Falko Pietsch: Nachtrag zum Katholikentag in Leipzig

Lesezeit: ~ 2 Min.

Erzbischof Heiner Koch wendet sich während der Eucharistiefeier vor allem an Nichtchristen, Ungläubige:

„Lassen Sie sich auf eine Liebesbeziehung mit Gott ein. Trauen Sie sich ihm an. Belasten Sie ihn mit Ihrem Vertrauen.“ Diese Liebe sei nicht einfach, so der Erzbischof auf dem Augustusplatz. Es werde Höhen und Tiefen, Zuversicht und Zweifel geben. Das sei normal. Schlimm sei nur die Gleichgültigkeit den Menschen und Gott gegenüber. „Entdecken Sie in den kleinen und großen Wundern des Lebens Gott. Wagen Sie es, Gott in den Menschen zu entdecken. Kämpfen wir um das Leben auf der Welt, um der Menschen und um Gottes Willen.“ [Quelle: Freie Presse]

Das ist zum einen klare Missionierung. Im Rahmen einer Großveranstaltung, die man sich zu 50% aus öffentlicher Hand bezuschussen lässt.

Warum es – außer für Priester und Bischöfe, die oft vor leeren Kirchenbänken stehen – überhaupt „schlimm“ sei, im 21. Jahrhundert gegenüber Gottesbehauptungen gleichgültig zu sein, bleibt offen. Nach meiner Auffassung ist es ein großer kultureller Fortschritt, für außergewöhnliche Behauptungen wie die Existenz eines „Gottes“ auch außergewöhnlich gute Belege und Argumente einzufordern.

Zum anderen spricht Koch über das Verhältnis zu Gott wie über eine dysfunktionale Liebesbeziehung. Man solle jemandem vertrauen, der dieses Vertrauen tagtäglich schlicht nicht rechtfertigt.

Welcher gesunde Mensch vertraut einem Partner, der völlig falsche Prioritäten hat und das gemeinsame Vermögen in der Spielbank verprasst?

Wie soll man analog auf die „Güte“ eines Allmächtigen bauen, der Millionen Menschen grundlos leiden lässt aber seinen Segen angeblich ausgerechnet in prunkvoll geschmückten Gotteshäusern wirken lässt?

Wenn ein Partner – menschlich oder göttlich – derart gegen seine Versprechen, Verheißungen und Prinzipien verstößt, würden wir wohl niemandem guten Gewissens raten können, diese „Beziehung“ fortzuführen.

Wir würden es dem Partner dann auch nicht durchgehen lassen, wenn er nur immer und immer wieder salbungsvoll auf eine spätere Wiedergutmachung verweist. Vom Allmächtigen darf man wohl mehr Beziehungsfähigkeit und bedürfnisgerechtes Handeln erwarten als von einem spielsüchtigen Alkoholiker, der seine Kinder systematisch vernachlässigt.

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verloren im Bällebad?

Kardinal Reinhard Marx sprach im Abschlussgottesdienst wiederum von einer „Suchbewegung Gottes nach dem Menschen“. Warum auch immer ein allmächtiger, allwissender Gott nach seinen eigenen Kreaturen „suchen“ muss, als hätte er sie im Bällebad bei Ikea eine Sekunde zu lang aus den Augen gelassen.

Nimmt man die Aussagen von Koch und Marx zusammen, ergibt sich ein schräges Bild. Koch und Marx beanspruchen, für eine Institution zu sprechen, die sich mit Gott auskenne, also kann man sie hier spaßeshalber ruhig mal beim Wort nehmen:

Gott will unsere Liebe und verspricht uns Liebe. Er kann zwar trotz aller Allmacht und Güte keine Vertrauensbeweise erbringen. Wenn überhaupt, dann lässt er sie sehr selektiv zu teil werden und vernachlässigt andere grundlos. Dennoch erwartet er unser Vertrauen auf ihn. Auf Abwendung reagiert er mit einer hilflosen „Suchbewegung“. Das steht nicht nur einem Allmächtigen schlecht an.

Genau genommen verhält sich Gott hier wie ein Stalker. Einer, der mit Zurückweisung nicht umgehen kann. Einer, der auf Zurückweisung auch nicht erwachsen reagiert, indem er sich tatsächlich beweist und auf die Bedürfnisse der ach-so-geliebten Kreaturen eingeht. Einer, der meint, er sei mit Sicherheit die beste Partie für die Menschen, diese Anmaßung aber kein bisschen rechtfertigt.

In Fragen der bloßen Möglichkeit eines Gottes, scheint es sinnvoller, sich an die Religionsphilosophie zu halten. Theologien scheinen sämtlich ungeeignet, ihren eigenen Prämissen methodisch sauber auf den Grund zu gehen.

Erstveröffentlichung auf Facebook, Re-post mit freundlicher Genehmigung des Autors Falko Pietsch, vielen Dank!

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