Gedanken zu: IM WORTLAUT „Rede und Antwort stehen“ – Von Bischof Heinz Josef Algermissen, veröffentlicht am 06.10.16 von Osthessennews
„Ein großes Problem: Immer mehr Christen können immer weniger Auskunft über ihren Glauben geben. Sprachlosigkeit hat sich breit gemacht. Und das in einer Welt, die viele Fragen stellt, auf Antwort wartet.*
Groß ist dieses Problem in erster Linie für Menschen, deren Lebensunterhalt davon abhängt, dass es noch Menschen gibt, die ihre religiöse Scheinwirklichkeit für wahr halten.
Und das eigentliche Problem dürfte ein anderes sein: Nämlich die Tatsache, dass immer weniger Christen Auskunft über ihren Glauben geben wollen. Denn wer möchte heute noch Rede und Antwort stehen, wenn er zugeben muss, dass er noch an Götter, Geister und Gottessöhne glaubt? Dass er somit Dinge für wahr hält, die augenscheinlich und bis zum Beweis des Gegenteils nun mal nicht wahr sind?
Ein solch irreales Verhalten mag man vielleicht bei kleinen Kindern für angemessen halten. Wer als ansonsten klar denkender Mensch ernstgenommen werden möchte, kann kaum gleichzeitig die tatsächliche Existenz einen archaischen Wüstengottes aus der Bronzezeit behaupten.
Die Weitergabe des Glaubens an die kommende Generation wird auf dem Hintergrund dieser Situation zu einem Lebensproblem.
Aus Sicht eines Bischofs mag das sicher zutreffen. Für alle anderen gilt: Religionsfreiheit bedeutet auch Freiheit von Religion. Frühkindliche Indoktrination, wie sie von den christlichen Kirchen systematisch, staatlich privilegiert und subventioniert durchgeführt wird, ist ein beispielloser Skandal.
Ausgerechnet eine Ideologie, die behauptet, im Besitz einer höheren Wahrheit zus ein, macht sich äußerst verdächtig, wenn sie solch perfide Methoden nötig hat.
Etwas Wesentliches – aber was?
Dabei könnten es gerade wir Christen sein, die etwas Wesentliches zu sagen haben.
Was sollten denn Christen aufgrund ihres Christseins Wesentliches zu sagen haben? Wie „wesentlich“ kann etwas sein, was auf Illusionen und Fiktionen basiert? Und auf Moralismen und Verhaltensregeln aus der Bronzezeit und aus dem Vormittelalter? Von Menschen erdacht, um ein kleines, primitives Wüstenvolk einfacher führen zu können?
Diese Geschichten sind für die heutige Zeit schlicht so bedeutungslos geworden wie alle anderen Göttersagen und -mythen auch.
Jesus ermutigt dazu: „Ihr seid das Licht der Welt…, ihr seid das Salz der Erde“ (Matthäus 5,13ff).
In der fiktiven Bergpredigt legt der anonyme biblische Autor seinem literarischen Jesus Christus wenige Zeilen weiter folgende Worte in den Mund:
- Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen. (Mt 5,17 EU)
Damit wird festgelegt, dass das Alte Testament („Gesetz und die Propheten“) grundsätzlich weiterhin gültig bleibt. Aber trotzdem lässt der Autor seinen Jesus im selben Textabschnitt erklären, welche Aussagen aus dem Alten Testament entgegen dieser Festelegung doch nicht mehr gelten sollen, wie zum Beispiel hier:
- Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen. Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen. (Mt 5,27-28 EU)
Was geschieht mit Menschen, die sich als „das Licht der Welt“ und als „das Salz der Erde“ fühlen? Obwohl sie sich nicht mal die irdische, natürliche Realität halten?
Rede und Antwort
[…] „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt; aber antwortet bescheiden und ehrfürchtig, denn ihr habt ein reines Gewissen“ (1 Petrus 3,15 und 16).
Diese hier gepredigte Bereitschaft trifft man indes nur äußerst selten an. So rein scheint das Gewissen dann offenbar doch nicht immer zu sein. Besonders dann, wenn es um die Dissonanz zwischen religiösem Wunsch und natürlicher Wirklichkeit geht. Weiter gehts an dieser Stelle so:
- Und wenn ihr auch leidet um der Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig.
Mit Sätzen wie diesen wurde schon unzähliges menschliches Leid legitimiert, das angeblich „um der Gerechtigkeit willen“ erlitten werden musste. Das wohl bekannteste Beispiel für die Erhebnung von Leid zur Tugend ist „Mutter Teresa“, der „Todesengel von Kalkutta.“. Und wenige Zeilen vorher lesen wir (wenn wir es nicht überlesen):
- Desgleichen sollt ihr Frauen euch euren Männern unterordnen, damit auch die, die nicht an das Wort glauben, durch das Leben ihrer Frauen ohne Worte gewonnen werden, wenn sie sehen, wie ihr in Reinheit und Gottesfurcht lebt. (1 Petrus 3, 1-2 LUT)
Ist das das Wesentliche, was Christen heute meinen, noch beitragen zu können? Weswegen sie meinen, Rede und Antwort stehen zu müssen?
Schmähungen made in Fulda
[…] Und durch ihre Andersartigkeit gerieten sie sogar so weit ins Abseits, dass sie Schmähung und Verfolgung hinnehmen mussten.
Was die hiesige Situation angeht, so sind es die Un- und Andersgläubigen, die Schmähung hinnehmen müssen. Jedenfalls, wenn es nach Herrn Algermissen geht.
Es mag für viele Fragende und Ratsuchende ein recht deprimierendes Erlebnis sein, auf Christen zu treffen, die über das, was sie glauben, nichts sagen können.
Noch deprimierender ist es, Antworten und Rat von Menschen zu erhalten, die in einer um religiöse Scheinwirklichkeiten erweiterten Realität leben. Die einfach so tun, als gäbe es den von ihnen angenommenen und verehrten Gott wirklich. Und zwar entgegen jede Logik, Vernunft, gegen den Verstand und entgegen der intellektuellen Redlichkeit. Wie schon geschrieben, wundert es mich nicht, dass immer weniger Menschen mit solchen Hirngespinsten Rat und Antwort geben wollen.
Liegt es vielleicht auch daran, dass es nicht mehr „in“ ist, so etwas wie ein ABC des Glaubens zu lernen?
Nein. Es liegt daran, dass das ABC des Glaubens nicht mehr „in“ ist. Ohne einen massiven Denkverzicht ist es redlicherweise nicht möglich, zum Beispiel auch nur eine Zeile des katholischen Glaubensbekenntnisses als wahr zu akzeptieren. In Gedanken vielleicht – aber nicht, wenn man Rede und Antwort stehen muss.
„Hoffnung verkommt vielfach zum bloßen Optimismus“
Hoffnung verkommt vielfach zum bloßen Optimismus, wenn nicht das Wissen um den lebendigen Gott im Hintergrund steht. Optimistische Reden schieben zumeist den Menschen in den Mittelpunkt, nach dem Motto: „Wir werden das schon selbst schaffen.“ Wer indes nur auf sich selbst setzt, sitzt bald auf dem Boden.
Berufsmisanthrop Algermissen nutzt auch diesmal wieder die Gelegenheit, sein katastrophales Menschenbild unter Beweis zu stellen: Nein, mit eigenen Mitteln haben Menschen natürlich keine Chance. Und keinen Grund, optimistisch zu sein. Dazu braucht es schon seinen Wetter-Berge-Wüsten-Kriegsgott Jahwe, den sich die Menschen in der Bronzezeit ausgedacht hatten.
Was soll denn „bloßer Optimismus“ sein? Welches Wissen kann man denn vom „lebendigen Gott“ haben? Außer das Wissen, dass es ihn nicht gibt? Und warum soll diese Hoffnung hilfreicher sein, wo es sich dabei doch nur um eine hoffnungsvolle Illusion handelt? Was für eine arrogante, überhebliche und absurde Behauptung.
Überzeugende Antworten
[…] Ehrfurcht ist eine Haltung, die auf den Fragenden eingeht und sich dabei müht, überzeugende Antworten zu suchen. Sie nimmt das Gegenüber ganz und gar ernst.
Welch heuchlerische und selbstgerechte Aussage für einen Menschen, der Un- und Andersgläubige als große Gefahr für die Mitwelt bezeichnet. Die beiden Verse aus dem Petrusbrief sind nicht aktuell, sondern uralt und für die heutige Zeit bedeutungslos. Und auch gar nicht an Fuldaer Bischöfe adressiert (Hervorhebung von mir):
- Petrus, ein Apostel Jesu Christi, an die auserwählten Fremdlinge, die verstreut wohnen in Pontus, Galatien, Kappadozien, der Provinz Asien und Bithynien, die Gott, der Vater, ausersehen hat durch die Heiligung des Geistes zum Gehorsam und zur Besprengung mit dem Blut Jesu Christi: Gott gebe euch viel Gnade und Frieden! (1. Petrus 1, 1-2 EU)
Probe aufs Exempel
Na, dann will ich doch gleich mal herausfinden, wie es um die bischöfliche Ehrfurcht bestellt ist. Und stelle Ihnen hiermit mal folgende Frage:
Herr Algermissen, warum sollte ich (oder sonst jemand) an Gott glauben?
Gebe Gott, dass wir wieder sprechen lernen von unserem Glauben als von einer begründeten tiefen Hoffnung, die sich in unserem Leben widerspiegelt.
Hätte ein angeblich allmächtiger, allwissender und allgütiger Gott tatsächlich ein Interesse darn, dass eine bestimmte Trockennasenaffenart die Geschichten, die sich andere Menschen über diesen Gott vor mehreren tausend Jahren ausgedacht hatten für wahr hält, dann würde er sicher dafür sorgen können. Wenn er es nicht tut, wird er ebenso sicher seine Gründe dafür haben.
Ein fiktives Wesen darum zu bitten, dass es Menschen dabei helfen möge, seine eigene Existenz auch weiterhin zu behaupten, ist so hoffnungslos unlogisch und bar jeder Vernunft, dass es fast schon weh tun kann. Denn wenn einer nicht Rede und Antwort steht, dann ist das Gott.
*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten Artikel.
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Aha - Frau Kiess redet sich ein, Ihr Gott meine es gut mit "uns". Schon mal was von der Theodizee-Problematik…