Gedanken zu NACHGEDACHT 195 zum Thema Gleichheit: Einheit in Vielfalt

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Gedanken zu NACHGEDACHT 195 zum Thema Gleichheit: Einheit in Vielfalt, Originalartikel verfasst von Christina Lander, veröffentlicht am 02.10.16 von Osthessennews

„Wir sind alle gleich“ ist ein Zitat, das immer wieder genutzt wird, um deutlich zu machen, dass jeder Mensch ein Mensch ist.“*

Das kommt darauf an, welchen Aspekt des Begriffes „Gleichheit“ man betrachtet. Denn derer gibt es etliche. „Gleichheit“ gibt es zum Beispiel in der

  • …Politik: Vor dem Gesetz sind alle gleich
  • …Philosophie: Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit
  • …Mathematik: die logische Gleichheit als eine Form der Äquivalenzrelationen
  • …Wirtschaft: Stichwort Verteilungsgerechtigkeit
  • …Religion: Vor dem jeweiligen Gott sind alle gleich
  • …alltäglich gebrauchten Sprache: Gleich im Sinne von identisch oder „von gleicher Art“

Buntes Allerlei an Begrifflichkeiten

Es ist ein Toleranzappell, das zu gegenseitigem Respekt aufruft.

Was genau soll damit gemeint sein? Auch wenn das alles ja bestimmt irgendwie miteinander zu tun hat: Tolerant bedeutet nicht unbedingt dasselbe wie respektvoll.

Gerade wenn man sich mit komplexeren Themen näher befasst, dient es dem besseren Verstehen (und Verstanden-werden), wenn man bestimmte Begriffe mit unterschiedlicher Bedeutung nicht durcheinanderbringt.

Wir leben auf einem Planeten mit mehr als sieben Milliarden Menschen und die Behauptung alle seien gleich, ist natürlich eine Vereinfachung, um deutlich zu machen, dass wir uns gegenseitig gut behandeln sollen.

Aus der Erkenntnis, dass alle Menschen gleich sind, geht noch nicht hervor, wie wir uns deshalb anderen Menschen gegenüber verhalten sollten. Ebensowenig, was mit „gut behandeln“ alles gemeint sein könnte.

Minimale Unterschiede

Übrigens: Die Unterschiede zwischen den Angehörigen der Trockennasenaffenart, die als „Homo sapiens sapiens“ bezeichnet wird, sind so minimal, dass es unsinnig wäre, von Menschenrassen zu sprechen, wie es manche Menschen bis heute tun. In dieser Hinsicht herrscht in Wirklichkeit viel mehr Gleichheit als mitunter behauptet wird.

Deswegen wäre es doch wohl sinnvoller […] dass wir besser all unsere Unterschiedlichkeiten beginnen zu akzeptieren, aber klar festhalten, dass jeder dieselben Rechte genießt und gleich wertvoll ist.

Wie oben schon angedeutet: Gerade, aber nicht nur bei Aussagen darüber, wie sich Menschen verhalten sollten, sollte man sehr genau mit den Begriffen umgehen, die man verwendet. Denn was bedeutet eigentlich genau Toleranz? Was unterscheidet Akzeptanz von Respekt? Oder von Ignoranz?

Für eine Angehörige einer von Grund auf undemokratischen, patriarchialisch geprägten und dominierten Institution wie der katholischen Kirche ist schon allein die Gleichheit zwischen Mann und Frau eine wahrlich naive Vorstellung. Von der Gleichheit zwischen Gläubigen und Ungläubigen ganz zu schweigen.

Herausforderung für die Menschheit

[…] Wie wäre es also mit dem Ansatz „Einheit in Vielfalt“.

Das dürfte für die Menschheit sicher eine große, wenn nicht sogar die größte Herausforderung überhaupt sein: Die Gestaltung des Zusammenlebens der Bevölkerung einer globalisierten Welt im 21. Jahrhundert.

Dazu bedarf es einer modernen Ethik, die für alle Menschen gelten kann. Und zwar unabhängig von Wohnort, Geschlecht, Bildungsstand, Einkommen, Ethnien- oder Gruppenzugehörigkeit und Weltanschauung.

Eine zentrale Rolle spielen hierbei sicher die Menschenrechte. Denn diese basieren nicht auf einem erfundenen Wüstengott, den sich Menschen in der Bronzezeit nach ihren Wünschen und Ängsten und zu ihren Zwecken ausgedacht hatten. Sondern auf der Würde und Freiheit des Individuums als höchster, übergeordneter Wert.

So utopisch das in Anbetracht der aktuellen Lage erscheinen mag: Ich halte die Entwicklungsfähigkeit der Menschheit als „letzte Hoffnung“, die Erde auch noch in Zukunft als geeigneten Lebensraum zu erhalten. Interessante Überlegungen zu diesem Thema bietet zum Beispiel das Buch „Hoffnung Mensch.“**

Religionen: Gleichheit nur innerhalb der Glaubensgruppe

[…] Denn nichts ist schlimmer, als Menschen auszugrenzen und andere Menschen als minderwertiger zu betrachten.

Wer als Christ diese Meinung vertritt, sollte die eigene Glaubenslehre mal kritisch hinterfragen. Denn diese basiert auf einem archaischen Regelwerk, das zur einfacheren Führung eines primitiven Wüstenvolkes im Nahen Osten zwischen der Bronzezeit und dem Vormittelalter erdacht worden war.

Hauptaufgabe war es, den Anhängern ein Sinn- und identitätsstiftendes Element überzuordnen, dem sie sich unterordnen können. In der Bibel wird der an zahlreichen Stellen zu findende, grundlegend aus- und abgrenzende Aspekt christlicher Lehre wie folgt auf den Punkt gebracht:

  • Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden. (Mk 16,16 LUT)

Wie andere monotheistische Religionen auch, basiert auch das Christentum eben nicht auf Gleichheit. Sondern auf Unterscheidung und Abgrenzung. Zwischen „Zugehörig“ und „Un- und Andersgläubig.“ Die viel gepriesene Gleichheit bezieht sich also nur auf das Verhältnis der Glaubensbrüder untereinander. Und erst seit der Aufklärung vielleicht auch auf das der -schwestern.

Nächsten- und Feindesliebe im biblischen Sinn gilt ebenfalls innerhalb der Glaubensgemeinschaft. Die biblische Gesamtaussage zum Umgang mit Un- und Andersgläubigen ist das Gegenteil von Gleichheit, wie ich hier erläutert habe.

Bibel: Verhaltensregeln aus der Bronzezeit

Viele wichtige Bausteine unserer heutigen modernen Gesellschaftsordnung fehlen in der biblischen Grundlage zwangsläufig komplett. Klimawandel oder Umweltschutz spielten zu dieser Zeit einfach noch keine Rolle. Presse- und Meinungsfreiheit? Für eine Bevölkerung, die zum allergrößten Teil aus Analphabeten besteht kaum von Interesse.

Globale Menschenrechte? Für einzelne, überwiegend isoliert voneinander lebende Bevölkerungsgruppen bedeutungslos. Für diese eignete sich am besten ein fiktiver Herrscher, dem man jede beliebige Moral problemlos in den göttlichen Mund legen konnte.

Die Bibel eignet sich als Grundlage für eine moderne Ethik in etwa so gut wie die Bedienungsanleitung für eine Dampfmaschine als Anleitung für ein Spaceshuttle.

Die Herausforderungen der heutigen Zeit sind viel zu gravierend und komplex, als dass man es sich leisten könnte, noch weiterhin in Mythen und Legenden aus längst vergangenen Zeiten noch nach Lösungen für die Probleme der heutigen Zeit zu suchen.

Religionen haben als Grundlage für ethische Standards längst ausgedient. Ausnahmslos alle Götter aller Religionen sind von Menschen erfundene Phantasiegestalten. Ohne tatsächlich nachweisbaren Einfluss auf die natürliche Realität.

Gebete zu diesen Göttern bewirken effektiv nichts. Diese bestenfalls hoffnungsvolle Selbsttäuschung ist in Wirklichkeit eine nutzlose Zeitverschwendung. Die diesseitigen Herausforderungen indes sind sehr real. Und können nur mit realen Mitteln bewältigt werden. Alle Göttinnen und Götter hielten und halten sich vornehm zurück.

Wasser und Wein

Wer Einheit in Vielfalt möchte, sollte das also nicht nur fordern. Sondern konsequenterweise auch selbst dazu beitragen. Und zwar zum Beispiel durch die Überwindung von Faktoren, die Menschen gezielt gegeneinander abgrenzen. Wie Religionen es tun.

Damit Religionen das werden, was sie gerne sein können: Ein optionales spirituelles Angebot für Erwachsene mit Problemen bei der Bewältigung der irdischen Realität.

Aber eben keine Institution, die sich anmaßt, früher über, später dann gleichberechtigt und heute immernoch als eine Art „Partner“ neben der eigentlichen Gesellschaftsordnung bestehen zu können.

Zu diesem Schluss ist nicht nur der Dalai Lama, sondern in Ansätzen auch der aktuelle Papst gekommen.

A propos Papst: Bei seinem Besuch in Georgien musste Papst Franziskus gerade seine Predigt vor leeren Rängen halten. Weil die ultrakonservativen Orthodoxen ihn für den Antichrist halten. Und deshalb offenbar keine oder nur sehr wenige Anhänger der orthodoxen Landeskirche (Anteil in Georgien: 84%) erschienen waren.

Von den 27.000 Plätzen des Stadiums waren nur 3.000 zur Verkündigung des Oberhirten besetzt (die katholische Herde Georgiens zählt insgesamt nur etwa 20.000 Schafe). Ob auch Vertreter der Judäischen Volksfront oder der Volksfront von Judäa (Spalter!) anwesend waren, ist nicht bekannt. Was war nun der Grund für das Fernbleiben der orthodoxen Gläubigen? Mangelnde Toleranz? Oder Akzeptanz? Fehlender Respekt? Ignoranz? Desinteresse? Demonstrativer Boykott?

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Artikel.
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