Kommentar zu NACHGEDACHT 177 – Sind wir nicht alle spirituell?

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Kommentar zu NACHGEDACHT 177 – Sind wir nicht alle spirituell?, Originalartikel verfasst von Christina Leinweber, veröffentlicht am 29.05.2016 von Osthessennews

Denn im Prinzip sind wir alle spirituell oder gläubig.*

Pauschalisierungen sind besonders dann problematisch, wenn die verwendeten Begriffe keine eindeutige Bedeutung haben. Sowohl Spiritualität, als auch Glaube wird für höchst unterschiedliche Dinge verwendet.

Wenn man also schon Aussagen über „uns alle“ treffen muss, dann sollte man auch dazu schreiben, von welcher Bedeutung man ausgeht. „Ich glaube, ich hole mir ein Bier aus dem Kühlschrank“ ist etwas anderes als „Ich glaube, dass Gott mich liebt“ oder „Ich glaube, dass es die Zahnfee wirklich gibt.“

Irgendwann im Leben – so meine ich – fragt man sich: Warum bin ich? Oder: Wofür ist dieses Leben gut? Wofür gibt es diese Welt?

Auch das ist nicht zwangsläufig der Fall, aber natürlich (im eigenen Interesse) wünschenswert und sicher sinnvoll. Diese Fragen sind heute zum Glück sehr einfach zu beantworten:

  • F1: Warum bin ich?
    A: Weil ich von meinen Eltern gezeugt wurde. Und die von ihren Eltern, usw. (lernt man heute mit etwas Glück schon in der Grundschule)
  • F2: Wofür ist dieses Leben gut?
    A1: Evolutionär gesehen: (Fr-)essen – Überleben – Fortpflanzen.
    A2: Naturalistisch-humanistisch gesehen: Zur Mehrung des eigenen Wohls und zur Vermeidung von „Wehe“ unter Berücksichtigung gleichberechtigter Interessen Anderer und der Umwelt (wie das genau aussieht, ist Privatsache).
  • F3: Wofür gibt es diese Welt?
    A: Es ist nicht erkennbar, dass die Existenz der Welt (und auch die des restlichen Universums) ein bestimmtes Ziel verfolgt oder einen bestimmten Zweck hat. Gleiches gilt für die Evolution, die ihrerseits ebenfalls kein erkennbares Ziel verfolgt – das tut erkennbar nur belebte Materie (siehe Antworten zu Frage 2).

Diese Antworten kommen völlig ohne Glauben aus, weil sie auf der beobachtbaren, erlebbaren, messbaren Realität basieren und anders als religiöse Antworten ohne Behauptungen auskommen, an die man glauben muss, weil man sie nicht wissen kann.

Die Beantwortung dieser Fragen ist also in Wirklichkeit viel viel einfacher, wenn man sich an der Wirklichkeit orientiert, als wenn man heute noch versuchen würde, erfundene Geister, Götter und Gottessöhne irgendwie darin unterzubringen.

Nicht, weil uns irgendein ominöser, obskurer „Gott“ „geschaffen“ und „auserwählt“ hat, sondern weil es einfach so irrwitzig unvorstellbar unwahrscheinlich ist, als Mensch auf der Erde einen Augenblick lang unterwegs sein zu dürfen, macht das Leben so besonders und wertvoll.

Sehr interessant wäre es, die Antworten auf diese Fragen mal aus liberal-theologischer Sicht zu erfahren – oder auch mal aus Sicht eines fundamental-konservativen Hardliners wie Herrn Bischof Algermissen.

Im Vormittelalter war das sicher noch erforderlich, weil man die tatsächlichen Zusammenhänge und Hintergründe einfach noch nicht kannte. Göttlicher Einfluss erschien den Menschen als Begründung für Blitz und Donner einfach plausibler als die (damals noch unbekannte) tatsächliche Ursache.

Auch wenn sich das mit dem Donner inzwischen fast überall herumgesprochen hat und der zugehörige Gott längst ins Museum für ausgediente Gottesvorstellungen gewandert ist, halten trotzdem auch heute noch erschreckend viele Menschen an religiösen Scheinwahrheiten fest.

Da wird zum Beispiel an einen dreifaltigen, monotheistischen Gott geglaubt, der in einem angeblichen Jenseits für Gerechtigkeit sorgt und der trotz seiner angeblichen Allmacht und Allwissenheit (was schon rein logisch gar nicht möglich ist) seine angebliche Schöpfung ihrem Elend überlässt.

Da Religionen schon bei der Beantwortung einfachster Fragen kläglich scheitern, wieso sollten sie dann ausgerechnet auf so grundlegende Fragen wie die nach dem Sinn des Lebens besser abschneiden? Warum sollte ausgerechnet eine Ideologie, die einen aktiven Denkverzicht voraussetzt, geeignet sein, irgendwelche Fragen zu beantworten?

[…] Die Religionen sind dann ein Angebot, den Glauben an einen Lebenssinn mit genaueren Ideen und Inhalten zu füllen.

Schön wärs. In Wirklichkeit sind Religionen Ideologien, die sich über viele Jahrhunderte in erster Linie bestens dafür bewährt haben, Menschen zu unterdrücken, auszurauben, abhängig zu machen und sie mit Illusionen und Lügen dumm zu halten.

Vorrangig füllen Religionen nicht das Leben ihrer Anhänger mit Sinn, sondern sie füllen die Taschen ihrer Vertreter mit Geld.

Religiöse Ideen und Inhalte sind eben gerade nicht genauer, sondern sie vernebeln vorsätzlich das klare Denken und den klaren Blick auf die reale, natürliche Wirklichkeit. Ihre Versprechen sind genauso fiktiv wie ihre Bedrohungen, mit denen ihre Diener versuchen, die Schafe nach ihren Vorstellungen und zu ihrem Nutzen zu führen.

[…] Die Liebe, die Freundschaft, die Familie, die Hoffnung – das sind alles gute Antriebsmotoren.

Und alle diese Antriebsmotoren kommen ohne irgendwelche religiöse, dies- oder jenseitige Wahngedanken aus.

[…] Was ist es, was Sie erfüllt?

Das könnte ich Ihnen gerne verraten, allerdings gehe ich aufgrund der bisher gemachten Erfahrungen nicht davon aus, dass es Sie wirklich interessieren würde.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Artikel.

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