Hört Gott mich, wenn ich mit ihm rede?

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Nutzlos: GebeteDas Bistum Osnabrück hat es sich offenbar zur Aufgabe gemacht, die kindliche Indoktrination im Internet voranzubringen. Zu diesem Zweck betreibt es die Webseite reliki.de (nicht zu verwechseln mit einer sehr ähnlich klingenden, anderen Fiktion), die sich ganz offensichtlich an Kinder wendet.

Es ist kaum auszuhalten, mit welcher Selbstverständlichkeit hier Kindern gegenüber Dinge als Tatsachen behauptet werden, die sich jeglicher irdischen Realität entziehen. Es ist ja schon gruselig genug, wenn sich Erwachsene in erfundenen Scheinwelten bewegen und ihre Weltsicht um religiöse Fiktionen und Illusionen beliebig erweitern.

Das sei natürlich jedem zugestanden, allerdings ist es wirklich mehr als bedenklich, wenn diese Hirngespinste und Wahngedanken Kindern als Wahrheit und Wirklichkeit „verkauft“ werden.

Ein kleines Beispiel soll verdeutlichen, wie fatal, heuchlerisch und verantwortungslos selbst scheinbar harmlose Aussagen tatsächlich sind, wenn man sie nicht gerade durch die religiöse Brille liest:

Auf dieser Seite stellt (angeblich) ein Kind diese Frage:

Hört Gott mich, wenn ich mit ihm rede?*

Die kirchliche Antwort beginnt wie folgt:

Na klar! Gott ist überall und kann dich immer hören – egal wo du bist oder wie leise du redest.*

Da gibt es also (nicht nur vielleicht, sondern na klar!) einen Gott, der überall ist und der alle unsere Gedanken kennt.

Ob den kirchlichen Kindernbeauftragten wohl bewusst ist, was allein dieser Satz eigentlich aussagt und was eine solche Aussage bei einem Kind auslösen kann? Es kann nur an dem von mir schon mehrfach beschriebenen „Blinden Fleck der religiösen Wahrnehmung“ liegen, dass die Veröffentlichung einer solchen Wahnvorstellung auf einer Kinderwebseite keinen Sturm der Entrüstung bei allen aufgeklärten Menschen (in diesem Fall speziell bei Eltern) zur Folge hat.

In jedem anderen als im Zusammenhang mit der jeweils eigenen Religion würde man jemandem, der ernsthaft behauptet, es gäbe eine allmächtige, omnipräsente Kraft, die alle unsere Gedanken kennt, zurecht eine Wahnerkrankung oder zumindest einen dramatischen Realitätsverlust unterstellen.

Aber weiter im Text:

[…] Denn Gott hört nicht nur zu, er antwortet auch. Manchmal kannst du seine Antwort vielleicht nicht hören.*

Manchmal vielleicht nicht? Also im Umkehrschluss meistens doch? Nein, noch keiner der vielen Götter hat jemals geantwortet, weder hör- noch unhörbar sondern einfach gar nicht. Wer (bis zum Beweis des Gegenteils) etwas anderes behauptet, lügt, und das ist sogar in den christlichen Geboten verboten.

Was tun Menschen Kindern an, die Kindern suggerieren, ihre kruden Hirngespinste seien real? Die ernsthaft behaupten, es wäre die Reaktion eines Gottes auf ein Gebet, wenn ein Kind plötzlich eine ganz tolle Idee hat, auf die es vorher nicht gekommen war? Dass es im Bauch oder im Herzen spürt, dass jemand bei ihm ist!? Warum dürfen Menschen Kindern solchen Unsinn erzählen? Was sind das für Menschen?

Und schließlich wird alle vermeintliche „Hoffnung“ vorsorglich wieder zunichte gemacht:

[…] Gott ist eher wie eine Wundertüte: du weiß nie, was dabei rauskommst, wenn du mit ihm redest.*

Wenn ich sowieso nie wissen kann, was bei einem Gespräch mit einem Gott herauskommt, dann kann ichs auch sein lassen und die Zeit sinnvoller nutzen. Mit dieser Klausel sind die Kinderbeauftragten natürlich fein raus: Du Dummerle, in Wirklichkeit bekommst du natürlich nix, das sagen wir doch nur so…

…aber ganz so enttäuscht will man die lieben Kleinen dann doch nicht zurück in die Realität entlassen:

Aber du kannst darauf vertrauen, dass Gott es immer gut mit dir meint. *

Das kannst du natürlich – genauso, wie du zum Beispiel auch auf Ritter Rost,™ die Zahnfee, Harry Potter™ oder die Eisprinzessin™ vertrauen kannst. Oder auf die Fünf Freunde™ oder Benjamin Blümchen.™ Oder Rübezahl. Oder den Gestiefelten Kater.

Ausgerechnet der von Christen angebetete Gott hat sich (angeblich selbst) in der so genannten „Heiligen Schrift“ als einen Gott offenbart, der es alles andere als gut mit Menschen meint. Da diese Seite hoffentlich auch von vielen Kindern gelesen wird, verzichte ich diesmal auf eine Aufzählung von Bibelversen, in denen sich dieser Gott als unvorstellbar gewalttätig, Menschenverachtend, grausam, gemein und hinterhältig präsentiert.

Zum Glück gibt es für Kinder auch jede Menge sinn- und wertvolle Informationsangebote, die sich an der Wirklichkeit orientieren, hier ein Beispiel:**

Nachtrag: Aufgrund dieses Artikels kam es zu einer kleinen Diskussion auf Facebook mit einem Vertreter des Webseitenbetreibers.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen von der Webseite http://www.reliki.de/frage/beten/hoert-gott-mich-wenn-ich-mit-ihm-rede/ , veröffentlicht vom Bistum Osnabrück, abgerufen am 13.1.2016 umd 21:00 Uhr.

**Wir haben keinen materiellen Nutzen von Verlinkung oder Einbettung von Inhalten oder von Buchtipps.

Viele Antworten auf Fragen von Kindern gibts auf unserer Webseite WWW.KWQ.DE!

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