Gedanken zu: Impuls von Stadtpfarrer Stefan Buß: Am Lagerfeuer, veröffentlicht am 28.07.21 von osthessennews.de
Sieht man die Lagerfeuergeschichte, die Pfarrer Buß heute zum Besten gibt im Zusammenhang mit der tausendfachen und von der katholischen Kirche mindestens über Jahrzehnte systematisch begünstigten und vertuschten sexuellen Pädokriminalität durch katholische Priester, dann kann einem regelrecht schlecht werden.
In seiner Geschichte sitzen Männer abends am Lagerfeuer. Einer davon möchte lieber allein sein. Mit einem brennenden Stück Holz verlässt er die Gruppe.
Die „Strafe“ für seinen Ausbruch aus der Gemeinschaft folgt sofort: Sein Feuer erlischt, ihm wird kalt. Er besinnt sich, kehrt zurück in die Gruppe, legt sein Holz ins Feuer und die Welt ist wieder in Ordnung.
Die Moral von der Geschicht‘: Individualismus ist schädlich, weil man ja auf die „wärmespendende Nähe der anderen“ angewiesen ist.
Wärmespendende Nähe der anderen
Welche Assoziationen solche Worte aus dem Mund eines katholischen Priesters hervorrufen, scheint Herrn Buß nicht ansatzweise in den Sinn zu kommen:
[…] Die Geschichte macht deutlich, es braucht Gemeinschaft. Wenn man sich absondert und allein sein will, ist das für eine kurze Zeit möglich. Aber dann wird deutlich, es braucht die wärmespendende Nähe der anderen. Das gilt hier im Zeltlager, das ist in der Familie und Gesellschaft so. Es ist auch Grundlage für die Gemeinschaft der Kirche. Wo Menschen zusammenrücken und Nähe und Gemeinschaft suchen, wärmt einer den anderen.
(Quelle: Impuls von Stadtpfarrer Stefan Buß: Am Lagerfeuer, veröffentlicht am 28.07.21 von osthessennews.de)
Man kann nur hoffen, dass jemand von den Betreuern ein waches Auge darauf hat, wer hier wen mit wärmespendender Nähe wärmt. Und wer hier womöglich wessen Nähe und Gemeinschaft sucht.
Den Kindern kann man nur wünschen, dass ihnen auch jemand vermittelt, dass es auch völlig ok ist, wenn man mal allein sein will. Oder wenn man von bestimmten Personen aus der Gemeinschaft nicht gewärmt werden möchte. Egal, was die einem so alles erzählen oder als was sie sich ausgeben…
Bistum Fulda: Übergriffe bei privaten Treffen oder in Ferienlagern
Die hier geäußerten Bedenken sind keineswegs aus der Luft gegriffen: Auch die im Bistum Fulda bisher bekannt gewordenen Fälle von sexueller Pädokriminalität durch Priester, Diakone und Ordensleute dürften nur die Spitze des Eisbergs sein.
Und wie den Akten zu entnehmen ist, sind Kinder in katholischer Obhut bei privaten Treffen oder in Ferienlagern besonders gefährdet (Hervorhebungen von mir):
- Im Bistum Fulda wurden 795 Personalakten im Zeitraum von 2002 bis 2015 durchgearbeitet. Die Eintragungen reichen über viele Jahrzehnte, dabei wurden 29 Beschuldigte und 75 Betroffene gefunden. Acht der Beschuldigen seien bereits verstorben. „Diese Akten machen deutlich wie mit den Beschuldigten umgegangen wurde, die aktenkundig geworden sind“, so Stanke. Unter den Beschuldigten waren 19 Diözesanpriester, ein Diakon und neun Ordensleute mit Gestellungsvertrag. Bei den Tätern fanden sich Hinweise auf Pädophilie sowie homosexuelle Orientierungen und psychische Auffälligkeiten wie Alkoholproblemen. Unter den Opfern waren 49 Jungen, 23 Mädchen und drei ohne Geschlechtsangaben. Die meisten waren als Ministranten tätig oder standen in einer allgemeinen seelsorglichen Beziehung zu den Beschuldigten. Die Übergriffe fanden bei privaten Treffen oder in Ferienlagern statt.
(Quelle: Martina Lewinski via lokalo24.de: Missbrauch an Kindern: 75 Fälle im Bistum Fulda)
Berechtigte Zweifel
Da die katholische Kirche bis heute nicht glaubhaft belegen kann, dass Kinder vor der Vergewaltigung durch ihr Personal heute sicher sind stellt sich die Frage, warum Eltern ihre Kinder ausgerechnet auf ein katholisches Zeltlager schicken, damit diese dort von katholischen Priestern etwas über wärmespendende Nähe der anderen, Nähe und Gemeinschaft und gegenseitiges Wärmen vermittelt bekommen.
Darauf, dass die ergriffenen Präventionsmaßnahmen schon zuverlässig wirken, würde ich mich jedenfalls nicht verlassen.
Vor allem, wenn man bedenkt, dass die katholische Kirche über Jahrzehnte beim Schutz von Kindern vor Übergriffen durch ihr Personal kläglich versagt hat. Indem sie etliche der aktenkundig gewordenen Straftäter höchstens in andere Pfarreien versetzt hatte. Statt sie anzuzeigen und aus dem Dienst zu entfernen.
Unfreiwillig komisch ist die oben wiedergegebene Formulierung, allerdings bleibt mir bei dieser missglückten Unterleibs-Metaphorik das Lachen im Halse stecken: „Mit einem brennenden Stück Holz verlässt er die Gruppe.“ Leider bildet sich hier sprachlich der verkorkste Umgang mit der noch verdrehteren, durch krankhafte Sexualmoral verzerrte und entstellte sowie unterschwellig aggressive Vorstellungswelt eines patriarchalisch geprägten, über Jahrhunderte gewuchtern Machtapparats so obszön wie infernalisch und dekadent ab, dass sich jede weitere Anspielung hinsichtlich syphilitischer Assoziationen verbietet, da sie bloß euphemistisch und billig daherkäme und die Tatsache vernebelte, dass man nach der eigentlichen Grenzüberschreitung durch den flammenden Moralisten selbst auch satirisch keine Grenze mehr finden wird, die zu überschreiten zu wagen sein könnte: Jenseits der Grenze grenzenlose Pein. Jedem Betroffenen muss das als totalitärer Hohn erscheinen. Und wer hat’s erfunden? Ah!Men-sch-Adé.