Gedanken zu Impulse von Stadtpfarrer Stefan Buß: Wartezeit

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Gedanken zu Impulse von Stadtpfarrer Stefan Buß: Wartezeit, veröffentlicht am 15.12.20 von osthessennews.de

Darum geht es

Heute berichtet Stadtpfarrer Stefan Buß von der Ungeduld, die ihn befällt, wenn er auf etwas warten muss. Zum Beispiel in der Warteschleife einer Telefonhotline. Doch worauf genau warten Christen eigentlich so sehnsüchtig wie vergeblich seit rund 2000 Jahren?

Auch Herrn Pfarrer Buß ist klar, dass er als Christ das Warten ja eigentlich gewohnt sein müsste:

[…] Müssten aber nicht gerade wir Christen Menschen sein, die diese Haltung des Wartens in sich tragen? Wir Christen sind doch schließlich „wartende“ Menschen. Wir warten und hoffen darauf, dass Gott in unser Leben kommt, dass er an unserem Leben Anteil nimmt, unser Leben und unsere Welt zu einem guten Ziel, zua seinem Ziel führt.
(Quelle der so als Zitat gekennzeichneten Abschnitte: Impulse von Stadtpfarrer Stefan Buß: Wartezeit, veröffentlicht am 15.12.20 von osthessennews.de)

Ich fände es mal interessant zu erfahren, wovon Herr Buß diese Erwartung ableitet und wie er sich das konkret vorstellt.

Für Gott ist das Diesseits nur ein Test

Eine Verminderung von Leid in unserem diesseitigen, irdischen Leben, also eine Verbesserung unseres Lebens und unserer Welt scheint diesem Gott völlig egal zu sein.

Laut biblischer Mythologie nimmt Gott als Nächstes erstmal „Anteil am Leben“, indem er eine geradezu orgiastische und überaus sadistische Folter- und Vernichtungsorgie inszeniert.

Da ist allerdings nicht die Rede davon, dass Gott beabsichtigen würde, Anteil an unserem Leben zu nehmen. Ein allmächtiger Gott könnte und ein allgütiger Gott müsste jederzeit „Anteil an unserem Leben“ nehmen. Zumindest, wenn man davon ausgeht, dass sich dies positiv auf unser Leben auswirken würde. Und als allwissender Gott müsste er das eigentlich auch wissen.

Doch was tut er wirklich? Nix. Nüschte. Niente. Nada. Oder auf fuldaerisch: Goar nüscht.

Er scheint es vorzuziehen, sich darauf zu verlassen, dass genug Menschen die Einbildung seiner Existenz für wahr halten. Und dass sie daran fest halten, alles was ihnen positiv erscheint, dem Wirken und der Absicht ihres Gottes zuzuschreiben. Ansonsten überlässt er sie bis auf Weiteres ihrem Schicksal. Egal, wie schrecklich und unerträglich das auch sein mag.

Warten bis es sich richtig lohnt…

WartenDa es sich laut biblischer Beschreibung bei Jahwe um einen zornigen und eifersüchtigen Gott handelt, der auch kein Problem damit hat, seine komplette Schöpfung fast vollständig wegen Nichtgefallen zu vernichten (abgesehen von Meerestieren, schwimmfähigen Vögeln und ein paar Prototyp-Lebewesen), ganze Völker vorsätzlich, ausgiebig und falls nötig auch über lange Zeiträume zu quälen, der sich durch ein innerfamiliäres Menschenopfer selbst besänftigt und der ausnahmslos jegliches Leid tatenlos geschehen lässt ist auch die Vermutung durchaus naheliegend, dass er absichtlich erstmal abwartet, bis kaum noch irgendwer an ihn glaubt.

Umso blutrünstiger und gewalttätiger könnte dann sein akribisch geplantes Endgericht ausfallen:

  • Übt nicht selbst Vergeltung, Geliebte, sondern lasst Raum für das Zorngericht Gottes; denn es steht geschrieben: Mein ist die Vergeltung, ich werde vergelten, spricht der Herr.
    (Röm 12,19 EU)

Das, was in der Offenbarung beschrieben wird entspricht wohl kaum der naiven, verharmlosenden Wunschvorstellung, Gott beabsichtige, „unser Leben und unsere Welt zu einem guten Ziel zu führen.“ Das müssen die Menschen, nebenbei bemerkt, schon selber hinkriegen.

Vielmehr geht es darum, was auch der biblische Romanheld Jesus immer und immer wieder in seinen Gleichnissen ankündigt und beschreibt: Die „Belohnung“ der „Rechtgläubigen“ und die Bestrafung der Glaubensfreien und Andersgläubigen.

Vertrauen auf eine Ahnung

Die Haltung des Wartens müsste demnach in uns eingeschrieben sein, denn wir Christen ahnen und vertrauen darauf, dass es ein Mehr als dieses Leben und diese Welt gibt.

Auch Anhänger anderer Götter oder vergleichbarer Fiktionen hegen solche Ahnungen und vertrauen ebenfalls darauf, damit richtig zu liegen. Woran lässt sich feststellen, wer auf das richtige „Mehr“ vertraut, wessen Vertrauen also tatsächlich berechtigt ist?

[…] Wir sind eingeladen, unseren Alltag zu entschleunigen, zur Ruhe zu kommen und Ausschau nach Gott zu halten, nach ihm, der sich immer neu offenbart, sich zeigt.

Um den Alltag zu entschleunigen und zur Ruhe zu kommen braucht es keinen Götterglauben. Das ist eine rein menschliche Angelegenheit.

Eine rein religiöse Angelegenheit hingegen ist das Ausschau halten nach Gott. Und da braucht es tatsächlich Geduld: Weil sich noch kein Gott jemals tatsächlich „geoffenbart“ oder unzweifelhaft nachweisbar irgendwie gezeigt hätte. Also außerhalb menschlicher Wunschvorstellung, Phantasie und Einbildung.

„Ausschau halten“ bedeutet hier eigentlich, sich darin zu üben, sich einen chronischen Bestätigungsfehler anzutrainieren. Also hinter Dingen, die einem positiv erscheinen, göttliches Handeln und göttliche Absicht erkennen zu meinen. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um den Gott, den schon die Eltern verehrt hatten. Oder den man sich, weit seltener, aus irgendwelchen Gründen aus den vielen tausend Göttern selbst ausgesucht hat.

Je mehr jemand bereit ist, die religiöse Umdeutung seiner Wirklichkeit vielleicht sogar wider besseres Wissen für wahr zu halten, desto glaubensstärker gilt er.

Isser schon da…?

Gott wird nicht nur in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember Mensch. Er wird immer wieder Mensch in unserem eigenen Leben, durch uns und unsere Mitmenschen und das, das ganze Jahr hindurch.

Und worauf genau warten Sie und Ihre christliche Herde dann noch, Herr Buß? Wenn Ihr Gottessohn Sie durch seinen vorübergehenden assistierten Suizid doch schon erlöst hat? Und Jesus schon immer und überall unter Ihnen ist?

Wenn Sie sich an der biblischen Mythologie orientieren, dann müssten Sie sich doch eigentlich über alles freuen, was sich im weitesten Sinne als den Beginn des Armageddons deuten lassen könnte: Katastrophen, Plagen, Pandemien, Hungersnöte…

Und tatsächlich finden sich ja auch Christen, die genau das tun. Schon immer und auch heute noch. Liegen die richtig(er) und wenn nicht, woran könnten sie das erkennen oder hätten es erkennen können?

Und wie gehen Sie bei all Ihrer Vorfreude (worauf genau auch immer) damit um, dass Ihr Gott allen, die nicht Ihren Glauben teilen zeitlich unbegrenzte Dauerbestrafung durch psychische und physische Höllenfolter bei vollem Bewusstsein androht für das „Vergehen“, sich zu Lebzeiten nicht dem „richtigen“ Gott unterworfen zu haben? Während Sie in ewiger Dauerschleife Ihrem lieben Gott nahe sein dürfen, um ihn anzuhimmeln?

24. auf den 25. Dezember

Was die Datumsangabge angeht: Hierzu empfehle ich die neue Folge des immer hörenswerten MGEN-Podcasts, der sich mit der Entstehung des Mittwinter- und Weihnachtsfestes und der zeitlichen Festlegung befasst:

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2 Gedanken zu „Gedanken zu Impulse von Stadtpfarrer Stefan Buß: Wartezeit“

  1. Und dabei wollte er doch nur schnell Zigaretten holen…

    …2000 years later…

    Ja, wirklich, er ist gleich wieder da…

    …to be continued…;-)

    Und mit solchen Märchen lässt sich auch noch richtig viel Geld verdienen und das auf Staatskosten, während andere trotz Arbeit am Hungertuch nagen!!! Zum Kotzen!!!

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  2. Christen erwarten „das Reich Gottes“, das müsste eine paradiesische Weltherrschaft sein. (Demokratie, wohl kaum, Diktatur? Königreich! natürlich)

    Dort gäbe es weder Leid noch Streit, weder Not noch Tod. Doch nur denen, die an diesem Gott festhalten, dies scheint die größte Sorge warum auch immer zu sein, denen gehört die „Verheißung“. Warum sehnt sich jemand nach Erlösung, der- wie auch awq treffend anmerkt- schon durch den Tod eines Erlösers erlöst ist? Warum hält jemand „Ausschau“, wenn es doch heißt: „Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Das heißt, also schon da- hat das schon jemand gemerkt?)

    Vielleicht ist es 2020 nötiger mit dem Masken- und Abstandsgebot, natürlich auch mit dem Gesangsverbot für Kirchenbesucher. Wie soll Gott da merken, wer nach ihm Ausschau hält?

    In diesem Sinn sage ich mit dem MGEN-Team: „Think of the reason for the season“ – euch allen einen schönen Mittwinter (Wintersonnenwende am 21. Dezember)! (der kommt bestimmt…)

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