Kommentar zu: Konfirmation Zwölf „Gottesmenschen“ im Bonhoeffer-Haus eingesegnet

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Kommentar zu: Konfirmation Zwölf „Gottesmenschen“ im Bonhoeffer-Haus eingesegnet, veröffentlicht am 20.5.16 von Osthessennews, Verfasser nicht genannt

Zwölf Konfirmanden wurden […] eingesegnet.*

Wie genau stellen sich die Konfirmanden und vor allem der Pfarrer eine „Einsegnung“ vor? Was konkret bewirkt eine „Einsegnung“ und wie? Was wäre ohne eine solche Zeremonie anders? Was ist mit Jugendlichen, die nicht „eingesegnet“ werden? Woher weiß der Pfarrer, dass er sich dabei auch wirklich an den richtigen Gott gewandt hat? Und wieso hinterfragt niemand solche obskuren Rituale auf Sinnhaftigkeit?

Während die im vergangenen Sommer gegründete Jugendband „To Be Honest“ mit modernsten kirchenmusikalischen Crunch- und Rocksongs […]

„To Be Honest“ ist ein wahrlich irreführender Name für eine Kirchenmusikalische Band, denn würden die Musiker ihren Bandnamen ernst nehmen und wirklich ehrlich sein, dann müssten sie zugeben, dass eine menschliche Fiktion wie religiöser Gottesglaube mit Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit nichts zu tun hat. Und was sind denn Crunchsongs?

Anhand der Jugendbuchreihe „Percy Jackson“ des amerikanischen Autors Rick Riordan machte Lange in seiner Predigt deutlich, dass man als konfirmierter Christ das nötige Rüstzeug erhält, um in einer Welt der Glaubenskämpfe individuell und mutig sein Evangelischsein zu bezeugen.

negativer GottesbeweisUnd einmal mehr weiß man nicht, ob man lachen oder weinen soll: Da bedient sich ein erwachsener Mensch klaren Verstandes eines Fantasy-Romans über die griechische Sagenwelt, um Jugendlichen weiszumachen, sie seien jetzt dank eines archaischen Wüstengottes aus der Bronzezeit für die „Welt der Glaubenskämpfe“ gerüstet.

Kann es wirklich sein, dass Herr Pfarrer Lange nicht merkt, dass sein Gott genauso menschlicher Phantasie entsprungen ist wie die vielen Götter aus den griechischen Legenden, also zum Beispiel Zeus, Poseidon, Dionysos, Hera, Hermes, Apollo, Artemis, Pan oder Aphrodite? Bis heute gibt es keinen einzigen Gott wirklich, wer bis zum Beweis des Gegenteils etwas anderes behauptet, lügt.

Und wieso muss ausgerechnet eine Religion, die die Nächstenliebe für sich beansprucht, Jugendliche für die „Welt der Glaubenskämpfe“ rüsten? Na gut – „Selbst Atombomben können in den Dienst der Nächstenliebe treten“, wusste der evangelische Theologe Walter Künneth 1958.

Und ausgerechnet das Bonhoeffer-Haus bietet natürlich einen denkbar passenden Rahmen, um Jugendliche für die Welt der Glaubenskriege aufzurüsten.

„Ihr seid Gottesmenschen“, rief er den knapp 300 Gläubigen zu, „Gott selber ist euer Vater. Vergesst nicht, dass ihr Wunder wirken könnt!“

Wieso nicht einfach konsequenterweise statt „Gottesmenschen“ gleich „Gotteskrieger“, passend zum Motto? Als Pfarrer ist Herr Lange natürlich darauf angewiesen, dass es noch Menschen gibt, die an die Götter und Geister seiner religiösen Fantasiewelt glauben. Ob die durchaus nachvollziehbare Handlungsmotivation des Brotewerbs es allerdings legitimiert, „knapp 300 Gläubige“ dreist zu belügen, halte ich für mehr als fraglich.

Richtigstellung, für Leser mit schwach ausgeprägtem Sinn für die Realität: Menschen sind Erdenmenschen und keine Gottesmenschen. Euer Vater ist euer Vater, und nicht „Gott selber“ – Gott ist nur eine menschliche Fiktion, eine beliebig definierbare Projektionsfläche für menschliche Wünsche, Ängste und Hoffnungen aller Art. Ihr könnt sicher wunderbare Sachen machen, aber ihr könnt keine Wunder wirken, die sich nicht mit den Naturgesetzen in Einklang bringen lassen könnten. Ihr seid Vertreter einer bestimmten Trockennasenaffenart und keine auserwählten Gotteskrieger, auch wenn euch das Pfarrer Lange einredet.

Lange bezog sich in seiner Predigt auf 1. Timotheus 6,11-16 und verband dies mit den griechischen Legenden der Antike.

Wieso bezog er sich nur auf die martialische Stelle mit dem Aufruf zum „guten Kampf des Glaubens“, ein Kampf, der mehr Menschen das Leben gekostet hat als irgend ein anderer Kampf? Das Wort an die Sklaven, nur ein paar Zeilen vor der gewählten Stelle, hätte doch ebenfalls gut gepasst:

  • Wort an die Sklaven
    Alle, die das Joch der Sklaverei zu tragen haben, sollen ihren Herren alle Ehre erweisen, damit der Name Gottes und die Lehre nicht in Verruf kommen.

    (Quelle: 1. Timotheus 6,1 EU)

Und auch der Schluss des Briefes sagt viel über den Verfasser Paulus, seines Zeichens Erfinder des christlichen Glaubens, aus. Schon Paulus fürchtete die sogenannte „Erkenntnis“ als reale Gefahr für sein erfundenes religiöses Kartenhaus:

  • Timotheus, bewahre, was dir anvertraut ist. Halte dich fern von dem gottlosen Geschwätz und den falschen Lehren der sogenannten «Erkenntnis»! Nicht wenige, die sich darauf eingelassen haben, sind vom Weg des Glaubens abgekommen. Die Gnade sei mit euch!
    (Quelle: 1. Timotheus 6:20-21 EU)

Welche Bedeutung Geschichten, in denen Sklaven beauftragt werden, ihrem Herren alle Ehre zu erweisen und in denen man sich vor Erkenntnis fürchtet wie der Teufel vorm Weihwasser, für die Bevölkerung der globalisierten, technologisierten Welt des 21. Jahrhundertes noch haben sollen, bleibt offen.

Fazit: Während sich die evangelische Kirche auch 2016 noch damit befasst, Jugendliche für die „Welt der Glaubenskriege“ aufzurüsten, bemühen sich Wissenschaft, Forschung, Philosophie, Aufklärung und Humanismus um ein modernes, realistisches Weltbild, um Weltfrieden und um zeitgemäße ethische Standards.

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