Kommentar zu NACHGEDACHT (14): „Ein Tag mit einem bekannten Menschen“

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Kommentar zu NACHGEDACHT (14): „Ein Tag mit einem bekannten Menschen“, Originalartikel verfasst von Christina Leinweber, veröffentlicht am 07.04.13 von Osthessennews

Mit welchem bekannten Menschen würden Sie gerne einen Tag verbringen?*

Lebend: Richard Dawkins, Michael Schmidt-Salomon
Nicht mehr lebend: Charles Darwin, Galileo Galilei

[…] Es ist Dietrich Bonhoeffer.

Dietrich Bonhoeffer teilt das Schicksal vieler anderer „Heiliger:“ Er wurde im Lauf von nur wenigen Jahren „verfemt, verklärt und vereinnahmt:“ „[…] Leicht, allzu leicht fällt die Heiligenverehrung, wenn man dem Gegenstand der Verehrung jede Kante und Wunde nimmt.“ (Quelle)

Aufschlussreiche Informationen über den „echten“ Dietrich Bonhoeffer und einige Aussagen von ihm liefert Wikipedia unter dem Stichwort Religionskritik:

  • In seinen letzten Lebensmonaten verabschiedete er sich vom abendländischen Modell des Christentums als einer Religion, die die „mündig gewordene Welt“ einfach nicht brauche.
  • Seine Gefängnisbriefe (April bis August 1944) an Eberhard Bethge enthielten offene Fragen, Skizzen, Aphorismen und Visionen, die auf eine umfassende Abkehr von allen religiösen Formen des christlichen Glaubens und Hinwendung zu einem „religionslosen Christentum“ zielten: […]
  • […] sah Bonhoeffer eine Zukunft ohne Religion voraus: „Wir gehen einer völlig religionslosen Zeit entgegen, die Menschen können einfach so wie sie nun einmal sind, nicht mehr religiös sein. Unserem ganzen bisherigen ‚Christentum‘ wird das Fundament entzogen, und es sind nur noch ein paar letzte Ritter, oder ein paar intellektuell Unredliche, bei denen wir religiös ‚landen‘ können.“
  • „Die Religiösen sprechen von Gott, wenn menschliche Erkenntnis zu Ende ist oder menschliche Kräfte versagen – es ist eigentlich immer der deus ex machina [Gott aus der Maschine], den sie aufmarschieren lassen – entweder zur Scheinlösung unlösbarer Probleme oder als Kraft bei menschlichem Versagen, immer also in Ausnutzung menschlicher Schwäche bzw. an den menschlichen Grenzen. […]
  • „Ich will also darauf hinaus, dass man Gott nicht noch an irgendeiner letzten Stelle hineinschmuggelt, sondern dass man die Mündigkeit der Welt und des Menschen einfach anerkennt … Wir können nicht redlich sein, ohne zu erkennen, dass wir in dieser Welt leben müssen – ‚etsi deus non daretur‘ [auch wenn es Gott nicht gäbe]. Der Auferstehungsglaube ist nicht die Lösung des Todesproblems. Das Jenseits Gottes ist nicht das Jenseits unseres Erkenntnisvermögens! … Gott ist mitten in unserem Leben jenseitig.“ (Quelle: Wikipedia)

Man erkennt schnell, dass es auch in diesem Fall der gewohnt-religiös-selektiven Lesart bedarf, um Bonhoeffer irgendwie doch wieder Kirchenkompatibel zu machen. Dazu muss auch der Konservatismus Bonhoeffers entweder ignoriert oder passend umgedeutet werden, der sich vorallem in diesen Punkten zeigte:

  • Bonhoeffers schon für die 20er- und 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts antiquiert-traditionelles Familienbild, seine Vorstellung von der Rolle der Frau in Familie, Kirche und Gesellschaft, seine Abtreibungsgegnerschaft, seine Bibelrezeption, seine Christusmystik und die Betonung der Nachfolge. (Quelle)

…aber  vielleicht ist das für einen „liberal-theologischen“ Standpunkt ja auch gar nicht mehr erforderlich?

Dazu fände ich es mal interessant zu wissen, in welcher Hinsicht ein „liberal-theologischer“ Standpunkt „liberaler“ ist als herkömmliche Theologie?

*Das Online-Portal Osthessennews fordert jede Woche unter der Rubrik „NACHGEDACHT“ mit „liberal-theologischen“ Gedanken zum Nachdenken auf. Alle als Zitat gekennzeichnete Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Original-Artikel von Christina Leinweber.

**Teaserbild: Dietrich Bonhoeffer. Lizenz: CC-BY-SA, Quelle: Bundesarchiv

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