…cause you know, sometimes words have two meanings…

Lesezeit: ~ 2 Min.

Im Rahmen der 3. Kirchenkunstreport-Tour stolperte ich auch über diesen Bibelvers, der in Stein gemeißelt vor einer Dorfkirche gut sichtbar zu lesen ist.

Der Spruch stammt aus Kolosser 3,4 und lautet in der entsprechenden Bibelausgabe:

Wenn Christus, euer Leben, erscheinen wird, dann werdet auch ihr erscheinen mit ihm in Herrlichkeit.

kirche_11Abgesehen davon, dass Christus ja angeblich schon erschienen sein soll und aber trotzdem, soweit bekannt, bisher noch niemand „mit ihm in Herrlichkeit“ erschienen ist und der Satz somit genaugenommen bestenfalls ein leeres Versprechen ist, lohnt sich wie immer bei Bibelsprüchen auch hier ein Blick auf den Text, aus dem der Satz herausgepickt wurde.

Da finden sich schon auf derselben Seite Aussagen, die aus irgendwelchen Gründen nicht in Stein gemeißelt im 21. Jahrhundert in der Landschaft herumstehen (nicht mal in Nordbayern), zum Beispiel:

  • Richtet euren Sinn auf das Himmlische und nicht auf das Irdische! (Quelle: Kol 3,2 EU)
  • Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter, wie es sich im Herrn geziemt (Quelle: Kol 3,18 EU)
  • Ihr Sklaven, gehorcht euren irdischen Herren in allem! (Quelle: Kol 3,22 EU)

Irgendwer muss die Inschrift ja mal irgendwann herausgesucht und die Herstellung des Steindenkmals in Auftrag gegeben haben. Es wäre interessant zu erfahren, warum er oder sie sich damals nicht für einen dieser drei, sondern für den Satz mit der reichlich vagen, weil unklaren* Erscheinungs-Vorhersage entschieden hatte. Die anderen drei Beispiele stammen wiegesagt ebenfalls genauso aus der Bibel und sogar aus demselben Abschnitt, schafften es aber nicht auf den Stein.

Die spannende Frage ist:

Was waren die Gründe, die dazu geführt hatten, diesen und nicht einen der anderen drei Sätze auszuwählen?

Denn aus der Bibel selbst geht nicht hervor, welcher der Sätze heute noch gelten soll und welcher nicht.

*Dieser Satz ist deshalb so vage, weil das Wort „wenn“ sowohl zeitlich (temporal), aber auch bedingend (konditional) gemeint sein kann.

Durch diese Unklarheit kann der Satz eine ganz unterschiedliche Bedeutung bekommen. Ist „wenn“ zeitlich gemeint, wäre die Aussage sinngemäß: „Wenn Christus, euer Leben, erst mal irgendwann erscheinen wird, dann…“ –  ist es bedingend gemeint, wäre die Aussage in etwa: „Falls Christus, euer Leben, mal erscheinen sollte,…“

Unklar bleibt außerdem auch, wie es um die menschliche Herrlichkeit bestellt ist, wenn Christus, der aktuellen Faktenlage entsprechend, nicht erscheinen wird (egal, ob temporal oder konditional), oder was aus den Menschen wird, die sich nicht einbilden, dass ihr Leben „Christus“ ist und die sich deshalb nicht zu der Gruppe „Selbsternannte Auserwählte“ zählen.

Und schließlich stellt sich auch hier einmal mehr die Frage, was heute an dieser, objektiv betrachtet sinnlosen Aussage noch so bedeutsam sein soll, dass sich die Institution, in deren religiöser Scheinwirklichkeit dieser Satz vielleicht noch irgendeine Bedeutung haben mag, milliardenschwer staatlich subventionieren und sonderprivilegieren lassen muss.

 

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