Gedanken zu: NACHGEDACHT 189: Gärtnern – Thema Umweltschutz

Lesezeit: ~ 7 Min.

Gedanken zu: NACHGEDACHT 189: Gärtnern, Originalartikel zum Thema Umweltschutz verfasst von Christina Lander, veröffentlicht am 21.08.16 von Osthessennews

[…] Und auch wenn es nur eine kleine „schöpferische“ Handlung war, so hat mich meine Gartentätigkeit doch an die Bibelstelle erinnert, in der es heißt: „Füllt die Erde und macht sie euch untertan.“

Mit diesem Schöpfungsauftrag ist aber nicht gesagt: „Nehmt euch von der Erde, was ihr wollt.“ Sondern vielmehr: „Bewahrt die Erde, gebt ihr, was sie benötigt, denn sie ist eure Heimat und euer Lebensraum.“*

Vorab: Diese Stelle stammt aus dem Alten Testament. Also aus dem Teil der Bibel, der von Christen bei Bedarf gerne als „nichtig“, „nicht mehr gültig“ oder auch als „durch das Neue Testament aufgehoben“ gilt.

So gerne, wie man sich von diesen überwiegend weltfremden, absurden, bizarren und in weiten Teilen äußerst brutalen und inhumanen Legenden und Mythen trennen möchte, so gerne greift man aber trotzdem immer wieder auf die Teile zurück, die einem doch noch opportun erscheinen.

Und wenn sie doch nicht zur gewünschten Aussage passen, dann werden sie eben passend gemacht.

How will you know…?

Zum vorliegenden Beispiel stellt sich mir einmal mehr die Frage, woher die Autorin wissen kann, dass die von ihr genannte Bibelstelle tatsächlich das aussagen soll, was sie gerne hätte. Und nicht vielleicht doch das, was dort nun mal steht (Hervorhebungen von mir):

  • Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere auf dem Land. Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie. Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen. (Quelle: 1. Mose 26-28 EU)

„Geht in euerem eigenen Interesse ordentlich mit der Umwelt um, weil ihr auf sie als eueren Lebensraum angewiesen seid“ ist meiner Meinung nach eine sehr, sehr freie Interpretation von „herrscht über die Erde und unterwerft sie euch.“

Und von „gebt ihr, was sie benötigt“ steht da auch nichts. Denn gegeben ist laut Schöpfungsmärchen ja alles von Gott. Auch später im Neuen Testament lassen die Autoren den Göttersohn klarstellen, dass sein Vater fürs Geben zuständig ist. Der gibt zwar nur den Seinen, dafür aber im Schlaf, also ohne deren Zutun.

Nur dafür, dass sie ihn als ihren Herrn und Meister akzeptieren und verehren. Laut Bibel wäre es geradezu gotteslästerlich, sich um so irdische Belange wie Umweltschutz zu kümmern, statt sich (und möglichst auch noch viele Mitmenschen) auf die vermeintlich kurz bevorstehende Ankunft des Herren vorzubereiten.

Umweltschutz in der Bibel: Fehlanzeige

begrenzter WissenstandKein Wunder, dass Umweltschutz in der Bibel nicht vorkommt. Das war in der Bronzezeit und auch in der Antike einfach noch kein Thema. Der negative Einfluss der damals noch vergleichsweise verschwindend geringen Anzahl an Menschen auf deren Heimatscheibe war zunächst nicht viel größer als der anderer Lebewesen auch.

Um sich mit globalen Themen wie Umweltschutz auseinandersetzen zu können, mussste zunächst mal die Erde überhaupt als global erkannt und diese Erkenntnis gegen die Kirche durchgesetzt werden. Allein für die Behauptung, die Erde sei rund und nicht das Zentrum des Universums, folterte und ermordete die Christenkirche eine unbekannt große Zahl an Menschen.

Und so bleibt nichts anderes übrig, als irgendwelche Bibelstellen so umzudeuten, dass sie scheinbar etwas über Umweltschutz aussagen. Bestimmte Bibelverse lässt man dazu am besten weg, zum Beispiel:

  • Er antwortete ihnen: Jede Pflanze, die nicht mein himmlischer Vater gepflanzt hat, wird ausgerissen werden. (Quelle: Mt 15,13 EU)

Oder auch das biblische Märchen, in dem Jesus mangels botanischer Kenntnisse einen Feigenbaum verflucht:

  • Die Verfluchung des Feigenbaums: Als sie am nächsten Tag Betanien wieder verließen, hatte Jesus Hunger. Da sah er von weitem einen Feigenbaum, der schon Blätter hatte. Er ging hin, um zu sehen, ob auch Früchte an dem Baum waren; doch er fand nur Blätter daran. Es war allerdings auch nicht die Zeit der Feigen. Da sagte Jesus zu dem Baum: »Nie wieder soll jemand von dir Feigen essen!« Das hörten auch seine Jünger.(Quelle: Mk 11,12-14 NGÜ)

Nachhaltige Forstwirtschaft in der Bibel?

Gläubige Christen, die darstellen möchten, dass die Bibel natürlich sehr wohl und sogar ganz vorne mit dabei ist in Sachen Umweltschutz, führen gerne die folgende Stelle aus dem Alten Testament an. Es soll sich dabei um eine Aufforderung zu nachhaltigem Handeln handeln:

  • Wenn du eine Stadt längere Zeit hindurch belagerst, um sie anzugreifen und zu erobern, dann sollst du ihrem Baumbestand keinen Schaden zufügen, indem du die Axt daran legst. Du darfst von den Bäumen essen, sie aber nicht fällen mit dem Gedanken, die Bäume auf dem Feld seien der Mensch selbst, sodass sie von dir belagert werden müssten. (Quelle: 5. Mo 20, 19 EU)

Kaum auszudenken, wenn ein Angriffskrieg im Namen des Herren an der Doofheit des Kriegsführers scheitern würde, weil dieser die Nahrungsversorgung seiner Soldaten nicht sichergestellt hatte.

Was kaum verwundern kann ist die Tatsache, dass der darauf folgende Satz meist kommentarlos weggelassen wird:

  • Nur den Bäumen, von denen du weißt, dass sie keine Fruchtbäume sind, darfst du Schaden zufügen. Du darfst sie fällen und daraus Belagerungswerk bauen gegen die Stadt, die gegen dich kämpfen will, bis sie schließlich fällt. (Quelle: 5. Mo 20, 20 EU)

Spätestens aus dem Kontext wird klar: Hier geht es nicht um nachhaltige Forstwirtschaft aus Umweltschutz-Gründen. Sondern um einen kriegstaktischen Hinweis eines Herren, der sich nicht auf die logistisch-taktischen Fähigkeiten seiner Krieger verlassen möchte.

Umweltschutz aus Eigennutz

Die Erkenntnis, dass die Menschen in ihrem höchsteigenen Interesse, also aus Eigennutz (nicht zu verwechseln mit Egoismus!) sorgsam mit der Erde und ihren Ressourcen umgehen sollten, geht ebenfalls nicht aus der Bibel hervor.

Papst Franziskus hat in seiner Enzyklika Laudato Si explizit auf unseren Umgang mit der Schöpfung hingewiesen.

Es fällt schwer, Menschen, die noch an Schöpfungsmärchen glauben, bei realen Themen wie dem Umweltschutz überhaupt ernst zu nehmen. Denn eben nicht, um einen Herrn zu loben („Laudato si“), sondern eben in ihrem ganz persönlichen, eigenen Interesse ist Umweltschutz für die Menschheit angesagt.

Dieser Herr, wir erinnern uns, hatte seine gesamte Schöpfung bis auf ein Boot schon mal komplett abgetötet, weil sie ihm nicht mehr gefallen hatte. Auch hat er, der biblischen Aussage zufolge, die Erde aus Rache für weibliche Neugierde ausdrücklich als einen für Menschen unbequemen Ort gestaltet. Und glänzt ansonsten durch Abwesenheit.

Umweltschutz ist ein globales Thema, das alle Menschen angeht. Unabhängig davon, welche Götter sie verehren. Denn nicht der eifersüchtige Rachegott, den sich die Bewohner einer kleinen Wüstenprovinz in der Bronzezeit ausgedacht hatten steht an oberster Stelle unserer Gesellschaftsordnung. Sondern die Würde und Freiheit des Menschen.

Vergiftung durch religiöse Wahngedanken

Auch im Bereich Umgang mit der Umwelt kann sich religiöser Glaube negativ auswirken: Menschen, die ernsthaft vor dem Mittagessen ihrem erfundenen Gott für Alle guten Gaben, alles, was wir haben danken, beweisen damit jedes Mal, dass ihnen die tatsächlichen, irdischen Zusammenänge entweder nicht bekannt, oder aber egal sind.

Denn alle guten Gaben kommen eben nicht oh Gott, von dir. Sondern von Menschen, die sie ab- oder angebaut, hergestellt, geliefert und verkauft haben. Dank gebührt also keinem Phantasiewesen, dem der Erden Lauf sowieso völlig egal ist (wenn es nicht unfähig oder sadistisch veranlagt ist).

Und den meisten Lebensmittelherstellern wäre es vermutlich lieber, sie würden statt eines Dankes eine faire Bezahlung für ihre Waren erhalten. Und ebensolche Arbeitsbedingungen.

Statt einer unrealistischen, partikulären Nächstenliebe wäre einfach ein fairer Umgang angebracht. Nicht nur mit den Nächsten, sondern auch mit den Fernsten. Und mit der Umwelt.

Welche Alternativen haben wir aber?

Was mich immer am meisten schockiert, sind die Unmengen Plastikmüll, die wir in einer Woche produzieren. Welche Alternativen haben wir aber?

RecyclingWer auch immer mit wir gemeint ist – es ist ganz einfach: Wir führen den Plastikmüll, den wir nicht vermeiden können, einer Zweit- oder Drittnutzung zu. Das nennt man Recycling.

Und das geht hierzulande wirklich ganz einfach: Man gibt unvermeidbaren Plastik- und anderen recyclingfähigen Müll über die je nach Region zur Verfügung gestellten Wege („Gelber Sack“, „Gelbe Tonne“…) in die Wiederverwertung. So einfach ist das.

Eine weitere Möglichkeit ist das so genannte Upcycling. Bei dieser Form des Recyclings werden Abfallstoffe aufgewertet und in neuwertige Produkte umgewandelt. Auch das könnte man bei Bedarf biblisch untermauern. Als Vertreter der Waffenlobby bedient man sich dazu bei Joel:

  • Macht aus euren Pflugscharen Schwerter und aus euren Sicheln Spieße! Der Schwache spreche: Ich bin stark! (Quelle: Joel 4,10 EU)

Wer es lieber friedlich mag, findet bei Jesaja auch die genau gegenteilige Aussage:

  • Und er wird richten unter den Heiden und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen […] (Quelle: Jes 2,4 EU)

Schwerter zu Pflugscharen. Oder umgekehrt. Die Bibel hat alles im Angebot. Und ist schon deshalb für verbindliche Aussagen völlig ungeeignet.

Auch wenn Plastikmüll natürlich grundsätzlich am besten ganz vermieden werden sollte, so würde ich dieses Thema gerade hierzulande nicht (mehr) zu den wirklich bedrohlichen Faktoren zählen.

Anders sieht es in Ländern aus, in denen Plastikmüll in der Landschaft oder in den Meeren landet. Wie zum Beispiel auf dem Afrikanischen Kontinent, wo unzählige Tonnen Plastik- und Elektroschrott in der Natur endgelagert werden. Schrott, der überwiegend aus Europa stammt. Aus den Augen, aus dem Sinn. Erstmal.

Hoffnung Mensch

Eine weggeworfene Plastiktüte nimmt man natürlich eher als störend wahr als die massiven Umweltzerstörungen, die tatsächlich gravierenden Einfluss auf die Funktionalität der Erde als Biosphäre für Lebewesen haben. Weil diese Zerstörungen und Belastungen (nicht zufällig) außerhalb des täglichen Wahrnehmungsbereichs liegen.

In Sachen Umweltschutz gibt es jedoch auch zahlreiche Entwicklungen, die tatsächlich und trotz aller offensichtlichen Probleme hoffnungsvoll stimmen können. Interessante Denk- und Handlungsanstöße finden sich zum Beispiel im Buch FUTURZWEI Zukunftsalmanach oder auch in Hoffnung Mensch.

Als nur ein Stichwort für einen wirklich interessanten und erfolgversprechenden Ansatz sei hier die  Ökoeffektivität (Cradle to Cradle) genannt. Und gerade erst ist es Menschen gelungen, den Planeten ausschließlich mit Sonnenenergie zu umfliegen. Ein starkes Symbol für die Möglichkeiten, die alternative Energien bieten.

Ausgeprägtes Problembewusstsein

Unsere Kinder von heute sind die Erwachsenen von morgen, denen wir die Welt als Müllhaufen hinterlassen.

Wie eben schon angedeutet: Die wirklich gravierenden Umweltzerstörungen geschehen außerhalb des durchschnittlichen täglichen Wahrnehmungshorizontes. Und oft über Zeiträume und in Zusammenhängen, die Menschen meist nicht überblicken können. Oder wollen.

Viele Menschen haben zwar einerseits ein ausgeprägtes Problembewusstsein, wenn es um Umweltschutz im Allgemeinen angeht. Da werden gerne lautstark die angeprangert, die für Umweltzerstörung verantwortlich gemacht werden. Man lamentiert über die Zerstörung des Regenwaldes, die Ausbeutung der Ressourcen, die ungerechte Güterverteilung auf der Erde…

Die Tatsache, dass Menschen durch ihr tagtägliches Verhalten genauso einen Einfluss auf diese Missstände haben, ignorieren dabei viele. Sich über etwas Abstraktes, Fernes zu beschweren ist viel weniger aufwändig als selbst auch nur auf den kleinsten Komfort oder Billigpreis zu verzichten.

Statt sich auf die zweiffelos gravierenden Missstände zu konzentrieren, hat es sich als sinnvolle Praktik erwiesen, das Augenmerk auf das zu richten, was konktret zu einer Verbesserung beiträgt. Think global – act local. Hier sind Kreativität, Selbstbewusstsein und ein gesunder Sinn für die Realität gefragt.

Augen auf!

Um auch hier klarer sehen zu können, kann es helfen, sich zunächst vom Glauben an Schöpfungsmärchen zu befreien. Von der Vorstellung, dass es irgendein überirdisches Wesen gebe, dass es gut mit einer bestimmten Trockennasenaffenart meine.Von einer Ideologie, die mit der Illusion einer Belohnung im Jenseits wirbt.

Auf uns kommt es anStatt in einer vormittelalterlichen Mythensammlung nach Antworten auf die Fragen von heute zu suchen, könnte man sich mit aktueller Literatur befassen.

Mit Büchern, die von Menschen verfasst wurden, die nicht vom Glauben an ein Phantasiewesen, sondern vom Glauben an die Entwicklungsfähigkeit der Menschheit beflügelt sind. Und die für ihre Ansätze von der realen und nicht von einer religiös erweiterten Scheinwirklichkeit ausgehen.

Wer sich selbst weder als erlösungsbedürftiges Unkraut, noch als von einem Gott auserwählt und bevorzugt wahrnimmt, kann sich seiner eigenen Verantwortung und Fähigkeiten bewusst werden.Und entsprechend rational handeln. Im Namen seiner Kinder. Oder auch in seinem ganz eigenen Interesse.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Artikel.
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