Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: Der Muttertag

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Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: Der Muttertag, veröffentlicht am 08.05.21 von osthessennews.de

Darum geht es

Zum Muttertag versucht Stadtpfarrer und Märchenonkel Stefan Buß, positive mütterliche Eigenschaften auf seinen Gott zu übertragen.

In einem fiktivem Dialog lässt Stadtpfarrer Stefan Buß zunächst seinen Gott einem Erzengel (bei dem völlig unklar ist, wie er zum Zeitpunkt der Schöpfung schon in die Geschichte gekommen sein soll) viele Eigenschaften aufzählen, die eine gute Mutter auszeichnen.

Ganz selbstverständlich handelt es sich dabei also nicht etwa um selbst erworbene und/oder evolutionär bewährte, sondern um von Gott verliehene Fähigkeiten und Eigenschaften: Organisationstalent, physische und psychische Stärke, Güte, Verstand, Verantwortungsbewusstsein…

Tränen sind kein Reklamationsgrund

Nachdem Gott dem kritischen Engel noch erklärt hat, dass eine von ihm entdeckte Träne kein Reklamationsgrund, sondern das Überlaufventil für Leid und Freude sei, ist das Geflügelwesen schließlich überzeugt:

Da sagte der Erzengel voller Bewunderung: „Lieber Gott, Du bist ein Genie!“ Und Gott lächelte versonnen und sprach: „Ich weiß. Und darum ist mir eine gute Mutter so ähnlich.“
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Gedanken zu: Impulse von Stadtpfarrer Buß: Der Muttertag, veröffentlicht am 08.05.21 von osthessennews.de)

Gäbe es diesen Gott, würde sich hier sich zunächst die Frage stellen, warum er offenkundig nicht alle Mütter als „gute Mutter“ erschaffen hatte. Wollte er nicht oder konnte er nicht? Oder hatte er bei der Schöpfung schon das Interesse seiner katholischen Priester an Heimkindern im Sinn? Wer weiß, zuzutrauen wäre es ihm…

Außerdem stellt sich die Frage, wie der Gott, von dem hier die Rede ist zu der Anmaßung kommt, sich selbst mit einer guten Mutter zu vergleichen.

Gott: Alles andere als gut

Schließlich muss ihm als allwissendem und zeitlosem Wesen sein Verhalten ja schon zur Zeit des Schöpfungsaktes vollständig bekannt gewesen sein, das er später in Form des „Wort Gottes“ einigen seiner Anhänger geoffenbart hatte.

Und das in der Bibel beschriebene Verhalten dieses Gottes ist alles andere als das, was man von einer „guten Mutter“ erwarten würde:

Der Gott des Alten Testamentes ist ein kleinlicher herrsch-, rach-, eifer- und kriegssüchtiger Gott, der keine Gelegenheit auslässt, seinen Dauerzorn an empfindungsfähigen Lebewesen auszulassen. Je brutaler, je rücksichts- und gnadenloser, desto göttlicher und mächtiger.

In Sachen Organisationstalent war dieser Gott ein Versager: Seine Schöpfung war so fehlerhaft, dass er quasi von Anfang an ständig mit Problemen zu kämpfen hatte. Trotz Allmacht und Allgüte hatte er keine bessere Idee, als fast das komplette irdische Leben erst nochmal grausam zu vernichten.

Was bei der Schöpfung noch so alles schief gelaufen war (wenn es denn tatsächlich eine solche Schöpfung gegeben haben sollte und ausgerechnet dieser Gott tatsächlich der Schöpfer war), ist in dem hier vorgestellten Buch ausführlich beschrieben.

Das Gottesbild im Alten Testament entspricht der verzweifelten Hoffnung eines kleinen unterdrückten Wüstenstammes auf einen mächtigen Kriegsherren, der an ihrer Seite ihre Feinde bekämpft und der dafür sorgt, dass beim Angriffskrieg oder bei der Landnahme alles klar geht.

Im NT wirds nicht besser…

Im Neuen Testament scheint sich der liebe Gott endlich auf den ersten Blick halbwegs beruhigt zu haben.

Aber schaut man genauer hin, ist das Gegenteil der Fall: Durch das neu hinzugekommene Konzept der Hölle verlagert sich der göttliche Zorn, quasi ins Unendliche gesteigert nur ins „Jenseits.“

Das hatte den praktischen Nebeneffekt, dass seine Anhänger nun nicht mehr erklären mussten, warum sie trotz angeblicher göttlicher Unterstützung zunächst so erfolglos waren.

Ausgerechnet einen Gott, der sein eigenes Kind im Interesse Dritter vorübergehend als Menschenopfer zu seiner eigenen Befriedigung zu Tode foltern lässt mit einer guten Mutter zu vergleichen, empfinde ich als geradezu widerwärtig ignorant.

Wäre Gott eine Mutter, dann wäre er eine Mutter, der das Schicksal ihrer Kinder völlig egal wäre. Er (oder sie?) würde jegliches Leid (auch das seiner/ihrer Kinder) kommentar- und tatenlos geschehen lassen. Und das, obwohl er/sie als allwissendes Wesen ja auch davon wissen muss.

Außerdem wäre es eine Mutter, die ihren Kindern vorschreibt, was sie zu denken und zu glauben haben. Und die ihnen furchtbarste, völlig unverhältnismäßige Strafen androht, wenn sie diese Vorschrift nicht einhalten.

Frauen und Mütter in der Bibel

Das Frauenbild der Bibel mag so gar nicht zu den im Märchen von Pfarrer Buß beschriebenen mütterlichen Eigenschaften passen. In gewohnter Berufschristenmanier hier mal ein paar „Rosinen“ zum Thema Frauen und Mütter in der Bibel:

Los gehts schon damit, dass die Frau, die als Nebenprodukt bei der Schöpfung des Menschen (=Mann) nachträglich noch schnell erschaffen worden war von Gott für die Erbsünde verantwortlich gemacht und deshalb direkt mal ordentlich von ihm bestraft wird:

  • Zur Frau sprach er: Viel Mühsal bereite ich dir und häufig wirst du schwanger werden. Unter Schmerzen gebierst du Kinder. Nach deinem Mann hast du Verlangen und er wird über dich herrschen.
    (1. Mo 3,16 EU)

Mir ist keine Ideologie bekannt, die eine so umfangreiche und bis heute wirksame Diskriminierung der Frau im Portfolio hat wie das Christentum.

Kann sie auch denken?

Der Erzengel fragte: „Kann sie auch denken?“ Der liebe Gott lachte: „Nicht nur denken, auch diskutieren, urteilen und Kompromisse schließen – und vergessen.“

Das mit dem Diskutieren und Urteilen sollte sie lieber mal schön bleiben lassen. Zumindest in der Öffentlichkeit und wenn es nach der Bibel geht:

  • Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern ein Gott des Friedens. Wie es in allen Gemeinden der Heiligen üblich ist, sollen die Frauen in den Versammlungen schweigen; es ist ihnen nicht gestattet zu reden: Sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt. Wenn sie etwas lernen wollen, dann sollen sie zu Hause ihre Männer fragen; denn es gehört sich nicht für eine Frau, in der Versammlung zu reden.
    (1. Kor 14,33-34 EU)
  • Eine Frau soll sich still und in voller Unterordnung belehren lassen. Dass eine Frau lehrt, erlaube ich nicht, auch nicht, dass sie über ihren Mann herrscht; sie soll sich still verhalten. Denn zuerst wurde Adam erschaffen, danach Eva. Und nicht Adam wurde verführt, sondern die Frau ließ sich verführen und übertrat das Gebot.
    (1. Timotheus 2,11-14 EU)

Ehetipps aus der Bibel

Die Bibel, die von Christen gerne wegen ihrer überragenden, weil gottgegebenen Moral gerne als „wertvolle Richtschnur fürs Leben“ angesehen wird gibt auch ganz praktische Tipps, wie man ganz einfach zu einer Frau kommt und was zu beachten ist, wenn sie einem nicht mehr gefällt:

  • Wenn du zum Kampf gegen deine Feinde ausziehst und der HERR, dein Gott, sie alle in deine Hand gibt, wenn du dabei Gefangene machst und unter den Gefangenen eine Frau von schöner Gestalt erblickst, wenn du sie ins Herz geschlossen hast und du sie heiraten möchtest, dann sollst du sie in dein Haus bringen und sie soll sich den Kopf scheren, ihre Nägel kürzen und die Gefangenenkleidung ablegen. Sie soll in deinem Haus wohnen und einen Monat lang ihren Vater und ihre Mutter beweinen. Danach darfst du mit ihr Verkehr haben, du darfst ihr Mann werden und sie deine Frau. Wenn sie dir aber nicht mehr gefällt, darfst du sie entlassen und sie darf tun, was sie will. Auf keinen Fall darfst du sie für Silber verkaufen. Auch darfst du sie nicht als Sklavin kennzeichnen. Denn du hast sie dir gefügig gemacht.
    (5. Mose 21,10-14 EU)

Grundsätzlich ist für Frauen Unterordnung unter den Mann angesagt:

  • Einer ordne sich dem andern unter in der gemeinsamen Furcht Christi! Ihr Frauen euren Männern wie dem Herrn; denn der Mann ist das Haupt der Frau wie auch Christus das Haupt der Kirche ist. Er selbst ist der Retter des Leibes. Wie aber die Kirche sich Christus unterordnet, so sollen sich auch die Frauen in allem den Männern unterordnen.
    (Epheser 5,22-24 EU)

Mit scharfem Schwert wird man sie erschlagen…

Auch werdende Mütter sollten sich vor diesem Gott in Acht nehmen:

  • Denn das sind die Tage der Vergeltung, damit alles in Erfüllung geht, was geschrieben steht. Wehe den Frauen, die in jenen Tagen schwanger sind oder ein Kind stillen! Denn große Bedrängnis wird über das Land hereinbrechen und Zorn über dieses Volk. Mit scharfem Schwert wird man sie erschlagen, als Gefangene wird man sie zu allen Völkern schleppen und Jerusalem wird von den Völkern zertreten werden, bis die Zeiten der Völker sich erfüllen.
    (Lukas 21,22-24 EU)
  • Heil dem, der deine Kindlein packt und am Felsen sie zerschmettert!
    (Psalm 137,9 MENG)

Jesus, der alte Störenfried

Wenn es trotz mütterlichen Bemühens in einer Familie mal nicht gut läuft, könnte es auch daran liegen, dass Jesus zu Besuch war:

  • Meint ihr, ich [Jesus, Anm. v. mir] sei gekommen, um Frieden auf der Erde zu bringen? Nein, sage ich euch, sondern Spaltung. Denn von nun an werden fünf Menschen im gleichen Haus in Zwietracht leben: Drei werden gegen zwei stehen und zwei gegen drei; der Vater wird gegen den Sohn stehen und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen ihre Schwiegertochter die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.
    (Lk 12, 51-53 EU)
  • Denkt nicht, ich [Jesus, Anm. v. mir] sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen! Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter; und die Hausgenossen eines Menschen werden seine Feinde sein. Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert.
    (Matthäus 10,34-37 EU)

Na Mahlzeit…

Mutter hat gekocht, aber es reicht nicht für alle? Auch hier könnte der liebe Gott seine Finger (oder was auch immer) im Spiel haben:

  • Ich entziehe euch dann euren Vorrat an Brot, sodass zehn Frauen euer Brot in einem einzigen Backofen backen, dass man euch das Brot abgewogen zuteilt und ihr euch nicht satt essen könnt. Und wenn ihr daraufhin noch immer nicht auf mich hört und mir immer noch feindlich begegnet, begegne auch ich euch im Zorn und züchtige euch siebenfach für eure Sünden. Ihr esst das Fleisch eurer Söhne und Töchter.
    (3. Mose 26-29 EU)

Und schließlich bietet die Bibel auch ganz praktische Lifestyle-Tipps für Frauen, den Abglanz des Mannes. Hier zum Beispiel zum Thema Frisur und Kopfbedeckung:

  • Ich möchte euch aber zu bedenken geben, daß das Haupt jedes Mannes Christus ist, das Haupt der Frau aber ist der Mann, und das Haupt Christi ist Gott. Jeder Mann, der beim Beten oder beim prophetischen Reden eine Kopfbedeckung trägt, entehrt dadurch sein Haupt; jede Frau dagegen, die mit unverhülltem Haupte betet oder prophetisch redet, entehrt dadurch ihr Haupt, denn sie steht damit auf völlig gleicher Stufe mit einer Geschorenen. Denn wenn eine Frau sich nicht verschleiert, so mag sie sich auch das Haar abschneiden lassen; ist es aber für eine Frau schimpflich, sich das Haar kurz zu schneiden oder es sich ganz abscheren zu lassen, so soll sie sich verschleiern! Der Mann dagegen darf das Haupt nicht verhüllt haben, weil er Gottes Abbild und Abglanz ist; die Frau aber ist der Abglanz des Mannes. Der Mann stammt ja doch nicht von der Frau, sondern die Frau vom Manne; auch ist der Mann ja nicht um der Frau willen geschaffen, sondern die Frau um des Mannes willen.
    (1.Korinther 11,3-9 MENG)

Diese kurze Übersicht soll genügen um zu zeigen, dass die Bibel eigentlich jede Menge Aussagen zum Thema Frauen und Mütter für einen christlichen Impuls zum Muttertag zu bieten gehabt hätte.

Trotzdem hatte es Herr Buß vorgezogen, lieber eine modifizierte Übersetzung eines Märchens von Erma Bombeck vorzulesen.

Nicht mal das Märchen ist echt…

Es kann schon kaum mehr erstaunen dass Herr Buß auch nicht-biblische Texte wunschgemäß umdichtet. Wobei es natürlich auch sein kann, dass er die Geschichte schon ohne den eigentlichen Schluss von irgendwo her übernommen hatte. Wie das halt immer mal schnell passieren kann, wenn man mit Texten schlampig umgeht. Oder kreativ. Das kam schon in den besten Klöstern vor…

. Im Original endet der Dialog zwischen Gott und dem Engel (der dort nur ein gewöhnlicher „angel“ und kein „archangel“ ist) so:

  • „Es ist kein Leck“, sagte der Herr, „es ist ein Träne.“
  • „Wofür ist sie?“
  • Es ist für Freude, Traurigkeit, Enttäuschung, Schmerz, Einsamkeit und Stolz.“
  • Du bist ein Genie,“ sagte der Engel.
  • Düster sagte Gott: „Ich habe sie nicht dort hingetan.“
    (Quelle: Erma Bombeck: „When God Created Mothers„, übersetzt mit deepl.com)

So düster wollte Pfarrer Buß seinen Impuls zum Muttertag offenbar nicht enden lassen. Ist ja schließlich Muttertag morgen.

Stattdessen weist er lieber nochmal auf die Ähnlichkeit aller Mütter mit seinem Gott hin:

Denn auch deine Mama ist ein tolles Modell und kommt Gott ganz, ganz ähnlich.

Da kann ich nur, verbunden mit einem herzlichen Gruß zum Muttertag sagen:

Zum Glück hat meine Mutter keine Ähnlichkeit mit ausgerechnet diesem Gott!

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