Kommentar zu: Bischof Stefan Oster: Wo sind die Protagonisten des friedlichen Islam – und wo sind sie gemeinsam?

Lesezeit: ~ 5 Min.

Kommentar zu: Wo sind die Protagonisten des friedlichen Islam – und wo sind sie gemeinsam?, verfasst von Bischof Stefan Oster (Passau), Originalbeitrag veröffentlicht am 15.7.16 auf stefan-oster.de

[…] Wann endlich kommt der kollektive, der große gemeinsame Aufschrei aller friedliebenden und wirklich ihrem Gott ergebenen Muslime der Welt, dass sie ihren Glauben nicht länger im Namen von Terroristen missbrauchen lassen wollen?*

Wer sollen denn diese Muslime der Welt genau sein? Der hiesige Zentralrat jedenfalls meldet sich regelmäßig zu Wort. Die Muslime, die eine andere Auffassung von „friedliebend“ haben als wir, wären sicher nicht sehr begeistert, wenn Sie wüssten, dass ein deutscher Bischof ihre Gottergebenheit anzweifelt. Deshalb ist Gottergebenheit wahrlich kein Parameter, den man mit ethisch akzeptablem Verhalten in Zusammenhang bringen sollte.

Überzeugt vom Schöpfungsmythos

Als Christ bin ich der Überzeugung, dass wir alle einen gemeinsamen Schöpfergott haben, gleich welchen Glauben einer hat.

Wie sind Sie zu dieser Überzeugung gekommen? Welche Beobachtungen haben Sie gemacht und welche Erkenntnisse gewonnen, um vom Schöpfungsmythos sogar überzeugt zu sein? Und ist nicht das eigentlich Wichtige (und vor allem Belegbare), dass alle Menschen einer gemeinsamen Weltbevölkerung angehören, unabhängig von ihrer Vorstellung ihrer Entstehung und unabhängig davon, ob Sie Ihrem Gott die Rolle des Schöpfers zuschreiben? Aus christlicher Sicht müsste ja schon Jahwe, ehemals Wetter-, Berg- und Kriegsgott der Schöpfer sein. Viele andere Religionen und Religiönchen dürften nicht allzu begeistert sein, wenn Sie deren Gottheiten mit Ihrem Provinzial-Wüstengott gleichsetzen!

Ich bin überzeugt, dass wir alle Brüder und Schwestern einer Menschheitsfamilie sind!

Das ist nämlich das eigentlich Verbindende, und nicht Ihr oder sonst irgendein Schöpfungsmythos.

Stefan Oster: Christentum hat „auch nicht nur Frieden gebracht“

Mir ist bewusst, dass ich in den Augen von vielen Muslimen einen Glauben vertrete, der in der Geschichte auch nicht nur Frieden gebracht hat.

„Auch nicht nur Frieden“? Das erscheint mir eine kräftige Untertreibung zu sein, in Anbetracht der 10 Bände füllenden Kriminalgeschichte des Christentums. Erst durch Aufklärung und Säkularisierung konnten 1000 Jahre finsterste Kirchenherrschaft beendet werden. Durch die Überwindung Ihrer Glaubenslehre wurde diese Ideologie so weit zurückgedrängt und entschärft, dass sie heute friedlicher erscheint als Religionen, die diese Entwicklung noch nicht durchgemacht haben.

Und bei Bedarf können sich Verfechter des Christentums immer wieder sofort auf Jesus berufen, der ja nach angeblich eigener Aussage nicht gekommen war um Frieden zu bringen, sondern das Schwert.

Herr Stefan Oster, diesen Glauben vertreten Sie nicht nur in den Augen von vielen Muslimen, sondern auch in den Augen vieler Menschen, die sich von ihrer religiösen Indoktrination schon befreit haben oder die nie damit infiziert worden waren.

Christus, der Gewaltlose?

Aber wo immer das geschehen ist, wo immer im Namen unseres Glaubens Gewalt ausgeübt wurde, haben wir unseren Gründer, haben wir Christus, den Gewaltlosen, verraten und müssen in Seinem Namen für jede Gewalttat um Verzeihung bitten und Buße tun.

Aber nicht doch. Jede Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen, jede Folterung und jeder Mord im Namen des Herrn konnte sich problemlos auf eine große Auswahl biblischer Aussagen berufen, die dieses Vorgehen nicht nur legitimieren, sondern vorschreiben. Selbst Jesus persönlich liefert die dafür nötigen Grundlagen:

  • [Jesus sagt:] Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen! (Lukas 12,49 EU)
  • [Jesus sagt:] Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen? Nein, sage ich euch, nicht Frieden, sondern Spaltung. (Lukas 12,51 EU)

Es ist noch keine 100 Jahre her, da segneten Christen noch Atombomben und die christliche Ideologie diente als willkommene „moralische“ Unterstützung eines Kollektivmordes.

Um mit Pfarrer Meurer zu sprechen: Religion ist saugefährlich – allen voran die monotheistischen Religionen mit apostolischem Auftrag.

Und wir haben diese Bitte auch schon ausgesprochen und tun es immer wieder.

Sie bitten doch sicher auch täglich Ihren Gott darum, dass sein (also dessen) Reich komme, wie im Himmel, so auf Erden, oder? Zum Glück erhört kein Gott dieses Gebet, obwohl es ja eigentlich in seinem Interesse sein müsste…

Weltfrieden und Religionen

So sehr ist der Frieden in der Welt nötig und zwischen den Religionen besonders.

Stefan Oster fordert Friedensbekenntnis von Muslimen
Bischof Stefan Oster fordert
Friedensbekenntnis von Muslimen;
Darstellung in einer katholischen Dorfkirche,
aufgenommen im Jahr 2016

Fällt Ihnen nicht auf, dass gerade religiöse Ideologien den Weltfrieden bedrohen wie kaum etwas anderes? Monotheistische Religionen basieren auf Abgrenzung. Menschen fühlen sich als „auserwähltes Volk“ mit der Mission, das Reich Gottes auf Erden zu verbreiten. Wer einen anderen als den eigenen Gott verehrt, wird gemäß des Wortes Ihres Gottes „…noch zur selben Stunde in den glühenden Feuerofen geworfen.“ (Dan 3,6 EU).

Zur Bewältigung der Herausforderungen einer globalisierten, technisierten Welt des 21. Jahrhunderts taugen archaische Moralismen aus dem Vormittelalter nicht mehr. Sie mögen sich natürlich eine religiöse Scheinwelt gerne zu Ihrem Privatvergnügen und als möglicherweise hoffnungsvolle Illusion aufrecht erhalten.Einige Innenansichten der grotesken, absurden religiösen Scheinwelt finden sich in einigen der Kommentare zu Ihrem Artikel.

Religionen tragen am meisten zum Weltfrieden bei, dass sie sich aus dem realen, irdischen Geschehen heraushalten und indem sie wieder zur Privatangelegenheit für Erwachsene mit schwach ausgeprägtem Sinn für die Realität werden.

Wer sind „alle Muslime, die den Frieden wollen“?

Deshalb wünsche ich mir von allen Muslimen, die den Frieden wollen: Steht endlich gemeinsam auf gegen den Wahnsinn!

Quelle: Facebook
Quelle: Facebook

Herr Stefan Oster, welche Vorstellungen haben Sie denn von „allen Muslimen“, dass Sie meinen, alle Muslime (bzw. die, die sich weit genug von ihrem Glauben befreit haben, um öffentlich die nicht friedlichen Aspekte ihres Glaubens zu leugnen) würden gemeinsam aufstehen?

Ich bezeichne mich sicher nicht als Kenner des Islam, aber so etwas wie einen Papst in der monarchisch-undemokratischen christlichen Kirchenstruktur, der ein Statement im Namen der gesamten  „Kirche“ (oder zumindest eines Teils davon) machen könnte, gibts dort meines Wissens nicht. Und auch keine homogene Gruppe, die sich auch als homogen wahrnimmt. Ich befürchte, dass ausgerechnet die Forderung nach Weltfrieden nicht das verbindende Element einer nicht aufgeklärten und nicht säkularisierten Wüstenreligion werden wird…

Die Ziele, für die Terroristen Religionen „missbrauchen“, lassen sich nun mal mit den Schriften bestimmter Religionen schon auch problemlos legitimieren. Manche tun eben etwas mehr als andere dafür, dass das Reich ihres Herren komme, wie im Himmel, so auf Erden…

Die größte Geschlossenheit zeigen Glaubensgruppen immer dann, wenn sie sich von anderen angegriffen, bedroht oder in ihren religiösen Gefühlen verletzt fühlen. Und nicht, wenn extremistische Psychopathen „etwas übers Ziel hinausschießen“ bei der Verbreitung des Wortes ihres Gottes oder Propheten, so wie auch das Christentum auch „nicht immer nur Frieden gebracht“ hat.

Weiterlesetipp:

Ergänzung von Sybille zum Artikel von Bischof Stefan Oster:

Ausstieg aus den Religionen: Ist es wirklich ein aussichtsloser Kampf?

Viele Religionen tragen ein Gewaltpotential in sich, ob es die Gläubigen wahrhaben wollen oder nicht. Ein geordneter Rückzug der Religionen wäre angebracht. Auch wenn sich sicher Ewiggestrige, Orthodoxe, „Evangelikalisten“ wie auch Fundamentalisten weiter in  ihren betonierten Kanälen tummeln wollten.

Die Aufgeklärten und eher Säkularen aller Religionen – und davon gibt es mehr als man meint (sogar der Papst könnte sich outen) –  müssten sich der eigentlichen Religionsfreiheit des Menschen bewusster werden und es beherzter wagen, die Freiheit von Religion auch in der Öffentlichkeit zu vertreten.

Das Kind kommt OHNE Religion zur Welt. Alles religiöse Denken ist anerzogen und wird durch die ausgeprägte Fähigkeit des Menschen zum „Nachäffen“ von Handlungen und Worten gelernt.
Wo sind die Vordenker, die Zukunftsforscher, die Philosophen? Kommen Thinktanks gegen Lobbyisten an? Hoffentlich gehen den Denkern bald die Lichter auf.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Artikel.
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