Kommentar zu: Nothelfer in schwierigen Fällen

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Kommentar zu Nothelfer in schwierigen Fällen, Originalartikel verfasst von Marion Eckert, veröffentlicht am 20.6.16 von infranken.de

„Für die Menschen in der Region ist der Heilige Antonius sehr wichtig“, mit diesen Worten begrüßte der Guardian des Klosters Kreuzberg, Pater Stanislaus Wentowski, die Gläubigen, die zum Antoniusfest in die Klosterkirche auf den Kreuzberg gekommen waren.*

Wenn schon der erste Satz eines Artikels gelogen ist, lässt das Schlimmes für den Rest des Berichtes befürchten. Religiöse Märchen gewinnen nicht dadurch an Bedeutung oder Wahrheitsgehalt, wenn pauschalisierend öffentlich behauptet wird, sie seien „für die Menschen in der Region“ „sehr wichtig.“

Wenn man es nicht wirklich sicher weiß, sollte man sich mit Pauschal-Aussagen über Personengruppen wie „die Menschen in der Region“ grundsätzlich tunlichst zurückhalten. In diesem Fall mag es sein, dass sich Herr Wentowski das vielleicht wünscht, die Realität sieht zum Glück anders aus.

Eine tatsächlich zutreffende Aussage über „die Menschen in der Region“ bzw. sogar über „alle Menschen“ wäre, dass alle Menschen als Atheisten geboren werden und dass der Glaube an fiktive Götter, Geister, Gottessöhne oder auch an „Heilige“ lediglich eine Frage der Sozialisierung ist.

Deshalb nochmal ausdrücklich: Auch wenn sich Herr Wentowski vielleicht sogar ganz dolle wünscht, dass seine mittelalterlichen Heiligenfiguren heute noch irgendeine tatsächliche Bedeutung für „die Menschen in der Region“ haben mögen, so sieht es in der Realität anders aus.

Wohl kaum noch irgendwer klaren Verstandes, nicht mal mehr in der Region, wird noch allen Ernstes behaupten wollen, dass der „Patron der Schiffbrüchigen, der Indianer, der Esel, der Schwangeren, der Reisenden und von Portugal“ (Quelle), auch nur wenigstens einmal wirklich echt und seriös belegbar irgendetwas tatsächlich bezweckt hätte.

„Viele Gläubigen konnten seine Hilfe schon erfahren. Oft ist er die letzte Chance in der Verzweiflung doch noch Hoffnung zu erblicken.“

Ohne einen seriösen Beleg, dass eine Hilfe tatsächlich durch das Wirken eines bestimmten Menschen, der vor 800 Jahren gestorben ist, verursacht wurde, ist auch diese Aussage schlicht gelogen und das war sogar schon in der Bronzezeit verboten.

Mit derselben Überzeugung und derselben Gewissheit könnte ich zum Beispiel auch behaupten, dass viele Gläubige die Hilfe der Zahnfee, des Gestiefelten Katers, von Zeus, Anubis, Thor oder vom kleinen gelben Zweier-Lego™ steinchen schon erfahren haben. Oder natürlich von den Heinzelmännchen: „Wie war zu Cölln es doch vordem mit Heinzelmännchen so bequem!“

Immer mehr Menschen merken, dass religiöser Glaube bestenfalls eine hoffnungsvolle Illusion und deshalb auch keine wirkliche Chance in der Verzweiflung sein kann. Das hat religiöser Glaube mit Drogen und Alkohol gemein. Wendet sich eine scheinbar auswegslose Situation wider Erwarten doch noch zum Guten, so ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, dass ein vor 800 Jahren gestorbener Mensch seine Finger oder was auch immer im Spiel hatte. Wer daran zweifelt, sollte sich mal mit dem Begriff „Determinismus“ beschäftigen.

„Er wird oft angerufen, wenn man etwas verloren hat. Der Heilige Antonius gilt als der Heilige für eigentlich unauflösbare Fälle. Er zeigt uns, wie wir uns von Gott in den Arm nehmen lassen können.“

Ersetze „in“ durch „auf den“ und schon ergibt dieser Satz einen Sinn, wobei es ganz genau genommen nicht Gott ist, der uns auf den Arm nimmt, sondern die Menschen, die sich ihn ausgedacht haben und die zufälligerweise damit ihr Brot verdienen, dass andere Menschen an ihre Märchen und Mythen glauben.

Die naive Vorstellung, dass das Anrufen von „Heiligen“ tatsächlich irgendetwas bezwecken würde, passt vielleicht in die Steinzeit oder noch ins Mittelalter, nicht aber ins 21. Jahrhundert, in dem Menschen in einer globalisierten, technisierten Welt leben. In dieser Welt wird ein solcher Hokuspokus einfach nicht mehr gebraucht und hat außerhalb der Science Fiction- oder Märchenwelt auch gar keinen Platz mehr. Umso lächerlicher erscheinen die krampfhaften, verzweifelten Versuche verkleideter Männer, diesen Kokolores auch weiterhin wie etwas Reales unters Volk zu bringen.

Natürlich ist es eines jeden Menschen Privatsache, wie er sich seine Wirklichkeit gestaltet. Ein Leben in der Realität ist nicht verpflichtend, ebensowenig intellektuelle Redlichkeit. Wer sein Leben gerne in einer religiösen oder sonstigen Scheinwirklichkeit verbringt, möge das gerne tun, nur bitte nicht auf Kosten der Allgemeinheit und auch nicht mit dem Anspruch, irgendeine bedeutsame Rolle für die Allgemeinheit zu spielen.

Auch sollte man dann tunlichst öffentliche Verkündigungen unterlassen, in denen Menschen vorgegaukelt wird, es handle sich bei den eigenen religiösen Wahngedanken um etwas Reales, was tatsächlich einen Einfluss von auf das irdische Geschehen hätte, der über eine mögliche Placebowirkung einer (Auto-)Suggestion hinausgeht. Und ganz besonders sind Kinder vor der Indoktrination mit solchen Phantastereien zu bewahren, wie es auch das Grundgesetz vorsieht.

Fest steht: Die eigene Urururgroßmutter konnte einem durch die Weitergabe ihrer Gene womöglich weitaus, zumindest aber wenigstens tatsächlich hilfreicher sein als ein redebegabter Adeliger aus dem Mittelalter.

Nur elf Monate nach seinem Tod wurde Antonius heilig gesprochen. 1946 erhob ihn Papst Pius XII. in den Rang eines Kirchenlehrers.

Zur Ergänzung: Eugenio Maria Giuseppe Giovanni Pacelli aka Papst Pius XII. ist der Mann, der mit der nationalsozialistischen Regierung im 3. Reich die Konkordatsverträge aushandelte, also die Verträge, die der Kirche umfangreiche Sonderprivilegierungen einräumen, auf die die Kirche bis heute nicht verzichten möchte – sonst müsste sie ja ihr „Wort zum Sonntag“ selbst bezahlen und auf viele weitere, umfassende Zugeständnisse verzichten…

Im Markus-Evangelium heißt es: „Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium.“ Dieser Auftrag sei immer noch aktuell.

Wer die Tatsache, dass allein wegen dieses einzigen Satzes schon Milliarden von Menschen getötet wurden, einfach übergeht, beweist damit entweder eine massive Geschichtsblindheit oder eine vorsätzliche Ignoranz.

  • Der deutsche Philosoph und Religionskritiker Herbert Schnädelbach löste im Jahr 2000 mit einem Artikel in der Zeitung Die Zeit eine Debatte über das Christentum und dem damit verbundenen Missionsbefehl aus. Schnädelbach reihte dabei den Missionsbefehl in eine Kette von sieben Geburtsfehlern des Christentums ein: die Erbsünde, die Rechtfertigung als blutigen Rechtshandel, den Missionsbefehl, den christlichen Antijudaismus, die christliche Eschatologie, den Import des Platonismus und den Umgang mit der historischen Wahrheit. Wenn das Christentum einmal seine sieben Geburtsfehler hinter sich gelassen haben sollte, werde von ihm fast nichts übrig geblieben sein; vor allem werde es sich dann kaum noch von einem aufgeklärten Judentum unterscheiden lassen. Was im Christentum etwas tauge, sei ohnehin jüdisch. (Quelle: Wikipedia)

„Wir dürfen uns nicht in Kirche und Sakristei zurückziehen. Eine Kirche, die sich auf sich selbst zurückzieht und um sich selbst kreist, verliert den Boden.“

Eine Ideologie, an deren Spitze ein erfundenes Wesen steht, hat den Boden schon längst verloren, genaugenommen hatte sie nie einen „Boden.“ Eine religiöse Scheinwirklichkeit lässt sich nicht mehr mit der realen, natürlichen Wirklichkeit der Menschen im 21. Jahrhundert in Einklang bringen, was zum Glück auch gar nicht mehr erforderlich ist.

Nur Menschen, die damit ihr Geld verdienen, haben tatsächlich ein Problem, wenn niemand mehr an ihre Götter, Geister, Gottessöhne glaubt. Das äußert sich dann auf vielfältige Weise, zum Beispiel im Anstieg der Kirchenaustritte, im Rückgang der Priesterschar oder auch in Hassreden von katholischen Hardlinern, die den Schlag nicht gehört haben.

Zugleich gebe es aber immer weniger Menschen, die diesen Auftrag ernst nehmen und annehmen, immer weniger Priester und Ordenleute. Dies habe zur Folge, dass sich die Pastoral gründlich ändern werde.

Das bestimmt, allerdings wahrscheinlich anders, als sich der Redner das wahrscheinlich erhofft. Denn nicht nur immer weniger Menschen sind bereit, eine Scheinwirklichkeit hauptberuflich zu verkünden, auch immer weniger Menschen möchten dies in ihrer Freizeit tun – schon allein die Widersprüche zwischen religiösem Wunsch und natürlicher Wirklichkeit sind viel zu groß, als dass man sie heute noch halbwegs akzeptabel unter einen Hut bringen könnte. Und oben schon erwähnter Hardliner wird nicht müde darauf hinzweisen, dass die Laienschafe das eigentliche Problem des Schafzuchtbetriebes nicht werden lösen können.

Trauer, Abschied, Schmerz seien mit diesen Veränderungen verbunden, aber auch Hoffnung und neue Chancen.

Trauer, Abschied, Schmerz für alle Kirchendiener, die sich über kurz oder lang einen neuen Job werden suchen müssen, Hoffnung, Freude, Erleichterung für alle Menschen, die nicht mehr unter den äußerst schädlichen und negativen Einwirkungen religiöser Wahngedanken, Moralismen und Dualismen leiden müssen.

„Kirche wird sich in Zukunft anders zeigen, nicht an alten Strukturen festhalten, sondern nach dem Willen Gottes fragen“, rief der Bischof den Menschen zu.

Da noch keiner der tausenden Götter, die sich die Menschheit schon ausgedacht hat, jemals auch nur wenigstens ein Mal seinen Willen tatsächlich kundgetan hat, wird auch bei dieser Befragung wieder in Wirklichkeit nur der Wille derer herauskommen können, die hier die Fragen stellen.

Es erinnert stark an das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ – es muss doch mal irgendwann irgendwem auffallen, dass es völlig illusorisch, ein Hirngespinst, eine Fiktion ist, nach dem „Willen“ eines „Gottes“ zu fragen? Offenbar nicht.

Und ganz egal, wie die Kirche ihre Zukunft auch gestalten wird: Es ändert nichts daran, dass die Grundlagen einer monotheistischen Religion niemals wirklich mit einer modernen, humanen Ethik in Einklang gebracht werden können. Schon allein, solange sich diese Kirche noch zur Mission berufen fühlt, Heilsversprechen nur für Anhänger gelten und allen anderen ewige Höllenqualen drohen, solange die Bibel noch bei Bedarf eine übergeordnete Bedeutung hat, so lange bleibt ihr nur, sich mit dem Verschwinden in der Bedeutungslosigkeit zu arrangieren. Oder, mathematisch gesprochen: Durch den heutigen Wissens- und Entwicklungsstand der Menschheit kürzt sich Religion heraus.

Auch der abrahamitisch-jüdisch-christliche Wüstenprovinzgott Jahwe hat schon längst seinen Platz im Museum für alte Götter eingenommen, zwischen Zeus, Hermes, Neptun und Aphrodite. Einige Menschen scheinen das entweder noch nicht bemerkt zu haben, oder sie wollen es einfach nicht wahrhaben und machen einfach so weiter wie bisher.

Es gehe darum die Glut des Glaubens neu zu entfachen.

Ein erschreckend passendes Bild, wenn man bedenkt, wie viele Menschen im Namen und Auftrag eben dieses Glaubens auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden. Noch erschreckender die Vorstellung, dass es jetzt offenbar wieder aus Glaubensgründen brennen soll.

Dazu sei es notwendig, den Kindern und Jugendlichen von den eigenen Gotteserfahrungen zu erzählen. Eltern und Großeltern seien hier gefragt, denn die jungen Menschen suchten echte Vorbilder, um einen eigenen Standpunkt zu gewinnen – heute bei den vielfältigen Möglichkeiten der Lebensentwürfe mehr denn je.

Genau – sie suchen echte Vorbilder, keine erfundenen. Verantwortungsbewusste Eltern bewahren ihre Kinder vor der Vergiftung mit religiösen Wahngedanken und behalten ihre angeblichen „Gotteserfahrungen“ für sich. Außerdem erziehen sie ihre Kinder und Jugendliche dazu, Behauptungen zu hinterfragen und eben nichts wider besseres Wissen, Gewissen, Logik und Vernunft einfach zu „glauben.“ Glauben ist eine Bankrotterklärung an den Verstand.

Ohne die perfide und hinterhältige frühkindliche Indoktrination, wie sie die Kirche systematisch betreibt und betreiben lässt und für die sie besonders die entwicklungsbedingte frühkindliche Kritiklosigkeit schamlos missbraucht, wäre auch das Christentum schon längst im Buch der historischen Glaubensmärchen gelandet.

Immer wieder werde Kirche gleichgesetzt mit Missbrauchs-Skandalen und ähnlichem, und dann gehe das Vertrauen verloren.

Nicht nur das in vielfältigster Ausprägung völlig inakzeptable und höchst kriminelle Verhalten von Religionsdienern (bzw. die vermutliche Spitze des Eisbergs, die davon überhaupt ans Licht kommt), sondern besonders auch die permanente Abwesendheit der göttlichen Grundlage dürfte Grund für das schwindende Vertrauen sein. Wer will heute noch ernsthaft auf eine Illusion vertrauen?

Der Bischof sagte deutlich: „Aber es geht doch nicht um uns, sondern um Jesus Christus.“

Aber nein, Herr Bischof, der biblischen Phantasiefigur „Jesus Christus“ ist es völlig egal, was Sie sagen, denken, behaupten, meinen, hoffen, wünschen… In Wirklichkeit geht es ausschließlich um Sie und um die Menschen, die ebenfalls davon leben, dass Menschen noch an Ihre religiöse Scheinwelt glauben.

Da die Witterung es zuließ, fand im Anschluss an die Eucharistiefeier eine Prozession mit dem Allerheiligsten rund um die Klosteranlage statt.

Das „Allerheiligste“ ist eine Oblate, die nach christlicher Vorstellung in menschliches Fleisch verwandelt wurde. Also nicht etwa nur eine Oblate, die an irgendetwas erinnert, sondern eine Oblate, die nach einer geheimnisvollen Verwandlung tatsächlich menschliches Fleisch ist – zu allem Elend auch noch Fleisch eines Menschen, der vor rund 2000 Jahre von seinem eigenen Vater zu Tode gefoltert worden war, weil dieser so den Menschen seine Liebe beweisen wollte.

Wie wohl die Menschen, die an dieser Prozession teilgenommen haben, reagieren würden, wenn eine andere „Kirche“ als die, von deren Lehre sie infiziert worden waren oder sich (in seltenen Fällen) selbst infiziert hatten, ein Stück verwandeltes Menschenfleisch in einem pompösen Umzug und mit viel Brimborium und Blasmusik durch die Landschaft tragen würde?

Nachtrag: Vor Kurzem wurde mir auf Facebook vorgeworfen, ich stelle in meinen Blogbeiträgen alle Menschen mit Gottesglauben als „dumme Witzfiguren“ dar. Deshalb einmal mehr der Hinweis: Selbstverständlich gestehe ich jedem Menschen seine höchst persönliche, beliebig gestaltbare Auffassung von Wirklichkeit zu – die Gedanken sind frei.

Anders sieht es bei Ideologien aus. So halte ich zum Beispiel die christliche „Lehre“ aus vielen Gründen für äußerst kritikwürdig und demzufolge auch die öffentliche Verkündigung dieser „Lehre“, einer Lehre, die auf der Illusion eines erfundenen Gottes basiert –  eines Gottes, der aber trotzdem wie eine reale Größe dargestellt wird.

Gottesglaube erfordert das Festhalten an Dingen, die offensichtlich nicht der Faktenlage entsprechen – insofern würde die Bezeichnung „dumm“ tatsächlich zutreffen, geht man von der Wikipedia-Definition aus.

Trotzdem verwende ich „dumm“ wegen der negativen Konnotation nicht, was nicht ausschließt, dass jemand zu dem Schluss kommen könnte, dass es eben nun mal tatsächlich ein Zeichen von Dummheit sein könnte, bestimmte Dinge zu glauben, besonders dann, wenn man diese Dinge vielleicht zum ersten Mal nicht aus einem religiös-indoktrinierten, sondern aus einem objektiven Blickwinkel betrachtet.

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