Lasset die Kinder zu mir kommen! … Gedanken zu Nachgedacht… (224)

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Lasset die Kinder zu mir kommen! … Gedanken zu Nachgedacht… (224), Originalbeitrag verfasst von Christina Lander, veröffentlicht am 23.04.2017 von osthessennews.de

In weißen Gewändern oder auch in schicken Anzügen und Kleidchen bekommen am heutigen Sonntag viele kleine Jungen und Mädchen die erste Heilige Kommunion.

Bei der ersten „Heiligen Kommunion“ essen die Kinder das erste Mal feierlich eine Backoblate. Aber nicht irgendeine. Oder nur zur Erinnerung an irgendwas. Sondern eine, die laut katholisch festgelegter Lehre zuvor in menschliches Fleisch verwandelt worden war.

Weil diese angebliche „Verwandlung“ in Wirklichkeit für die Backoblate natürlich folgenlos bleibt, handelt es sich nur um einen symbolisch-zeremoniellen, aber eben trotzdem um einen Kannibalismus-Ritus.

Was von Katholiken, die von der Umwelt noch irgendwie halbwegs ernst genommen werden möchten, oft wortreich abgestritten wird. Und mit salbungsvollen Worten so lange vernebelt, bis es sich nicht mehr ganz so bizarr anhört.

Wer das Verzehren von verwandeltem Menschenfleisch (für die Größeren gibts dann manchmal auch noch in Menschenblut verwandelten Wein) nicht abstoßend und verstörend findet, sollte mal überlegen, wie er eine solche Zeremonie bewerten würde, wenn sie von einer anderen als seiner eigenen Glaubensgemeinschaft durchgeführt werden würde. Besonders an Kindern.

Symbolisch-zeremonieller Kannibalismus-Ritus

Es muss aber auch eine wirklich widerwärtig-unangenehme Vorstellung sein, sich ein Stück Menschenfleisch andächtig auf der Zunge zergehen zu lassen. Selbst wenn natürlich jedes Kind weiß, dass diese Verwandlungsgeschichte blanker Unfug ist. Ein von Menschen erfundenes Hirngespinst.

Erstaunlich und erschreckend genug, dass es auch im Jahr 2017 noch Eltern gibt, die ihren Kindern die Teilnahme an einer solch absurden und bizarren Zeremonie zumuten. Offenbar ist der Gruppendruck gerade in ländlichen Gegenden noch so groß, dass Eltern immernoch meinen, ihre Kinder so vor einer befürchteten Ausgrenzung bewahren zu müssen.

Ein solches Fest – so kann ich mich noch gut erinnern – ist in der eigenen Lebensbiografie ein besonderer Moment. Zumeist die Mütter sind Wochen mit der Planung beschäftigt, die Familie unterstützt die Feierlichkeiten und das Kind selbst beschäftigt sich intensiv im Kommunionunterricht über mehrere Momente mit dem Empfang des Sakramentes.

Kein Wunder: Dabei handelt es sich heutzutage ja quasi um die vorletzte Möglichkeit der massiven, sehr direkten Einflussnahme auf junge Menschen seitens der Kirche. Und die letzte Chance vor der „Firmung“, Kinder nochmal so richtig mit christlichem Gedankengut zu impfen.

Letzte Chance Erstkommunion

Es ist der letzte Versuch, Kinder dazu zu bewegen, in ihrem rationalen Denken eine Ausnahmegenehmigung für die religiöse Scheinwirklichkeit einzurichten. Als Gegenleistung gibts das tolle Gefühl, dazuzugehören. Und ein schönes Festchen mit weißen Kleidchen und Anzügchen.

Wir waren uns darüber einig, dass es schön ist, wenn man weiß, wo man hingehört: Eine solches Sakrament kann Kindern zeigen, dass sie nicht nur in eine große Kirchengemeinde gehören, sondern dass sie untrennbar mit Gott verbunden sind.

Nein, ein solches „Sakrament“ kann Kindern eben nicht zeigen, dass sie untrennbar mit Gott verbunden sind. Es kann Kindern nur zeigen, dass es offenbar Erwachsene gibt, die es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen. Und die einfach absurde Dinge als wahr behaupten, die sie wahrscheinlich ihrerseits selbst im Kindesalter als wahr verkauft bekommen hatten.

Noch keiner der vielen tausend Götter, die sich die Menschheit schon ausgedacht hat, ist jemals auch nur ein Mal seriös belegbar irgendwie in Erscheinung getreten. Und deshalb lässt sich keine sinnvolle Aussage darüber machen, inwieweit Menschen überhaupt mit einem bestimmten Gott verbunden sind.

Welcher Gott das jeweils sein soll, hängt in allererster Linie vom Geburtsort ab. Und von dem, was die Mitmenschen in der näheren Umgebung für wahr halten.

Klar: Sowas kann man sich ausdenken. Und sich ganz dolle wünschen. Aber davon wirds noch lange nicht plausibel. Oder gar wahr.

  • Nirgendwo sind die Auswirkungen von groß angelegter, langfristiger Gehirnwäsche von Kindesbeinen an besser zu erkennen als an der Tatsache, dass die allermeisten Gläubigen an den Gott ihrer Eltern glauben. – David Silverman in Fighting God

…und auch noch stolz drauf

Ich habe selbst schon Kommunionunterricht gegeben und bin immer noch begeistert, wie Kinder die Botschaft Jesu oft um so vieles besser verinnerlichen als mancher Erwachsene.

Als Pädagogin weiß die Autorin sicherlich, dass Kinder erst im Lauf der Zeit ein kritisches Denken entwickeln. Bis dahin verlassen sie sich darauf, dass sie von ihrer Umwelt keinen Unsinn erzählt bekommen. Sie orientieren sich zunächst an den Vorbildern ihrer Umgebung. Und gerade in diesem Alter spielt es eine besonders große Rolle, irgendwo „dazu zu gehören“.

Genau hier setzt der Kommunionunterricht an: Man nutzt die entwicklungsbedingte kindliche Kritiklosigkeit zur Indoktrination mit absurden Glaubensinhalten.

Ich finde es geradezu zynisch, den Erfolg dieser perfiden Methode auch noch als etwas besonders Tolles darzustellen. Ganz besonders, wenn eine solche Aussage von einer Lehrkraft kommt. Die ja Kinder eigentlich zum klaren Denken animieren sollte.  Statt sie dazu zu bringen, bestimmte absurde Dinge wider Vernunft und Verstand für wahr zu halten.

Kinder in der Bibel: Besser nicht erwähnen…

Rund 600 mal kommt das Wort Kind in der Bibel vor […]

ACHTUNG: Die folgenden Bibelzitate aus der Lutherbibel 2017 könnten auf nicht religiös indoktrinierte Menschen verstörend (oder gestört) wirken.

Na dann mal los (Hervorhebung von mir):

  • Ihr habt noch nicht bis aufs Blut widerstanden im Kampf gegen die Sünde und habt den Trost vergessen, der zu euch redet wie zu Kindern (Sprüche 3,11-12): »Mein Sohn, achte nicht gering die Zucht des Herrn und verzage nicht, wenn du von ihm gestraft wirst. Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt.« Es dient zu eurer Erziehung, wenn ihr dulden müsst. Wie mit Kindern geht Gott mit euch um. Denn wo ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt? Seid ihr aber ohne Züchtigung, die doch alle erfahren haben, so seid ihr Ausgestoßene und nicht Kinder. Wenn unsre leiblichen Väter uns gezüchtigt haben und wir sie doch geachtet haben, sollten wir uns dann nicht viel mehr unterordnen dem Vater der Geister, damit wir leben? (Heb 12, 4-9 LUT)
  • Rute und Tadel gibt Weisheit; aber ein Knabe, sich selbst überlassen, macht seiner Mutter Schande. (Spr 29,15 LUT)
  • Wenn jemand einen widerspenstigen und ungehorsamen Sohn hat, der der Stimme seines Vaters und seiner Mutter nicht gehorcht und auch, wenn sie ihn züchtigen, ihnen nicht gehorchen will, und wenn ihn Vater und Mutter ergreifen und zu den Ältesten der Stadt führen und zu dem Tor des Ortes und zu den Ältesten der Stadt sagen: Dieser unser Sohn ist widerspenstig und ungehorsam und gehorcht unserer Stimme nicht und ist ein Prasser und Trunkenbold, dann sollen ihn steinigen alle Leute seiner Stadt, dass er sterbe, und du sollst so das Böse aus deiner Mitte wegtun, dass ganz Israel aufhorche und sich fürchte. (5. Mo 21, 18-21 LUT)
  • Es sollen auch ihre Kinder vor ihren Augen zerschmettert, ihre Häuser geplündert und ihre Frauen geschändet werden. (Jes 13,16 LUT)

Weitere Beispiele? Kein Problem:

  • Und zur Mitternacht schlug der HERR alle Erstgeburt in Ägyptenland vom ersten Sohn des Pharao an, der auf seinem Thron saß, bis zum ersten Sohn des Gefangenen im Gefängnis und alle Erstgeburt des Viehs. (2. Mo 12, 29 LUT)
  • und will so mit dir umgehen, wie ich es nie getan habe und auch nicht mehr tun werde, um aller deiner Gräuel willen. Darum sollen in deiner Mitte Väter ihre Kinder und Kinder ihre Väter fressen; und ich will solches Gericht über dich ergehen lassen, dass alle, die von dir übrig geblieben sind, in alle Winde zerstreut werden. (Hes 5, 9-10 LUT)
  • Ja, höret, ihr Frauen, des HERRN Wort, und nehmt zu Ohren die Rede seines Mundes! Lehrt eure Töchter klagen, und eine lehre die andere dies Klagelied: »Der Tod ist zu unsern Fenstern hereingestiegen und in unsere Paläste gekommen. Er würgt die Kinder auf der Gasse und die jungen Männer auf den Plätzen.« So spricht der HERR: Die Leichen der Menschen sollen liegen wie Dung auf dem Felde und wie Garben hinter dem Schnitter, die niemand sammelt. (Jer 9, 19-21 LUT)
  • Richtet die Schlachtbank zu für seine Söhne um der Missetat ihrer Väter willen, dass sie nicht wieder hochkommen und die Welt erobern und den Erdkreis mit Städten füllen. Und ich will über sie kommen, spricht der HERR Zebaoth, und von Babel ausrotten Name und Rest, Kind und Kindeskind, spricht der HERR. (Jes 14, 21-22 LUT)

Die Idee, sich zum Begriff „Kind“ auf die Bibel zu berufen, ist also vielleicht keine wirklich gute Idee. Es sei denn, man teilt diese Ansichten aus der Bronzezeit und aus dem Vormittelalter über den Umgang mit Kindern. Denn diese Liste lässt sich noch quasi beliebig fortsetzen.

Die kleinen Leute vor dem Einfluss der Intellektuellen bewahren

Und was meinte wohl Jesus in der abschließend zitierten, ach so rührseligen Bibelstelle:

und Jesus hatte eine Überzeugung, die ich nur zu gern heute zum Abschluss zitiere: ,,Lasset die Kinder zu mir kommen. Denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes. Amen, das sage ich euch: Wer das Reich Gottes nicht so annimmt, wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. Und er nahm die Kinder in seine Arme; dann legte er ihnen die Hände auf und segnete sie (Markus 10,13-15).“

Auch wenn ihn seine Angehörigen für wahnsinnig hielten, scheint sich Jesus doch schon auch ganz gut mit Reklame ausgekannt zu haben: Wenn er von erwachsenen Menschen verlangt, so zu sein wie die Kinder, dann verlangt er, dass die Erwachsenen auf das rationale, klare Denken verzichten und die Glaubenslehre ohne jeden Beweis als wahr anerkennen sollen.

Diese kindlich-naive Eigenschaft ist es, auf die die Kirche bis heute scharf ist. Weil sie so ihre Ideologie in die Köpfe von Menschen am klaren Denken vorbei einschleusen kann. Und darauf kann sie nicht verzichten. Erst recht heute.

Ebenfalls erkannt hatte das Herr Ratzinger alias Papst Benedikt XVI. (Hervorhebung von mir):

  • Der christliche Gläubige ist eine einfache Person. Aufgabe der Bischöfe ist es deshalb, den Glauben dieser kleinen Leute vor dem Einfluss der Intellektuellen zu bewahren.” –Benedikt XVI. alias Kardinal Ratzinger Predigt vom 31.12.1979, zum Entzug der Missio canonica für Hans Küng
    (zitiert nach John L. Allen, Joseph Ratzinger, 2002)
  • “Denn die Kirche lebt in letzter Analyse in guten wie in schlechten Zeiten vom Glauben derjenigen, die einfachen Herzens sind.” – Benedikt XVI. alias Kardinal Ratzinger
    Interview 1988 mit “Die Presse”, Wien (zitiert nach John L. Allen, Joseph Ratzinger, 2002)**

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalbeitrag.
**Gefunden in: “Problemfall Religion – ein Kompendium der Religions- und Kirchenkritik” von Gerhard Czermak,  Tectum Verlag Marburg, 2014
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