Unsere Freiheiten – Das Wort zum Wort zum Sonntag

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Unsere Freiheiten – Das Wort zum Wort zum Sonntag von Pfarrer Alfred Buß, veröffentlicht am 11. März 2017 von ARD/daserste.de

Im heutigen Wort zum Sonntag zum Thema Freiheiten legt Pfarrer Alfred Buß eine erstaunlich (selbst-)kritische und überraschend säkulare Sichtweise an den Tag:

Todesdrohungen sind typische Kennzeichen von allen Religionen und Weltanschauungen, wenn sie sich selber absolut setzen.

Dem stimme ich zu. Und frage mich, was mit Religionen und Weltanschauungen früher oder später geschieht, wenn sie sich selber nicht absolut setzen. Schließlich wähnen sie sich ja im Besitz einer übergordneten Wahrheit.

Glaube gehört zu den menschlichen Freiheiten

[…] In Glaubensdingen hat niemand über einen Menschen zu verfügen: Kein Papst, kein Kaiser, kein Staat und keine Religion.

Auch hierzu gibts meine volle Zustimmung. Allerdings muss diese Einsicht meiner Meinung auch Konsequenzen haben, um glaubwürdig sein zu können:

Allem voran muss die saubere Trennung von Staat und Kirche konsequent umgesetzt werden. Die unzähligen Verflechtungen zwischen Staat und bestimmten Kirchen sind auch 2017 noch einer der größten Kritikpunkte. Der Klerus freilich hat wenig Lust, die umfangreichen Sonderprivilegierungen und die milliardenschweren staatlichen Subventionen nicht widerstandslos aufzugeben.

Eine besonders kritikwürdige „Verfügung in Glaubensdingen“ maßen sich Kirchen in Form des Bekenntnisunterrichtes an. Allgemein stellt die frühkindliche Indoktrination, die meist schon im Kindergarten oder früher beginnt, einen nicht akzeptablen Eingriff in die menschlichen Freiheiten dar.

Bis dato können und/oder wollen die privilegierten Kirchen auf diese genaugenommen perfide Methode, ihre Ideologie an den Mann (bzw. ans Kind) zu bringen, offenbar noch nicht verzichten.

Nachdem diese Basis geschaffen ist, sind im nächsten Schritt Lösungen gefragt, wie man Religionen so in die Gesellschaft integrieren kann, dass sie ihre Glaubensinhalte erwachsenen Menschen als optionales Angebot zum Privatgebrauch anbieten können.

Vorschlag: Christentum e.V.

Eine hervorragende und für solche Gemeinschaften passende Gesellschaftsform könnte ein eingetragener Verein (e.V.) sein. Ein solcher verfolgt keine wirtschaftlichen, sondern ideelle Ziele. Und das könnte zum Beispiel der Verein Evangelische Kirche e.V. ja jederzeit gerne seinen (erwachsenen) Vereinsmitgliedern anbieten.

Und dann wären die Grundlagen der Freiheiten geschaffen, die die Gesellschaft von Religionen haben sollte.

Doch es sollte noch ein langer, steiniger Weg werden bis zur Durchsetzung der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Schon Luther fiel dahinter zurück mit seinen Tiraden gegen die Juden. Es wurde ein Weg der Unduldsamkeit und des Blutvergießens, oft angestachelt von den Kirchen.

Und nochmal erstaunt mich Herr Buß durch diese unvernebelte Darstellung der Kriminalgeschichte des Christentums.

Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit sind heute ein Menschenrecht, aber sie sind längst nicht durchgesetzt.

Und genau deshalb ist es höchste Zeit, sich um genau die Werte Gedanken zu machen, auf denen die Menschenrechte basieren. Statt sein Schicksal in die „Hände“ von Göttern, Geistern und Gottessöhnen zu legen, sollte man beginnen, sich der zahlreichen Herausforderungen der heutigen irdischen Wirklichkeit zu stellen. Und zwar mit den Mitteln, die in dieser natürlichen Wirklichkeit auch tatsächlich etwas bewirken. Anders als Gebete und Götterverehrung.

Gebete sind nutzlos

[…] Morgen ist der Gebetstag für bedrängte und verfolgte Christen in aller Welt. Ihr Schicksal muss uns aufrütteln. Wir dürfen sie nicht im Stich lassen. Und müssen zugleich respektvoll umgehen mit Menschen anderen Glaubens- oder anderer Weltanschauung wie der pakistanischen Journalistin.

Was bezwecken Gebete für bedrängte und verfolgte Christen in aller Welt? Einmal mehr (und wohl noch nicht zum letzten Mal) muss daran erinnert werden, dass es nicht nur un-, sondern sogar völlig widersinnig ist, ein angeblich allmächtiges, allgütiges überirdisches Wesen um irgendetwas zu bitten.

Denn entweder, alles entspricht Gottes Allmachtsplan und ist genauso so von ihm beabsichtigt. Oder er hat eine andere Vorstellung von „Gnade“ als wir.

Beliebiges aus der Bibel

So steht’s im Neuen Testament: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit. So steht nun fest, und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen.“

Und so steht’s auf AWQ: „Zur Freiheit haben wir uns selber befreit.“

Direkt im Anschluss erläutert Paulus näher, was er unter Freiheiten versteht (Hervorhebungen von mir):

  • Siehe, ich, Paulus, sage euch: Wenn ihr euch beschneiden lasst, so wird euch Christus nichts nützen. Ich bezeuge abermals einem jeden, der sich beschneiden lässt, dass er das ganze Gesetz zu tun schuldig ist.  Ihr habt Christus verloren, die ihr durch das Gesetz gerecht werden wollt, aus der Gnade seid ihr herausgefallen. (Gal 5, 2-4 LUT)

Und wem das mit den Freiheiten generell zu weit geht, findet zum Beispiel im Römerbrief eine passende Stelle, um genau das Gegenteil von Freiheiten biblisch zu legitimieren:

  • Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, ist sie von Gott angeordnet. Darum: Wer sich der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt Gottes Anordnung; die ihr aber widerstreben, werden ihr Urteil empfangen. Denn die Gewalt haben, muss man nicht fürchten wegen guter, sondern wegen böser Werke. Willst du dich aber nicht fürchten vor der Obrigkeit, so tue Gutes, dann wirst du Lob von ihr erhalten. Denn sie ist Gottes Dienerin, dir zugut. Tust du aber Böses, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst. Sie ist Gottes Dienerin und vollzieht die Strafe an dem, der Böses tut. Darum ist es notwendig, sich unterzuordnen, nicht allein um der Strafe, sondern auch um des Gewissens willen. (Röm 13, 1-5 LUT)

Respektvoller Gott: Fehlanzeige

Ebenfalls im Neuen Testament finden sich Hinweise darauf, dass sich die Menschen ihren Gott damals nicht gerade als einen Verfechter menschlicher Freiheiten vorstellten (Hervorhebung von mir):

  • Es sprach aber einer zu ihm: Herr, meinst du, dass nur wenige selig werden? Er aber sprach zu ihnen: Ringt darum, dass ihr durch die enge Pforte hineingeht; denn viele, das sage ich euch, werden danach trachten, dass sie hineinkommen, und werden’s nicht können. Sobald der Hausherr aufgestanden ist und die Tür verschlossen hat und ihr anfangt, draußen zu stehen und an die Tür zu klopfen und zu sagen: Herr, tu uns auf!, dann wird er antworten und zu euch sagen: Ich weiß nicht, wo ihr her seid. Dann werdet ihr anfangen zu sagen: Wir haben vor dir gegessen und getrunken, und auf unsern Straßen hast du gelehrt. Und er wird zu euch sagen: Ich weiß nicht, wo ihr her seid. Weicht alle von mir, ihr Übeltäter! Da wird sein Heulen und Zähneklappern, wenn ihr sehen werdet Abraham, Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes, euch aber hinausgestoßen.

Wie der Vater, so der Sohn

Und auch ihren Jesus lassen die anonymen Autoren unmissverständlich klar stellen, dass die Freiheiten der Menschen diese nur ins Verderben führen können:

  • Er [Jesus] antwortete und sprach zu ihnen: Der Menschensohn ist’s, der den guten Samen sät. Der Acker ist die Welt. Der gute Same, das sind die Kinder des Reichs. Das Unkraut sind die Kinder des Bösen. Der Feind, der es sät, ist der Teufel. Die Ernte ist das Ende der Welt. Die Schnitter sind die Engel. Wie man nun das Unkraut ausjätet und mit Feuer verbrennt, so wird’s auch am Ende der Welt gehen. Der Menschensohn wird seine Engel senden, und sie werden sammeln aus seinem Reich alle Ärgernisse und die, die da Unrecht tun, und werden sie in den Feuerofen werfen; da wird sein Heulen und Zähneklappern. (Mt 13, 37-42 LUT)

Und so stellt sich einmal mehr die Frage, welche Bedeutung eine Geschichtensammlung aus dem Vormittelalter für die Freiheiten der Gesellschaft im 21. Jahrhundert noch haben kann.

Wir sind schon viel weiter: Die Herausforderungen, aber auch die Möglichkeiten und Chancen sind ganz andere als damals. Die ethischen Standards einer offenen und freien Gesellschaft können nicht mehr auf fragwürdigen Moralismen und beliebig auslegbaren Mythen einer vormittelalterlichen Wüstenreligion basieren.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Beitrag.
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