Die Legende vom Heiligen Hein – Gedanken zum Wort des Bischofs zum Thema Unsinn

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Die Legende vom Heiligen Hein, Gedanken zum Wort des Bischofs, Originalbeitrag zum Thema Unsinn veröffentlicht am 12.02.2017 von domradio.de

Quelle: Youtube

Laut Otto verwandelte Hein volle Brandyflaschen in leere, verwandelte Schweine in Brotaufstrich und Freistöße immer direkt.

Ich mag diese herrliche Unsinn-Lyrik von Otto Waalkes – denn sie zeigt uns, dass wir als Kirche mit unserer Sprache manchmal schon sehr ungewöhnlich unterwegs sind.*

Im Unterschied zu religiösen Verkündigungen handelt es sich bei den genannten Beispielen nicht um Unsinn. Denn Flaschen leeren, Wurst herstellen und Tore treffen: Das alles ist gut möglich, plausibel. Nicht ungewöhnlich, aber dafür umso unsinniger sind hingegen viele der Behauptungen, die von klerikaler Seite so veröffentlicht werden.

Wer die Aufgabe zu bewältigen hat, religiöse Fiktionen mit der irdischen Wirklichkeit irgendwie in Einklang zu bringen, der kommt um eine verschwurbelte, vernebelnde, verunklarende Sprache nicht herum. Wie man Unsinn so formuliert, dass er nicht mehr wie Unsinn klingt, lernt man im Theologiestudium.

Immerhin: Heute kann sich sogar Herr Woelki für etwas begeistern, wofür Otto vor gar nicht allzu langer Zeit noch von einem seiner Vorgänger vermutlich auf dem Scheiterhaufen wegen Blasphemie zu Tode gefoltert worden und anschließend sicherheitshalber noch in kleine Stücke geschnitten worden wäre…

Unsinn

Und so wundert es kaum, dass direkt ein Beispiel für religiösen Unsinn folgt:

[…] Gott ruft jeden von uns! Er will, dass wir alle mithelfen, dass auf dieser Erde sein Reich aufgerichtet wird.

Während Otto Waalkes vermutlich nicht davon ausgeht oder gar fordert, dass jemand seinen heiligen Hein für eine reale Person hält, ist Herr Woelki selbstverständlich felsenfest und unerschütterlich davon überzeugt, dass es seinen wirklich Gott gibt. Jedenfalls tut er in seinen Verkündigungen so. Und gibt damit vor, Dinge zu wissen, die er nicht wissen kann. Er geht wohl auch davon aus, dass seine Zuhörer das genauso sehen.

Ottos Hein ist um Längen plausibler als jedes Götterwesen. Und damit nicht genug, dass der Bischof so tut, als gäbe es seinen Gott „in echt.“ Er gibt auch vor, dessen Willen zu kennen.

Demzufolge strebt sein Gott offenbar nach Macht. Herr Woelki malt sich aus, dass Gott möchte, dass sein Reich „aufgerichtet“ wird. Warum ein allmächtiger, allgütiger Gott keine andere Möglichkeit hat als die von ihm gewählte, um sein Reich „aufzurichten“, verrät Herr Bischof nicht.

Fremde Federn

Ein Reich, das friedlicher, das gerechter und menschenfreundlicher ist.

Die rund 1000 Jahre, in denen die Kirche noch etwas zu sagen hatte, hatte sie alle möglichen Ziele verfolgt. In erster Linie ging es um so profane Dinge wie Macht und Geld. Friedlicher, gerechter und menschenfreundlicher wurde die Welt erst, nachdem Aufklärung und Säkularisierung die Kirche entmachtet hatte.

Natürlich ist es prima und sinnvoll, wenn sich Menschen – aus welchen Gründen auch immer – für eine friedlichere, gerechtere und menschenfreundlichere Welt engagieren. Aber was hat das mit Götterwesen aus einer fiktiven Zauberwelt zu tun?

Am friedlichsten, gerechtesten und menschenfreundlichsten sind heute mit sehr wenigen Ausnahmen die Regionen mit dem geringsten religiösen Einfluss. Umgekehrt weitet die Kirche am stärksten dort das „Reich“ ihres Gottes aus, wo es nicht friedlich, ungerecht und menschenunfreundlich zugeht. Denn in Wirklichkeit sind diese Werte die Basis einer freien und offenen Gesellschaft. Diese Werte entstanden durch menschliche Leistungen.

In einer solchen Gesellschaft kann natürlich auch jeder die Götter verehren, die er für wahr hält. Solange er die tatsächlichen Werte der freien und offenen Gesellschaft anerkennt.

Es genügt heute nicht mehr, wenn sich Menschen nur innerhalb eines behaupteten Gottesreiches friedlich und gerecht verhalten. Das mag vor 2,3000 Jahren noch anders gewesen sein. Zur Bewältigung der Herausforderungen an die globalisierte Menschheit im 21. Jahrhundert taugen solche partikulären Ideologien nicht mehr.

Allmächtig, allgütig – und völlig gleichgültig

Hätte ein überirdisches, allmächtiges und vor allem allgütiges Wesen tatsächlich ein Interesse daran, dass die Welt friedlicher, gerechter und menschenfreundlicher wird, dann wäre es für dieses Wesen mit Sicherheit ein Klacks, sich diesen Wunsch zu erfüllen.

Die Menschheit ist schon viel weiter. Fragwürdige biblische Moralismen aus der Bronzezeit und aus dem Vormittelalter spielen heute genausowenig noch eine bedeutsame Rolle wie etwa die griechischen oder ägyptischen Göttermythen. Umso unverständlicher erscheint es, warum manche Menschen meinen, trotzdem noch daran festhalten zu müssen. Einmal mehr stellt sich die Frage, was denn hier Unsinn ist.

Wer ernsthaft meint, Friede und Gerechtigkeit hänge von der Ausdehnung eines göttlichen Reiches auf Erden ab, der outet sich damit als Realitätsverweigerer. Es gibt keinen einzigen seriösen Anhaltspunkt für die Annahme, es existiere auch nur einer der vielen tausend Götter, die sich die Menschen schon ausgedacht haben. Und sollte es einen solchen gegen jede Logik und Wahrscheinlichkeit doch geben, so scheint ihm der Erden Lauf augenscheinlich völlig egal zu sein.

Götter rufen nicht

[…] eigentlich ruft Gott jeden von uns.

Auch diese Aussage kann man getrost unter „Unsinn“ ablegen. Denn in Wirklichkeit ruft kein einziger Gott irgendwen. Es sind Menschen, die sich einbilden, von ihren jeweils für wahr gehaltenen Göttern zu irgendwas berufen zu sein. Das gilt für Selbstmordattentäter genauso wie für Priester.

Das mag der ein oder andere jetzt wieder behämmert finden.

Nicht direkt behämmert. Aber unsinnig.

Aber bekanntlich wurde Gottes Sohn von einem Zimmermann groß gezogen und man kann sich diese Frohe Botschaft gar nicht oft genug einhämmern.

Na, da wollen wir schnell mal 5 Euro in die Wortspielkasse werfen. Und auf ein weiteres Wortspiel, das sich bei einem Zusammenhang zwischen „einhämmern“ und Jesus geradezu aufdrängt, aus Blasphemiegründen verzichten.

Es geht nicht ohne: Beleidigung Un- und Andersgläubiger

Gerade die Sturköpfe, die von Gott nichts mehr wissen wollen, sind hier gefragt.

Unsinn allein genügt offenbar nicht. Ein bisschen Arroganz und Beleidigung muss schon auch dabei sein. Da werden Menschen, die sich von religiösen Vorstellungen, welche von Wahngedanken nicht zu unterscheiden sind, befreit haben, einfach mal als Sturköpfe beleidigt.

Dabei sind es doch gerade die Gläubigen, die stur an ihrer religiösen Scheinwirklichkeit festhalten. Wider besseres Wissen, gegen jede Logik und gegen jede Vernunft. Statt sich der irdischen Wirklichkeit zu stellen.

Nein, Gott ruft nicht nur Hein, Otto oder Rainer! Er ruft auch Dich, weil er Dich mag und sich mit Dir auf den Weg machen will.

In der absurden Gedankenwelt von Herrn Woelki mag das vielleicht der Fall sein. Er ist sicher nicht der erste, der sich von einer Gottheit zu irgendwas berufen fühlt. Hätte irgendein Gott tatsächlich und nachweislich jemals irgendwen gerufen, dann hätte man ja sicher mal irgendwas davon gehört.

Fragt man bei Leuten nach, die behaupten, von Göttern „berufen“ worden zu sein, so stellt sich regelmäßig schnell heraus, dass sich göttliche Berufungen nicht von subjektiven Wunsch- oder Wahngedanken unterscheiden lassen.

Noch niemals konnte irgendetwas tatsächlich in einen Kausalzusammenhang mit einem wie auch immer gearteten überirdischen Wesen gebracht werden. Gut erforscht ist hingegen der Umstand, wie fehleranfällig die menschliche Wahrnehmung und Informationsverarbeitung ist.

Das ist weder behämmert noch bekloppt, sondern, wenn man es richtig bedenkt, wirklich eine Frohe Botschaft!

Wenn man es richtig bedenkt, ist das – blanker Unsinn.

https://www.youtube.com/watch?v=MY83lz2frIg

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalbeitrag.

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