Kommentar zu: „Vor Limburg wollte das keiner wissen“ – Finanzbericht des Bistums Fulda

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Kommentar zu: „Vor Limburg wollte das keiner wissen“ – Bistum legt erstmals Bilanz nach Handelsgesetzbuch offen – 130 Mio. Euro Personalkosten, Originalartikel zum Finanzbericht des Bistums Fulda verfasst von M/ci , veröffentlicht am 22.07.16 von Osthessennews

Ein Novum in der Geschichte des Bistums Fulda: zum ersten Mal wurde heute das Jahresergebnis der Diözese nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) veröffentlicht.

„Vor Limburg wollte das keiner wissen“, brachte der Bischof den Hintergrund der Offenlegung knapp auf den Punkt.*

Finanzbericht Bistum Fulda
Finanzbericht Bistum Fulda

Was für eine zynische Arroganz. Bis Limburg konnte sich die Kirche noch weitestgehend erfolgreich davor drücken, ihre Finanzen offenlegen zu müssen.

Ehrlicherweise müsste es heißen: „Vor Limburg konnten wir unseren Finanzbericht noch für uns behalten.“

Zumindest Kirchenkritiker hätten sicher auch schon vor Limburg Interesse an einem Finanzbericht über die nach Möglichkeit immer gerne möglichst verheimlichte und verschleierte Finanzlage und an den kirchlichen Geldflüssen gehabt.

Auch ein Finanzbericht zu den geheimen Machenschaften der völlig undurchsichtigen Offshore-Vatikanbank IOR und Informationen zu der dort betriebenen, intransparenten Hochfinanz wäre sicher für Viele von großem Interesse. Hier wäscht nicht nur eine Hand die andere.

Für die Heimlichtuerei hatte und hat sie nur allzu gute Gründe: Reichtum passt so gar nicht zum Armuts-Image, von dem die Kirche so ausgiebig profitiert. Und was sollen denn die Leute denken! Eine Kirche, die Selbstlosigkeit, Bescheidenheit, Verzicht und mitunter gar Armut predigt. Und die ihrerseits über ein mehrstelliges Milliardenvermögen verfügt. Dessen genaue Herkunft alles andere als vollständig bekannt ist.

Kirche und Geld: Schon immer ein heißes Eisen

Ein wichtiger Meilenstein im Streben nach Macht und Reichtum der katholischen Kirche war sicher die Fälschung, die als Konstantinische Schenkung bekannt ist. Ein großer Finanzexperte der katholischen Kirche war Papst Clemens VI, der die ganze Stadt Avignon für 80.000 Gulden kaufte. Noch geschäftstüchtiger war ein anderer Stellvertreter Christi auf Erden, Papst Alexander VI, der mit dem Ablasshandel unvorstellbar große Reichtümer erschwindelte.

Das Testament des Franz von Assisi, in dem dieser eine arme Kirche forderte, wurde einfach posthum für ungültig erklärt. Und schon war der Mammon wieder alles andere als schnöde.

Die katholische Kirche ist eine Institution, die in jeder ihrer Filialen mit Opferstöcken ihre Schafe anbettelt. Und die von ihrer Herde in jedem Gottesdienst Geld einsammelt. Während ein Bischof das Geld auf der anderen Seite in Millionenhöhe für den Neubau seines Bischofssitzes verpulvert. Eine Kirche, für die hierzulande der Staat Steuern eintreibt. Und die zusätzlich noch jährlich in Milliardenhöhe vom Staat subventioniert wird. Also auch von allen, die nicht an den Provinzial-Wüstengott aus der Bronzezeit glauben.

Einschließlich der Steuerersparnisse beläuft sich die jährliche staatliche Subventionierung der Kirchen dieser Quelle zufolge auf etwa 17 Milliarden Euro – wohlgemerkt zuzüglich zur Kirchensteuer!  Die Geschichte von Kirche und Geld ist eine Geschichte voller Heimlichtuerei und extremer Scheue vor den Blicken der Öffentlichkeit.

Ratzinger: „Kirche hat zuviel Geld“

  • „Kirche … neigt … dazu, einmal erworbenes Gut und erworbene Positionen zu verteidigen. Die Fähigkeit zu Selbstbescheidung und Selbstbeschneidung ist nicht in der richtigen Weise entwickelt.“ (Joseph Kardinal Ratzinger in dem Buch „Salz der Erde“, Stuttgart 1996, S. 185)
  • „Wissen Sie, was das größte Problem der Kirche in Deutschland ist? Sie hat zu viel Geld.“ (Joseph Kardinal Ratzinger in einem Interview mit dem Philosophen Robert Spaemann, zit. nach Die Welt, 29.9.2011)
  • „Im Säkularisationsbeschluss von 1803, als die letzten zwanzig geistlichen Territorien aufgehoben wurden – Gebiete in denen die (Fürst-)Bischöfe die geistliche und weltliche Macht in einer Person ausübten – wurden Dotationen lediglich für die restliche Lebenszeit der ihrer weltlichen Macht enthobenen Kirchenfürsten vorgesehen. Dass sich daraus ein über 200 Jahre andauernder Zahlungsautomatismus entwickeln konnte – inzwischen sogar ohne jede Zweckbindung und Kontrolle – kann höflich formuliert nur als finanzverfassungsrechtliches Unikum bezeichnet werden.“ (Alexander Tschierse, Veranstaltungsbericht zu dem Vortrag von Dr. Carsten Frerk am 21.10.2011 in Frankfurt am Main; hpd)
  • „Heute fließt mit der vom Staat eingezogenen Kirchensteuer noch viel mehr Geld nach Rom als damals zur Zeit Luthers, was die Deutschen inzwischen widerspruchslos ertragen. Gegen die vom deutschen Staat eingezogene Kirchensteuer und die hohe Bezahlung der Bischöfe und Kardinäle seitens des Staates wehren sie sich nicht.“ (Prof. Dr. Uta Ranke-Heinemann, zit. nach debattiersalon.de, 21.10.2013; siehe auch ihr Beitrag zur bischöflichen Privatkapelle in Limburg)

Eine Runde Mitleid, bitte

[Bischof Algermissen:] „Ich könnte mir definitiv keine goldenen Klinken anschaffen!“

Ja, er ist schon wirklich zu bedauern, der Herr Algermissen. Vor ein paar Jahren beklagte Herr Bischof erst öffentlich seinen Bischofssitz. Eine „Zumutung“ sei die174qm große Wohnung für ihn (Quelle). Wo ihm doch 110qm locker reichen würden. Dann wären vielleicht auch doch ein paar goldene Klinken drin gewesen. Aber nein, er ist leider aus traditionellen Gründen dazu verdammt, im barocken Luxus zu darben. Da kann man wohl nichts machen. Eine Runde Mitleid bitte. Gratis.

Tatsächlich habe der Skandal in Limburg eine Vielzahl an Kirchenaustritten verursacht, wovon ihm jeder einzelne schlaflose Nächte bereite, gestand Algermissen. „Deren Zahl war umwerfend furchtbar.“

Ja. Umwerfend furchtbar gering. Jedenfalls angesichts der sehr langen Liste an gewichtigen Gründen, warum man heute redlicherweise kein Christ sein kann. Und warum man sich besser heute als morgen von der Kirche und ihrer Ideologie befreien sollte. Da sind verschwenderische, welt- und realitätsfremde Bischöfe wie der aus Limburg noch das kleinste Übel.

Die Tatsache, dass erst eine versehentlich aufgeflogene Maßlosigkeit eines selbstverliebten Limburger Bischofs Menschen auf die Idee brachte, der Kirche über zwei Jahre lang ein Allzeit-Austrittshoch zu bescheren, zeigt, dass den meisten Christen die eigentlichen Skandale ihrer Institution offenbar gar nicht bewusst sind.

Gleiches gilt für die Ideologie, die diese Institution für ihre Zwecke nutzt. Mit der sich das gemeine Schaf heute freilich überhaupt nicht mehr auseinandersetzen muss, um sich Christ nennen zu können. Es reicht schon, nur nicht aus der Kirche auszutreten.

Finanzbericht: Bistum Fulda und Deutschland gesamt

Vorab: Wer sich einen objektiven, ungeschönten Überblick über das Thema Kirche und Finanzen verschaffen möchte, sollte sich mit den diesbezüglichen Beiträgen von Dr. Carsten Frerk befassen.

Tatsächlich nahm das Bistum 139 Millionen Euro an Steuern im Jahr 2014 ein und gab 130 Millionen davon allein für Personalkosten aus. Das seien die Gehälter für rund 4.000 Personen. Das Bilanzvolumen lag bei über 615 Millionen Euro. Das Bistum bleibe nur glaubwürdig, wenn der „dickste Batzen“ davon tatsächlich für die Seelsorge vor Ort ausgegeben werde […]

Betrachtet man die Gesamtsituation 2015, zeigt sich ein ganz anderes Bild. Der beiweitem größte Posten auf der Ausgabenseite der katholischen Kirche in Deutschland sind hier die Aufwendungen für „Weltkirche und Mission.“ Also maßgeblich für die Ausbreitung des Christentums in der Welt.

  • Die Statistik bildet die Ausgaben der Katholischen Kirche in Deutschland gemäß Haushaltsplan nach Bereichen im Jahr 2015 ab. Für überdiözesane Aufgaben betrugen die Ausgaben der katholischen Kirche in Deutschland im Erhebungszeitraum rund 7,36 Millionen Euro. Insgesamt betrugen die Ausgaben der Katholischen Kirche in Deutschland gemäß Haushaltsplan rund 127,2 Millionen Euro. (Quelle: statista.de)

Der Statistik zufolge gab die katholische Kirche 2015 für den Bereich „Weltkirche, Mission“ 67.307.990 € aus. Das sind rund 53 Prozent der Gesamtausgaben. Und nur 16% 20.957.060 € wurden für „Kirche, Gesellschaft“ aufgewendet. Auf Platz 3 gehen rund 8% oder 10.616.885 € in den wichtigen Bereich „Allgemeine Verwaltung.“ Über die Hälfte des Gesamthaushaltes steckte die katholische Kirche also in „Weltkirche und Mission.“

„Die Öffentlichkeit denkt, die Kirche sei unermesslich reich, weil sie die Verpflichtungen nicht sieht.“

Die Öffentlichkeit ist nicht dumm. Eine Bilanz listet nüchtern und sachlich Einnahmen und Ausgaben auf. Sie liefert nackte, vergleichbare Zahlen. Im Finanzbericht von 2014 finden sich einige interessante Informationen, im Folgenden einige Beispiele (Hervorhebungen von mir):

  • Zum Stichtag 31.12.2014 weist die Bilanz eine Bilanzsumme von 615,82 Millionen Euro aus. Mit 399,53 Millionen Euro beträgt die Eigenkapitalquote rund 64,9 Prozent. Größter Posten des Eigenkapitals ist die Rücklage des Baufonds mit 157,87 Millionen Euro. In diesem Sondervermögen hat das Bistum Gelder aus der Baulastablösung der politischen Gemeinden gesammelt. (Quelle:  Finanz-Bericht Bistum Fulda)

Money for nothing

Während andere Wirtschaftsunternehmen ihren Gewinn erwirtschaften, profitiert die Kirche einfach so vom Wirtschaftswachstum. Und das, ohne selbst einen Finger dafür krumm machen zu müssen:

  • Das Jahr 2014 war von einer guten wirtschaftlichen Entwicklung geprägt. Die Wirtschaft wuchs und auch die Beschäftigung konnte zulegen, während die Arbeitslosigkeit
    zurückging. Diese Faktoren führten zu einem erhöhten Aufkommen der Kirchensteuer, da diese direkt an die Lohn- und Einkommensteuer gekoppelt ist. (Quelle: Finanz-Bericht Bistum Fulda)

Und wie sich das gehört, geht die Bilanz auf:

  • Ende 2014 konnte das Bistum Fulda einen Jahresüberschuss von 4,81 Millionen Euro verbuchen. Die Statuten sehen vor, dass für bestimmte Zwecke Mittel aus den Rücklagen entnommen bzw. zweckgebundenen Rücklagen zugeführt werden. Zudem wurden auf Beschluss des Kirchensteuerrates den Rücklagen für Pensionen 8,17 Millionen Euro zugeführt.
    Dadurch beträgt der Bilanzgewinn am Jahresende 0 Euro. (Quelle: Finanz-Bericht Bistum Fulda)

Auch die Notleidenden dürfen nicht fehlen

Dabei habe der Staat viele seiner caritativen Aufgaben an die Kirche del[e]giert. „Wir werden daran gemessen, was wir für die Notleidenden tun oder nicht tun:“

Wenn das tatsächlich der Fall wäre, wäre das Ergebnis für die Kirche katastrophal. Noch gelingt es der Kirche mehr oder weniger, die Legende von der kirchlichen Wohlfahrt aufrecht zu erhalten. In der Bevölkerung hält sich nach wie vor hartnäckig der Mythos, dass etwa Caritas irgendwas mit selbstloser Nächstenliebe zu tun habe. Das entspricht nicht der Faktenlage.

Nur ein Bruchteil der Gesamteinnahmen fließen tatsächlich in die Wohlfahrt. Die Caritas ist ein Sozialdienstleister mit Kirchenetikett, der sich zum allergrößten Teil aus staatlichen Quellen finanziert. Und über den auch immermal wieder der eine oder andere Skandal bekannt wird.

Und so ist es für das Barmherzigkeits-Image offenbar unerlässlich, dass im Zusammenhang mit dem unangenehmen Thema Finanzbericht explizit nochmal auf die Notleidenden hingewiesen wird. Weil es, frei nach Robert Long, mit einem Heiligenschein nicht peinlich ist, sehr reich zu sein.

Passt man mit 37,9 Millionen Euro noch durchs Nadelöhr?

Frei und ohne Zweckbindung zur Verfügung steht ein Bistumskapital von 37,9 Millionen Euro.

Schon mit einem winzigen Bruchteil des im Finanzbericht ausgewiesenen Kapitals könnte man Großes bewirken.

Alles in allem wirkt der ganze Artikel auf mich wie eine einzige Rechtfertigung der hier erstmals ans Licht gekommenen Zahlen. Der Finanzbericht scheint dem Oberhirten jedenfalls reichlich unangenehm zu sein. Einen Skandal hat er indes nicht zu befürchten. Zu gering ist das Interesse der Öffentlichkeit an der Kirche insgesamt. Und in der Herde wirkt noch die Indoktrination mit dem Dogma der „heiligen Kirche“.

Deshalb lautet die Devise vermutlich: Bälle flach halten, bloß keine Skandale. Und hoffen, dass die allgemeine, diffuse Angst in der Bevölkerung weiter zunimmt. Denn davon profitiert die Kirche mindestens genauso wie von einer gesunden Wirtschaft, zu der sie so wenig wie möglich selbst beiträgt.

Wobei sie sich in vielen Bereichen nicht mal, und wenn überhaupt nur sehr widerwillig an den gesetzlichen Rahmen hält. Ein Finanzbericht – eigentlich eine Selbstverständlichkeit – wird zum Beispiel erst dann vorgelegt, wenn es sich gar nicht mehr vermeiden lässt.

Somit dürfte der indirekte Schaden, den der Limburger Bischof mit seiner Vorliebe für luxuriöse Architektur verursacht hat, noch viel größer ausfallen als die verprassten Millionen. Weil jetzt womöglich noch weitere Dinge ans Licht kommen, die man bislang lieber unter Verschluss gehalten hatte.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalartikel.
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Nachbemerkung: Wie immer sind alle Leser herzlich eingeladen, die genannten Fakten selbst zu prüfen und ggf. aktuellere Daten einschließlich Quelle mitzuteilen. Vielen Dank!

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