Wozu wäre das gut? …. Gedanken zu Nachgedacht (212) zum Thema Lebenskrisen

Lesezeit: ~ 5 Min.

Wozu wäre das gut? …. Gedanken zu Nachgedacht (212) zum Thema Lebenskrisen, Originalbeitrag verfasst von Christina Lander, veröffentlicht am 29.01.17 von Osthessennews

Es gibt Schicksalsschläge, Unfälle, Begebenheiten und Ungeplantes, das uns im Leben in die Knie zwingt. Jeder von uns wird einmal oder auch mehrfach im Leben von seinem geplanten Weg abkommen. […]*

Ich fände es mal interessant, wie die Autorin, die sich ja als liberal-theologisch bezeichnet, die Frage beantworten würde, warum es trotz eines angeblich allmächtigen, allwissenden und allgütigen Gottes Schicksalsschläge, Unfälle, Begebenheiten und Ungeplantes, das uns im Leben in die Knie zwingt, überhaupt gibt. Denn von Lebenskrisen können ja alle Menschen betroffen sein. Sowohl Gläubige, als auch Un- und Andersgläubige.

Warum lässt Gott Lebenskrisen überhaupt zu?

Ganz offensichtlich scheint Gott entweder nicht in der Lage zu sein, etwas gegen Unheil zu tun. Dann wäre er nicht allmächtig. Oder es ist ihm egal. Dann wäre er nicht allgütig. Oder er unternimmt mit Absicht nichts dagegen. Dann wäre er ein Sadist. Würde es diesen Gott mit den behaupteten Eigenschaften geben, so hätte er zumindest eine andere Vorstellung von Glück als die Menschen.

[…]Doch sind wir ehrlich: Ist es nicht viel einfacher, liegen zu bleiben? In seiner Angst weiter zu beharren, in seiner Sturheit stehen zu bleiben, in seiner Traurigkeit zu verenden? Wahrscheinlich ist es das.

Wenn das so wäre, dann wäre die Menschheit sicher schon längst ausgestorben. Denn grundsätzlich betrachtet sind auch Menschen Lebewesen, die leben wollen – unter anderen Lebewesen, die auch leben wollen. Der Lebenswille scheint eine grundlegende Eigenschaft von Lebewesen zu sein.

Was natürlich nicht heißt, dass es nicht auch vorkommen kann, dass Menschen am Leben verzweifeln. Und zwar aus den unterschiedlichsten Gründen. Weil das Spektrum der Lebenskrisen von einer kurzfristigen Verstimmung über eine depressive, zeitlich begrenzte Phase (Episode) bis hin zu einer mitunter lebensbedrohlichen, wiederkehrenden Depression reicht, ist es besonders wichtig zu erforschen, welche Ursachen zu der Niedergeschlagenheit geführt haben. Und das können eine ganze Menge sein: Lichtmangel, Trauer, Enttäuschung, Wut. Oder natürlich auch medizinisch-biologisch-biochemische Ursachen.

Hilfe!

Manchmal dauert es Tage, Wochen und Jahre bis Menschen überhaupt wieder so viel Energie spüren, die Ihnen das Aufstehen möglich macht.

Wer – aus welchen Gründen auch immer – länger als ein paar Tage oder gar Wochen nicht genug Energie verspürt um aufzustehen, der sollte sich dringend professionelle Hilfe holen. „Hinfallen“, also das Erleben von Lebenskrisen ist keine Schande. Und erst recht ist es keine Schande, sich in solchen Lebenskrisen helfen zu lassen, wenn man aus eigenem Antrieb nicht mehr auf die Beine kommt.

[…] Das erinnert mich immer an Elija, der über Jahre hinweg allein verbringt, sich sammelt, vom Wenigsten lebt.

Nachdem ich aufgrund der letzten Veröffentlichungen schon fast gedacht hatte, die Autorin hätte den religiösen Bezug in ihren Beiträgen ganz ad acta gelegt, wird heute zumindest mal wieder an einen Propheten aus dem Alten Testament erinnert.

Elija: Absurdes aus der Bronzezeit

Elija hatte allen Grund, verzweifelt zu sein. Gehörte er doch zu den ersten Benachteiligten des im 9. Jahrhundert v. u. Z. in Israel entstandenen Großbesitztums. Die von Elija selbst prophezeite Dürreperiode war nach biblischer Aussage eine Kampfansage an den verhassten Konkurrenzgott Baal.

Diese Dürrephase, die 3 Jahre und sechs Monate gedauert haben soll, war also von Gott Jahwe selbst verursacht worden. So ganz klar scheint die Ursache aber dann doch nicht gewesen zu sein. Denn König Ahab und Elija beschuldigen sich gegenseitig, die missliche Lage herbeigeführt zu haben. Elija stellt klar, dass die Schuld natürlich bei Ahab liege, weil er nicht seinen (Elijas) Gott, sondern Baal verehre. Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn Jahwe als Wettergott einem mal für ein paar Jahre das Wasser abstellt.

Um den Konflikt zu klären, einigen sich die beiden Kontrahenten auf einen Wettkampf der besonderen Art. Um so zu ermitteln, wer den stärkeren imaginären Freund hat. Daran, welches Opfertier schneller verbrennt, soll festgestellt werden, ob Baal nun der wahre Gott ist oder Jahwe. Monotheismus war zu dieser Zeit offenbar noch nicht in Mode.

Cherchez la femme…

Und auch die Göttin Aschera dürfte vermutlich noch eine Rolle gespielt haben. War sie doch erst Gemahlin von Baal und später dann von Jahwe, bevor sie mit Einführung des Monotheismus natürlich keinen Platz mehr neben dem einzigen Gott haben konnte.

Elija überschüttete den armen Stier mit 12 Krügen Wasser. Und trotzdem verbrannte er sofort. Ein Wunder! Oder vielleicht auch nur ein billiger Trick. Was von Weitem wie Wasser ausgesehen hat, war vielleicht in Wirklichkeit (soweit man bei archaischen Legenden von Wirklichkeit sprechen kann) ja auch Spiritus. Oder eine andere hochprozentige Flüssigkeit.

Wie auch immer – der Trick hat funktioniert, der Stier verbrannte und Elija befahl, bestärkt durch dieses eindeutige, offensichtliche Zeichen für die Übermacht seines Gottes, gleich mal die Ermordung der 450 anwesenden Baalspropheten. Die ja jetzt eindeutig als Scharlatane entlarvt worden waren.

Ohnmächtiger Superheld?

LebenskrisenLaut biblischer Aussage verfügte Elija über übernatürliche Kräfte. So soll er in der Lage gewesen sein, Tote zu erwecken oder Gott dazu zu bringen, Lebensmittel auf wundersame Weise zu vermehren (bzw. seinen Gott dazu zu bringen, dies zu tun) und Ähnliches mehr. Da stellt sich mir umso mehr die Frage, warum jemand mit solchen Superkräften nicht in der Lage gewesen sein soll, zum Beispiel die Dürreregion einfach zu verlassen. Statt sich jahrelang von einem Raben (!) ernähren zu lassen.

Und einmal mehr stellt sich mir die Frage, welche Bedeutung solche Legenden aus der Bronzezeit für die irdische Wirklichkeit der Menschen im 21. Jahrhundert noch haben soll. In dieser ganzen Geschichte geht es schließlich nur darum, die angebliche Macht eines behaupteten kriegs-, rach- und eifersüchtigen Götterwesens mit höchst fragwürdiger Moral zu demonstrieren. Und nicht um die Überwindung von Lebenskrisen, aus eigenem Antrieb oder durch tatsächlich wirksame Hilfe.

Da auch Jahwe, wie jeder andere Gott auch, noch niemals seriös belegbar irgendwie in Erscheinung getreten ist und stattdessen durch permanente Abwesenheit oder zumindest Untätigkeit oder Desinteresse glänzt, spielt diese Geschichte schlicht keine Rolle mehr.

Es gäbe mit Sicherheit eine Menge anderer und vor allem realer Personen, die man als Beispiel für das erfolgreiche Überwinden von schwierigen Lebenssituationen nennen könnte.

Die Frage nach dem Sinn

[…] Und viele Menschen, die genau eine solche Dürrezeit überstanden haben, sagen nach der langen Zeit des Liegens und der Aussichtslosigkeit: Wozu wäre es gut gewesen, wenn ich liegen geblieben wäre? Wozu hätte das genützt?

Ich bin mir nicht sicher, ob sich wirklich so viele genau das fragen. Wahrscheinlicher fragen sie sich eher, warum sie das, was ihnen bei der Überwindung der „Dürrezeit“ geholfen hat, nicht schon früher angewendet hatten. Und schon öfter habe ich von Leuten gehört, dass sie – im Nachhinein betrachtet – gestärkt aus Lebenskrisen hervorgegangen sind.

Zum Thema Krisenbewältigung und Lebensgestaltung gibt es umfangreiche Literatur. Ausgerechnet eine archaische Mythen- und Legendensammlung aus der Bronzezeit erscheint mir da am wenigsten geeignet.

Denn wer sich in einer depressiven Phase auf göttliche Hilfe verlässt, verschafft sich damit eine bestenfalls hoffnungsvolle Illusion. Besonders prekär kann es werden, wenn jemand dringend erforderliche Schritte unterlässt und sich stattdessen auf einen Gott verlässt. Egal ob auf Baal, Aschera oder Jahwe.

Gute Zeiten – Schlechte Zeiten

Lebenskrisen gehören zum Leben genauso wie glückliche, erfreuliche Zeiten. Und wenn dazu eine Phase der Untätigkeit und Niedergeschlagenheit gehört, dann kann das eben auch mal sein.

Dann kann es möglicherweise hilfreich sein, wenn man sich bewusst macht, wie unfassbar unwahrscheinlich, einmalig und einzigartig das eigene menschliche Dasein ist. Und dass man aus sich selbst mehr Hoffnung schöpfen kann und darf, als einem zum Beispiel die katholische Kirche das zugesteht. Von wegen: Oh Herr, ich bin nicht würdig…

Diese Überlegungen ersetzen keine psychiologische oder psychiatrische Behandlung. Wer über einen längeren Zeitraum an Lebenskrisen zu knabbern hat, der sollte sich unbedingt mitmenschliche Hilfe holen.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalartikel.
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