Kommentar zu: Welche Priester brauchen wir? – Bischof Heinz Josef Algermissen über das Priesteramt, Originalartikel verfasst von Heinz Josef Algermissen, veröffentlicht am 12.05.2016 von katholisch.de
Priester sind für die Kirche unersetzlich, sagt Bischof Heinz Josef Algermissen.*
Präziserweise hätte sich Herr Algermissen auf die katholische Kirche beziehen sollen – schon die reformierte Variante der christlichen Kirche kommt schließlich ganz ohne Priester aus. Hier sorgen Pastorinnen und Pastoren (von lat. pastor = Hirte) für die Führung und Lenkung der Schafherde in die gewünschte, also zweckdienliche Richtung.
Dem christlichen Wüstengott jedenfalls scheint es völlig egal zu sein, ob seine Anhänger von Priestern, Pfarrern, Pfaffen, Pastoren oder sonstwem bei der Stange gehalten werden.
[…] In seinem Gastbeitrag ruft der Fuldaer Bischof außerdem dazu auf, angehenden Priestern ein gutes Umfeld zu bieten.
Wann ist denn ein Umfeld für angehende Priester gut? Natürlich dann, wenn es noch genug Menschen gibt, die sich von den religiösen Heilsversprechen blenden lassen, die sich zumindest irgendeinen Vorteil von der religiösen Zugehörigkeit erhoffen – und wenn es nur die Befreiung vom selbständigen Denken ist – oder wenn es wenigstens noch genug Menschen gibt, die zu faul sind, aus der Kirche auszutreten.
Ebenfalls bezeichnend: Nicht etwa die Tatsache, dass der christliche Glaube einfach keine Antworten mehr auf die Fragen der Menschheit im 21. Jahrhundert geben kann und er deshalb keine bedeutsame Rolle mehr spielt ist die Ursache für den eklatanten Priesterschwund – Schuld hat das Umfeld, das nicht mehr bereit ist, die christliche Scheinwirklichkeit à la „Goodbye Lenin“ den angehenden Priestern zuliebe als real anzuerkennen.
Die Feier der Priesterweihe am Samstag vor Pfingsten stellt sicher auch die Frage, welche Priester die Gemeinden unseres Bistums in dieser kritischen Epoche der Kirche und grundsätzlich brauchen.
Immerhin scheint es inzwischen sogar bis zum Fuldaer Bischof durchgedrungen zu sein, dass sich seine Kirche in einer für sie und damit auch für ihn „kritischen Epoche“ befindet. Und immerhin trägt Herr Algermissen tatkräftig dazu bei, dass nicht nur die kritische, sondern gleich die ganze Epoche seiner Kirche dem längst überfälligen Ende entgegen geht, zum Beispiel, indem er Menschen, die nicht an seinen Wüstengott glauben, als „große Gefahr für ihre Mitwelt“ beleidigt. Da merken sogar bisher noch loyale oder neutrale An- und Abhängige, dass hier etwas grundlegend faul ist – nicht nur, aber auch im Bistum Fulda.
[…] Ihr Dienst verlangt in ganz besonderer Weise, dass sie sich dieser Welt nicht gleichförmig machen; er erfordert aber zugleich, dass sie in dieser Welt mitten unter den Menschen leben, dass sie wie gute Hirten ihre Herde kennen und auch die heimzuholen versuchen, die außerhalb stehen, damit sie Christi Stimme hören und eine Herde und ein Hirt sei“ (Art. 3).
Zum Glück möchten immer weniger Menschen als Schafe wahrgenommen und wie Schafe behandelt werden. Statt hinter einer Herde herzutrotten und sich von einem Hirten, der sich aufgrund seiner religiösen Fiktionen für etwas Besseres hält, mit falschen Versprechen und ebenso falschen Bedrohungen führen zu lassen, beginnen immer mehr Menschen, selbständig zu denken und zu handeln. Sie möchten und müssen nicht in die religiöse Scheinwelt „heimgeholt“ werden, weil sie schon selbst in der irdischen Wirklichkeit „daheim“ sind.
Priester können grundsätzlich nur durch Priester ersetzt werden. Andernfalls kann man nicht mehr von katholischer Kirche sprechen.
Mit anderen Worten: Die katholische Kirche ist ein Patriarchat und wird es immer bleiben? Alles andere wäre auch sehr erstaunlich, besonders aus dem Munde des Herrn Algermissen.
Und so muss es uns alle mit großer Sorge erfüllen, wenn die Zahl der Priester insgesamt und auch in unserem Bistum spürbar abnimmt.
Diese Sorge belastet mich als Bischof schwer, raubt mir häufig die Nachtruhe.
Diese Sorge ist aus Sicht von Herrn Algermissen nur bedingt nachvollziehbar. Er selbst dürfte schließlich seine „Schäfchen“ längst und bis ans Lebensende „im Trockenen“ haben. Wenn ihn der Rückgang seiner Religion tatsächlich bis in die Nachtruhe hinein belastet, so könnte er sich mal selbstkritisch fragen, wie oft er selbst durch seine Aussagen genau zu dieser Entwicklung beigetragen hat.
Priester können wir allerdings nicht einfach „machen“; sie werden von Gott berufen.
Nein, werden sie nicht. Noch kein Gott hat jemals tatsächlich irgendwen zu irgendwas berufen. Die Kirche kann nur versuchen, Menschen möglichst so nachhaltig und grundlegend mit ihren religiösen Scheinwahrheiten zu indoktrinieren, dass noch genug junge Erwachsene übrig bleiben, die sich von der Illusion, sich als „von Gott berufen“ zu fühlen, verführen lassen.
Unser aller Pflicht aber ist es, Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass dieser Ruf Gottes von jungen Menschen auch gehört und angenommen werden kann.
Diese Aufforderung drückt genau das aus, was ich gerade beschrieben habe. Was Herr Algermissen hier mit „Voraussetzungen, den Ruf Gottes zu hören und anzunehmen“ umschreibt, bedeutet in Wirklichkeit: Ohne religiöse Indoktrination, am besten vom Säuglingsalter an, wird es sehr schwer, künftig noch ausreichend Religionsdiener rekrutieren zu können. Denn in Wirklichkeit gibt es keinen „Ruf Gottes“, es gibt nur einen Ruf von Menschen, die davon leben, dass andere Menschen an ihren Gott glauben.
[…] Machen Sie sich die Sorge um mehr und vor allem gute Priester zu eigen, damit in unseren Gemeinden Jesus Christus als Heiland und Erlöser besonders über die Feier der Hl. Eucharistie gegenwärtig bleibt – in einer Welt, die einen immer dichteren Vorhang vor den Himmel ziehen will.
Ich habe keinen Grund, mir die Existenzsorgen eines Bischofs zu eigen zu machen. Für mich stellt es kein Problem dar, dass die biblische Phantasiegestalt Jesus Christus in Wirklichkeit kein Heiland oder Erlöser ist und dass er in Wirklichkeit weder in einer rituell-symbolisch-kannibalistischen Zeremonie, noch sonst irgendwie außerhalb der menschlichen Phantasie gegenwärtig ist (und es demzufolge auch nicht bleiben kann).
Die Welt zieht keinen dichten Vorhang vor den Himmel, ganz im Gegenteil. Mit immer neuen Methoden werden derzeit Erkenntnisse über den Himmel, das Universum und den ganzen Rest gewonnen, dass jeder brennende Dornbusch oder jede vormittelalterliche Auferstehungslegende eines angeblichen Göttersohns bestenfalls noch ein mitleidiges Lächeln hervorrufen kann. Gleichzeitig schieben immer mehr Menschen die dichten Vorhänge zur Seite, mit dem die Religionen die natürliche, reale Wirklichkeit über viele Jahrhunderte bewusst verschleierten und dies bis heute versuchen.
Der akute Priesterschwund in der katholischen Kirche ist somit nur ein weiteres Indiz für eine Entwicklung, die zwar für die Kirchen existenzbedrohend ist, die die Menschheit allerdings auch hoffen lässt, dass immer mehr Menschen beginnen, selbstständig zu denken und zu handeln, statt sich einem fiktiven Gott zu unterwerfen und wie Schafe (selbst-)ernannten Hirten hinterherzulaufen.
*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Artikel.
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