Kommentar zu NACHGEDACHT (2) Festhalten oder Loslassen?

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Kommentar zu NACHGEDACHT (2) Festhalten oder Loslassen?, Originalartikel verfasst von Christina Leinweber, veröffentlicht am 14.01.13 von Osthessennews

Die Jahreslosung des Bibelzitates für 2013 lautet: Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir. (Hebräer 13,14)

[…] Ersteinmal bedeutet es, dass wir uns auch schon hier – im Jetzt – ausrichten sollen, suchen sollen, nach etwas, das ewig bestehen kann.

Bei einzeln herausgepickten Bibelversen ist es immer erhellend, auch mal einen Blick auf die Verse davor und danach zu werfen. Fast immer finden sich so Verse, die seltsamerweise nie als Jahreslosung ausgesucht werden. So auch in diesem Beispiel aus dem Hebräerbrief. Da finden sich nämlich detaillierte Anweisungen, wie dieses „Ausrichten“ „nach etwas, das ewig bestehen kann“ aussehen soll, zum Beispiel:

  • Die Religion mischt sich in das Privatleben der Menschen ein und droht göttliche Bestrafung für Sex an:
    Die Ehe soll von allen in Ehren gehalten werden und das Ehebett bleibe unbefleckt; denn Unzüchtige und Ehebrecher wird Gott richten. (Hebräer 13,4, Einheitsübersetzung)
  • Diese blumige Umschreibung bedeutet: Nur die kirchliche Lehre ist wahr, alle anderen Lehren sind irreführend und unnütz:
    Lasst euch nicht durch mancherlei fremde Lehren irreführen; denn es ist gut, das Herz durch Gnade zu stärken und nicht dadurch, dass man nach Speisevorschriften lebt, die noch keinem genützt haben. (Hebräer 13,9, Einheitsübersetzung)
  • Die Religion fordert Unterwerfung und Gehorsam:
    Gehorcht euren Vorstehern und ordnet euch ihnen unter, denn sie wachen über euch und müssen Rechenschaft darüber ablegen; sie sollen das mit Freude tun können, nicht mit Seufzen, denn das wäre zu eurem Schaden. (Hebräer 13,17, Einheitsübersetzung)

Es dürfte jedem halbwegs aufgeklärten Menschen schnell klar werden, wie irrelevant diese Geschichten für die Menschen im 21. Jahrhundert sind, was auch nicht weiter verwundert, stammen sie doch aus einer vormittelalterlichen Zeit, in der sich die Menschheit noch am Beginn ihrer sozio-kulturellen Entwicklung befand. Wir können alle sehr froh sein, dass diese Werte eben nicht ewig bestanden haben. Umso erschreckender ist es allerdings, dass beliebig herausgepickte Sätze aus diesen Texten auch heute noch von einigen Menschen als irgendwie bedeutsam angesehen werden.

Gott ist so etwas Bleibendes, Beständiges – das bezeugt die Bibel.

Das einzige, was die Bibel wirklich bezeugt, ist die schillernde menschliche Fantasie. Und das einzig Beständige an Gott ist (zum Glück) seine ständige Abwesendheit. Was in der Bibel über Gott geschrieben steht, ist ausnahmslos von Menschen erdacht und erfunden, ohne jeglichen tatsächlich überirdischen Einfluss. Wer das Gegenteil behaupten möchte, müsste dies beweisen können, ansonsten kann man das Wort „Gott“ durch jedes beliebige andere Wort und jedes „ist“ durch „ist nicht“ ersetzen – es würde am Wahrheitsgehalt dieser Aussagen nichts ändern.

[…] Und ist Loslassen überhaupt das Geheimrezept?

Wenn es um das Loslassen religiöser Indoktrination geht: Unbedingt! Wobei dieses Rezept (spätestens jetzt, eigentlich aber schon lange) nicht mehr geheim ist.

[…] „Wir leben das Leben vorwärts, aber verstehen es rückwärts.“

Was manche Menschen nicht davon abhält, trotzdem ihr Leben lang an Ideen festzuhalten, die man weder vorwärts noch rückwärts verstehen kann, weil sie mit unserer realen, natürlichen Wirklichkeit nichts zu tun haben. Warum sie das trotzdem tun, ist ebenfalls nicht zu verstehen, was für diese Menschen aber offenbar kein Problem darstellt.

[…] Es geht immer weiter und wir verändern uns von ganz alleine.

Das ist so nicht ganz richtig, „von ganz alleine“ passiert nämlich nichts. Alles, was passiert, ist die Folge von etwas, was vorher passiert ist und dazu geführt hat. Auch wenn uns allmähliche Veränderungen vielleicht so vorkommen, als ob sie „von ganz alleine“ geschehen würden, ist das in Wirklichkeit nicht der Fall. Wie wir denken, bewerten und entscheiden, hängt maßgeblich von der Prägung unseres Unterbewusstseins ab. Niemand kann sich gegen die Prägung seines Unterbewusstseins für oder gegen etwas entscheiden.

Auch einer Erkenntnis, dass es zum Beispiel an der Zeit ist, seinen bisherigen Standpunkt einmal kritisch zu hinterfragen, gehen entsprechende neuronale Vorgänge voraus, die eine Prägung des Unterbewusstseins entsprechend interpretiert und bewertet haben, was uns dann von unserem Hirn als eine freie Willensentscheidung vorgegaukelt wird.

*Das Online-Portal Osthessennews fordert jede Woche unter der Rubrik „NACHGEDACHT“ mit „liberal-theologischen“ Gedanken von Christina Leinweber zum Nachdenken auf. Alle Zitate stammen aus dem oben genannten und verlinkten Artikel.

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