentiert.

Das feiern wir in den kommenden Tagen: Ostern ist das Fest dafür, dass selbst der Tod kein Grund ist, damit aufzuhören zu hoffen. Nicht der Tod und auch nichts anderes kann die Hoffnung aufhalten. Wetten, es geht weiter. Wetten, dass das Beste noch kommt. Wetten, Hoffnung lohnt sich. Ich glaube daran.

Hoffnungsvolle Illusion

Natürlich lohnt sich Hoffnung. Und für Menschen, die sonst keine Hoffnung mehr haben, kann eine hoffnungsvolle Illusion womöglich tatsächlich tröstlicher sein als gar kein Mut.

Den Aspekt, dass selbst tief gläubige Menschen alles andere als sicher sein können, auch tatsächlich in die versprochene jenseitige himmlische Herrlichkeit einzugehen, müssen sie eben ausblenden. Genauso wie Herr Rommert. Der sich offenbar auf der sicheren Seite wähnt.

Ich persönlich finde gerade die Vorstellung, dass mit dem Tod aller Wahrscheinlichkeit nach alles vorbei ist, viel tröstlicher. Und bis dahin strebe ich danach, ein glückliches und erfülltes Leben zu führen, ohne dabei gleichberechtigte Interessen Anderer und meiner Umwelt zu verletzen. Dafür brauche ich weder Götter, noch absurde Jenseits-Fiktionen. Wetten, dass…?

*Die als Zitat gekennzeichneten Inhalte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalbeitrag.
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