Eucharistie schafft Gemeinschaft – Das Wort zum Wort zum Sonntag

Lesezeit: ~ 5 Min.

Eucharistie schafft Gemeinschaft – Das Wort zum Wort zum Sonntag, gesprochen von Dr. Wolfgang Beck (kath.), veröffentlicht von ARD/daserste.de

[…] Glauben ist für mich ohne Eucharistie, ohne dieses ständige Wiederholen des Abendmahles Jesu, kaum vorstellbar. „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ hat Jesus dabei nach biblischer Überlieferung gesagt. Und genau das tun wir, immer wieder.*

EucharistieUnd nicht zuletzt durch dieses ständige Wiederholen, meist schon ab dem Kleinkindalter, brennt sich diese Zeremonie in die Köpfe der Gläubigen ein. Immer wieder.

So sehr, dass viele von ihnen gar nicht auf die Idee kommen, die Sinnhaftigkeit der Legende, der hier gedacht werden soll, irgendwann nochmal kritisch zu hinterfragen.

Natürlich ist es auch bequemer, die Absurdität dieses Rituals als „Geheimnis des Glaubens“ hinzunehmen, statt sich darüber Gedanken zu machen.

Nur: Durch das ständige Wiederholen von Behauptungen oder Ritualen werden diese kein bisschen wahrer oder wenigstens relevanter.

Christsein verstehen durch Eucharistie?

[…] Wer katholisches Christsein verstehen will, kann das kaum ohne dieses Feiern der Eucharistie.

Ich frage mich, wie diese Zeremonie dazu beitragen kann, etwas zu verstehen. Die Verwandlung einer Backoblate in Menschenfleisch zum Zwecke des Verzehrs trägt meiner Meinung nach nicht dazu bei, etwas verstandesmäßig besser erfassen zu können.

Im Gegenteil: Ohne eine Korrumpierung von Verstand und Vernunft erscheint mir ein solches Ritual kaum durchführbar.

Meist bin ich aber beeindruckt, dass auch Kinder und Gäste schnell spüren: dieses Feiern der Eucharistie ist etwas Besonderes. Es wird nämlich deutlich: Zum Verständnis dieses Sakramentes gehört vor allem, dass es Menschen stärken soll. Es setzt eine Einheit im Glauben nicht nur voraus, sondern erzeugt sie, stellt sie her.

Und ich finde es beeindruckend, dass ein solcher Brot-Fleisch-Verwandlungs-Totenkult bis heute geeignet ist, erwachsenen und ansonsten sicher vernünftig denkenden Menschen das Gefühl geben zu können, etwas ganz Besonderes zu sein.

Einheit – innerhalb der Glaubensgemeinschaft

Die Einheit, die Herr Dr. Beck hier erwähnt, bezieht sich lediglich auf die Mitglieder innerhalb der Glaubensgemeinschaft. Die Kehrseite dieser Gemeinschaftsmedaille ist die Abgrenzung gegenüber Un- und Andersgläubigen. Wobei man sich ja noch nicht mal einig ist, inwieweit Anhänger unterschiedlicher Konfessionen mitessen dürfen oder nicht.

Nicht beeindruckend, sondern höchst kritikwürdig finde ich es, dass die Kirche Kindern vorgaukelt, es handele sich bei dieser Verwandlungszauberzeremonie um etwas ganz Besonderes.

Der Nährwert einer Backoblate ist vernachlässigbar gering. Eine darüberhinausgehende „Stärkung“ kann man sich lediglich einbilden. Wenn man (was meiner Erfahrung nach auch die meisten Christen tun, solange es nicht um ihre Glaubensgewissheiten geht) davon ausgeht, dass es auf Erden „mit rechten Dingen“ zugeht, dann handelt es sich bei der Eucharistie lediglich um einen geheimnisvoll und wichtigtuerisch inszenierten Budenzauber.

Eucharistie kann für Christen von Bedeutung sein

Quelle: Pinterest
Quelle: Pinterest

Damit will ich nicht sagen, dass die Eucharistie in der Vorstellungswelt von Christen wie Herrn Dr. Beck nicht eine besondere Bedeutung haben kann. Vielmehr geht es mir darum, dass sich diese Zeremonie bei Licht betrachtet nicht von anderen magischen Inszenierungen unterscheidet.

Es macht faktisch keinen Unterschied, ob ein Schamane im Amazonas-Regenwald seinem Flussgott einen Fisch opfert oder ob ein deutscher Priester eine Backoblate in Menschenfleisch verwandelt. Beides setzt eine Weltsicht voraus, die offensichtlich nicht mit der natürlichen irdischen Wirklichkeit übereinstimmt.

Wohl die meisten Eltern dürften versuchen, ihre Kinder zu vernünftig denkenden Menschen zu erziehen. Dazu gehört auch, Mythologie und Magie von der Wirklichkeit unterscheiden zu lernen.

Was den Weihnachtsmann, den Osterhasen und die Zahnfee angeht, gelingt das meist sehr zuverlässig. Indem Eltern ihre Kinder einer Zeremonie wie der Eucharistie aussetzen, erschweren sie ihnen, die zugrunde liegenden Glaubensgewissheiten als religiös-mythologisch vernebeltes Brimborium zu entlarven.

Die Vorstellung, es handle sich dabei um ein überaus bedeutsames und irgendwie wirkungsvolles Geschehen, also mit tatsächlichen, göttlich verursachten Auswirkungen im irdischen Geschehen, mögen Erwachsene mit entsprechender Disposition gerne pflegen – die Gedanken sind frei.

Welche Wirkung?

Die Kommunion, dieses kleine Stück Leib Christi, ist ja keine Medaille für besondere Leistungen oder eine Auszeichnung für die Artigen, die man eben als Belohnung bekommt! Sondern sie soll gerade da wirken, wo menschliches Bemühen nicht ausreicht.

Was hier womöglich tatsächlich wirken kann, ist die menschliche Einbildung. „Ich bin etwas Besonderes, ich gehöre zu den Auserwählten, die sogar den Gottessohn verspeisen dürfen.“

Dieser Aspekt, dass ein Sakrament etwas in und unter den Menschen bewirken soll, kommt mir häufig zu kurz. Vor allem dann, wenn manche meinen, sie müssten es vor irgendetwas schützen. Da stellen sich manche hin, als wäre der Herrgott selbst darauf angewiesen, von ihnen geschützt zu werden. Das ist eine seltsame Vorstellung, das habe ich in meinem Dienst als Priester immer mehr eingesehen.

A propos seltsame Vorstellung: Wie sieht es mit Ihrer Einsicht als erwachsener, akademisch gebildeter Mensch aus, dass die Eucharistie an sich eine mehr als seltsame Vorstellung ist, Herr Dr. Beck?

Um Leben und Tod

Im aktuellen Streit um die Kommunion, die Eucharistie für nicht-katholische Ehepartner, meinte der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, hier gehe es um Leben und Tod. Als ich das gehört habe, musste ich stutzen. Stimmt, aber wenn das so ist, dann müsste er doch eigentlich allen, die als Getaufte darum bitten und erahnen, worum es da geht, die Kommunion anbieten. Dann wäre es doch erst recht unangemessen, von dem Großen, das wir da feiern, zu klein zu denken.

Auch ich muss immer wieder stutzen, wenn ich den Ausführungen des Kölner Kardinals lausche.

Der ablehnende Brief des Papstes hat in den letzten Tagen viele irritiert, mich auch. Evangelische und katholische Eheleute dürfen das Sakrament der Ehe leben, aber die wichtigste Stärkung dafür, die dürfen sie nicht empfangen? Das wirkt für sich genommen schon seltsam.

Umso irritierender finde ich die Tatsache, dass es hier ja lediglich um eine unterschiedliche Interpretation von christlicher Mythologie geht.

Also um menschliche Phantasien. Und nicht etwa um ein Thema aus der natürlichen irdischen Wirklichkeit. Es handelt sich auch dabei um ein weiteres Scheinproblem, mit dem Theologen ihr täglich Brot (und zwar das, das ihnen tatsächliche und nicht nur eingebildete Stärkung verschafft) verdienen.

Es spielt einfach keine Rolle

[…] Mit einem guten, aufrichtigen Gespür für diese sinnvolle Stärkung hat der Magdeburger Bischof Gerhard Feige die konfessionsverbindenden Paare deshalb aufgefordert, ihren Weg ruhig weiter zu gehen.

…weil es faktisch vollkommen egal ist.

Das Feiern der Eucharistie führt Menschen zusammen, es bewirkt Einheit.

Einheit nur unter den Zugehörigen. Verbunden mit einer Abgrenzung den Nicht-Zugehörigen gegenüber. Nur die Angehörigen der „richtigen“ Interpretation des „richtigen“ Glaubens dürfen sich die göttliche Stärkung einbilden.

Dieses ingroup-outgroup-Prinzip ist einer der grundlegenden, wenn nicht der grundlegende Effekt monotheistischer Religionen wie des Christentums. Es mag seinen Zweck dereinst durchaus erfüllt haben: Die einfachere Führung eines kleinen Volkes.

In Anbetracht der Lebenswirklichkeit und -Situation der Weltbevölkerung im 21. Jahrhundert erscheint mir dieses Prinzip als anachronistisches Überbleibsel aus längst vergangenen Zeiten.

Der Streit um die Frage, wer denn nun am (symbolischen bzw. eben nicht nur symbolischen) Leichenschmaus teilnehmen darf, wirkt da bestenfalls lächerlich, eher aber bizarr und fern jeder Realität. Nicht zu vergessen die unbekannte Anzahl an Menschen, die wegen solcher Scheinprobleme schon ermordet worden waren.

Kollektive gegenseitige Selbstvergewisserung

Deshalb ist es gut auch dann miteinander zu feiern, wenn alle wissen, dass es mit dieser Gemeinschaft manchmal noch nicht so sehr weit her ist.

Keine Frage – in einer solchen gemeinsamen Feier können sich die Teilnehmer gegenseitig in ihren Glaubensgewissheiten bestärken. Und das scheint auch bitter nötig zu sein.

Denn kaum ein Katholik wäre wohl bereit, die Dinge zu glauben, die er als Katholik eigentlich glauben muss, wenn eine andere Glaubensgemeinschaft von ihm verlangen würde, dies für wahr zu halten.

Da tut es sicher immer wieder gut zu sehen, dass man (noch) nicht ganz alleine ist mit seinem mythologischen Götterglauben. Und all seinen Absurditäten, die dieser so mit sich bringt.

Immer ein bisschen beschädigt

Weder sind die Einzelnen mit ihrem Leben perfekt. Noch ist die Gemeinschaft, die sich da versammelt, eine perfekte Einheit. Die Kirche aus Einzelnen und als Gemeinschaft ist immer ein bisschen beschädigt. Sie ist immer deformiert und verbeult. Gerade deshalb erwartet niemand voller Stolz eine Auszeichnung, eine Stärkung zum Weitergehen aber schon.

Dass sich Menschen (und Gemeinschaften) „immer ein bisschen beschädigt“ fühlen, ist Voraussetzung dafür, dass das religiöse Heilsversprechen überhaupt funktionieren kann.

Menschen, die mit sich und ihrer Umwelt weitgehend im Reinen sind, sind auch weit weniger anfällig für das künstlich erzeugte Verlangen nach einer vermeintlich göttlichen Stärkung.

Und so beten sie in jedem Gottesdienst, immer und immer wieder:

  • Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach. Aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalbeitrag.

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2 Gedanken zu „Eucharistie schafft Gemeinschaft – Das Wort zum Wort zum Sonntag“

  1. Die Brothostie wird eben NICHT in Menschenfleisch verwandelt.
    Christen sind keine Kannibalen.
    Es ist natürlich viel einfacher, wenn Sie hier Ihre Vorurteile pflegen, nur: intellektuell redlich ist das nicht.

    Es gibt vieles zu kritisieren an der Religion.
    Zu Recht. Und ich bin froh, dass in unserem Land Religionsfreiheit herrscht.
    Ich bemühe mich redlich, Theisten, Agnostiker, Atheisten und Nichtglaubende zu verstehen. Wirklich.
    Und Sie?

    Antworten
    • Da es sich bei diesem „Wort zum Sonntag“ um die Verkündigung eines katholischen Kirchenvertreters handelt, ist eben doch davon auszugehen, dass die Leute davon ausgehen, dass die Backoblate nach der Verwandlung tatsächlich „Der Leib Christi“ ist:

      Die Realpräsenz bezeichnet in der christlichen Theologie die Lehre, dass Leib und Blut Christi in der Eucharistie wahrhaft gegenwärtig seien. Realpräsenz bedeutet, dass in der Substanz von Brot und Wein Jesus Christus mit seinem Leib und seinem Blut real gegenwärtig ist. Die sinnlich erfassbaren Bestandteile (Akzidenz) von Brot und Wein bleiben unverändert. Mit der rituellen Einverleibung wird die Vorstellung der Kirche als Leib Christi zum Ausdruck gebracht. Mit Leib ist die ganze Person, Leib und Geist gemeint. Sie bedeutet keine Abgrenzung von einem Verzehrten (wie es der mit einem Festmahl gefeierte Sieg über eine Jagdbeute wäre), sondern eine Verbindung mit ihm. (Quelle: Wikipedia)

      Das ist kein Vorurteil von mir, sondern Bestandteil der christlichen Lehre. Ein Problem mit der intellektuellen Redlichkeit bekommen diejenigen, die versuchen, die Bedeutung von „real gegenwärtig“ oder „Leib und Geist“ durch theologische Vernebelung so zu verschwurbeln, dass sie irgendwie weniger absurd erscheint.

      Auch ich bemühe mich redlich, Theisten, Agnostiker, Atheisten und Nichtglaubende zu verstehen. Wirklich. Was nicht heißt, dass ich deshalb auch bereit bin, jede beliebige Behauptung als wahr anzuerkennen.

      Antworten

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