Feierspaß – Das Wort zum Wort zum Sonntag zum ESC

Lesezeit: ~ 4 Min.

Feierspaß – Das Wort zum Wort zum Sonntag zum ESC, gesprochen von Dr. Wolfgang Beck (kath.), veröffentlicht am 13.5.2017 von ARD/daserste.de

Große Steine, um zu beruhigen und Ängste abzubauen?*

Große Steine (gemeint waren Betonklötze), um zumeist fundamentalistisch-religiös-instrumentalisiert-radikalisiert-motivierte Attentäter daran zu hindern, Un- und Andersgläubige im vermeintlichen Auftrag ihres vermeintlichen Gottes zu töten.

Für uns Christen steht der stabile Fels für Jesus. Auf den lässt sich bauen. Aber dahinter steht ja die Erfahrung: Ziemlich häufig wird „auf Sand“ gebaut. Das Richtige als verlässlichen Stein zu identifizieren und darauf zu bauen und sich also darauf zu verlassen, das gelingt nicht so leicht.

Das gelingt besonders deshalb immer mehr Menschen nicht mehr, weil sie erkennen, dass Jesus eben kein stabiler Fels ist. Egal, wie oft das auch in der Bibel so dargestellt und von Priestern behauptet werden mag.

Jesus: Kein stabiler Fels

Selbst wenn man das restliche „Wort Gottes“ ignoriert und auf die Aussagen reduziert, die der literarischen Kunstfigur Jesus Christus zugeschrieben worden waren, so lassen sich daraus kaum noch Erkenntnisse gewinnen, die für die Lebenswirklichkeit der Weltbevölkerung im 21. Jahrhundert noch von besonderer Bedeutung sein können.

Sowohl die Herausforderungen, als auch die modernen ethischen Standards sind heute ganz andere als zu der Zeit, als diese Geschichten erstmals aufgeschrieben worden waren. Jesus hatte sich mit seiner Mission schlicht und einfach geirrt. Bis heute ist auch der von ihm angekündigte Gott nicht erschienen. Die Welt ist ganz genauso wie eine Welt, in die keine Götter eingreifen.

Das Richtige als verlässlichen Stein zu identifizieren und darauf zu bauen und sich also darauf zu verlassen, gelingt heute einfacher denn je. Denn heute haben Menschen mehr Möglichkeiten denn je, die „Richtigkeit“ von Behauptungen kritisch zu hinterfragen. Auch die von religiösen Heilsversprechen und Dogmen.

Wer soll das denn heute noch für wahr halten?

Frag mich nochmal...Und wie sollte man heute noch einen halbwegs aufgeklärten und ansonsten klar denkenden Menschen ernsthaft davon überzeugen wollen, dass ihn nach seinem Tod noch eine ewige himmlische Herrlichkeit erwartet? Wenn er nur bereit ist, einen ehemaligen Wüstengott aus der Bronzezeit als wahr anzuerkennen und sich ihm unterzuordnen (heute meist umschrieben mit: „sich von ihm lieben zu lassen“)?

Der allerdings auch allen Un- und Andersgläubigen für ihren Un- und Andersglauben ebenso zeitlich unbegrenzte Bestrafung in Form von psychischen und physischen Höllenqualen androht?

Denn das ist es, was auch Jesus verkündigt hat. Wer das glaubt, hat also nicht nur „auf Sand gebaut“. Sondern er hat sich mit einer möglicherweise irgendwie hoffnungsvoll zurechtinterpretierten Fiktion in die Irre führen lassen.

Wie unrettbar bröckelig ein Fundament ist, das auf Jesus als „Fels“ gebaut ist, lässt sich also mit etwas Nachdenken und vor allem Selbstehrlichkeit heute recht einfach durchschauen: Das eigentliche christliche jenseitige Heilsversprechen ist bis zum Beweis des Gegenteils eine Illusion.

Und warum das Christentum moralisch orientierungslos ist und sich deshalb nicht als Moralquelle für die Menschen im 21. Jahrhundert eignet, legt Andreas Edmüller in seinem Buch** „Die Legende von der christlichen Moral“ ausführlich dar.

Zu Thema Fels gabs auch schon mal einen Beitrag mit weiteren Gedanken zu diesem biblischen Bild. Dabei gings nicht um den ESC, aber auch um Musik…

ESC 2017: Musik verbindet

Der ESC ist eine der wenigen Veranstaltungen, bei denen Menschen über Grenzen und Konflikte hinweg gemeinsam feiern. Musik verbindet und ist eine gemeinsame Sprache – über Grenzen und Anschauungen hinweg. Meistens gelingt das beeindruckend gut.

Und damit dürfte der Beitrag des ESC für die Menschheit mit Sicherheit bedeutsamer sein als die ebenfalls dieses Wochenende stattfindende, päpstliche „Heiligsprechung“ von zwei Hirtenkindern aus Fatima, die vor 100 Jahren unter Visionen gelitten hatten.

Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine lässt sich in diesem Jahr nicht völlig draußen halten. Das ist bitter.

Dieser Hinweis darf bei einer religiösen Verkündigung zum ESC natürlich nicht fehlen. Wenns schon mal einen Konflikt gibt, der nicht unmittelbar mit Religion zu tun hat…

Manchen erscheint das vielleicht naiv: ansingen und feiern gegen Konflikte, gegen die Gefahr von Gewalt und Anschlägen. Stimmt, so einfach geht das meist nicht. Aber zum normalen Leben gehört, dass ausgelassen gefeiert werden kann – trotz allem, was immer wieder dagegen spricht.

Was spricht denn dagegen, ausgelassen zu feiern!? Die einzige, die hierzulande dagegen spricht, ist die Amtskirche, die immernoch meint, bestimmte Tage einfach zu „stillen“ Feiertagen erklären zu können. Aber auch dieses Überbleibsel aus längst vergangenen Zeiten dürfte wohl früher oder später überwunden sein.

Die Grenzen der Toleranz

Gegen die Gewalt von Menschen, die aufgrund ihrer religiös-instrumentalisierten Radikalisierung gegen freie und offene Gesellschaften vorgehen, müssen sich diese Gesellschaften wehren. Was dazu ganz sicher nicht gebraucht wird ist noch mehr Religion.

Denn gerade die monotheistischen Religionen basieren nun mal auf Partikularismus. Auf Spaltung und Trennung von Menschengruppen. Wir: die Guten – alle anderen: die Bösen. Unser Gott: Der einzige. Und einzig wahre. Niemand kommt zum Vater als durch mich. Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden. (Mk 16,16 EU)

Auch wenn dieses trennende Element heute gerne (aber längst nicht immer) verschwiegen wird: Es dürfte sich dabei um den eigentlichen Zweck von Religionen handeln. Ein gemeinsamer Mythos schafft Identität. Er ermöglicht einer Gruppe, sich abzugrenzen. Und sich zum Beispiel als ein „auserwähltes Volk“ zu fühlen.

Statt eines interreligiösen Dialoges sollten sich Kirchen besser um einen Dialog mit der Wirklichkeit bemühen. Und Menschen zum verantwortungsvollen und klaren Denken auffordern, statt sie mit Göttern, Geistern und Gottessöhnen in die Irre zu führen. Indem sie behaupten, diese fiktiven Phantome seien ein verlässlicher „Fels“.

Und die Party zwischen den Betonklötzen ist immer auch ein wenig Party gegen Fanatiker, die Betonklötze nötig machen. Und gerade deshalb feiern wir: Viel Spaß!

  • „Wer Wissenschaft, Philosophie und Kunst besitzt, der braucht keine Religion“ (MSS)
  • „Religion ist eine Beleidigung der Menschenwürde. Mit oder ohne sie würden gute Menschen Gutes tun und böse Menschen Böses. Aber damit gute Menschen Böses tun, dafür bedarf es der Religion.“ (Steven Weinberg, Quelle: hpd)

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalbeitrag.
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