Silvestergottesdienst im vollbesetzten Dom – Bischof Algermissen: „Der Weihnachtsbotschaft gehört die Zukunft“

Lesezeit: ~ 7 Min.

Gedanken zu: Silvestergottesdienst im vollbesetzten Dom – Bischof Algermissen: „Der Weihnachtsbotschaft gehört die Zukunft“, Originalartikel verfasst von bpf, veröffentlicht am 31.12.2016 von Osthessennews

Vor dem dunklen Hintergrund der Bilder blutiger Gewalt des zu Ende gehenden Jahres hätten Christen die Chance, die Weihnachtsbotschaft neu zu entdecken, betonte der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen am Samstagabend im vollbesetzten Fuldaer Dom.*

An diesen Zeilen erkennt man, dass Menschen wie Herr Algermissen auf Gedeih und Verderb auf einen ¨dunklen Hintergrund der Bilder blutiger Gewalt¨ angewiesen sind. Denn je verängstigter und verunsicherter Menschen sind, umso empfänglicher sind sie für Heilsversprechen aller Art. Selbst eine hoffnungsvoll anmutende Illusion mag da noch besser erscheinen, als sich der Realität stellen zu müssen.

Deshalb verwundert es kaum, dass Religionsdiener beständig Leid und Elend in den Mittelpunkt rücken – um dann ihre einzig glückseligmachenden Hirngespinste an den Mann bringen zu können. Anstatt Menschen dazu aufzufordern, selbstverantwortlich zu denken und zu handeln.

„Gott kommt, um zu erfahren, wie es uns zumute ist, um in unsere leuchtend frohen und tränenverhangenen Augen zu schauen – immer durchbricht sein Licht die von Menschen produzierte Finsternis und schenkt die Hoffnung für ein ‚Dennoch‘.“

Herr Algermissen, fragen Sie sich eigentlich auch manchmal, warum offenbar niemand von Ihrem Publikum Ihre Aussagen mal kritisch hinterfragt? Sie sehen darin vermutlich eine Bestätigung, dass das, was Sie behaupten, wahr und sinnvoll ist. Unvorstellbar, dass bei einem vollbesetzten Silvestergottesdienst niemand aufsteht und Sie fragt, woher Sie das alles wissen wollen, was Sie da so behaupten. Kennen Sie das Märchen ¨Des Kaisers neue Kleider¨?

Silvestergottesdienst ohne belastbare Grundlage

Dabei entbehrt schon diese eine Behauptung jeglicher seriösen Grundlage. Woher wollen Sie wissen, dass der von Ihnen imaginierte Gott tatsächlich ein Interesse an den Belangen einer bestimmten Trockennasenaffenart auf einem bestimmten Miniplaneten hat? Wissen Sie´s? Oder tun Sie nur so, als ob? Vielleicht wünschen Sie es sich ja auch nur ganz dolle. Dann sollten Sie das aber vielleicht dazu sagen.

Sie wissen aber schon, dass unser Licht hier auf der Erde von der Sonne kommt, oder? Und dass natürlich längst nicht alles Leid von Menschen produziert wird, sondern auch einfach so geschieht? Und dass allein schon damit auch der Theodizee-Bewältigungsversuch Nr. 193823 gescheitert ist?

Es ist sicher nicht die Hoffnung auf einen untätigen, unfähigen oder sadistischen Gott, die Menschen eine Hoffnung für ein ¨Dennoch¨ schenkt. Sondern die Entwicklungsfähigkeit eben dieser Menschen. Egal, ob oder welche Götter sie für wahr halten.

Bergpredigt: Das vermeintliche Filetstück biblischer Lehre

Jesus Christus habe in seiner Bergpredigt als Ordnung für eine neue Welt die Absage an die Gewalt und das Stiften des Friedens benannt.

Zum Glück wird die Ordnung für eine neue Welt nicht mehr auf einem mehr als fragwürdigen fiktiven Belohnungs-Bestrafungskonzept aus dem Vormittelalter aufbauen. Sondern auf der Würde und Freiheit der Individuen.

Wenn Gott nicht in der Lage oder willens war, eine bessere als diese Welt zu erschaffen, so werden die Menschen wohl ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen müssen. Auch wenn das für Sie bedeutet, dass Ihre Verkündigungen künftig bestenfalls noch eine spezielle Art von Unterhaltungswert haben könnten.

Eine Ausführung, warum die Bergpredigt aus heutiger Sicht zum allergrößten Teil als überholt angesehen werden muss, würde den Rahmen dieses Artikels zum Silvestergottesdienst sprengen. Dies wurde zudem auch schon in entsprechender Literatur** ausführlich dokumentiert und begründet.

Jesus musste sich gefangen nehmen lassen

Dies habe er nicht nur seinen Zuhörern verkündet, sondern es auch so gelebt, als er sich gefangen nehmen ließ.

Hätte sich Jesus nicht gefangen nehmen lassen und wäre er nicht gekreuzigt worden, hätte er vielleicht sein Ziel, König der Juden zu werden, noch weiter verfolgen können. Vielleicht hätte er noch mehr Gutes für die Menschheit leisten können als ein paar fragwürdige, von früheren Gottessohnmythen abgekupferte Wunder, ein paar Heilungen und ein paar Exorzismen. Vielleicht wäre er dann irgendwann friedlich verstorben. Oder hätte, was in der Bibel ja auch nicht auszuschließen ist, noch ein paar hundert Jahre gelebt.

Was das dann für Ihre christliche Scheinlogik bedeutet hätte, müssen Sie selbst überlegen. Ohne Kreuzigung keine Auferstehung, ohne Auferstehung keine Tilgung von Sünden Es hätte der Welt so unvorstellbar viel Leid erspart bleiben können, wenn die Endzeitsekte von Jesus damals nicht zur Staatsreligion umfunktioniert worden wäre. Wer weiß, wie Ihr beruflicher Werdegang dann hätte aussehen können?

Algermissens Weltbild: Christen: Gut. Rest: Böse.

Es geschehe nichts ohne Gott, aber es gebe das „dunkle Geheimnis des Bösen“, unterstrich Algermissen. „In einer Welt, die sich immer mehr von Gott lossagt, bricht sich das Böse – in der Offenbarung des Johannes heißt es ‚der Teufel oder Satan, der die ganze Welt verführt‘ – immer mehr Bahn.“

Dass Sie, Herr Algermissen, gerne mal die Angst vor einem angeblichen ¨dunklen Geheimnis des Bösen¨ schüren, ist schon aus vielen Ihrer früheren Verkündigungen bekannt. Das verwundert auch kaum. Denn schließlich brauchen Sie ja etwas, von dem Sie die Menschheit beschützen und befreien können.

In diesem Satz bezeichnen Sie alle, die nicht Ihre grotesken Wahnvorstellungen von Ihrem Gott teilen, als die Ursache des Bösen.

Sehr wahrscheinlich ist Ihnen aufgrund Ihrer religiösen Verstrahlung auch diesmal wieder nicht bewusst, welche Geringschätzung, Abfälligkeit und Überheblichkeit eine solche Aussage beinhaltet. Sie beleidigen damit alle, die an andere oder keine Götter glauben. Sie erheben Ihre inhumane und absurde Gut-Böse-Ideologie zum ¨Guten¨, alles andere ist ¨Böse¨.

Und für solche Beleidigungen zahlt Ihnen der Staat monatlich ein fürstliches Gehalt. Dafür, dass Sie die Menschen mit Ihren irrealen Phantastereien in die Irre führen und wie in diesem Silvestergottesdienst beleidigen. Das könnte man tatsächlich als böses Übel bezeichnen. Vorschlag für den nächsten Silvestergottesdienst:

  • In einer Welt, die sich immer mehr von Logik lossagt, bricht sich das Blöde immer mehr Bahn.
    (Volker Dittmar)

Spirale der Gewalt

Christen fragten sich, wie das Kreuz auch dieses Böse erlösen könne. „Fest steht das Kreuz, wenn alles wankt“ sei ein Wahlspruch der Kartäusermönche und bezeichne die Hoffnung, dass nicht die Spirale von Gewalt und Gegengewalt, sondern die weihnachtliche Botschaft „Verherrlicht ist Gott in der Höhe und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade“ trotz allem den längeren Atem habe.

Herr Algermissen, dass Ihre Kirche, als sie noch die Macht dazu hatte, ihre weihnachtliche Botschaft bevorzugt und über 1000 Jahre lang bevorzugt mit Feuer, Schwert, Landnahme und Unterdrückung verbreitet hat (zur Verherrlichung Ihres Gottes), ist Ihnen schon bewusst, oder?

Und auch, dass es Aufklärung und Säkularisierung waren, die dieser klerikalen Spirale der Gewalt ein Ende bereitet hatten? Mit dem für Sie positiven Nebeneffekt, dass Sie sich auch 2016 noch hinstellen und andersdenkende Menschen öffentlich im Silvestergottesdienst beleidigen dürfen?

Sie haben bestimmt auch im Blick, dass in diesem zitierten Satz der Friede auf die ¨Menschen seiner Gnade¨ beschränkt ist? Was ist mit den anderen? Sind Sie ernsthaft der Meinung, auf der Welt würde Frieden einkehren, wenn alle Menschen katholisch geworden sind? Wieso hat das christliche Konzept so gnadenlos versagt, zumindest in Sachen Friedensstiftung? Wohingegen es gut 1000 Jahre lang hervorragend zur Anhäufung von klerikaler Macht und kirchlichem Reichtum dienlich war?

Christliches Heilsversprechen: Frei erfunden

Auf der Welt tobt kein Kampf zwischen Gut und Böse. Egal, wie oft Sie das auch noch immer und immer wieder so darstellen. Das Heilsversprechen Ihrer Lehre ist bis zum Beweis des Gegenteils eine Lüge. Ebenso die diesem Versprechen stets gegenübergestellte angebliche Dauerbestrafung im Jenseits.

Es gibt genau keinen einzigen seriösen Anhaltspunkt dafür, dass es den von Ihnen behaupteten Gott überhaupt gibt. Geschweigedenn mit den von Ihnen behaupteten Eigenschaften. Das ist das einzige, was es bis jetzt (und wohl auch noch bis auf Weiteres) über die Grundlage Ihrer religiösen Scheinwirklichkeit sicher zu sagen gibt.

(…) Mit dem Gott der Nähe schwinde auch in schwierigen Momenten und Krisenzeiten der Horizont der Hoffnung nicht. „Weil er in unsere Menschheit eingetreten ist und uns begleitet, darum sind wir nicht allein.“

Nie allein: Imaginärer Freund als ständiger Begleiter

Keiner der vielen tausend Götter, die sich die Menschheit schon ausgedacht hat, ist jemals auch nur einmal seriös belegbar ¨in unsere Menschheit eingetreten.¨ Dafür, dass uns Götter begleiten, gibt es nicht mal einen halbwegs sinnvollen Grund zur Annahme. Alles spricht dagegen. Es ist höchst heuchlerisch, Menschen mit solchen Geschichten falsche Hoffnung zu machen.

Und biblische Mythen und Legenden beinhalten Behauptungen. Keine Beweise. So, wie Sie sich vielleicht von Ihrem Gott begleitet fühlen mögen, könnte sich jemand anders von Zeus, Thor oder von Superman® begleitet fühlen. Es würde keinen Unterschied machen.

Ehrenamt trotz geschätzt 200 Milliarden Euro Vermögen

„Die ehrenamtlich Tätigen erinnern uns daran, dass unsere festlichen Gottesdienste ohne konsequenten Dienst am notleidenden Nächsten nur ein äußeres Spiel blieben. Die Feier der Eucharistie und der Dienst der Fußwaschung gehören untrennbar zusammen.“

Alle sozialen und augenscheinlich mitmenschlichen kirchlichen Aktivitäten müssen sich an dem vorsichtig auf 200 Milliarden Euro geschätzten kirchlichen Vermögen messen lassen. Und da erscheinen diese Tätigkeiten geradezu verschwindend gering. Von aus heutiger Sicht überflüssigen Waschungsritualen ganz abgesehen. Diese sind heute natürlich nur noch ¨ein äußeres Spiel.¨

Nicht unerwähnt soll an dieser Stelle bleiben, dass sich die Kirche als Arbeitgeberin umfassende, beispiellose Sonderrechte einräumen lässt. Praktisch alle wirken sich nachteilig auf die Angestellten aus oder können zu deren Nachteil verwendet werden.

Oft sei er in den letzten Monaten in diesem Zusammenhang gefragt worden: „Wie ist das zu verstehen, dass Gott offenbar nicht eingreift und das Böse zulässt?“ Gott sei indes kein „Uhrmacher-Gott“, der nur dann auf den Plan gerufen werde, wenn die Uhr stehengeblieben sei.

Da es nicht mal eine allgemein verbindliche Definition dessen gibt, wer oder was Gott überhaupt sein soll, kann er bei Bedarf natürlich alles Beliebige sein. Oder eben auch das genaue Gegenteil. Wie es eben gerade passt.

Wie oben schon angedeutet, lässt sich nur eines sicher sagen: Einen Gott, wie ihn das Christentum verehrt, gibt es nicht. Die einzig sinnvolle Antwort auf die Theodizee-Frage ist deshalb bis zum Beweis des Gegenteils: Dieser Gott existiert (wie alle anderen auch) nicht.

Gott rettet – nicht

Der Name „Jesus“ bedeute „Gott hilft“ bzw. „Gott rettet“ und sei im Grunde ein „ganzes theologisches Programm“.

Stimmt. Denn bis heute verdienen Heerscharen von Theologen ihr Geld damit, sich an diesem ¨theologischen Programm¨ abzuarbeiten. Ohne bisher zu irgendwelchen sinnvollen, verbindlichen Ergebnissen gekommen zu sein. Deshalb gilt die Theologie als eine ¨angemaßte Wissenschaft¨, weil ihr Betrachtungsgegenstand nichts weiter als eine menschliche Fiktion ist. Gott hilft nicht. Gott rettet nicht. Die Behauptung Ihres Gott sichert Ihnen lediglich Ihren Arbeitsplatz.

Weinverbot, Haareschneiden und Tiere verbrennen: Welche Teile des Alten Testaments sollen noch gelten, welche nicht mehr?

Dieser Zusage entspreche der alttestamentliche aaronitische Segen: „Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig. Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Heil“.

Wenn jetzt die Aussagen des Alten Testaments doch plötzlich wieder gelten, gelten dann auch die ellenlangen Ausführungen, die diesem ¨Segen¨ im biblischen Mythos vorausgehen? Also die Anweisungen, wann kein Wein oder weinhaltiges oder ähnliches Getränk zu trinken ist, wann wie die Haare zu schneiden sind, zu welchem Anlass welche Tiere zur Ehre Gottes verbrannt werden sollen und so weiter?

Denn wer sich nicht an diese, aus heutiger Sicht völlig absurden Gebote hält, darf ja wohl kaum darauf hoffen, dass seine Segnung auch so funktioniert. Welche vernebelnden Formulierungen haben Sie parat, um diese Frage zu umschiffen? Wie auch immer: Es ändert nichts daran, dass Sie sich einfach die Sätze oder Halbsätze herauspicken, die Ihnen in den Kram passen. Und hoffen, dass niemand im Silvestergottesdienst nachschaut, was da vorher oder nachher zu lesen ist.

Merke: Kein Segen, kein Heilsversprechen, ohne die strikte Einhaltung der jeweils genannten Vorschriften!

Liebevolle Fürsorge Gottes?!

Bischof Algermissen unterstrich: „Im Segen berührt uns Gott, und wir dürfen wissen, dass wir nicht der Unberechenbarkeit eines blinden Schicksals ausgeliefert sind, sondern uns der liebevollen Fürsorge Gottes anvertrauen können.“

Von wem auch immer Sie sich wünschen, berührt zu werden: Das sei selbstverständlich Ihrer, bitte privat zu behandelnden Phantasie überlassen. Vielleicht merken Sie ja doch auch noch eines Tages, dass Ihr Gott nur in der Vorstellung von Menschen ¨existiert.¨ Egal, was Sie im Silvestergottesdienst behaupten.

Und dass Menschen natürlich sehr wohl viele Möglichkeiten haben, mit der, wie Sie es bezeichnen ¨Unberechenbarkeit eines blinden Schicksals¨ so umzugehen, dass sie ein glückliches und erfülltes Leben zumindest anstreben können.

Das gelingt am besten, wenn man sich von religiösen Wahngedanken befreit. Und beginnt, sich seiner eigenen Schwächen, aber auch seiner eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten bewusst zu werden. Aber eben nicht, um die vermeintlichen Chancen auf eine ebenso vermeintliche Belohnung im Jenseits zu erhalten. Oder um einer ebenso vermeintlichen Strafe zu entgehen. Nicht Ihrer absurden Weihnachtsbotschaft gehört die Zukunft. Sondern der Menschlichkeit.

Prosit Neujahr!

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalartikel.
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