Das Wort zum Wort zum Sonntag: Liebesregeln?

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Das Wort zum Wort zum Sonntag: Liebesregeln? gesprochen von Annette Behnken (ev.), veröffentlicht am 16.4.2016 von ARD/daserste.de

Guten Abend, in nichts, in nichts kann man sich so sehr verirren, wie in der Liebe.*

Doch, zum Beispiel in religiösem Glauben. Während in Sachen Liebe den meisten Menschen irgendwann früher oder später bewusst wird, dass sie sich möglicherweise verirrt haben, so bleiben nicht wenige Gläubige ein Leben lang in ihrer religiösen Scheinwelt gefangen.

Die Kirche war ja immer Sittenwächterin in Sachen Liebe – über Jahrhunderte. Dabei hat sie sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert und hat oft fatal gegen ihre eigenen Moralvorstellungen verstoßen.

Folter

Die unzähligen Verbrechen der Kirche in ihrer angemaßten Funktion als „Sittenwächterin“ als „nicht mit Ruhm bekleckert“ zu verniedlichen, wird der Geschichte alles andere als gerecht.

Außerdem erfrecht sich die Kirche bis heute, sich bis in die privatesten Bereiche einzumsichen und sie bemüht sich nach Kräften dafür zu sorgen, dass ihre mehr als fragwürdigen Moralismen, die nicht mal den einfachsten ethischen Standards unserer Zeit entsprechen, für alle Menschen (und nicht etwa nur für ihre Anhänger!) vorgeschrieben werden sollen.

Hierzulande wird sie dabei vom Staat nicht nur finanziell Milliardenschwer subventioniert, sondern auch über alle Maße privilegiert, etwa durch das Recht, ihre Botschaften über das „öffentlich-rechtliche“ (!) Fernsehen verkünden zu dürfen – ein Sonderrecht, das auf einen Vertrag mit Adolf Hitler zurückgeht.

Es stimmt auch nicht, dass sie damit gegen ihre eigenen Moralvorstellungen verstoßen hätte, das Gegenteil ist der Fall. Die Kirche hat schon immer ihre Moralvorstellung frei nach ihren Wünschen und Bedürfnissen definiert.

Dabei beruft sie sich praktischerweise auf den angeblichen Willen eines erfundenen Gottes, der sich auch noch niemals deswegen beschwert hat. Mit der Bibel lässt sich (bedingt) Nächstenliebe genauso rechtfertigen wie zum Beispiel eine Steinigung, ein Angriffskrieg oder ein Völkermord – von allen Varianten wurde schon ausgiebig Gebrauch gemacht und niemals wurde dabei gegen die gerade als gültig definierte kirchliche Moralvorstellung verstoßen.

Damit wird deutlich, dass religiöse Moralismen als Grundlage für (mit)menschliches Verhalten unbrauchbar sind. Während sich unsere modernen Gesellschaftsordnungen an der Würde des Menschen als höchstem Wert orientieren, ist dieser übergeordnete Wert in einer monotheistischen Religion ein fiktiver und deshalb in Wirklichkeit willen- und eigenschaftsloser Gott – ein Schicksal, das er mit allen anderen Göttinnen und Göttern teilt.

Trotzdem: immer noch erwarten viele, dass die Kirche moralische Orientierung gibt.

Der größte Teil derer, die von der Kirche noch irgendetwas erwarten, sind die, die ihr Einkommen von ihr beziehen. Der andere Teil erwartet von der Kirche nur noch, dass sie sie vom lästigen Selberdenken befreit.

Wohl niemand ist heute noch ernsthaft der Meinung, dass eine vormittelalterliche Wüstenreligion, deren einzige Grundlage eine rund 2000 bis 5000 Jahre alte Geschichtensammlung mit insgesamt katastrophaler moralischer Bilanz ist, den Menschen von heute eine „moralische Orientierung“ geben könnte.

Schwule Ehen meinte er. Das stünde ja schließlich in der Bibel, dass das nicht erlaubt sei.

In der Bibel steht nichts über „schwule Ehen“, sondern Homosexualität allgemein wird mit der Todesstrafe belegt (Hervorhebung von mir):

  • Du darfst nicht mit einem Mann schlafen, wie man mit einer Frau schläft; das wäre ein Gräuel.
    (Quelle: 3. Mose 18, 22, EU)
  • Schläft einer mit einem Mann, wie man mit einer Frau schläft, dann haben sie eine Gräueltat begangen; beide werden mit dem Tod bestraft; ihr Blut soll auf sie kommen.
    (Quelle: 3. Mose 20, 13, EU)

„Es ist gut, den Morgen immer mit einem Kuss zu beginnen“, sagt der Papst.

„Es ist gut, den Morgen immer mit einem Leberwurstbrot zu beginnen“, sagt der Veganer.

Der Papst muss es ja wissen. Wieso erwartet eigentlich irgendwer, dass sich ein zeitlebens zölibatär und vermutlich auch asexuell lebender Senior mit einem um irreale, übernatürliche Wesen erweiterten Weltbild überhaupt zum Thema Liebe äußert? Ein Senior, der seinen Einfluss nicht dazu nutzt, seinen Anhängern eine moderne, humane Ethik zu vermitteln und stattdessen durch seine Haltung nach wie vor für zahlloses menschliches Leid sorgt?

Selbst wenn ein Mann einen Mann küsst und eine Frau eine Frau, verurteilt der Papst das nicht mehr.

Das spielt allerdings gar keine Rolle, solange noch eine Bibel existiert, die für Homosexualität ausdrücklich die Todesstrafe vorschreibt. Eine Bibel,  die als „Wort“ eines fiktiven Gottes ausgegeben wird, die als verbindliche Grundlage dieses Glaubens gilt und die bei Bedarf „nicht wörtlich gemeint“ oder aber eben auch „sehr wohl wörtlich gemeint“ sein kann – wie es gerade am besten passt. Auch wenn der Papst inzwischen die Todesstrafe für gleichgeschlechtliche Liebe offenbar für nicht mehr erforderlich hält, so betrachtet er Homosexualität nach wie vor wie eine Art Krankheit. Er schreibt:

Wieso brauchen diejenigen, welche die homosexuelle Tendenz zeigen, notwendige Hilfen? Wieso brauchen ausgerechnet Schwule und Lesben notwendige Hilfen, die Heteromänner und -frauen nicht brauchen? Welche Hilfen? Von wem? Wozu? Um den angeblichen Willen eines fiktiven Gottes begreifen zu können?

Diesen Willen kann niemand begreifen, deshalb sind alle Menschen, völlig unabhängig von ihrer sexuellen oder sonstigen Orientierung, auf „Hilfe“ angewiesen, wenn sie diesen Willen „begreifen“ möchten. Könnte man ihn begreifen, müsste man nicht an ihn glauben.

Die Liebe braucht ein gerüttelt Maß an Freiheit.

Vor allem braucht die Liebe keine Einmischung von Institutionen, die die reale Existenz eines erfundenen Gottes als übergeordnete Instanz und dessen Eingriff ins Weltgeschehen annehmen und behaupten.

Die Kirche verrät nicht ihre Werte, wenn sie homosexuelle Ehen schliesst.

Natürlich nicht – weil die Kirche gar keine festen Werte hat, die sie verraten könnte. Religiöse Werte lassen sich, wie oben schon beschrieben, jederzeit völlig beliebig an die jeweiligen Bedürfnisse anpassen, ohne dass ein Gott jemals widersprochen hätte. Deshalb spielen religiöse „Werte“ auch keine Rolle für die Menschen im 21. Jahrhundert mehr.

[…] Bei wohl jeder Trauung sagen wir Pastoren diesen Bibelvers: „Gott ist die Liebe. Und wer in der Liebe bliebt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“

Bevor man irgendwelche sinnvollen Aussagen darüber machen kann, wie oder was Gott ist, muss man zunächst beweisen, dass es diesen Gott überhaupt gibt. Ohne einen solchen Beweis sind alle Aussgen über angebliche göttliche Eigenschaften völlig beliebig und deshalb bestenfalls so sinnvoll wie die Aussage: „Rumpelstilzchen ist der Zorn. Und wer zornig ist, der bleibt in Rumpelstilzchen und Rumpelstilzchen in ihm.“

Das kann man natürlich sagen, es hat aber höchstens, wenn überhaupt, einen gewissen Unterhaltungswert, ansonsten aber keine besondere Bedeutung in der realen Wirklichkeit.

Maßstab kann nur die Liebe selbst sein. In der Liebe und in den Augen Gottes gelten keine moralischen Abwertungen, weil ich so oder so geprägt bin.

Auch hier vermischt Frau Behnken wieder die Realität mit ihrer Scheinwirklichkeit. Natürlich kann man Vermutungen über die Liebe anstellen – Vermutungen darüber, was in den Augen Gottes gilt und was nicht, kann kann man sich hingegen schenken, solange es keinen Beweis für die Existenz von Göttern gibt.

Eine Moral aus Liebe – die führt zu Toleranz und Respekt.

Wenn Liebe die Grundlage für Moral ist, wofür brauchen wir dann überhaupt noch religiöse Moralismen, die bei Bedarf sowieso blitzschnell wieder in alles andere als Liebe verändert werden können?

Und muss es tatsächlich „Liebe“ sein, die zu Toleranz und Respekt führt, oder wäre es nicht sinnvoller und auch realistischer, sich auch den Menschen gegenüber tolerant und respektvoll zu verhalten, die man nicht lieben kann oder möchte?

*Die als Zitat gekennzeichnete Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalartikel.

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