Gedanken zu: NACHGEDACHT 193 – „Plan B war auch schön“

Lesezeit: ~ 4 Min.

Gedanken zu: NACHGEDACHT 193 – „Plan B war auch schön“ ….Gedanken von Christina LANDER, Originalartikel veröffentlicht am 18.09.16 von Osthessennews

Und im Programm lief Pipi Langstrumpf, die Heldin meiner Kindheit.*

Sei Pippi
By Reisen8 (Own work)
[CC BY-SA 4.0],
via Wikimedia Commons
Pippi Langstrumpf (voller Name: Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf) verkörpert wie wohl kaum eine andere Kinderbuchheldin das, wonach sich wohl die meisten Kinder (und Erwachsene) sehnen: Einfach das zu tun, was glücklich macht. Damit ist Pipi so ganz anders als die beiden „Normalo-Kinder“ Thomas und Annika.

Die erst durch Pippi erfahren, dass auch ein selbstbestimmtes, unkonventionelles und genussorientiertes Leben möglich ist. Ohne deswegen die Interessen Anderer oder der Umwelt verletzen zu müssen.

  • Pippi Langstrumpf gilt als literarisches Vorbild für die Frauenbewegung und den Feminismus, zeigt es doch entgegen tradierten Rollenbildern ein Mädchen, das mit ihrer gesellschaftlich vorgegebenen Geschlechterrolle bricht und „stark, verwegen, ungehemmt, lustig, rebellisch und unbeeindruckt von Autoritäten“ ist. So habe das Buch „Generationen von Mädchen ermuntert, Spaß zu haben und an die eigenen Fähigkeiten zu glauben.“ (Quelle: Wikipedia)

Während sich die meisten Leser oder Zuschauer sich vermutlich erstmal eher mit den Spießer-Kindern Thomas oder Annika identifizieren können, wird trotzdem Pippi zur Heldin. Eben deshalb, weil sie nicht danach strebt, Konventionen einzuhalten und Erwartungen anderer zu erfüllen. Ihr oberster Maßstab ist ihr persönliches Glück. Eine völlig natürliche und gesunde Einstellung.

Sich trauen, glücklich zu sein

Denn jedes Lebewesen strebt natürlicherweise danach, dass es ihm gut geht. Und jedes Lebewesen versucht zu vermeiden, dass es ihm schlecht geht. Ich kenne jedenfalls niemanden, der je gesagt hätte: „Thomas und Annika sind die Helden meiner Kindheit.“ Das ist immer Pippi Langstrumpf. Weil sie sich traut, glücklich zu sein.

Leider höre ich ganz oft den Satz von ehemaligen Schulkollegen oder Freunden: „Eigentlich wollte ich einmal, aber dann…“ – Irgendwas scheint dazwischengekommen zu sein.

Plan A Plan B
Plan A – oder Plan B?

Natürlich kann sich eine Situation auch mal so ändern, dass man den ursprünglich gefassten Plan tatsächlich nicht mehr umsetzen kann. Jedoch wird „es ist etwas dazwischen gekommen“ oft auch gern als Ausrede genannt. Nämlich dann, wenn jemand seine Pläne von sich aus ändert. Denn wer wirklich zielstrebig einen bestimmten Plan verfolgt, der könnte ja zumindest versuchen, diesen Plan auch dann weiterzuverfolgen, wenn „etwas dazwischen gekommen“ ist.

So macht man einen äußeren Einfluss, das „etwas“ für die Planänderung verantwortlich. Statt zu sagen: „Die Bedingungen hatten sich verändert oder ich habe neue Erkenntnisse gewonnen und deshalb habe ich meinen ursprünglichen Plan aufgegeben.“

Dazu fällt mir das oft gehörte „Ich habe heute keine Zeit“ ein. Außer an zwei Tagen hat jeder Mensch jeden Tag seines Lebens gleich viel Zeit – 24 Stunden. „Ich habe keine Zeit“ ist eine Ausrede für „Mir ist etwas anderes wichtiger.“

Hätte hätte, Fahrradkette

Ich beispielsweise wollte gern ganz woanders leben. Eine neue Stadt. Ein neues Lebensgefühl. Dann habe ich mich aber in meinen Mann aus Fulda und in die Stadt selbst verliebt.

Dazu fällt mir spontan ein anderes Kinderbuch ein: Oh wie schön ist Panama.

[…] Lohnen sich dann überhaupt Pläne, wenn sie unterbrochen werden können?

Gegenfrage: Was ist von einem Plan zu halten, der nicht unterbrochen werden kann?

Naja, ganz sicher doch: Es gehört zum Menschen, dass er strebt.

Die spannende Frage ist ganz sicher doch: Wonach strebt er denn, der Mensch? Und warum? Es spricht einiges dafür, sich diese Frage für sich selbst, ganz individuell zu beantworten. Und zwar immer wieder mal. Weil sich das natürlich im Lauf des Lebens auch mal ändern kann. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt.

Wer möchte, kann sich zum Beispiel an den Zielen orientieren, die ihm seine Glaubensgemeinschaft vorgibt. Für Katholiken würde das bedeuten, ein möglichst gottgefälliges Leben entsprechend einer Gesellschaftsordnung aus der Bronzezeit zu führen, um damit die Chancen auf eine ewige Glückseligkeit im Jenseits zu erhöhen.

Wer sich der unvorstellbaren Unwahrscheinlichkeit und Einzigartigkeit seiner Existenz, aber genauso auch seiner Fähigkeiten und Möglichkeiten bewusst ist, kann versuchen, den Wimpernschlag seiner Lebenszeit angenehm und beglückend zu gestalten.

Durch Irrtum zur Wahrheit reisen

Goethe weiß aber: Der Mensch irrt, solang er strebt.

Das „Streben nach Glück“ war schon mal NACHGEDACHT-Thema, die Gedanken dazu gibts hier. Natürlich irrt der Mensch, solange er strebt. Weil das Streben stets nur eine Annäherung an die Wahrheit sein kann. Was dieses Zitat eigentlich aussagt, wird bei Friedrich Rückert noch deutlicher:

  • Das sind die Weisen,
    die durch Irrturm zur Wahrheit reisen;
    die beim Irrtum verharren,
    das sind die Narren.

BeweisDenn „Irrtum“ bedeutet, dass man bereit ist, den eigenen Standpunkt zu Korrigieren. Oder sogar ganz zu ändern, wenn man erkannt hat, dass man sich bei einer bisherigen Annahme geirrt hatte. Ein solcher Standpunkt ist ergebnisoffen. Er stellt jeweils nur einen aktuellen Erkenntnisstand dar. Der bis zum Beweis des Gegenteils gilt.

Anders sieht es bei einem dogmatisch „begründeten“ Standpunkt aus. Wer einen solchen vertritt, hält eisern an Annahmen oder Behauptungen fest, ohne diese jemals kritisch zu hinterfragen.

Das Gefährliche daran ist: Ein solches Dogma bleibt auch dann „wahr“, wenn es durch neue Erkenntnisse als unwahr entlarvt wurde. Und deshalb eigentlich sofort korrigiert oder ganz aufgehoben werden müsste.

Stattdessen verlangen zum Beispiel Religionen, dass ihre Anhänger „beim Irrtum verharren.“ Zu überlegen, wie plausibel etwa so eine Auferstehung von den Toten und eine Himmelfahrt in Wirklichkeit wohl sein könnte, wird als frevlerischer Zweifel, als Glaubensschwäche ausgelegt.

Ein Plan, den man nicht ändern kann, ist schlecht.

Einbahnstraßen gehören dazu.

So gesehen ist das ganze Leben eine Einbahnstraße – eine zeitliche. Von der Zeugung bis zum Tod. Zum Glück hat diese Einbahnstraße aber unbegrenzt viele Abzweigungen. Wer nicht aufpasst, kann allerdings auch auf einen Holzweg geraten, der in eine Sackgasse führt.

Vielleicht hilft uns eine Einstellung, die schon vor zweitausend Jahren Sallust wusste: Ein Plan, den man nicht ändern kann, ist schlecht.

Diese Aussage ist bemerkenswert. Hier geht es allerdings nicht um eine Einstellung. Also nicht darum, wie jemand mit Plänen umgeht. Vielmehr wird darauf aufmerksam gemacht, dass bei angeblich unabänderlichen Plänen immer besondere Vorsicht geboten ist. Denn was ist von einer Ideologie zu halten, die es nötig hat, ihre Lehren dogmatisch, also als „Plan, den man nicht ändern kann“ ihren Anhängern aufzuzwingen?

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalartikel.
**By Reisen8 (Own work) [CC BY-SA 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via Wikimedia Commons
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