Warum sollte ich an Gott glauben? Kurze Frage, einfache Antwort – sollte man meinen. Doch die Erfahrung aus vielen Unterhaltungen zeigt: Weit gefehlt. Es ist eine Frage, die sich gläubige Menschen offenbar nur sehr selten oder sogar nie stellen.
Andererseits auch kein Wunder – gilt doch zum Beispiel in der christlichen Religion jemand als besonders tugendhaft, der möglichst kritiklos ist. Je stärker der Glaube, desto geringer der Zweifel. Je zweifelhafter etwas ist, umso stärker muss der Glaube sein. Nicht die kritische Hinterfragung, sondern das idealerweise völlig kritiklose Annehmen vorgegebener Aussagen und unbewiesener Behauptungen ist gefragt – völlig unabhängig vom Wahrheits- und Wahrscheinlichkeitsgehalt – und sogar völlig unabhängig von Intelligenz und Wissensstand des Gläubigen.
Wer bereit ist, allgemein anerkanntes Wissen (wie zum Beispiel über die Naturgesetze), gesunden Menschenverstand und einfachste Logik zu ignorieren, um an einen erdachten Gott glauben zu können, der sollte doch wenigstens einen guten Grund für dieses irrationale Verhalten nennen können. Und dann müsste die Beantwortung der Frage „Warum sollte ich an Gott glauben?“ eigentlich ganz einfach sein.
Da ich diese Frage gläubigen Menschen noch öfters stellen werde, sammle ich hier die Antworten.
Frage: Warum sollte ich an Gott glauben?
Antwort 1: Sie sollen und müssen nicht glauben.
Diese Antwort einer evangelischen Pfarrerin hat mich dann doch etwas erstaunt, war ich doch bisher der Meinung, Pfarrerinnen hätten einen Sendungsauftrag. Diese offenbar nicht, jedenfalls nicht mir gegenüber. Warum sie persönlich glaubt, hatte sie mir dann doch noch verraten. Die unbeweisbare Behauptung, Gott sei Liebe, konnte mich jedenfalls nicht überzeugen, deshalb an ihn zu glauben. Für mich ist Liebe Liebe.
Die ausführliche Antwort, in der die Pfarrerin ihr Verhältnis zu Gott beschreibt wie das Verhältnis eines ungeborenen Babys zu seiner Mutter, ist hier nachzulesen.
Antwort 2: Weil ich die Regeln und Werte für sinnvoll halte, die der christliche Glaube vorgibt.
Diese Antwort eines geschätzten Kollegen scheint auf den ersten Blick unverfänglich und nachvollziehbar – aber auch nur auf den ersten Blick und nur deshalb, weil sich die Menschen heute die eigentlichen religiösen Aussagen so umgedeutet und hochselektiv ausgewählt haben, dass sie, oberflächlich betrachtet, zu einer halbwegs humanen Ethik passen. Um zu diesem Schluss zu kommen, ist ein unredlicher Umgang mit den diesbezüglichen Quellen nötig. Schon wenn man diese Menschen mit dem ganzen, nicht selektiv gekürztem Text der 10 Gebote konfrontiert, können sie es oft gar nicht glauben, dass DAS tatsächlich in ihrer Bibel steht. Wenn sie sich überwinden können, sich die Gegenüberstellung der 10 Gebote mit den 10 Angeboten des Humanismus durchzulesen, haben sie die Möglichkeit, diese Annahme kritisch zu hinterfragen und zu überlegen, wie sich religiöse Moralismen zwangsläufig von einer modernen, humanen Ethik unterscheiden.
Antwort 3: Weil ich christlich sozialisiert wurde und in diesem Zusammenhang Gemeinschaft als positiv und angenehm erlebt habe.
Dies ist natürlich ein sehr subjektiver Grund, an Gott zu glauben und keiner, mit den man jemanden überzeugen könnte, der dies nicht erlebt hat. Wie schon mehrfach bemerkt, spielt die (frühkindliche) Indoktrination eine tragende, wenn nicht sogar die entscheidende Rolle bei der Weitergabe religiöser Gedanken. Und weil auch die Kirchenbediensteten irgendwann gemerkt haben, dass sich mit der Androhung jenseitiger Höllenqualen genausowenig Menschen mehr einschüchtern lassen wie die, die sich von jenseitigen Erlösungsversprechen locken lassen, sind sie dazu übergegangen, Menschen das zu bieten, was für diese einen wirklichen Wert darstellt: Gemeinschaft. Wenn Menschen dieses Gemeinschaftserlebnis dann auch noch im Erwachsenenalter als Grund angeben, an Gott zu glauben, dann ist der Plan aufgegangen.
Weitere Antworten ergänze ich, sobald ich welche bekomme.
Wer fragt, warum man an einen Gott glauben solle, der könnte natürlich auch gefragt werden, warum man nicht an Gott glauben solle:
Frage: Warum sollte ich nicht an Gott glauben?
Antwort 1: Weil es Götter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht gibt.
Bis heute gibt es keinen einzigen seriösen Beleg dafür, dass es übernatürliche Wesen wie Götter, Geister oder Einhörner tatsächlich gibt. Sicher weiß man nur, dass Menschen in der Lage sind, sich solche Wesen auszudenken und ihnen alle möglichen Eigenschaften beliebig zuzuordnen. Wer sagt: „Gott ist reine Liebe“, dem kann ich entgegnen: „Lwdié§Efvre98 ist noch viel reinere Liebe als die aller Götter zusammen“ – und niemand könnte das Gegenteil beweisen.
Bis hierher ist das alles noch recht unproblematisch, jeder mag sich natürlich für sich selbst die Wirklichkeit erschaffen, wie er möchte – unabhängig von Verstand, Vernunft oder Logik.
Schwierig wird es, wenn jemand Fiktion mit Wirklichkeit verwechselt und behauptet, seine erfundenen Wesen hätten irgendeinen tatsächlichen Einfluss auf unsere natürliche Wirklichkeit, in der die Naturgesetze gelten. Eine unbewiesene Hypothese als reale Tatsache zu verkaufen, ist heuchlerisch und unredlich.
Einen Grund, dies trotzdem zu tun, haben nur Menschen, die skrupellos genug sind, damit ihr Geld zu verdienen. Denn richtig schwierig wird es, wenn eine Kirche für die Verbreitung von erfundenen „Wahrheiten“ noch Milliardensummen vom Staat und das Recht bekommt, Kindern diese verzerrte, groteske und absurde Weltsicht als „Wahrheit“ zu verkaufen.
Antwort 2: Weil von Gott nichts zu erwarten ist.
Solange es keinen stichhaltigen Beweis für Gott gibt, sind natürlich auch alle angeblichen Heilsversprechen reine Fiktion. Wer auf die Liebe Gottes hofft, hofft vergebens. Wer irgendwelche realen Geschehnisse oder Empfindungen Gott zuschreibt, kann diese genauso jedem beliebigen anderen Phantasiewesen zuschreiben – es gibt zum Glück auch noch wesentlich sympathischere „Superhelden“ als den Christengott, wie er in der Bibel beschrieben wird. Alle Gebete verhallen ungehört, zumindest wurde noch kein einziges Gebet jemals erhört in dem Sinne, dass ein übernatürliches Wesen daraufhin ins Geschehen eingegriffen hätte. Selbst wenn es wider alle Wahrscheinlichkeit doch einen Gott geben sollte, so ist dieser zumindest bis heute noch niemals seriös belegbar in Erscheinung getreten.
Antwort 3: Weil Glaube mehr Fragen aufwirft, als dass er beantwortet.
Die Menschen im Vormittelalter hatten nur einen verschwindend kleinen Bruchteil des Wissens, was wir heute haben. Man konnte sich selbst grundlegendste Dinge einfach nicht erklären. Deshalb ist es nachvollziehbar, dass sich die Menschen Geschichten ausdachten, um sich ihre unbegreifliche Welt begreifbar zu machen.
Die Entstehung des Lebens auf der Erde zum Beispiel war so unerklärlich, dass die Erschaffung durch einen erfundenen Schöpfer damals einfach die wahrscheinlichste Möglichkeit war – völlig lächerlich aus heutiger Sicht, wo (hoffentlich) jedes Kind weiß, dass Leben die Folge der Evolution ist und dass es für eine Schöpfungstheorie keinen vernünftigen Anhaltspunkt mehr gibt. Die von Charles Darwin entdeckte „Natürliche Zuchtwahl“ (Selektion) ist der gar nicht so schwer verständliche und logisch schlüssig bewiesene „Mechanismus“ hinter dem Entstehen von Lebewesen – und nicht der vermeintliche Wille von erfundenen Göttern.
Aus wissenschaftlicher Sicht fällt Gott dem Sparsamkeitsprinzip (siehe dazu: Ockhams Rasiermesser) zum Opfer.
Antwort 4: Weil Menschen keinen Gott brauchen.
Ein kurzer Blick in die Geschichte reicht um zu erkennen, dass der Glaube an Götter der Menschheit unendlich viel mehr Leid gebracht hat als der Nichtglaube. Da der angebliche Wille Gottes in Wirklichkeit natürlich ein rein menschliches Gedankenprodukt ist, steht hinter religiösen Moralismen kein höheres Wissen und keine höhere Macht. „Gottes Wille“ lässt sich völlig beliebig als Rechtfertigung für jegliches Verhalten verwenden, von Nächstenliebe bis zum Völkermord – und kein Gott hat je widersprochen.
Schon allein wegen dieses Gefahrenpotentiales ist die Gefahr, die von Religionen – auch von eigentlich schon säkularisierten und aufgeklärten! – ausgeht, nicht zu unterschätzen. So gut wie jeder Krieg steht in direktem oder indirektem Zusammenhang mit Religion (oder vergleichbaren Ideologien).
Als Grundlage für eine Ethik für die Weltbevölkerung im 21. Jahrhundert müssen Religionen deshalb ausscheiden. Diese Ethik muss sich an Werten orientieren, die sich nicht für unethisches Verhalten nutzen lassen und die für alle Menschen gelten, unabhängig von Wohnort, Weltsicht, Wissen, Gruppenzugehörigkeit, Geschlecht oder Glaube. Zu dieser Einsicht kam schon der Dalai Lama und auch der aktuelle Papst hat Gedanken geäußert, die sich diesbezüglich interpretieren lassen.
…to be continued!
Gibt es Literatur darüber, wie das mit dem christliche Glauben funktioniert?
Ja, die gibt es.
Einfach Deine E-Mailadresse ohne Kommentar an Gunkelh@web.de senden.
Als Antwort gibt es (kostenlos) ein Buch als PDF, in dem eine Menge Fragen besprochen werden. z.B.:
Gibt es Gott?
Wer oder was ist Gott
Und die Atheisten?
Buddismus
Hinduistmus
Islam
Judentum
Christentum
Was ist das ewige Leben
Hat nicht Gott Schuld an allen
Was ist Sünde
Wie werde ich Christ
Wie gehe ich mit dem Glauben im Alltag um
Warum gerade Jesus?
Und viel, viele Fragen mehr, die beantwortet werden.
Das gibt Halt, Stütze und eine Menge Stoff zum nachdenken und diskutieren.