In der 6. Auflage des lesenswerten Buches „Warum ich kein Christ sein will“ schreibt Prof. Dr. Uwe Lehnert über Prof. Dr. Harald Lesch:
Der vom Fernsehen bekannte Astrophysiker und Philosoph Professor HARALD LESCH (*1960) ist in seiner Person…
…ein Beispiel für eine mir höchst zweifelhaft erscheinende Harmonie von Naturwissenschaft und Religion. Jeder, der ihn einmal erlebt hat, wie er lediglich mit Tafel und Kreide, oft nur mit Sprache und Gestik, den Urknall erklärt, ist zunächst fasziniert von seinen didaktischen Fähigkeiten. Er kann erklären und begeistern und uns innerhalb kurzer Zeit eine Vorstellung von der überwältigenden Pracht des Kosmos und der Eleganz der in ihm waltenden Naturgesetze vermitteln. Die Selbstorganisation der Natur kann er uns in beispielhaft verständlicher Einfachheit vor Augen führen, und zwar ohne jeden Rückgriff auf göttliches Wirken. Andererseits sagt er von sich, »ich bin vom Scheitel bis zur Sohle Protestant«.
Ein Bekenntnis, das aufhorchen und für einen Moment einem Wissenschaftler seines Formats respektvoll Beachtung schenken lässt. Aber man fragt sich sofort, wie zwei so gegensätzliche Konzepte unterschiedlichster Natur zusammenpassen: eine in sich geschlossene, keine übernatürliche Kräfte benötigende Beschreibung des Naturgeschehens einerseits und ein Glauben an einen mit Wundern ins Weltgeschehen eingreifenden Gott andererseits, an dessen Dreieinigkeit mit Heiligem Geist und Gottessohn Jesus, an Erbsünde und Opfertod zwecks Erlösung der Menschheit.
Dass er an eine Macht glaubt, die hinter allen Dingen stehe, könnte ich noch hinnehmen. Denn auch Nichtgläubige und Atheisten haben keine einfachen, wenn überhaupt, Antworten auf die Frage nach dem letzten Urgrund allen Seins. Aber die Künstlichkeit und logische Brüchigkeit des christlichen Glaubens an einen allmächtigen Gott, der die Menschheit erschaffen haben soll, die ihm aber so bösartig und sündig geriet, dass sie der Erlösung durch ein göttlich veranlasstes Menschenopfer bedürfe, ist – für mich – von einer solchen Vorsintflutlichkeit des Denkens, dass ich mich frage, wie zwei so verschiedene Konzepte und vor allem Denkweisen ohne intellektuelle Bedrängnisse in einem Kopf nebeneinander bestehen können. Kommen doch in diesem Gegensatz von naturwissenschaftlicher Eleganz und legendenhafter Einfalt etwa 4000 Jahre Kulturgeschichte zum Ausdruck.
Ist es frühkindliche Indoktrination, von der er sich nicht befreien kann, ist es der Preis für eine ihm sonst nicht mögliche mediale Entfaltungsmöglichkeit und öffentliche Anerkennung, ist es ein bewusstes Akzeptieren von Gegensätzlichkeiten, weil keines der beiden Weltbilder für sich allein ihm eine Antwort auf das »Wie funktioniert die Welt« und »Warum gibt es die Welt« darstellt?
Dennoch: Die Durchdachtheit, innere Stimmigkeit und Erklärungskraft unseres heutigen naturwissenschaftlichen Weltbildes und die Einfalt und Archaik des christlichen Glaubens lassen sich meines Erachtens intellektuell redlich nicht miteinander vereinbaren. Ein solches zweigeteiltes Weltbild kann nur hingenommen werden, wenn Einheitlichkeit, Stimmigkeit, Plausibilität, Eleganz als Kriterien für eine den Intellekt befriedigende Sicht auf die Welt keine Bedeutung beigemessen wird. Solches Denken stellt für mich eine Flucht aus der Realität in eine mystische Welt von Wunsch und Phantasie dar.
Bei weiterem Nachfragen zieht man sich dann gern auf eine pantheistische Auffassung zurück, also eine Vorstellung, nach der Gott und Welt letztlich identisch seien. Aber was sagt ein solchermaßen verallgemeinerter Gottesglaube noch? Und was ist mit den Kernaussagen der christlichen Lehre, wie vereinbaren die sich mit einem solchen aufgelösten Gottesbegriff?
Auszug aus Uwe Lehnert. Warum ich kein Christ sein will, 2015, 6. Auflage, Tectum-Verlag, hier S. 369, veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Autors
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Aha - Frau Kiess redet sich ein, Ihr Gott meine es gut mit "uns". Schon mal was von der Theodizee-Problematik…