Kommentar zu NACHGEDACHT (71) Weil Liebe alles ist!

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Kommentar zu NACHGEDACHT (71) Weil Liebe alles ist!, Originalartikel verfasst von Christina Leinweber, veröffentlicht am 11.05.14 von Osthessennews

[…] Gott ist die Liebe.*

Gott ist nicht die Liebe, sondern (bis zum Beweis des Gegenteils) eine Fiktion, die sich Menschen ausgedacht haben. Die Liebe ist eine rein natürliche Angelegenheit, die die Evolution dankenswerterweise den Menschen und sehr wahrscheinlich auch anderen Individuen beschert hat (das ist eine Umschreibung; in Wirklichkeit „beschert“ die Evolution natürlich nichts, sie ist ja nicht der Weihnachtsmann).

Wer einfach so behauptet, dass Gott die Liebe ist, der nimmt eine beliebige Zuordnung vor. Ein solcher Satz ist genauso sinnvoll wie wenn ich sagen würde: „Salamander ist eine Steckdose.“ oder „Mein Luftkissenfahrzeug ist ein Aal.“ Wenn schon, könnte man vielleicht höchstens sagen: „Ich stelle mir vor, dass Gott die Liebe ist“, oder „für mich ist Gott die Liebe“ oder „Ich wünsche mir, dass Gott die Liebe ist.“ Was genaugenommen allerdings auch wieder unsinnig wäre, solange die Existenz eines Gottes nicht bewiesen ist.

Die reinste Form von Liebe.*

Liebe ist etwas sehr Subjektives. Deshalb muss man Menschen auch zugestehen, wenn sie ausgerechnet Gott für „die reinste Form der Liebe“ halten wollen. Für andere ist die „reinste Form der Liebe“, wenn sie auf allen Vieren an einem Halsband nackt durch die Stadt geführt werden – da gibt es natürlich keinen allgemeinverbindlichen Maßstab.

Andererseits ist eine solche Aussage natürlich auch übelste Blasphemie der eigentlichen Liebe gegenüber, also der Liebe, die Lebewesen – wie auch immer -, aber eben in „echt“ geben und empfangen können. Und diese Liebe ist sicher nicht unreiner als die fiktive Liebe eines erfundenen Gottes.

Wer dann auch noch ausgerechnet den Christengott als „die reinste Form der Liebe“ ansieht, der muss wiedermal einen großen Teil der von diesem Gott angeblich geoffenbarten Bibel konsequent ignorieren. Da wird diese „reinste Form der Liebe“ zum Beispiel so beschrieben (hunderte weitere, ähnliche Beispiele finden Sie in Ihrer Bibel):

  • Wer den Namen des Herrn schmäht, wird mit dem Tod bestraft; die ganze Gemeinde soll ihn steinigen. Der Fremde muss ebenso wie der Einheimische getötet werden, wenn er den Gottesnamen schmäht. – Lev 24,16, Bibel – Einheitsübersetzung
  • Der Herr sprach zu Mose: Sag zu Aaron: Keiner deiner Nachkommen, auch in den kommenden Generationen, der ein Gebrechen hat, darf herantreten, um die Speise seines Gottes darzubringen. Denn keiner mit einem Gebrechen darf herantreten: kein Blinder oder Lahmer, kein im Gesicht oder am Körper Entstellter, kein Mann, der einen gebrochenen Fuß oder eine gebrochene Hand hat, keiner mit Buckel, Muskelschwund, Augenstar, Krätze, Flechte oder Hodenquetschung.- Lev 21,17Lev 21,19, Bibel – Einheitsübersetzung
  • [Jesus über seine wahren Absichten:] Meint ihr, ich sei erschienen Frieden auf Erden zu bringen? Nein, sage ich euch, sondern vielmehr Spaltung, denn von nun an werden sein fünf in einem Hause gespalten, drei werden gegen zwei und zwei gegen drei sein, der Vater gegen den Sohn, und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen die Schwiegertochter und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter. – Lukas, 12:51, Textbibel 1899

In meinem Studium begegnete ich jemandem, der gesagt hat: „Das reicht mir nicht. Gott muss auch Zeichen setzen – er muss auch so etwas können wie über das Wasser laufen. Liebe ist mir nicht genug.“*

Was ist denn ein lumpiges Bibelwunder aus der Bronzezeit, verglichen mit den Erkenntnissen der modernen Wissenschaft!? Ein langweiliges Märchen ohne tiefere Bedeutung für Menschen im 21. Jahrhundert, nicht mehr. Die beliebige, willkürliche Zuordnung von „Liebe“ zu „Gott“ ist genauso nichtssagend und irrelevant wie jedes biblische oder sonstige angebliche Wunder, das die Übernatürlichkeit Gottes beweisen soll.

[…] Und mein unausgesprochener Gedanke war: Dieser Mensch hat vielleicht noch nie richtig geliebt.*

Exakt denselben unausgesprochenen Gedanken hatte ich vor wenigen Minuten auch.

Die bedingungslose Liebe, die Gott im Glauben des Christentums schenkt, ist nicht zu überbieten.*

Doch, zum Glück sogar ganz einfach, überall und jederzeit. Nämlich durch die tatsächlich vorhandene Liebe, die von Lebewesen empfunden werden kann. Diese ganz natürliche Liebe überbietet spielend jede angebliche Liebe eines erfundenen Gottes, der seine ebenso erfundene Liebe ja sowieso nur seinen Anhängern schenkt.

Die angebliche Liebe Gottes ist nämlich alles andere als bedingungslos, sie setzt nämlich zum Beispiel voraus, dass Menschen sich diesem Gott untertänigst unterwerfen und sich von seiner Liebe bedingungslos abhängig machen, weil nur er sie ja von ihrer angeblichen Schuld erlösen kann. Bedingungslos lieben sieht wahrlich anders aus…

Können Menschen wenigstens annähernd so lieben?*

Gegenfrage: Wie kann denn ein Gott, den sich Menschen nur ausgedacht haben, überhaupt lieben? Der kann natürlich so lieben, wie die Menschen, die sich ihn ausgedacht haben, das gerne hätten. Dann würde ich aber lieber einen Gott wählen, in dessen Namen und Auftrag noch keine Millionen von Menschen grausam ermordet wurden. Ein in jeder Hinsicht sehr symphatischer Gott wäre zum Beispiel das Fliegende Spaghettimonster.

[…] Und wenn wir die Liebe gefunden haben, ist alles anders. […] Es wird alles bunter, schöner, leichter, intensiver und sinnvoller.*

Richtig – und warum ist das so? Weil Liebe eben nichts mit irgendwelchen Göttern oder Geistern, sondern mit realen Lebewesen zu tun hat! Und natürlich lässt sich der „bunte“ Zustand auch biochemisch sehr genau erklären. Auch wenn uns manche Menschen vielleicht äußerst seltsam erscheinen mögen: Durch die Erfolge der Hirnforschung und der Humanmedizin bleibt heute kein Platz und auch keine Notwendigkeit mehr für irgendwelche göttliche Einflüsse zur Erklärung von menschlichen Zuständen.

Zu jemanden zu gehören, lässt uns stark werden.*

Wer sich alleine schwach und erst stark fühlt, wenn er zu jemandem „gehört“, sollte sich mal mit dem Thema „Selbstachtung“ und „Selbstwert“ auseinandersetzen – egal, ob mit dem „Jemand“ Jesus oder ein lebender Mensch gemeint ist.

[…] Sie [die Liebe] durchzieht unser ganzes Leben und vielleicht ist es sogar sie, warum wir hier auf Erden sind.*

Dass Menschen Liebe als so wertvoll und schön empfinden, hat sicher auch dazu beigetragen, dass wir hier auf Erden sind. Wenn die Liebe keinen evolutionären Vorteil gebracht hätte, wäre sie vermutlich schon wieder „ausgestorben.“ Ich denke nicht, dass die Liebe der Grund ist, warum wir hier auf Erden sind.

Die Liebe ist, evolutionsgeschichtlich gesehen, noch sehr sehr jung.  Ein besonderer Luxus für einige wenige Lebewesen. Der mit Abstand viel größere Teil der Weltgeschichte muss(te) sich mit einer Existenz ohne Liebe (weder echte, noch göttliche) begnügen.

Die Liebe zu suchen und sie zu finden – in all ihren Facetten, Tönen und Farben*

…und nicht im Zusammenhang mit Göttern, sondern mit irdischen Individuen, zum Beispiel unseren Mitmenschen oder unseren Partnern.

Nachbemerkung: An einer Aussage wie „Gott ist die Liebe“ wird erschreckend deutlich, wie perfide und hinterhältig Religionen die Welt vergiften. Statt die Liebe als das anzuerkennen und zu schätzen, was sie wirklich ist – eine völlig natürliche Angelegenheit – wird sie einfach einem beliebigen Gott zugeordnet, ja sogar mit ihm gleichgesetzt.

Diese Illusion wird dann beliebig weiter ausgeschmückt: Natürlich muss sich Gottes Liebe von der schmutzigen menschlichen Liebe abheben, also bezeichnen wir sie einfach als „die reinste Liebe.“ Und „bedingungslos“ soll Gott seine Liebe verteilen, wenn auch nur an Christen, versteht sich.

Und so wird nach und nach aus einem eher harmlosen Hirngespinst, einem sehnsuchtsvollen Tagtraum, ein ganzes Wunsch- und Wahngebäude, an das Gläubige dann so fest glauben, dass sie es für real halten, statt sich mit der natürlichen Wirklichkeit ihrer Umwelt und sich selbst auseinanderzusetzen.

*Jede Woche fordert osthessennews.de unter der Rubrik „NACHGEDACHT“ mit „liberal-theologischen Gedanken“ zum Nachdenken auf. Die als Zitate gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Original-Artikel von Christina Leinweber.

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