In diesem Beitrag belästigte ein zweifelnder Besucher den Beantwortungspfarrer von fragen.evangelisch.de einmal mehr mit der unangenehmen Frage, warum Gott nichts gegen das Leid und Elend auf der Erde unternimmt und ob Beten in Wirklichkeit nicht vielleicht doch nutzlos sei.
Der zuständige Ich-beantworte-die-Fragen-die-mir-in-den-Kram-passen-Pfarrer beginnt seine Ausführungen mit dem erstaunlichen Hinweis, dass Zweifel am Glauben eine „gute Sache“ sei.
Wie kaum anders zu erwarten, kommt er allerdings nicht zu dem Schluss, zu dem man als erwachsener, halbwegs aufgeklärter, Vernunftbegabter, einigermaßen logisch denkender Mensch im 21. Jahrhundert kommen sollte, wenn man einen Götterglauben einmal tatsächlich, ohne religiöse Immunisierung und nicht nur bis zur erforderlichen Denkgrenze hinterfragt:
- Bis zum Beweis des Gegenteils existieren keine Götter, Geister oder Gottessöhne.
- Auch der christliche Wüstengott ist, genauso wie alle anderen Götter auch, nichts weiter als eine menschliche Fiktion, eine Projektionsfläche für menschliche Wünsche und Ängste.
Wie extrem empfindlich der christliche Glaube gegen Zweifel tatsächlich ist, sieht man schon daran, dass auf der Webseite fragen.evangelisch.de Fragen oder Kommentare von Leuten, die sich von unlogischen Scheinargumenten nicht an der Nase herumführen lassen, weder veröffentlicht, noch beantwortet werden – weil sie mit religiöser „Logik“ redlicherweise nicht beantwortbar sind.
Nein, bei Herrn Pfarrer erwächst aus dem Zweifel „hingegen ein reflektierter und tieferer Glaube.“ Wunsch und Wirklichkeit. Je reflektierter und tiefer ein (religiöser) Glaube, desto umfassender der Denkverzicht. Glaube, also das Akzeptieren von unbewiesenen Behauptungen sogar wider besseres Wissen, ist das genaue Gegenteil von Zweifel.
Wie schon aus früheren Beiträgen gewohnt, gelingt es dem Beratungspfarrer auch bei dem nun folgenden Versuch einmal mehr nicht, die Theodizeefrage auch nur annähernd halbwegs befriedigend zu beantworten:
Ich lebe in einer Welt, in der Freude und Leid dazugehören. Ich glaube, dass dies die Welt ist, die Gott geschaffen und gewollt hat.*
Wenn ein angeblich allmächtiger Gott, der es angeblich mit der Trockennasenaffenart, die sich ihn ausgedacht hat und die an ihn glaubt, auch noch gut meint, trotz seiner göttlichen Allmacht nichts gegen das Leid auf der Welt tut, dann ist er ein Sadist und kein „lieber Gott.“ Daran ändert sich auch nichts, dass Herr Pfarrer noch ergänzt:
„Dennoch glaube ich nicht, dass er das Leid des Menschen will.“
Dieses Beispiel zeigt einmal mehr, in welche Nöte die heillose Unlogik und unauflösbare Widersprüchlichkeit der Annahme eines erfundenen Wüstengottes mit ausnahmslos erfundenen Eigenschaften Menschen bringen kann, die sich förmlich einen abzappeln beim Versuch, diese redlicherweise nicht beantwortbare Frage irgendwie zu bewältigen.
Spätestens wenn er sich seine Antwort nochmal durchliest, müsste er doch selbst bemerken, dass die Aussage „Ich erlebe eine Welt mit Freud und Leid, ich glaube, dass Gott die Welt so (also inkl. Leid) gewollt hat und gleichzeitig glaube ich nicht, dass er das Leid des Menschen will.“ objektiv betrachtet schlicht unsinniges, unlogisches Geschwurbel ist.
Und es wird nicht besser, im Gegenteil. Herr Pfarrer ist nämlich gar der Ansicht, dass sein Gott die Menschen (also offenbar auch die, die gar nicht an ihn glauben oder die das Glück haben, nie von ihm erfahren zu haben) antreibt, Leid (das er nicht verhindert) zu überwinden.
Der Gott, wie sich Herr Pfarrer ihn vorstellt, ist also Sadist – und trotzdem sei es sinnvoll, zu diesem Gott auch noch zu beten, weil sich so dessen Nähe spüren lassen könne. Sowas schreibt sich natürlich besonders leicht, wenn man mit gesichertem Einkommen und halbwegs gesund in Nordwesteuropa des 21. Jahrhunderts lebt.
Diese Überlegungen, wenn sie tatsächlich ernst gemeint sein sollten (was zu befürchten ist), sind so grotesk, unlogisch und absurd, dass man sie geradezu als eine Beleidigung des klaren Denkens bezeichnen muss. Wohl nicht mal gläubige Christen dürften außerhalb eines religiösen Kontextes bereit sein, eine solche Argumentation als irgendwie sinnvoll oder wenigstens möglicherweise bedeutsam anzuerkennen.
Dabei darf man nicht vergessen, dass die christliche Kirche jährlich mit Milliardensummen staatlich subventioniert wird und in vielen Bereichen mit umfangreichen Sonderprivilegien ausgestattet ist, um solche „Weisheiten wider Vernunft, Logik und Verstand“ öffentlich verkünden zu können.
Orientiert man sich an der realen, natürlichen, beobacht-, mess- und erlebbaren Wirklichkeit, so lässt sich die Theodizeefrage erfreulich einfach beantworten: Gott tut nichts gegen das Leid auf der Erde, weil er bis zum Beweis des Gegenteils nichts weiter als eine menschliche Fiktion ist. Was geschieht, ist die Folge von etwas, was dazu geführt hat.
Da die Existenz von Göttern bis heute nicht bewiesen werden konnte und diese „Existenz“ deshalb ausschließlich davon abhängt, dass Menschen an sie glauben, ist es völlig sinnlos, sich auch nur eine Sekunde Gedanken über mögliche Eigenschaften oder Absichten von Göttern zu machen.
Gleiches gilt für Gebete – noch keines wurde jemals von irgendeinem Wesen erhört im dem Sinne, dass dieses Wesen daraufhin nachweislich den Lauf der Dinge verändert hätte. Wer zu einem Gott betet, täuscht sich selbst, wer Menschen empfiehlt, zu beten, täuscht andere Menschen und führt sie in die Irre.
*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Artikel.
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