Gedanken zu: Wort des Bischofs – Gott suchen und finden

Lesezeit: ~ 4 Min.

Gedanken zu: Wort des Bischofs – Gott suchen und finden, verfasst von Herrn Woelki, veröffentlicht am 16.10.2016 von domradio.de

[…] Doch ganz, egal ob wir Menschen uns direkt an Gott wenden oder ob wir die Fürsprache der Gottesmutter oder anderer großer Heiliger erbitten, immer sind wir Menschen auf der Suche nach dem Dialog mit Gott. Auf der Suche nach seiner Nähe.*

Herr Woelki, auch wenn es sich vielleicht Ihrer Wahrnehmung entzieht: Nein, „wir Menschen“ sind keineswegs „immer“ auf der Suche nach dem Dialog mit Ihrem Gott.

Zum Glück nimmt die Zahl derer stetig ab, die Geister, Götter und Gottessöhne noch für wahr oder bedeutsam halten. Und die es ernsthaft für sinnvoll halten, mit solchen Wesen aus der religiösen Scheinwirklichkeit Kontakt aufnehmen zu wollen.

Gott suchen – aber wozu?

Wieso sollten Menschen überhaupt nach einem Dialog mit Gott suchen? Warum sollten sie nach seiner Nähe suchen? Ausgerechnet die Nähe eines Wesens, das trotz angeblicher Allmacht, Allwissenheit und Allgüte nichts gegen das unvorstellbar große Leid und Elend eines Teils seiner angeblichen Schöpfung unternimmt? Dessen angebliche Liebe an die Bedingung geknüpft ist, sich ihm als übergeordnete Macht bedingungslos zu unterwerfen?

Wir Menschen spüren tief in unserem Innersten, dass uns ohne Gott etwas fehlt.

Herr Woelki, ich zähle mich auch zu „wir Menschen.“ Und ich versichere Ihnen: Mir fehlt weder der von Ihnen imaginierte Berge-Wetter-Wüsten-Kriegsgott Jahwe, noch sonst irgendein Gott. Ganz im Gegenteil. Gottes einzige Entschuldigung ist, dass er nicht existiert.

Wie würden Sie es finden, wenn ich schreiben würde: „Wir Menschen spüren tief in unserem Innersten, dass Gott eine von Menschen frei erfundene Illusion ist.“ ?

Herr, ich bin nicht würdig…

Selbst wenn wir ein unbeschwertes, sorgenfreies Leben führen und das Glück gerade nur auf unserer Seite ist – irgendwas fehlt.

unwürdigKirchen (und deren Bedienstete) leben davon, dass Menschen möglichst immer einen Mangel empfinden.Und deshalb reden sie ihren Schafen alle möglichen Mängel ein. Zum Beispiel einen Mangel an Würde, die ja laut Gesetz hierzulande unantastbar ist: „Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach…“ .

Oder auch einen Mangel an Rechtschaffenheit.  Und an der Fähigkeit, ein glückliches Leben nach ethischen Standards zu leben. Durch das Einreden einer (perfiderweise angeblich ebenfalls von Gott selbst festgelegter) Erbsünde.

Denn je schuldiger, unvollkommener, kränker, sündiger und damit erlösungsbedürftiger sich jemand fühlt, umso leichter fällt er auf vermeintlich hoffnungsvolle Illusionen herein. „…aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“

Wenn Gott menschliche „Seelen“ mit nur einem Wort heilen könnte, es aber nicht tut, ist ihm da nicht unterlassene Hilfeleistung vorzuwerfen? Ist Gott unfähig, unwillig, Sadist oder einfach nicht existent?

Kirchen leben von Menschen, die bereit sind, diese hoffnungsvolle Illusion als Sinn ihres Lebens anzuerkennen. Statt sich selbst darum zu kümmern, nach einem individuellen Sinn ihres Lebens zu suchen. Und vielleicht sogar zu finden. Im Diesseits. Und sich damit abzufinden, dass es außer dem jedem Lebewesen innewohnenden Streben, das persönliche Wohl zu mehren und Wehe zu vermeiden, kein übergeordneter, existentieller Sinn erkennbar ist.

Ein Umstand, der es weder erforderlich macht noch legitimiert, einen Sinn zu erfinden und diesen als uneingeschränkt und ausschließlich wahr zu behaupten.

She cried: more, more more

Wir Menschen sind immer auf der Suche nach diesem MEHR. Irgendetwas, was unserem Leben Halt und Sinn und Orientierung gibt.

Das mag sicher auf viele, wenn auch nicht pauschal auf alle Menschen zutreffen. Da Religionen nur auf menschlichen Phantasien, Wünschen und Ängsten beruhen, können sie bestenfalls so viel Halt, Sinn und Orientierung geben wie eine Flasche Schnaps. Eine nur vermeintlich hoffnungsvolle Illusion.

Denn trotz der riesigen Götterschar, die sich die Menschheit schon ausgedacht hat, hat noch kein Gott jemals auch nur einmal seriös belegbar ins Geschehen eingegriffen. Und auch die Argumente für ein Jenseits mit Himmel und Hölle sind in etwa so stark wie die Argumente, die dafür sprechen, dass Blitz und Donner durch den Zorn des Donnergottes verursacht werden.

Aber nicht nur im hier Mariendom, überall wo Menschen wirklich auf der Suche sind, können wir Gottes Nähe erfahren.

Woran unterscheiden Sie, ob Menschen wirklich oder unwirklich auf der Suche sind? Woran können Menschen erkennen, dass es tatsächlich die Nähe des von Ihnen behaupteten Gottes ist, was sie spüren? Und nicht die eines der vielen tausend anderen Götter, die sich die Menschen schon ausgedacht haben?

Wessen Nähe?

Oder gar einfach nur die Nähe der anderen Menschen? Dazu ein paar feierliche Gefühle, hervorgerufen durch eine biochemische, neuronale, auf jeden Fall aber rein körperliche Reaktion auch schummeriges Licht und vielleicht ein bisschen Weihrauch?

Alles was nötig ist, ist ein offenes Herz, dass die Nöte und Sorgen unserer Mitmenschen nicht ausblendet.

Was haben die Nöte und Sorgen unserer Mitmenschen mit Ihrem Gott zu tun? Was hat Ihr Gott außerhalb Ihrer Vorstellung überhaupt mit der Welt zu tun? Wie können sie sichergehen, dass er es ist, der in der irdischen, natürlichen Wirklichkeit wirkt? Und nicht nur in Ihrer Wunschvorstellung?

Nötig sind offene Augen, die in der Schöpfung die Herrlichkeit Gottes entdecken.

Das heißt, bei Wirbelstürmen, Tsunamis, Erdbeben, Vulkanausbrüchen, Epedemien… sollte man die Augen geschlossen halten? Oder zeigt sich auch darin die Herrlichkeit Ihres Gottes? Auf welchen Erkenntnissen oder Beobachtungen beruht Ihre Annahme, es gäbe einen Schöpfer?

Oder offene Ohren, die die göttliche Melodie unseres Lebens nicht überhören.

Was soll damit konkret gemeint sein?

Wenn dann noch ein offener Mund dazu kommt – sei es vor Erstaunen über Gottes Liebe oder um in den Lobpreis Gottes einzustimmen, dann sind wir dem Himmel hier auf Erden wirklich schon sehr nahe.

Was verstehen Sie unter dem Begriff „Himmel“? Wieso sollten wir auf Erden dem, was Sie mit Himmel bezeichnen, sehr nahe sein wollen?

Herr Woelki,

woher wissen Sie das alles, was Sie hier über Gott und dessen angebliche Eigenschaften, Absichten oder Verhaltensweisen behaupten? Wenn Sie es gar nicht wissen, sondern nur glauben: Warum behaupten Sie etwas, was Sie nur für wahr halten, ohne dass Sie es wissen (können)?

Wenn ich zum Beispiel Ihre Aussagen so behaupten würde und dabei aber Ihren Gott Jahwe durch Zeus, Anubis oder das Fliegende Spaghettimonster ersetze: Woran könnte ich erkennen, dass ich falsch liege? Und Sie richtig?

Warum sollten Menschen Ihren Gott suchen? Wenn sie meinen, ihn gefunden zu haben: Woran können sie erkennen, dass es wirklich ein und dann auch noch genau dieser Gott ist, den sie gefunden haben?

Bedeutet Gott suchen nicht einfach nur, irgendwelche Wahrnehmungen als „Beweis“ für die Existenz eines Gottes anzuerkennen? Ohne dass es dafür stichhaltige Beweise gibt? Oder zumindest einen guten Grund zur Annahme? Und was ändert sich dadurch?

Wenn irgendein Allmächtiger irgendetwas von uns verlangt, wieso teilt er es uns dann nicht einfach mit? Wieso lässt er zu, dass über 1.2 Milliarden Menschen in Leid und Elend leben? Wo er es doch so gut meint mit einigen Vertretern einer bestimmten Trockennasenaffenart, wegen derer er alles erschaffen haben soll?

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Artikel.
**Bilder: PD – pixabay.com

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