Frohe Ostern! … Gedanken zu Nachgedacht… (223) zum Thema Jesus lebt!

Lesezeit: ~ 5 Min.

Frohe Ostern! … Gedanken zu Nachgedacht… (223), Originalbeitrag zum Thema Jesus lebt!, verfasst von Christina Lander, veröffentlicht am 16.04.2017 von osthessennews.de

[…] Nicht zu vergessen ist natürlich die Botschaft des Festes das, was die Christen zum Jubeln bringen sollte: Jesus lebt!*

Jesus lebt - nichtWas mit „Leben“ bezeichnet wird, ist klar definiert:

  • Das Wort Leben bezeichnet zum einen die Organisations- bzw. Prozessform, die allen Lebewesen gemeinsam ist und die sie von lebloser Materie unterscheidet. Zum anderen bezeichnet es die Gesamtheit der Lebewesen in einem abgegrenzten Gebiet.
    Was Leben bzw. ein Lebewesen ist, wird – in der modernen Biologie wie schon bei Aristoteles – nicht über einzelne Eigenschaften, einen bestimmten Zustand oder eine spezifische Stofflichkeit definiert, sondern über eine Menge von Aktivitäten, die zusammengenommen für Leben bzw. Lebewesen charakteristisch und spezifisch sind. Als diese Aktivitäten werden üblicherweise genannt:

    • Energie- und Stoffwechsel und damit Wechselwirkung mit ihrer Umwelt.
    • Organisiertheit und Selbstregulation (Homöostase).
    • Reizbarkeit, das heißt sie sind fähig, chemische oder physikalische Änderungen in ihrer Umwelt zu registrieren.
    • Fortpflanzung, das heißt, sie sind zur Reproduktion fähig.
    • Vererbung, das heißt, sie können Informationen (Erbgut) an ihre Nachkommen übermitteln.
    • Wachstum und damit die Fähigkeit zur Entwicklung.

    (Quelle: Wikipedia)**

Wenden wir nun diese Kriterien auf die Aussage: „Jesus lebt!“ an, so wird schnell klar, dass hier etwas nicht stimmt. Denn rational betrachtet erfüllt dieser Jesus kein einziges Kriterium, was Leben auszeichnet.

Jesus lebt! – Aber nicht „in echt“

Und so kann es sich bei dieser Behauptung schon mal nicht um das handeln, was als „Leben“ bezeichnet wird. Denkbar wäre höchstens eine Wunschvorstellung. Oder eine Aussage, die gar nicht wörtlich gemeint ist. Sondern in irgendeinem übertragenen Sinne.

Je unplausibler, je unwahrscheinlicher eine Behauptung ist, desto besser müssten die Argumente ausfallen, die die Wahrheit und Richtigkeit dieser Aussage bestätigen.

Allerdings fallen diese Argumente erwartungsgemäß dürftig aus:

So steht es verheißungsvoll im Evangelium und wird in vielen kirchlichen Schaukästen der Region bildlich dargestellt.

Natürlich sind weder das „Evangelium“, noch bildliche Darstellungen in kirchlichen Schaukästen der Region verlässliche Quellen, die eine solche gewagte These auch nur ansatzweise zumindest hypothetisch plausibel machen würden. Jesus lebt also bestenfalls in der Phantasie von Gläubigen.

Weiterdenken: Gute Idee

Doch jetzt sollten wir noch weiterdenken.

Das halte ich für eine sehr gute Idee. Auch wenn ich dadurch vermutlich nicht zu den Schlüssen komme, die die Autorin aus ihrer Behauptung zieht:

Denn allein damit, dass Jesus den Tod überwinden hat, ist die Sache Jesu noch lange nicht erfüllt.

Die Autorin geht also offenbar tatsächlich davon aus, dass es den von ihr behaupteten Jesus nicht nur tatsächlich gegeben hat. Sondern vielmehr, dass dieser auch, entgegen allen Naturgesetzen, den Tod tatsächlich überwunden haben soll.

Bei jedem halbwegs rational denkenden Menschen sollten hier alle Alarmglocken läuten. Angenommen, ein Vertreter einer anderen Religion würde gleiches von seinem jeweiligen Gottessohn behaupten: Welche Beweise wären akzeptabel, um diese Behauptung als wahr anzuerkennen?

Einen Lebendigen lebendig werden lassen?

Jetzt ist es an uns, ihn wieder lebendig werden zu lassen, indem seine Aufgabe weitergeführt wird. Denn er möchte in jedem von uns weiter leben.

Wieso müssen wir Jesus wieder lebendig werden lassen, wenn er doch angeblich sowieso schon lebt? Und wieso sorgt er als zweites Drittel eines dreiteiligen, allmächtigen Gottes nicht selbst dafür, dass seine Aufgabe weitergeführt wird? Wieso hatte er sich – angeblich ja freiwillig – zu Tode foltern lassen, statt seine Aufgabe selbst noch zumindest ein paar Jahre weiterzuführen?

Und wie kann man sinnvolle Aussagen über angebliche Absichten einer literarischen Kunstfigur machen? Wie etwa den Wunsch, in jedem von uns weiter zu leben? Der jüdische Endzeitsektenführer Jesus, sollte er denn gelebt haben, hatte seine Aufgabe darin gesehen, seine Anhänger auf die vermeintlich kurz bevorstehende Ankunft seines Gottes vorzubereiten.

Eine Annahme, mit der er sich, wie wir 2000 Jahre später sicher sagen können, gründlich getäuscht hatte.

Abgesehen davon ließen die anonymen Bibelautoren ihren Jesus klarstellen, dass er sich sowieso nur zu den „verlorenen Schafen des Hauses Israel geschickt“ fühlte.

Was hat das Menschenopfer konkret bewirkt?

Nur dann, wenn wir das verinnerlichen, nur dann, wenn wir endlich mit der Liebe nicht geizen, sondern sie verschwenderisch schenken, kann Jesus wirklich weiter leben und sein Leben und seine Passion waren nicht umsonst.

Ist Jesus nicht angeblich für unsere Sünden gestorben? Dann wäre doch gerade sündiges Verhalten die Voraussetzung dafür, dass seine Passion nicht umsonst war! Ohne Sünde kein Erlösungsbedarf. Hätte der Menschenopfertod tatsächlich irgendetwas bewirkt, dann hätte sich das ja mal irgendwie auswirken müssen.

Nicht mal Theologen sind sich einig, was genau diese grausame Legende denn nun eigentlich konkret bezweckt haben soll. Und verlieren sich in verschwurbelten, nebulösen Bewältigungsversuchen, die freilich allesamt nur unbefriedigend sein können.

Über Dinge, die sich per definitionem außerhalb des menschlichen Erkenntnishorizontes befinden, lässt sich redlicherweise nichts sagen. Sondern nur behaupten oder spekulieren. Und trotzdem wird einfach behauptet: „Jesus lebt!“

Hat denn nun das Leben und Leiden des biblischen Jesus Christus eine irgendwie erkennbare Auswirkung gehabt? Also unabhängig davon, dass Menschen diese Legenden für wahr halten und irgendwelche Schlüsse daraus ziehen? Und die heute meinen, das Weiterleben des angeblich doch sowieso schon lebendigen Jesus würde davon abhängen, dass wir „endlich mit der Liebe nicht geizen, sondern sie verschwenderisch schenken“?

Das genaue Gegenteil ist der Fall: Die rund 1000 Jahre, in denen das Christentum das Sagen hatte, waren geprägt von Leid, Not, Unterdrückung, Ausbeutung, Verfolgung und Gewalt in allen Variationen. Und zwar besonders gegenüber Un- und Andersgläubigen. Auch während dieser Zeit wurde behauptet, dass Jesus lebt.

Erst das Wiedererstarken der humanistischen Werte im Zuge von Aufklärung und Säkularisierung brachten eine deutliche Wende, weg von einem Götter- zu einem Menschenbasierten Wertebild.

Christentum als Friedensbewegung

Heute stellen es Christen gerne so dar, als hätte sich Jesus für universelle Liebe unter allen Menschen weltweit eingesetzt. Geht man von den biblischen Mythen und Legenden aus (nichts anderes bleibt einem ja übrig), so ergibt sich allerdings ein anderes Bild:

Das oberste Gebot ist stets die Unterwerfung unter den behaupteten Gott. Nächstenliebe bezieht sich auf die Nächsten, also auf die Zugehörigen der eigenen Glaubensgemeinschaft. Un- und Andersgläubige erwartet eine zeitlich unbegrenzte physische und psychische Bestrafung für ihren Un- oder Andersglauben.

Selbst wenn im „Neuen Testament“ nicht mehr zur gnadenlosen, gründlichen Vernichtung Un- und Andersgläubiger aufgerufen wird, so hat sich diese nur als „Chefsache“ ins Jenseits verlagert.

Man soll also nicht etwa aus Respekt oder Toleranz auf die Vernichtung der „Outgroup“ verzichten. Sondern nur, weil sich Gott durch die Konstrukte des „Jüngsten Gerichts“ und der „Hölle“ höchstselbst dereinst um diese Bestrafung kümmern wird. Eine Bestrafung, die in ihrer Härte schon wegen der zeitlichen Unbegrenztheit über eine einfache Vernichtung noch weit hinausgeht.

Kein Vergleich zu heute

Betrachtet man diese Geschichten rational, so kann man erkennen, dass sie mit der Lebenswirklichkeit der Menschen im 21. Jahrhundert nichts mehr zu tun haben. Was ja auch nicht weiter erstaunen kann. Denn schließlich stammen diese Mythen und Legenden aus einer Zeit, in der sich die Menschheit, verglichen mit heute, im Kinderstadium ihrer sozio-kulturellen Entwicklung befand. Und jeden Abend fragte man sich, wohin denn nun die Sonne verschwindet.

Die Geschichten waren sicher geeignet, um ein kleines, primitives Hirtenvolk einfacher zu führen und ihm eine Identität zu verleihen. Wer fühlte sich damals schon nicht gern als „das auserwählte Volk Gottes“?

Wenn es um die Herausforderungen an die Weltbevölkerung im 21. Jahrhundert geht, dann können Göttergeschichten aus der Bronzezeit und aus dem Vormittelalter freilich erst recht keinen Beitrag mehr leisten. Es lässt sich kein Unterschied erkennen, ob Jesus lebt oder nicht.

Denn nicht, damit sich eine bestimmte Wunsch-Interpretation einer biblischen Geschichte erfüllt, sollten sich Menschen liebevoll verhalten. Sondern ganz einfach deshalb, weil es klug ist, freundlich zu sein!

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalartikel.
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