Kommentar zu NACHGEDACHT (66) Die Geister aus der Vergangenheit

Lesezeit: ~ 3 Min.

Kommentar zu NACHGEDACHT (66) Die Geister aus der Vergangenheit, Originalartikel verfasst von Christina Leinweber, veröffentlicht am 06.04.2014 von Osthessennews

[…] Die Titulierung „Geister der Vergangenheit“ finde ich wirklich treffend.*

(Warum auch immer) belastende Erinnerungen an Lehrer sind, anders als Geister, real. Sie sind nicht eine erdachte Fiktion wie ein Geist, sondern etwas, was eine reale Ursache hatte und was jemanden offenbar auch nach Jahren noch belasten kann.

[…] man trifft manchmal Menschen, die man nicht mehr sehen möchte – weil man emotional nicht über die Geschichte hinweg ist, die man mit dieser Person verbindet oder auch aus anderen gearteten Gründen. *

Solange man emotional noch unter etwas leidet, das jemand einem angetan hat, dann wäre es möglicherweise eine gute Idee, diese Sache aufzuarbeiten, dass man damit abschließen kann.

[…] aber es gibt bestimmt eine weitere Sorte, die man unbedingt wiedersehen möchte. Ein paar Beispiele: den Ex-Partner, dem man mal unter die Nase reiben möchte, wie gut es mit dem neuen Partner klappt; […]*

Ja, wenn wir drüber hinweg sind, können wir es auch mitteilen oder wollen es sogar unbedingt loswerden.

Ich halte es nicht gerade für ein Zeichen von „darüber hinweg“ sein, wenn man noch das Bedürfnis hat, dem Ex-Partner etwas unter die Nase zu reiben, ganz im Gegenteil. Wenn man merkt, dass einen das Verhalten eines Menschen (sogar nach Jahren noch) belastet, dann ist es doch sinnvoll, sich damit auseinanderzusetzen, statt jahrelang einen Groll zu kultivieren oder gar unter Angst zu leiden.

Das heißt nicht, dass man alle Menschen lieben muss. Eine solche Forderung hat nichts mit der Wirklichkeit zu tun – es ist unrealistisch, alle Menschen „lieben“ zu wollen. Vielen Christen dürfte nicht bekannt sein, dass das biblische „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ nur für Anhänger des jüdischen Gottes gemeint war. Mit „Nächsten“ waren die ebenfalls dieser Gruppe angehörigen Menschen gemeint. Über die Art und Weise, wie mit den Menschen zu verfahren sei, die nicht an diesen Gott glauben, liefert die Bibel die abscheulichsten und grausamsten Anleitungen, die mit einer ungeingeschränkten „Nächstenliebe“ rein gar nichts zu tun haben.

Realistischer und wesentlich sinnvoller ist das 2. An-Gebot des evolutionären Humanismus:

  • Verhalte dich fair gegenüber deinem Nächsten und deinem Fernsten!
    Du wirst nicht alle Menschen lieben können, aber du solltest respektieren, dass jeder Mensch – auch der von dir ungeliebte! – das Recht hat, seine individuellen Vorstellungen von „gutem Leben (und Sterben) im Diesseits“ zu verwirklichen, sofern er dadurch nicht gegen die gleichberechtigten Interessen Anderer verstößt.
    (Quelle: Die 10 Angebote des evolutionären Humanismus)

[…] Traurig und schwierig wird es allerdings, wenn wir es gar nicht mehr können – wenn uns ein zweites Wiedersehen verwehrt wird, weil der Mensch gehen musste und nie mehr wiederkommen wird. *

Diese Vorstellung entspricht nicht der christlichen Vorstellung von der Erlösung nach dem Tod. Besteht dieses zentrale Dogma, auf dem die ganze christliche Heilslehre aufbaut, in der „liberalen Theologie“ nicht mehr?

Dann haben wir echte Geister um uns. *

Nein. Es gibt keine echten Geister, jedenfalls wenn man mit echt „wirklich, real“ und mit Geist „übernatürlich“ meint. Was wir nach dem Tod eines Menschen in uns (nicht um ums) haben können, ist bestenfalls eine Erinnerung an diesen Menschen.

Gehe niemals im Streit auseinander, du weißt nicht sicher, ob du dich entschuldigen kannst. *

Vielleicht hätte sich der Lehrer auch gerne entschuldigt, wenn Sie ihm die Möglichkeit dazu gegeben hätten? Zum Beispiel, in dem Sie ihm gesagt hätten, dass Sie heute noch unter etwas, was er offenbar gesagt oder getan hat, leiden? Vielleicht war es ihm ja alle die Jahre gar nicht bewusst, welchen Schaden er offenbar angerichtet hatte?

Also nutzen sie die Zeit, um miteinander zu sprechen, bevor sie darauf warten müssen. *

Wen meinen Sie mit „sie“? Und was meinen Sie mit „darauf warten müssen“? Wenn jemand stirbt, bleibt nach allem, was wir heute wissen, außer den Atomen und den Erinnerungen nichts von einem Menschen übrig. Demzufolge ist auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es nach dem Tod kein Wiedersehen mehr gibt, jedenfalls nicht in der Form, dass sich irgendwo irgendwelche Software-Backups von Menschen miteinander unterhalten würden.

*Jede Woche fordert osthessennews.de unter der Rubrik „NACHGEDACHT“ mit „liberal-theologischen Gedanken“ zum Nachdenken auf. Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Original-Artikel von Christina Leinweber.

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