Auf den Hund gekommen – Das Wort zum Wort zum Sonntag

Lesezeit: ~ 5 Min.

Auf den Hund gekommen – Das Wort zum Wort zum Sonntag, verkündigt von Christian Rommert, Bochum, veröffentlicht am 15.8.2020 von ARD/daserste.de

Darum geht es

Pfarrer Rommerts neuer Hund erinnert ihn an die bevorstehende Klimakatastrophe. Mit der zitierten Bibelstelle schießt sich Rommert ein Eigentor, offenbar ohne es zu merken.

Pfarrer Rommert hat sich einen Hund gekauft. Doch das Gassigehen bringt dem Kirchenmann nicht die erhoffte Entspannung und Ablenkung von den Alltagssorgen. Weil ihn die vertrocknete Vegetation an den Klimawandel erinnert.

Was also tun, wenn die Bäume „jeden Tag in einer klaren Sprache“ schreien, wie schlecht es der Erde geht?

[…] Weiter weghören? Wegsehen? Weil alles eh schon zu viel ist? Die Bibel findet richtig scharfe Worte für die, die lieber weghören, als hinzusehen, für die, die lieber die Realität leugnen, als Verantwortung zu übernehmen: „Denn das Herz dieses Volkes ist verfettet, und mit ihren Ohren hören sie schwer, und ihre Augen haben sie geschlossen, so dass sie nicht mit den Augen sehen und mit den Ohren hören und nicht mit dem Herzen verstehen.“
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Auf den Hund gekommen – Wort zum Sonntag, verkündigt von Christian Rommert, Bochum, veröffentlicht am 15.8.2020 von ARD/daserste.de)

Richtig scharfe Worte

Und ich könnte richtig scharfe Worte für die finden, die anderen vorwerfen, die Realität zu leugnen, obwohl sie selbst genau das (in diesem Fall sogar hauptberuflich) tun. Aber diese Worte behalte ich für mich.

Ich frage mich, wie man das mit der eigenen intellektuellen Redlichkeit vereinbaren kann: Auf der einen Seite selbst eine um magisch-esoterische Fiktionen erweiterte Wirklichkeit zu vertreten und zu verbreiten, nach dem Motto: Danke, dass ich all meine Sorgen auf dich werfen mag… Oder auch: Wir bitten dich, erhöre uns… Und natürlich der Klassiker: Dein Wille geschehe…

Sowas ist Verantwortung abgeben. Nicht Verantwortung übernehmen.

Und sich dann auf der anderen Seite im selben Atemzug über Leute zu beschweren, die lieber die Realität leugnen, als Verantwortung zu übernehmen.

Wer hat die Herzverfettung beauftragt?

Wie immer, wenn jemand ein Bibelverslein zitiert, lohnt sich auch diesmal wieder ein Blick auf den Kontext, aus dem es stammt.

Die hier zitierte Bibelstelle taucht in der Bibel gleich zweimal auf:

Zuerst im Alten Testament bei Jes 6, 9-10. Und im Neuen Testament lassen die anonymen Bibelschreiber ihren Protagonisten dann nochmal bei Mt 13, 10-17 Bezug auf diese Stelle nehmen.

Welche der beiden Stellen Herr Rommert hier meint, verrät er nicht.

Was er ebenfalls nicht verrät, ist der Grund für die Herzverfettung und die Wahrnehmungsstörungen des Volkes. Und das, obwohl die Bibel beschreibt, wie es dazu kam. Es war…

…Gott himself!

Ausgehend von der biblischen Mythologie (wovon sollte man auch sonst ausgehen…) war es Gott himself, der den Propheten Jesaja damit beauftragt hatte, diese Defizite beim Volk zu verursachen (Hervorhebung von mir):

  • Und ich [Jesaja, Anm. v. mir] hörte die Stimme des Herrn, wie er sprach: Wen soll ich senden? Wer will unser Bote sein? Ich aber sprach: Hier bin ich, sende mich! Und er [Gott, Anm. von mir] sprach: Geh hin und sprich zu diesem Volk: Höret und verstehet’s nicht; sehet und merket’s nicht! Verfette das Herz dieses Volks und ihre Ohren verschließe und ihre Augen verklebe, dass sie nicht sehen mit ihren Augen noch hören mit ihren Ohren noch verstehen mit ihrem Herzen und sich nicht bekehren und genesen. Ich aber sprach: Herr, wie lange? Er sprach: Bis die Städte wüst werden, ohne Einwohner, und die Häuser ohne Menschen und das Feld ganz wüst daliegt.
    (Jes 6, 8-11 LUT)

Dieser adipös-coronal-kognitiv-defizitäre Zaubertrick scheint gewirkt zu haben. Zumindest begründet der biblische Jesus den Umstand, dass er seine Botschaft in Form von Anekdoten (Gleichnissen) statt in einfacher und klar verständlicher Sprache vermittelt, mit dieser, laut Bibel von Gott persönlich beauftragten und Jesaja verursachten „Herzverfettung“ und Wahrnehmungsschwäche. Na, schönen Dank auch.

Tja, Herr Rommert, wenn es nach Ihrer „Heiligen Schrift“ geht, dann hat Ihr Gott selbst absichtlich veranlasst, dass Menschen die Realität leugnen und sich schwer damit tun, sie zu erkennen. Selber schuld. Mal ganz abgesehen davon, dass eine allmächtige, allwissende Entität grundsätzlich sowieso an allem Schuld wäre. Wenn es sie gäbe.

Religiös vernebelt

Ob sich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen biblisch-christlichem Glauben und Herzverfettung nachweisen lässt, konnte ich nicht herausfinden. Was die kognitiven Beeinträchtigungen angeht: Hier sehe ich tatsächlich einen Zusammenhang.

Denn sobald es um einen ehrlichen Abgleich ihrer religiösen Phantasievorstellungen mit der irdischen Wirklichkeit geht, gilt für Gläubige: „…mit ihren Ohren hören sie schwer, und ihre Augen haben sie geschlossen,…“

In der Bibel ging es freilich nicht um die irdische, natürliche Realität. Sondern um die Defizite der Leute, wenn es um die (An-)erkennung der fiktiven, religiös erweiterten Scheinwirklichkeit ging.

Und glaubt man dieser Wirklichkeit, dann hält der liebe Gott diese Wahrnehmungsschwäche so lange aufrecht „bis die Städte wüst werden, ohne Einwohner, und die Häuser ohne Menschen und das Feld ganz wüst daliegt“…

Wie viele Hitzesommer wird der liebe Gott noch abwarten (oder schicken), bis er seine verhängte Wahrnehmungssperre wieder aufhebt? Und was wäre dann gewonnen, wenn sich plötzlich alle Menschen eine bestimmte Götterphantasie einbilden?

Mit tatsächlicher menschlicher Erkenntnis über die tatsächliche Beschaffenheit der Dinge hatte der Allwissende ja schon gleich zu Beginn seines Œuvres die größten Probleme. Genau diese Erkenntnis ist es aber, die sinnvolle und brauchbare Ergebnisse liefert. Weil sie von den natürlichen Gegebenheiten ausgeht. Und nicht von Magie, Esoterik, Fiktion und sonstigem Aberglauben. Während es bei der Bibelstelle eben nicht um Wissen, sondern um das Fürwahrhalten eben solcher religiösen Glaubensphantasien geht, wenn von „Erkenntnis“ die Rede ist.

Hunde und Kinder zuerst!

Seit ich Verantwortung für Layla habe, für unseren kleinen Hund, denke ich noch mal anders über das, was wir Menschen unserem Planeten antun, den Tieren, den Pflanzen. Layla vertraut mir, sie ist treu. Das ist manchmal total rührend. Aber sie ist auch von mir abhängig. Und ich habe Verantwortung für sie – und nicht nur für sie, sondern für andere Lebewesen. Für diese Welt. Und erst recht Verantwortung für unsere Kinder. Wir müssten ihnen doch eine gesunde Welt als Lebensraum hinterlassen!

HundKeine Chance, Herr Rommert. Sie haben es doch selbst aus Ihrer Heiligen Schrift zitiert: Die Menschen können es gar nicht schnallen! Weil Ihr Gott seinen Propheten dereinst beauftragt hatte, die Wahrnehmung des Volkes zu vernebeln.

Und auf Nachfrage nannte der liebe Gott auch die Dauer dieser Sanktion: Bis die Städte wüst werden, ohne Einwohner! Ihr Hundchen wird dann wohl allein Gassi gehen müssen. Und ob es noch einen Baum zum Beinchenheben finden wird, ist mehr als fraglich…

Natürlich besteht noch die Hoffnung, dass nicht die ganze Menschheit, sondern nur das eine Volk mit der göttlich beauftragten Wahrnehmungsschwäche verzaubert worden war.

Diese Hoffnung erscheint mir begründet. Denn während sich Gläubige mit ihren großen „Geheimnissen des Glaubens“ befassten und ihre Zeit damit verbrachten, irgendwas Bedeutsames in die nebulösen Gleichnisse hineinzuinterpretieren, die ihnen ihre Heilige Schrift hinterlassen hatte, ist es der Menschheit trotzdem gelungen, tatsächlich wertvolle und zutreffende Erkenntnisse über die irdische Beschaffenheit zu erlangen.

Klimakiller auf vier Pfoten

Wenn ich mit meinem Hund spazieren gehe, sehe ich: Wir haben einen Auftrag, eine Verantwortung für die kommenden Generationen. Menschen zu sein, deren Augen hinsehen, die mit den Ohren hinhören und die mit dem Herzen verstehen.

Von wem stammt denn dieser Auftrag, Herr Rommert? Woraus ergibt sich die Verantwortung?

Und wieso zitieren Sie ausgerechnet die Bibelstelle, die beschreibt, dass die Realitätsblindheit im Auftrag Ihres Gottes und von dessen Propheten vorsätzlich verursacht worden war? Und dass diese Blindheit so lange aufrecht erhalten bleiben soll, bis alles verwüstet ist?

War das ein Versehen? Oder ein Schuldeingeständnis? Was bleibt von Ihrer biblisch-christlichen Ideologie überhaupt noch übrig, wenn Sie das Vernebelnde weglassen?

Fazit

Einmal mehr halte ich den religiösen Anteil in dieser Verkündigung für mehr als entbehrlich. Diesmal sehe ich hier ein klassisches Eigentor, oder genauer: Einen „Schuss ins eigene Knie.“

Stattdessen hätten Sie für Ihre Fernsehverkündigung zum Themenkomplex „Mein neuer Hund und rationaler Umgang mit dem Thema Klimaschutz“ auch einen relevanteren Schwerpunkt als ein unglücklich gewähltes Bibelsprüchlein wählen können, Herr Rommert.

Sie hätten doch zum Beispiel mal darüber aufklären können, wie gravierend negativ sich die Haltung von Haustieren auf das Klima auswirkt.

Informationen zu „Klimakiller Hund und Katze“ finden Sie – offene Augen und Ohren vorausgesetzt – zum Beispiel hier, hier, hier und hier. Und als neuer Hundebesitzer hätten Sie doch sicher prima Tipps geben können, wie man den Luxus einer Haustierhaltung einigermaßen klimafreundlich gestalten kann.

Das wäre auch im Interesse Ihres Aufrufes zur Rationalität sicher sinnvoller und glaubwürdiger gewesen als eine Ermahnung zum vernünftigen Umgang mit der Wirklichkeit – von einem, der zumindest in Ausübung seines Berufes ja nicht mal selbst dazu bereit ist. Und der obendrein auch noch hauptberuflich andere Leute dazu anstiftet, seine Realitätsverweigerung mit ihm zu teilen und auf göttliches Wohlwollen zu hoffen.

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1 Gedanke zu „Auf den Hund gekommen – Das Wort zum Wort zum Sonntag“

  1. -Facepalm, Kopf zu Tisch, Wand einrenn, AAAARRRGH-

    Allein beim ersten Zitat hab ich meinen Bildschirm angebrüllt!
    Das kanns doch echt nicht sein,
    wie weit reicht diese Verblendung eigentlich noch ???
    Der Splitter im eigenen Auge, der Balken in dem des Bruders…
    Der nie namentlich bekannte Pharaoh, der Moses Volk ziehen lassen wollte, aber dies nicht durfte, weil Jehovah unbedingt seinen Blutrausch befriedigen wollte…
    Mord ,Inzest, Glaubenskriege, hunderte christliche Strömungen, die der jeweils anderen vorwerfen, keine echten Christen zu sein, aber wenns um Diskriminierung von „Ungläubigen“ geht, wie ein Fels zusammen stehen…

    Ich kündige, hab zuviel von gesehen, was reg ich mich eigentlich auf?!

    Zitat Totenmond (Band):

    „Du streichelst deinen Jesus
    Du findest Menschen lieb
    Du Knecht der letzten Ölung
    Ich geh und kauf mir Krieg“

    Heil SATAN!!! ( der hat wenigstens keinen umgebracht ohne Befehl des Wüstengottes)

    „… And I think to myself, what a wonderful world…“

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