Kommentar zu NACHGEDACHT 184: Der neue Name, am Beispiel Jahwe

Lesezeit: ~ 5 Min.

Kommentar zu NACHGEDACHT 184: Der neue Name…, Originalartikel zum Thema Namensbedeutung am Beispiel Jahwe, verfasst von Christina Lander, veröffentlicht am 17.7.16 von osthessennews

Weil das Thema Heiraten ja schon im letzten NACHGEDACHT behandelt wurde, solls diesmal um Jahwe gehen, der in der heutigen Ausgabe als Beispiel für die Bedeutung von Namen herhalten muss.

Sind Sie mit ihrem Namen zufrieden?*

Wen meinen Sie mit „ihrem“?

Wie man heißt, passt scheinbar zu uns.

Sie meinen, es erweckt nur den trügerischen Schein und ist in Wirklichkeit aber gar nicht so? Oder ist „anscheinend“, also „wahrscheinlich schon so, wie es scheint“ gemeint?

Ich bin da – in deinem Kopf

Dass Namen etwas über den Namensträger aussagen sollen, zeigt uns das Alte Testament, als sich Gott Mose offenbart. Er hört den Namen Gottes zum ersten Mal. Gott sagt in der Bibelstelle: „Ich bin der Ich bin da!“

Kein Wunder, dass dem wohl überwiegenden Teil der Christenschar die Details zur Herkunft und zur Vorgeschichte „ihres“ Gottes nicht mal ansatzweise bekannt sind. Passen diese geschichtlichen Fakten doch so gar nicht zum gewünschten monotheistischen Gottesbild.

So ähnlich, wie unter Verwendung eines möglicherweise tatsächlich belegbaren Jesus von Nazaret später die Phantasiefigur „Jesus Christus“ erschaffen wurde, basiert auch der „Liebe Gott“ der Christen auf einer „historischen“ Vorlage.

Natürlich nicht historisch in dem Sinne, dass es Gott jemals wirklich gegeben hätte – auch Jahwe ist bis zum Beweis des Gegenteils genauso eine rein menschliche Erfindung wie jeder andere Gott auch. Deshalb ist auch nicht Jahwe selbst historisch, sondern die Tatsache, dass sich ihn Menschen schon in früherer Zeit ausgedacht hatten.

Jahwe: Vom verheirateten Wetter-, Wüsten- Kriegsott zum Christengott

Über die Herkunft und Hintergründe Jahwes berichtet Dr. Heinz-Werner Kubitza in seinem sehr interessanten und lesenswerten Buch Der Dogmenwahn:***

Für einen Gott, der später als vor dem Ursprung der Welt zeitlich verortet wird, taucht Jahwe erst recht spät auf. Erst in der späten Bronzezeit finden sich erste Spuren von ihm. Da waren seine Götterkollegen in Ägypten, in Mesepotamien und Syrien schon viele Jahrhunderte im Amt. Jahwe kommt aus der religiösen Provinz, er entstammt nicht dem Götterpantheon der Ägypter, Babylonier oder Assyrer, ja er kommt nicht einmal aus Israel.

In zwei ägyptischen Ortsnamenslisten finden sich die ältesten Belege. Der älteste geht auf die Zeit Amenophis III. zurück (1390-1353 v. Chr.), der jüngere Beleg ist eine Kopie zur Zeit Ramses II. (1279-1213 v. Chr.). Die Rede ist vom „Land der Schasu-Nomaden von Jahwe“. Hier ist noch nichts über den Ort gesagt, wohl aber über den Charakter dieses Gottes. „Jahwe war demnach ursprünglich ein Gott von Nomaden und nicht ein Gott des Kulturlandes.“

Wo aber kam er her? Die Forschung ist sich weitgehend einig, dass Jahwes früher Wirkungskreis am ehesten im edomitischen Bergland südlich von Israel zu suchen ist, im heutigen südlichen Jordanien. […] Und auch die Beschreibung und Erwähnung von Bergen und Gebirgen (Sinai, Paran) lassen darauf schließen, dass Jahwe in seinen Anfängen ein Berggott war, wie auch andere altorientalische Götter mit Bergen in Verbindung gebracht und auf Bergen und Anhöhen verehrt worden sind. Auch Baal wurde schon so beschrieben. […]

Woher kommt der Name Jahwe?

Welche Bedeutung hat aber der Name „Jahwe“? Gläubige denken hier an Ex 3,14, wo diese Frage mit „Ich bin der, als der ich mich erweisen werde“ beantwortet wird, einem geheimnisvollen Wort, das auch philosophischer Spekulation scheinbar einen Weg ebnen kann.

[…] Der Jahwename würde dann vom westsemitischen Verb Hajah (sein/da sein) abgeleitet. Die meisten Forscher jedoch bevorzugen als etymologischen Beginn eher (für den edomitischen oder nordarabischen Gott) die Herleitung mit arabischen Wurzeln aus dem Verb HWJ und mit der Bedeutung von „wehen“ oder „fallen“. Der Jahwename wäre dann wiederzugeben als „er weht“.

Jahwe wäre dann ursprünglich ein Wettergott gewesen. Dass diese Deutung einiges für sich hat, lässt sich an alttestamentlichen Stellen vielfach zeigen. […] In Ps 18  lesen wir:

Er neigte den Himmel und fuhr herab, zu seinen Füßen dunkle Wolken. Er fuhr auf dem Kerub und flog daher; er schwebte auf den Flügeln des Windes.
Er hüllte sich in Finsternis, in dunkles Wasser und dichtes Gewölk wie in ein Zelt.
Von seinem Glanz erstrahlten die Wolken, Hagel fiel nieder und glühende Kohlen.
Da ließ der Herr den Donner im Himmel erdröhnen, der Höchste ließ seine Stimme erschallen.
Er schoss seine Pfeile und streute sie, er schleuderte Blitze und jagte sie dahin. (Quelle: Ps 18, 10-15)

Kriegsgott Jahwe

Wäre ein Berg- und Wettergott ja noch eine vergleichsweise harmlose Fiktion, so beschreibt Kubitza im Folgenden ausführlich Jahwes Karriere als Kriegsgott.

[…] Doch Jahwe war in seinen Anfängen und über viele Jahrhunderte hinweg auch ein Kriegsgott. Dies geht aus unbestritten sehr alten Texten wie dem Deborahlied in Ri 5 und dem Mirjamlied Ex 15,21 hervor. Und offenbar hat es sogar ein Verzeichnis der „Kriege des Herrn“ gegeben (Num 21,14). „Des Herrn Kriege“ scheint fast ein stehender Ausdruck gewesen zu sein (1 Sam 18,17; 25,28).

Er kommt zu dem Schluss:

[…] Jahwe war also nicht nur Berg- und Wettergott, sondern auch noch Kriegsgott. Heutigen Gläubigen würde allerhand zugemutet, würden sie sich wirklich ernsthaft mit der Herkunft ihres Gottes beschäftigen.

[…] Und für Gläubige ist die Tour der Leiden noch immer nicht vorüber. Wir haben es schon angedeutet: Lange bevor Jahwe zum Aushängeschild für den Monotheismus wurde, war er über vielleicht sogar 1000 Jahre ein natürlicher Spross einer polytheistischen Umwelt.

Auch wenn im Namen Gottes unzählige Menschen verfolgt, gequält, unterdrückt, gefoltert und getötet wurden: Als Kriegsgott war Jahwe himself nicht wirklich „erfolgreich.“ Es sei denn, man definiert das anhaltende Führen von Kriegen und nicht das Erreichen von Frieden als „Erfolg“ für einen Kriegsgott.

Jahwe war verheiratet

Und schließlich erreichen wir thematisch doch noch den ursprünglichen Anlass des heutigen NACHGEDACHT-Beitrages. Denn auch Jahwe wurde lange mit einer Gefährtin oder Gemahlin gedacht. Jahwe war verheiratet.

Seine Frau hieß (oder besser: heißt?) Aschera. Die kanaanäische Götten war zuvor die Frau von Gott El (das ist der, dem Israel seinen Namen verdankt). Immerhin: Partnerschaften von Geschiedenen waren unter Göttern damals offenbar kein Problem.

Da Jahwe in einigen Bereichen quasi der Nachfolger von El wurde, übernahm er auch gleich dessen Gattin Aschera (natürlich alles nur in der Vorstellung der Menschen). Aschera wurde seinerzeit nachweislich genauso verehrt wie die vielen anderen Göttinnen und Götter dieser Zeit. Natürlich passte die Vorstellung einer Gemahlin nicht zu der eines alleinherschenden Gottes.

Deshalb wurde Aschera schon im Alten Testament praktisch völlig verbannt. Dennoch existieren etliche außerbiblische Quellen, die einen regen Aschera-Kult belegen und auch die Beziehung der Göttin zum Provinzgott Jahwe.

Leider taucht die offenbar sympathische Fruchtbarkeitsgöttin heute kaum noch irgendwo auf. Wer weiß, wie die Welt heute aussehen würde, hätte sie sich damals gegen ihren misanthropen Ehemann durchgesetzt? Dieser Frage geht der sehenswerte Film „Das Brandneue Testament“ auf den Grund.

Kriegerischer Provinzgott als Gott der Liebe?

Ein sehr bedeutungsstarker Name, der uns etwas über die Liebe Gottes sagen möchte, über sein Wesen, seine Anwesenheit in unserem Leben.

Dass jemand „da“ ist sagt erstmal noch nichts über dessen Liebe aus. Auch die gerade kurz ausgeführten Hintergründe, aber auch das gesamte Gottesbild im Alten sowie im Neuen Testament zeigen, dass der Christengott alles andere als ein Gott der Liebe ist.

Zum Gott im Alten Testament erübrigt sich jeder Kommentar. Hier haben wir es mit einem kriegslüsternen, sadistischen, launenhaften, unfähigen, offenbar schizophrenen und brutalen Hirngespinst zu tun. Ein Gott, der seine Liebe nur seinem „auserwählten Volk“ in Aussicht stellt, bevorzugt in der Form, dass er ihm dabei hilft, Feinde systematisch zu vernichten. Und der seine gesamte Schöpfung bis auf ein Boot auch schon mal ausradiert, wenn er merkt, dass sie doch nicht so toll war wie gedacht.

Auch im Neuen Testament wird es nicht wirklich besser, im Gegenteil. Gott mag da vielleicht angenehmer erscheinen, aber der Schein trügt. Liebe gibts nur für alle, die sich ihm bedingungslos bis zur Selbstaufgabe unterwerfen (kein Wort von liberal!). Und dann auch nur nach göttlichem Gutdünken. Auf alle anderen warten zeitlich unbegrenzte physische und psychische Höllenqualen.

Gottes Liebe ist nicht etwa eine universelle, bedingungslose Liebe, wie sie Christen ihrem Wunschgott gerne zuschreiben. Orientiert man sich an den vorhandenen Fakten und nicht am eigenen Wunschbild, ist das genaue Gegenteil ist der Fall. Der HERR steht auf Menschenopfer und tut trotz seiner Allmacht nichts gegen irdisches Leid und Elend. Eine seltsame Art, Liebe zu zeigen…

Und so wundert es kaum, dass selbst die Pfarrerin der evangelischen Online-Beratungsstelle zustimmt: Es gibt keinen Grund, an Gott zu glauben.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Artikel.
**Wir haben keinen materiellen Nutzen von verlinkten oder eingebetteten Inhalten oder von Buchtipps.

***Die kursiv gesetzten Abschnitte stammen aus dem Buch Der Dogmenwahn: Scheinprobleme der Theologie – Holzwege einer angemaßten Wissenschaft von Heinz-Werner Kubitza

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