Ausweg aus dem Theodizeeproblem?

Lesezeit: ~ 3 Min.

Im Fundstück der Woche befasst sich Volker Dittmar mit dem Theodizeeproblem:

Das Problem ist auch, dass wenn man die Logik negiert, es keinen Ausweg aus dem Theodizeeproblem gibt.

Wenn beispielsweise gesagt wird, dass Gott eine Welt mit freiem Willen nur mit Leid hat schaffen können, dann besagt dies, dass Gottes Handeln durch die Logik begrenzt wird. Außerdem, dass es im Paradies entweder keinen freien Willen mehr gibt, was bedeutet, eine so tolle Eigenschaft kann das nicht sein, oder dass es auch ewiges Leid im Paradies gibt.

Ohne Logik gibt es keinen Grund, warum Gott die Welt nicht MIT freiem Willen und OHNE Leid hätte erschaffen können. Nebenbei: Auch mit Logik gibt es dazu keinen Grund. Gott hätte die Menschen auch so schaffen können, dass sie aus freiem Willen stets das Gute tun.

Allmacht und Allwissenheit schließen sich logisch aus

Interessant ist, dass Allmacht Allwissenheit voraussetzt, aber Allwissenheit gleichzeitig Allmacht logisch ausschließt.

Wenn man sagt, dass Gott über der Logik steht, müsste man sagen, welche der drei logischen Grundregeln nicht für Gott gilt. Diese Frage hat noch nie ein Theologe oder Gläubiger beantworten können …

Wenn man sagt, dass „von Nichts nichts kommt“, so setzt diese Regel zwei Dinge voraus: Erstens, dass „Nichts“ quasi der natürliche Grundzustand der Natur ist, was wir nicht wissen. Zweitens setzt dies die ewige Gültigkeit der Logik voraus. Gab es eine Zeit, zu der die Logik nicht galt, folgt aus der Regel „von Nichts kommt nichts“ logisch – nichts. Wenn die Logik nicht gilt, können beliebige Dinge aus dem Nichts entstehen.

Abgesehen davon: Wenn von Nichts nichts kommt, woher kommt dann die Regel, dass von Nichts nichts kommt? Logisch gesehen widerlegt sich diese Regel selbst: Wenn sie gelten würde, wäre sie ein Beispiel dafür, dass logische Regeln aus dem Nichts entstehen und gelten können.

Theodizeeproblem: Es kommt noch schlimmer

Theodizeeproblem
…passt hinten und vorne nicht…

Aber es kommt noch schlimmer: Woher kommt die Allwissenheit? Nehmen wir an, Gott wüsste wirklich alles. Er wüsste dann auch, wie der die Welt konstruieren würde – und dass er das tun wird. Wenn er das weiß, musste er es „schon immer“ wissen. D. h., die „Konstruktionspläne“ der Welt existieren ewig, ohne einen Ursprung und ohne eine Ursache, und Gott ist nichts weiter als eine Marionette zur Ausführung von Plänen, die aus dem Nichts kommen.

Wenn man Zufall definiert, dann bedeutet dies laut Wörterbuch nur soviel, dass man die Ursache von etwas nicht kennt. Gläubige benutzen den Begriff abweichend, nämlich, als Abwesenheit einer Ursache und nicht nur mangelndes Wissen über die Ursache. Das würde bedeuten, dass alle Pläne, die die Beschaffenheit dieser Welt in ALLEN Einzelheiten beschreiben, rein durch Zufall existieren – also ohne Ursache und ohne Ursprung.

Gott als Stopp-Signal

Es ist er Gläubige, der letztlich meint, dass alles durch reinen Zufall ursachenlos entstanden ist, und zwar bis ins letzte Detail. Er benutzt Gott nur als eine Art Stopp-Signal, um nicht soweit denken zu müssen. Gott heißt in Bedeutung nichts anderes als: An dieser Stelle das Nachdenken einstellen. Nur nicht darüber nachdenken, dass die „Grundlage aller Existenz“ selbst eine Grundlage haben muss, in diesem Fall den absoluten Zufall, der über alles bis in das winzigste Detail bestimmt. Gott ist dann aber vollkommen überflüssig, weil er ja nur der ohnmächtige Handlanger der Pläne ist, die aus und durch Zufall entstanden oder ewig vorhanden sind.

Gott als Begriff ist, wie man es auch dreht und wendet, nichts weiter als ein Synonym für ursachen- und ursprungslosen Zufall und mehr nicht. Der Zufall im engen Wortsinne wurde von den Monotheisten zum Gott erhoben – und man möchte zynisch fast meinen, dass dies den Zustand der Welt besser erklärt als alle Theologie es je könnte. Denn wenn die Theologie ihre eigene Grundlage durchdenken würde, müsste sie sich selbst aufheben.

*Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Verfassers Volker Dittmar.

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