Die zehn schönsten Sprüche zur Taufe: Die Goldene Rosine für katholisch.de

Lesezeit: ~ 8 Min.

In diesem Beitrag präsentiert katholisch.de „Die zehn schönsten Sprüche zur Taufe.“

Wie kaum anders zu erwarten, handelt es sich dabei wiedermal um eine sorgfältig herausgepickte Rosinensammlung. Was sich schon mit einem kurzen Blick auf den jeweils umgebenden Text belegen lässt.

Los gehts mit einigen Stellen aus dem „Alten Testament.“ Also aus dem Teil der Bibel, der ob seines über weite Strecken wirren, langweiligen Inhalts und wegen seines fürchterlich grausamen und inhumanen Gottesbildes von Christen gerne mal mit „ungültig, weil von Jesus aufgehoben“ zu bewältigen versucht wird:

1. Genesis 12,2: Ich werde dich segnen und ein Segen sollst du sein.

Aus irgendwelchen Gründen zählt die direkt darauf folgende Bibelstelle vermutlich heute kaum noch zur Kategorie „Die zehn schönsten Sprüche zur Taufe“:

  • Ich will segnen, die dich segnen; wer dich verwünscht, den will ich verfluchen. Durch dich sollen alle Geschlechter der Erde Segen erlangen. (1. Mo 12,3 EU)

Die Vorstellung, dass der bevorzugte Gott die persönlichen Feinde verflucht, passt heute nur noch selten zum christlichen Selbstverständis.

Auch von der wahnwitzigen Idee, allen Geschlechtern der Erde den christlichen Segen angedeihen lassen andrehen zu wollen, sind die meisten Christen inzwischen zum Glück abgekommen. Denn schließlich hat diese „Segnung“ Millionen von Menschen die Ehre, die Freiheit und das Leben gekostet.

Immer eine Hand am Schwert…

2. Psalm 139,5: Von hinten und von vorn hast du mich umschlossen, hast auf mich deine Hand gelegt.

…aber bitte nur eine Hand. Denn die andere Hand braucht Gott, um den, der sich da so umschlossen fühlt, tatkräftig im Hass gegen die persönlichen Feinde zu unterstützen, wie wir nur wenige Zeilen weiter erfahren:

  • Wolltest du, Gott, doch den Frevler töten! Ihr blutgierigen Menschen, lasst ab von mir! Sie reden über dich voll Tücke und missbrauchen deinen Namen. Soll ich die nicht hassen, Herr, die dich hassen, die nicht verabscheuen, die sich gegen dich erheben? Ich hasse sie mit glühendem Hass; auch mir sind sie zu Feinden geworden. (Psalm 139,19-22 EU)

Hierzu fällt mir nur der eindringliche Appell von Dr. Edmüller ein: „Christen, lest’s eure Bibel!“

3. Psalm 91,11-12: Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen.

Dieser himmlische Wachschutz verhindert nicht nur, dass sich jemand den Fuß an einen Stein stößt. Noch im selben Satz heißt es weiter:

  • du schreitest über Löwen und Nattern, trittst auf Löwen und Drachen. (Psalm 91,13 EU)

Wenn der göttliche Schutz vor Drachen genauso versagt wie der Schutz von Löwen und Nattern, dann erstaunt es kaum, dass dieser Punkt aus dem biblischen Versicherungsportfolio heute nicht mehr als Key Feature herausgestellt wird.

Der liebe Gott kann nicht nur zur Verhinderung von Missgeschicken und Gefressenwerden angerufen werden. Denn nur einen Absatz weiter findet sich diese Erklärung, die viel über die moralischen Standards dieses Gottes verrät:

  • Wenn auch die Frevler gedeihen und alle, die Unrecht tun, wachsen, so nur, damit du sie für immer vernichtest. (Psalm 92,8 EU)

Wer wünscht sich nicht einen solch mächtigen Freund, wie er hier beschrieben wird? Und trotzdem liest man diesen Satz, der ja angeblich genauso der göttlichen Offenbarung und/oder Inspiration entspringt wie der mit dem unverfänglichen Engel-Geleitschutz, wohl eher selten auf Taufkerzen oder Liederzetteln.

Nicht existente Hüter schlummern nicht

4. Psalm 121,3: Er lässt deinen Fuß nicht wanken; dein Hüter schlummert nicht ein.

Was für eine schöne Vorstellung: Da gibt es ein allmächtiges, allgütiges Wesen, das nie schläft und schlummert, sondern die, die an es glauben, jederzeit behütet.

Nun zeigt natürlich ein Blick in die irdische Wirklichkeit, dass selbst die, die sich voll und ganz auf diesen Schutz verlassen, genausowenig vor Leid bewahrt werden wie die, die andere oder keine imaginären Freunde haben. Und deshalb ist der Schutz dieses Hüters nichts anderes als eine Illusion.

Wohl kann man sich „von guten Mächten wunderbar geborgen“ fühlen. Auf sie verlassen, wie in diesem Taufspruch suggeriert, sollte man sich allerdings nicht.

Die Psalmen scheinen eine beliebte Quelle für Beiträge der Kategorie „Die zehn schönsten Sprüche zur Taufe“ zu sein:

5. Psalm 31,9: Du stelltest meine Füße in weiten Raum.

Der Satz, aus dem dieser Halbsatz herausgepickt wurde, war als Taufspruch offenbar auch ungeeignet. Er lautet:

  • Du hast mich nicht preisgegeben der Gewalt meines Feindes, hast meinen Füßen freien Raum geschenkt. (Psalm 31,9 EU)

Doch Jahwe hat noch mehr zu bieten als ein Upgrade für mehr Beinfreiheit im Fußraum. Denn auch in diesem Absatz wird Gott wieder darum ersucht, die Feinde zu vernichten:

  • Herr, lass mich nicht scheitern, denn ich rufe zu dir. Scheitern sollen die Frevler, verstummen und hinabfahren ins Reich der Toten. (Psalm 31,18 EU)

Die Hölle für zeitlich unbegrenzte Folter war damals noch nicht erfunden. Deshalb wünschte man sich seine Feinde nur ins Totenreich.

Zwischenfazit 1: Die zehn schönsten Sprüche zur Taufe

Alle bisher genannten Bibelstellen lassen Gott in einem ganz anderen Licht erscheinen, wenn man jeweils den Kontext beachtet. Ohne gezieltes, hoch selektives Rosinenpicken wäre es unmöglich, aus der Bibel irgendwelche Sätze oder Halbsätze zu extrahieren, die zumindest nicht auf den ersten Blick fragwürdig oder absurd erscheinen.

6. Jesaja, 43,1: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich ausgelöst, ich habe dich beim Namen gerufen, du gehörst mir!

Was geht in Eltern vor, die ihr Kind mit diesem Taufspruch zum Sklaven erniedrigen? Und was ist das für ein Gott, der Besitzansprüche auf Menschen geltend macht, weil er sie ja schließlich ausgelöst, also für sie bezahlt hat? Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihren Metzger selber…

Der biblische Satz  ist, ohne christlich-vernebelte Immunisierung betrachtet, schon für sich genommen so bizarr, dass man gar nicht erst weiter schauen muss, aus welchem Zusammenhang er stammt.

Wer trotzdem mehr über den bei Jesaja beschriebenen Gott erfahren möchte, sollte sich die Visionen des Jesaja, Sohn des Amoz am besten mal selbst zu Gemüte führen. Und selbst untersuchen, welche erbaulichen und bedeutsamen Inhalte sich darin noch finden lassen. Oder auch nicht.

So viel sei verraten: Gott wird hier als gnadenloser, unbarmherziger Kriegsherr und Psychopath geschildert, der hart durchgreift und hart durchgreifen lässt.

Dieses Gottesbild entspricht zufälligerweise genau dem, wie man es von einem kleinen, bedeutungslosen Wüstenvolk in der Bronzezeit erwarten würde, das sich ständig von übermächtigen Feinden bedroht fühlt.

Göttliche Bestrafung durch erzwungenen Kannibalismus

7. Jesaja 49,15-16: Ich vergesse dich nicht. Sieh her: Ich habe dich eingezeichnet in meine Hände.

Aber was ist das für einer, der hier mit der phänomenalen Merke und den angemalten Händen brilliert? Das erfahren wir nur wenige Zeilen weiter im selben Text:
  • So spricht der Herr: Auch einem Starken entreißt man den Gefangenen, und einem Mächtigen entkommt seine Beute. Ich selbst will mit deinem Gegner streiten, ich selbst will deine Söhne befreien. Deinen Unterdrückern gebe ich ihr eigenes Fleisch zu essen, sie sollen sich an ihrem Blut berauschen wie an Most. Dann werden alle Sterblichen erkennen, dass ich, der Herr, dein Retter bin und ich, der Starke Jakobs, dein Erlöser. (Jes 49, 25-29 EU)

Und wieder ein ganzer Abschnitt, den die für „Die zehn schönsten Sprüche zur Taufe“ zuständige Redaktion geflisstentlich überlesen muss, damit das gewünschte Bild vom lieben Gott nicht leidet…

Mal im Ernst: Wer möchte tatsächlich sein Kind mit einem Wesen in Verbindung bringen, das sich damit brüstet, Menschen deren eigenes Fleisch essen und sich am eigenen Blut berauschen zu lassen? Was genau soll an diesem Gott auch nur im weitesten Sinne bedeutsam oder moralisch herausragend sein?

Zwischenfazit 2: Warum!?

Obwohl der Gott des Alten Testaments zweifellos die unsympathischste Gestalt menschlicher Fiktion ist, erachten es Christen offenbar bis heute für sinnvoll, aus prophetischen Visionen Sätze und Halbsätze herauszupicken, die sich irgendwie passend zu ihrer Wunschvorstellung eines „lieben Gottes“  zurechtbiegen lassen.

Dass derselbe Gott ihr Kind zeitlich unbegrenzt physisch und psychisch quälen und foltern wird, wenn es diesen Gott später mal nicht anerkennen sollte, stört die Eltern offenbar nicht. Vermutlich ist ihnen insgeheim schon bewusst, dass das ganze christliche Belohnungs-Bestrafungssystem nichts weiter als ein hanebüchener, irrealer Unsinn ist.

Wohl nur noch ein verschwindend geringer Bruchteil derer, die heute noch ihre Kinder der Taufe einschließlich Exorzismus, Zauberformel und Wasserritual aussetzen, hat dafür andere als gesellschaftliche Gründe. Denn in einigen Regionen befürchten Eltern selbst heute noch gesellschaftliche Nachteile für ihre Kinder, wenn sie sie nicht taufen lassen.

Mein Sohn, dein Sohn…

Nach den Ausflügen in die bizarre Welt der Bronzezeit gehts nun im biblischen Mythen- und Legendenschatz des Vormittelalters weiter:

8. Markus 1,11: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.

„Geliebter Sohn“ passt natürlich grundsätzlich erstmal prima zu einer Kindstaufe. Und die stolzen Eltern dürfte es wohl kaum stören, dass der hier zitierte Vogelgeist natürlich gar nicht ihren 100% atheistischen Sprössling, sondern einen gewissen Jesus aus Nazaret in Galiläa gemeint hatte. Und sollte es statt des Stammhalters „nur“ ein Mädchen geworden sein: Na, dann erweitert man die Bibelstelle einfach entsprechend: „Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter.“

Göttern ist es schon immer völlig einerlei, welche Geschichten sich Menschen über sie und ihre angeblichen Absichten und Eigenschaften ausdenken, um sie dann für wahr zu halten.

Glaubt man der biblischen Legende, dann war dieser Geist derselbe, der diesen Jesus anschließend für vierzig Tage in die Wüste trieb, um ihn dort der Versuchung Satans auszusetzen. Zurück aus der Wüste, verkündete Jesus den wohl größten religiösen Irrtum der letzten 3000 Jahre: Die angeblich kurz bevorstehende Ankunft eines bestimmten Wüstengottes. Ein Ereignis, das bis heute auf sich warten lässt.

Kraft, Liebe und Besonnenheit, gegeben von…?

9. 2. Timotheus 1,7: Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.

Auch diese Bibelstelle kann man unter „Wunsch und Wirklichkeit“ abheften. Denn weder Timotheus, noch sonst irgendwer kann sinnvolle Aussagen darüber machen, ob Eigenschaften wie Kraft, Liebe und Besonnenheit tatsächlich von diesem einen speziellen angenommenen Gott stammen.

Vielmehr spricht alles dagegen. Zum Beispiel, dass ja auch un- und andersgläubige Menschen über Kraft, Liebe und Besonnenheit verfügen. Oder auch, dass Gläubige auch nicht öfter mit diesen Eigenschaften ausgestattet sind als glaubensfreie oder andersgläubige Menschen.

Und selbst wenn diese menschlichen Eigenschaften tatsächlich göttlichen Ursprungs wären, dann könnte immernoch niemand wissen, ob tatsächlich Jahwe dahintersteckt. Oder vielleicht doch Zeus, Thor, Anubis, Aphrodite oder das Fliegende Spaghettimonster…

Geduldig bedrängen lassen

10. Römer 12,12: Freut euch in der Hoffnung, seid geduldig in der Bedrängnis, beharrlich im Gebet!

Dieser Satz fordert Menschen dazu auf, Bedrängnis geduldig auszuhalten und um göttlichen Beistand zu bitten, statt sich zum Beispiel darum zu bemühen, etwas gegen die Bedrängnis zu unternehmen.

Auch der weitere Text gibt klare Anweisungen, wie und warum sich Christen unter ihre Befehlshaber unterzuordnen haben:

  • Jeder leiste den Trägern der staatlichen Gewalt den schuldigen Gehorsam. Denn es gibt keine staatliche Gewalt, die nicht von Gott stammt; jede ist von Gott eingesetzt.1 2 Wer sich daher der staatlichen Gewalt widersetzt, stellt sich gegen die Ordnung Gottes, und wer sich ihm entgegenstellt, wird dem Gericht verfallen. (Röm 13, 1-2 EU)

Aber zurück zum Abschnitt, aus dem der 10. und letzte Spruch zum Beitrag „Die zehn schönsten Sprüche zur Taufe“ herausgepickt worden war.

Dieser Abschnitt liefert, oberflächlich betrachtet, tatsächlich mal Aussagen, die, für sich genommen, erstmal geradezu revolutionär friedlich klingen:

  • Vergeltet niemand Böses mit Bösem! Seid allen Menschen gegenüber auf Gutes bedacht! (Röm 12,17 EU)

Na, da kann doch jetzt mal niemand etwas dagegen haben. Sollte man meinen. Ein kurzer Blick in die Kriminalgeschichte des Christentums zeigt jedoch, dass diese Aufforderung Christen nicht davon abhalten konnte, millionenfach Menschen im Namen dieses Gottes zu verfolgen, auszubeuten und zu ermorden. Solange das Christentum noch die Macht dazu hatte.

Und das war auch problemlos möglich, weil man ja schließlich selbst festlegen konnte, was gerade böse und was gut sein soll. Mit dem angeblichen Willen eines ebenso angeblichen Monogottes wie Jahwe als „moralisches Fundament“ lässt sich jedes beliebige Verhalten rechtfertigen und begründen.

Interessant ist auch die anschließend vorgebrachte Begründung, warum Menschen etwa auf Rache verzichten sollten:

  • Rächt euch nicht selber, liebe Brüder, sondern lasst Raum für den Zorn (Gottes); denn in der Schrift steht: Mein ist die Rache, ich werde vergelten, spricht der Herr. (Röm 12,19 EU)

Rache an sich ist also offenbar erstmal völlig legitim. Darauf verzichten soll man als Christ nur aus einem Grund: Weil Rache Chefsache des zornigen Gottes ist. Und der deshalb die Rache seiner Anhänger höchstpersönlich übernimmt.

Einiges spricht dafür, dass sich Gott die von ihm bevorzugte Trockennasenaffenart eigens zu diesem Zweck erschaffen haben könnte…

Fazit: Die Goldene Rosine des Monats

  • Goldene Rosine am BandAusnahmslos alle Sätze bzw. Halbsätze, die im Artikel „Die zehn schönsten Sprüche zur Taufe“ genannt werden, erscheinen in einem anderen Licht, sobald man sie im Zusammenhang mit dem jeweils umgebenden Text betrachtet.
  • Statt Menschen zu ermutigen, selbstbewusst und verantwortlich zu denken und zu handeln und sich auf ihre Fähigkeiten, sowie auf die Unterstützung von wohlmeinenden Mitmenschen zu verlassen, werden Menschen mit einer fiktiven göttlichen Unterstützung in die Irre geführt.
  • Für diese hochselektive Auswahl von möglichst unverfänglich und harmlos klingenden Sätzen und Halbsätzen aus der Bibel verleihen wir katholisch.de die Goldene Rosine am Band im Juni 2017.

*Die als Zitat gekennzeichneten Abschnitte stammen aus dem eingangs genannten und verlinkten Originalbeitrag.
**Wir haben keinen materiellen Nutzen von verlinkten oder eingebetteten Inhalten oder von Buchtipps.

 

 

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